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UKW118 Ukraine: Russisches Roulette

Ein Bericht vom Leben in der Ukraine vor Ort und über das Verhältnis des Landes zu Europa und der Welt

Während der Krieg sich seinem traurigen zweijährigen Jubiläum nähert verschwindet hinter dem Vorhang einer Gewöhnung das Leid der ukrainischen Bevölkerung als auch die Realität des Krieges als solche. Ich spreche mit Enno Lenze, der das Land in den letzten zwei Jahren regelmäßig besucht hat über die Situation vor Ort, wie die Menschen mit dem Krieg umgehen und wie ihr Blick auf Deutschland, Europa und die Welt ist. Und wir reden auch über das teilweise erschreckende Kleinklein der Politik und welche Klimmzüge es gebraucht hat, um einen zerschossenen russischen Panzer aus der Ukraine vor die russische Botschaft in Berlin zu stellen.

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Veröffentlicht am: 3. Februar 2024
Dauer: 3:01:20


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Begrüßung 00:00:33.354
  3. Reisen in die Ukraine 00:02:26.455
  4. Leben an der Front 00:32:37.498
  5. Wie gut funktioniert der Staat 00:45:39.521
  6. Korruption 00:53:38.765
  7. Das Dnipro-Becken 01:01:28.682
  8. Resilienz der Gesellschaft 01:10:14.549
  9. Wie steht die Ukraine zu Europa? 01:22:40.778
  10. USA und UK 01:51:12.417
  11. Deutsche Politik und der Krieg 02:10:27.401
  12. Panzer nach Berlin 02:16:40.510
  13. Ausklang 02:59:03.105

Transkript

Tim Pritlove
0:00:33
Enno Lenze
0:01:01
Tim Pritlove
0:01:02

Enno, Enno Lenze, wir hatten zuletzt im April 2022, also kurz nach Ausbruch des Krieges, miteinander gesprochen. Gerade jetzt hier im Vorfeld waren wir beide so ein bisschen überrascht, dass wir eigentlich dazwischen gar nichts aufgenommen hatten. Ich habe da ein paar Mal drüber nachgedacht, weil du bist ja viel gereist in die Ukraine. Letztes Mal hatten wir darüber gesprochen, da warst du ja zufällig gleich nach dem Vorfall in Butscha, genau dort bist du ja quasi vorbeigekommen, da hast du uns diese Eindrücke geschildert. Das heißt, was wir uns zuletzt angeschaut haben, war quasi die Situation unmittelbar nach Kriegsausbruch, die ja glaube ich mit der heutigen Situation so überhaupt nicht mehr zu vergleichen ist. Damals stand halt Russland literally vor den Toren der Hauptstadt. Das ist alles, wie wir hier auch verfolgt haben. Mittlerweile, ja, Geschichte ist vielleicht ein bisschen ein großes Wort, aber zumindest so nähere Vergangenheit, das hat sich auf jeden Fall geändert. Tatsächlich blicken wir jetzt eher auf ein Jahr nicht nennenswert verschobener Fronten zurück. Und naja, man hat also jetzt eine Ukraine, die so zum Teil befriedet ist, Weil die Russen dort nie hingekommen sind und natürlich den Teil, der heftig umkämpft ist. Und ich wollte deswegen heute mal auf deine zwischenzeitlichen Erfahrungen schauen und generell mal quasi diese Beobachtung des Krieges als solches in den Fokus nehmen. Wie oft warst du denn seitdem, seit diesem Besuch in Butscha und Kiew wieder in der Ukraine?

Enno Lenze
0:02:48
Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
0:03:15
Enno Lenze
0:03:25
Tim Pritlove
0:04:26
Enno Lenze
0:04:34
Tim Pritlove
0:05:45
Enno Lenze
0:06:02
Tim Pritlove
0:07:00
Enno Lenze
0:07:04
Tim Pritlove
0:08:18
Enno Lenze
0:08:34
Tim Pritlove
0:08:37
Enno Lenze
0:09:17

Sag mal, Lviv war es am Anfang, also als Kiew noch unter, also sozusagen halb umstellt war von Russen. Da war Lviv echt der Dreh- und Angelpunkt für alles. Da gab es auch so wirklich die Bilder, du bist zu einem Hotel gekommen und davor haben sich so dermaßen Autos von NGOs und Nachrichtenagenturen gestapelt, dass rechts und links die Bürgersteige voll standen. Also wenn man ankam und sagt, okay, hier ist voll. Und auch tatsächlich so Sachen mit ein Starlink auf dem Bürgersteig mit so drei Pylonen drum und ein Kabel durchs Fenster im zweiten Stock und sowas. Also so Dinge, wo man sagt, also so improvisiert Nachrichten, also wie man sich das vorstellt. Und das war aber auch schon vor fast zwei Jahren, so im Mai 2022 war die Phase aber auch schon vorbei irgendwie. Das war nur ganz kurz und danach waren die Hotels wieder fast normal besetzt und es waren mehr in Kiew. Aber mir schien, ein Teil war wieder nach Hause. Und in Kiew hat es sich mehr verbreitet. Also in Kiew kann man eigentlich alle treffen, alle Nachrichten, alle militärischen Leute, die da sind, auch aus dem Ausland. Aber man läuft denen nicht zufällig über den Weg. Das ist das Komische. Also wenn man so eine Liste machen würde, wer alles da ist, wäre die wahrscheinlich ein halber Katalog lang. Und wenn man jetzt aber einfach durch die Innenstadt läuft, trifft man nicht zufällig auf einen, weil es halt trotzdem eine Millionenstadt ist. Also das fand ich so komisch, weil man, also ich denke, da werden zehntausende Leute aus dem Ausland sein in Kiew, die irgendwelche Sachen da machen. Zum einen haben viele aber auch nichts an, woran man sie erkennt. Also die wenigsten haben so, also jetzt in Kurdistan hatten sie meist ihre NGO-Jacken an, weil sie in ihre Camps rein und raus mussten. In Kiew gibt es gar keinen Grund dafür. Da kann man sich ganz normal kleiden. Und ich glaube, deswegen ist das halt auch so vom Erscheinungsbild her halt wirklich nichts, wo man das Gefühl hat, dass die Leute da präsent sind. Aber wenn man zum Beispiel in bestimmte Hotels geht, die immer von den Journalisten genutzt wurden, also es gibt eins, da gehe ich fast immer zum Abendessen hin und es kommt immer irgendjemand Interessantes vorbei. Bei. Oder es kommen auf einmal ganz viele schwerbewaffnete Soldaten rein und gucken sich um. Dann weiß man, oh, gleich kommt jemand Spannendes. Mal gucken, wer es ist. Und dann passiert so, dass sich der Außenminister irgendwie neben dir an den Tisch setzt. Oder dass, wir hatten es einmal, dass Selenskyj irgendwen da begrüßt hat, so 20 Meter von uns. Also da gibt es so ein paar Spots, wo man was geboten kriegt, aber halt auch zufällig. Und das finde ich das Das ist das Merkwürdige. Und wenn man dann auf Twitter fragt, hey, wer ist in der Stadt, wen kann ich treffen, melden sich auf einmal 100 Leute und denkt, wo seid ihr denn? Also ich sehe fast keinen, wenn ich nicht aktiv suche. Und sobald man aber fragt, findet man sie alle.

Tim Pritlove
0:12:08
Enno Lenze
0:12:13
Tim Pritlove
0:13:07
Enno Lenze
0:13:18
Tim Pritlove
0:14:05
Enno Lenze
0:14:07
Tim Pritlove
0:14:33
Enno Lenze
0:15:29

Ja, wobei, nachdem wir letztes Mal gesprochen haben, ich weiß gar nicht mehr, ein oder zwei Wochen später war ich in Charkiv, als es da echt noch Wüst war. Also wo man noch beim Laufen durch die Stadt die ganze Zeit, den ganzen Tag die Artillerie in der Ferne gehört hat. Und das war, also das war richtig gruselig. Da waren wir auch da, als diese S-300-Raketen eingeschlagen sind und so. Das ist ziemlich heftig. Und inzwischen ist es so, dass im Alltag, dass da alles auch wieder relativ normal ist. Aber im Vergleich zu Kiew sieht man in Kharkiv eine Menge Zerstörung. Also wenn man einfach, wenn man heute durch Kiew mit dem Auto fährt, man muss echt suchen nach den Gebäuden, wo was kaputt gegangen ist. Und in Kharkiv sieht man eine Menge, gerade in der Innenstadt, also die, die wirklich richtig kaputt und ausgebombt sind. Das ist so der eine Punkt. Und wie du sagst, es ist dicht an der Grenze. Was ich da auch ganz interessant fand, wenn man von Polen in die Ukraine fährt, sozusagen in Polen bis ans Ende der Autobahn und dann über den Hauptübergabe, über den Hauptgrenzpunkt, dann hat man auf der ukrainischen Seite eine Landstraße mit einer Spur pro Richtung nach Lviv und die ist so im mittelmäßigen Zustand. Also da ist nicht mal eine Autobahn sozusagen von Lviv nach Westen. Und wenn man von Kiew nach Kharkiv fährt, hat man eine ordentliche Autobahn und von Kharkiv Richtung Russland. Also das ist nur so sinnbildlich für, wie das Land doch halt sehr Russland ausgelegt oder angebunden oder wie man es nennen will, lange war. Also ja wirtschaftlich und ich meine auch von der Sprache und allem was näher. Aber da wird einem das so klar, wenn man da sozusagen die Autobahn Richtung Osten fährt und Richtung Westen die Straßen immer kleiner werden. Das fand ich nur ganz interessant, weil es einem dann so richtig auffällt. Jetzt im, ich war halt Weihnachten in Charkiv und ich war im Charkiv Palace Hotel, weil ich da ein paar Mal war und das ist dann auch, ich glaube, zwei Tage später bombardiert worden. Ähm, das ist dann halt auch, also, dass da Sachen bombardiert werden, ist die eine Sache. Aber wenn man, also ich war häufig in dem Hotel und kenne ein paar Leute vom Personal und wir haben getratscht und sich verabschiedet und dann liest man auf einmal, da ist eine Rakete eingeschlagen, das ist halt auch nochmal eine ganze Nummer anders. Und die dann auch erstmal angeschrieben, ob sie okay sind. Und die waren gut vorbereitet, dass irgendwas passieren kann und deswegen gab es auch keine, also soweit ich weiß, keine Toten und keine schlimmen Verletzten. Und sie haben das in Rekordzeit evakuiert. Also man merkte, die waren gut im Training, falls was passiert, dass sie alle sich herausbringen. Aber da hat man wieder gemerkt, ja, Kharkiv, auch wenn es so im Alltag echt, man gewöhnt sich dran, da haben die teuren Restaurants wieder auf, der Freizeitpark hat teilweise auf und solche Sachen. Und dann schlägt aber eine Rakete mitten in der Stadt wieder ein. Also da ist der Krieg noch deutlich näher als in Kiew. Also es ist so komisch, aber wenn man in Kiew ist und es schlägt im anderen Stadtteil eine Drohne ein, dann hört man das oft nicht mal. Das kriegt man nicht mit, man liest es halt nur. Nur, wenn man in Charkiv ist, weil es auch kleiner ist, dann kommt so eine ballistische Rakete runter, da wackelt die Bude. Also so da weiß man, da ist was eingeschlagen. Das ist so, das macht dann doch einen ganz deutlichen Unterschied in der Wahrnehmung.

Tim Pritlove
0:18:53
Enno Lenze
0:19:00
Tim Pritlove
0:19:10
Enno Lenze
0:19:15
Tim Pritlove
0:19:29
Enno Lenze
0:19:31

Ne genau, also die kann man auch nicht wie so ein ferngesteuertes Flugzeug aus der Hand starten, die sind schon wie ein Mini-Flugzeug. Genau, also wir hatten das einmal in Charkiv, das war gleich das erste Mal, dass wir so richtig fette Einschläge hatten. Das war so komisch, ich bin aufgewacht, weil es einen unglaublichen Knall gab. Also ich meine, man kennt ja so Silvesterböller und man kennt die in Berlin auch, wenn sie dicht an einem explodieren oder selten, wenn mal irgendwie ein Fahrradreifen oder so platzt. Und da hat man den Knall, aber in dem Sinne keine Druckwelle oder nicht, wie so ein Erdbeben oder so. Und ich bin halt wach geworden, weil es unglaublich geknallt hat und wirklich das ganze Gebäude gewackelt hat und in meiner Minibar die Flaschen aneinander gekleert haben, also wie so ein Erdbeben. Und ich habe mich dann aus dem Bett gerollt. Also auch so, man lernt ja so eine Menge dämlichen Kram, denkt man erst, der aber praktisch ist, dass man immer so schläft, dass man auf der gleichen Seite das Fenster nach draußen hat und auf der gleichen Seite die sichere Seite. Das heißt, ich schlafe immer so, dass ich auf meiner rechten Seite, egal wie rum das Bett steht, meine sichere Seite habe. Und wenn ich dann nachts so einen Knall höre, da wo keine Fenster sind. Weil Fenster, wenn es eine Explosion gibt, splittern. Und die Splitter machen Schnittverletzungen und Schnittverletzungen heißen, dein Blutdruck sinkt. Das heißt, manchmal schläft man dann im Hotel sozusagen mit den Füßen am Kopfende, wenn man so will, dass man aber nicht drüber nachdenken muss, wo was ist. Und als diese Explosion kam, habe ich mich halt rechts aus dem Bett gerollt. Dann weiß ich, ich bin erstmal zwischen mir und der Scheibe ist noch ein Bett, wenn jetzt noch was explodiert. Und bin dann, da liegen dann halt schlusslich Reveste und Helm, das halt so halb übergezogen und dann erstmal auf den Flur vom Hotel gekrabbelt. Weil es da keine Scheiben gibt das ist so die erste Gefahr, die man hat, halt diese Splitter und die Scheiben hatten aber wohl gehalten also war so dicht nicht dran, und kamen halt auf den Flur gekrabbelt und da waren schon ein paar andere und der eine sagte, krass, das war genau am Ende als der Alarm aufhörte also in dem Moment, wo die Sirene das letzte Mal geheult hat das habe ich irgendwie verpennt, die Sirene warum auch immer, also irgendwie so dran gewöhnt. Und das war, wo ich dachte, okay, der war also knapp vorher wach, ich bin beim Knall wach geworden und dann ging die Tür auf und jemand kam einfach rausgelaufen, während wir da lagen und es sah so komisch aus, weil so die Füße kamen. Der rieb sich so die Augen und sagt, könnt ihr auch nicht schlafen? Ich sagte, was? Das stimmt mit dir nicht. Und sagte, der ist irgendwie wach geworden und sagte, ja, es gab eine Explosion und der andere sagte, nee, drei, drei und ich sagte, okay, da dachte ich so verschieden sind die Wahrnehmungen von Leuten die quasi direkt daneben waren und dann, kamen auch sofort welche vom Hotel die Etagen abgelaufen und sagten ja, soweit sie wissen, drei ist 300, und die waren so zwei Kilometer weg von uns und das heißt da sind wir nicht mehr gefährdet in irgendeiner Art, soweit fliegt liegt auch kein Backstein oder so, aber immer noch diese Vibration und dieser Knall mit so einer Intensität, das ist unglaublich.

Tim Pritlove
0:22:42
Enno Lenze
0:22:47
Tim Pritlove
0:22:48
Enno Lenze
0:23:04
Tim Pritlove
0:23:07
Enno Lenze
0:23:17
Tim Pritlove
0:23:25
Enno Lenze
0:23:37

Genau, das war auch so ein Hin und Her, wo wohl die Ukrainer überlegt haben. Also zum einen, wo ich fasziniert war, sie haben eine Handy-App, die funktioniert, eine Alarm-App und sie haben Sirenen. Sie haben zwei Dinge, die wir nicht haben und die funktionieren. Und die Sirenen sind wirklich, wie man das aus den Zweiten-Weltkrieg-Filmen kennt oder zum Teil aus dem Stadion. Da wird das wohl manchmal noch benutzt, diese Handsirenen, aber genau die Dinger. Ja, es ist unglaublich laut. Also sind wirklich, eigentlich, normalerweise währt man von wach. Und wenn es nicht zu kalt war, haben wir auch immer die Fenster zumindest auf Kipp gehabt. Also wenn wir schlafen, damit wir das zum einen hören. Und zum anderen, wenn wirklich eine Druckwelle kommt und das Fenster ganz geschlossen ist, dann geht es eher kaputt, als wenn man es auf hat. Oder man hat sozusagen die Verriegelung aufgemacht, das Fenster wieder zugedrückt, dass wenn eine Druckwelle kommt, dass es auffliegen kann. So einfach, um Splitter zu vermeiden. Und das war teilweise sechs, sieben Mal am Tag. Also und das Problem war dann, dass fast immer nichts passiert ist, weil zum Beispiel, wenn bestimmte Kampfjets, also MiG-31K aufgestiegen sind an der Grenze zur Ukraine, also russische, dann wurde quasi in der ganzen Ukraine Alarm gegeben, weil die so Raketen hatten, die in die ganze Ukraine schießen können. Und vor einer Weile hat die Ukraine jetzt gesagt, Sie machen diese allgemeinen Warnungen nicht mehr, weil es eben dazu führt, dass die Leute es irgendwann nicht mehr ernst nehmen. Wir auch nicht. Wir saßen im Café in Charkiv, also wo man so 90 Sekunden Anflugzeit für eine Rakete hat und es gab Alarm und wir sind nicht mal mehr aus dem Café gegangen, weil wir gesagt haben, es ist das vierte Mal heute, ich habe gerade Kuchen bestellt.

Tim Pritlove
0:25:17
Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
0:27:06
Tim Pritlove
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Ja.

Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
0:27:46
Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Ja

Enno Lenze
0:28:07
Tim Pritlove
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Enno Lenze
0:28:56
Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
0:29:32
Tim Pritlove
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Enno Lenze
0:30:37

Ja und die waren ja in Kramatorsk 2014 oder 15, ich weiß nicht mehr, wann das genau war. Da gab es die Schlacht um Kramatorsk, ich glaube sogar zwei, drei Wochen. Das ist also ein bisschen, die einen sagen, das waren russische Soldaten und die anderen sagen, nee, das waren Aufständischer. Ich meine am Ende irgendwie, also irgendwelche russenaffinen Leute waren halt da. Das war wirklich bis nach Kramatorsk rein. Nein, aber so wie so Straßenkämpfe ein bisschen oder so, also nicht wie Fullscale War, aber deswegen waren die da eh schon darauf vorbereitet, dass was passieren kann. Dann diese Linie, die dann jetzt über Jahre sozusagen die Grenze war zwischen Russisch und Ukrainisch. Das ist so, ich glaube, 20 Kilometer oder sowas oder 30 weg. Also nicht weit, sondern das ist halt die letzte Stadt wirklich in der Gegend. Und dann kommt halt viel Kleinkram. Und da war ich auch im Dezember 2021 und habe mit Leuten von der Special Monitoring Mission, von der OSZE gesprochen, weil halt die Frage war, gibt es hier einen Krieg oder nicht? Und ich dachte, die Leute, die wirklich vor Ort sind, also so am letzten Ort und die jeden Tag damit zu tun haben, die haben meist einen sehr guten Einblick oder die haben ein gutes Gefühl dafür. Und die haben mir gesagt, auf gar keinen Fall greift Putin an. Also so dämlich kann selbst der nicht sein. Und das war für mich so der Grund, warum ich dachte, okay, wenn das selbst die Fahrer und die Leute vor Ort von der Mission sagen und die, die da wohnen, dann traue ich denen zu, dass sie sagen wir dass sie ein gutes bild der lage haben und hatten sie dann offensichtlich auch nicht.

Tim Pritlove
0:32:26
Enno Lenze
0:33:43
Tim Pritlove
0:34:08
Enno Lenze
0:34:10

Also die von dort auch kommen, also die die vorm Krieg da gearbeitet haben und die halt geblieben sind, weil sie sagen, ich kann hier nicht gehen. Und dann eben oft die Familien von denen, also dass die dann auch sagen, ich wollte die Kinder wegschicken, aber die wollen nicht. Oder auch, dass sie keinen haben, wo die hin können, weil Oma und Opa sagen, ich habe hier immer gelebt. Die Eltern sagen irgendwie, ich bin bei der Polizei, ich kann hier nicht weg und dann bleiben die Kinder halt auch. Auch. Das ist so der typische Fall. Ganz, ganz selten, dass Leute, dass ich die gesehen habe, die gesagt haben, sie bleiben aus Prinzip, sondern fast immer eben, also ich meine Alte, die sagen, sie bleiben aus Prinzip, aber junge Leute sind ganz oft dann zumindest zu Freunden, Verwandten oder so ein Stück weiter, also irgendwie in die nächste sichere Stadt. Und halt deswegen meist die, die sozusagen berufsbedingt in irgendeiner Form dort sind. Zum Teil aber auch gerade in Kramatorsk so Sachen wie Kfz-Mechaniker oder so. In Kramatorsk gab es eine Menge Autohäuser, weil es halt so für die Umgebung der große Ort war. Die hatten auch immer Werkstätten. Die hatten auch zwei große Werkstätten, die die gepanzerten Fahrzeuge von der OSZE gemacht haben. Also die haben da zwei Werkstätten gehabt, die ich glaube 200 gepanzerte Autos geservicet haben, die also grundsätzlich wissen, wieso diese spezielleren Stahlarten und so zu behandeln sind. Und es gab da auch einige Werkstätten. Die haben so in den USA zu Schrott gefahrene Autos aufgekauft, die dann quasi schiffsweise nach, ich glaube, in die Nähe von Moldawien oder wo da der nächste größere Hafen ist, kommen. Und dann zum Beispiel in die Ukraine gehen, weil die in den USA abgeschrieben sind als Versicherungsschaden. Also die dürfen da nicht mehr zugelassen werden, so ein bisschen auch Wirtschaftsförderung für die. Und dann kommen die zum Beispiel in die Ukraine, werden wieder fit gemacht und dann dort verkauft als reparierte Autos. und auch sowas war. In Kramators gab es ein paar Anbieter, die genau das gemacht haben und die dann wieder weiter ins restliche Land geschippt haben. Das heißt, da gibt es aber einige Kompetenz, die man jetzt halt gerade gut brauchen kann. Also Leute, die zum einen Fachwissen haben und zum anderen aber auch so fummeln und tüddeln können, die hier in Deutschland immer so, ich finde, fast so herablassend gesehen werden. Also wenn du hier noch so einen hast, der irgendwie ein bisschen mit dem Lötkolben umgehen kann. Und so genauso. Das ist so abfällig. Und da auf einmal sind das jetzt die Leute, die du brauchst. Oder der dicke Nerd, der Drohnen schraubt, über den du dich immer lustig machst, das ist jetzt quasi der Kriegsheld in der Ukraine. Nur deswegen gibt es in Kramatorsk sozusagen einiges an Infrastruktur, was praktisch und nutzbar ist. Da habe ich auch eins von den bizarren Bildern so geschossen. Ich habe da, wir wussten nicht, wo man da parken kann, in der Nähe von einem von den Autohäusern, was ich kannte, weil ich wollte gucken, ob die noch da sind, was die machen. Und da war so eine platte Fläche, wo man parken konnte, aber da standen so Radpanzer und APC. Da habe ich gesagt, kann ich da parken? Ja, ja, deswegen habe ich so ein Foto, wo mein Pickup neben so einem Radpanzer steht, einfach auf so einem Parkplatz. Ich auch dachte, das hat man sonst auch nicht oft. Und das war auch lustig, da hat sich niemand dran gestört, dass man da rumläuft, da hat nicht mal einer gefragt, was ich da tue, also auch wieder so, also wenn man nicht gefährlich wirkt oder sich nicht blöd anstellt, kann man sich da gut bewegen, dann natürlich Journalisten in der Gegend, Und das erste Mal, als ein Hotel bombardiert wurde, in dem ich vorher mal gewohnt habe, war auch in Kramatorsk. Da hat uns irgendjemand gesagt, hey, das Hotel, in dem du im Dezember warst, das gibt es nicht mehr. Da ist ein S300 reingeflogen, aber es war zum Glück leer zu dem Zeitpunkt. Und das fand ich so sehr krass. Und inzwischen ist es viermal passiert. Also so, dass irgendwie auch die anderen Journalisten, die ich kenne, die haben schon so eine Strichlist und sagen, ah, du warst auch mal in dem Jahr, ist ja auch schon weg. Also es ist echt bizarr, was da so Alltag wird. Und Kramatorsk hat halt auch einen großen Bahnhof, der ist ja auch 2022 schon, wo auf die flüchtenden Leute eine Rakete geschossen. Also das Übelste, was du echt irgendwie noch machen kannst, wenn du echt unmenschlich bist. Das war deswegen halt auch sozusagen für die Dörfer drumherum und so der Evakuierungspunkt. Und inzwischen, also zwischendurch, als ich da war, war es da echt wie ausgestorben. Also man hat ein paar Soldaten gesehen und ein paar Journalisten und der Rest war leer und ich weiß gar nicht, wie groß der Ort ist. Ich tippe mal so 100.000 Einwohner oder 80.000, also eine Kleinstadt oder so, so ganz grob würde ich meinen. Und inzwischen kommen die Leute aber auch dahin wieder, obwohl es halt sozusagen der nächste Ort zu Bachmuth ist, also 25, 20, 25 Kilometer. Aber das ist gerade eben aus der Reichweite von der normalen Artillerie, das sind so grob 20 Kilometer. Das ist auch krass, so Dinge, die das normale Menschen da wissen. Du sprichst mit einer auf der Straße und jeder sagt dir, aber Artillerie geht ja nur so 20 Kilometer, also das ist sozusagen allgemein. Genau. Und deswegen kommen da nach und nach Leute tatsächlich hin zurück, also sodass da wieder ein Straßenleben stattfindet und Cafés und so einzelne aufhaben.

Tim Pritlove
0:39:30
Enno Lenze
0:40:07

Ja, also mir schien, in vielen Gegenden ist es so, dass sie zu meinen E-Fahren ausgehen, dass sie irgendwie ausspioniert werden. Also ich meine, wie wenn man offen durch Kramatorsk läuft, man kann nicht verstecken, was in der Stadt grundsätzlich los ist. Und ich glaube, das ist sowas, womit sich viele abgefunden haben. Dann war es so, an den Autos und so sind Presseschilder, also Englisch und Ukrainisch. Das russische und das ukrainische Wort für Presse unterscheidet sich in einem Buchstaben. Der hat uns vorgesagt, sieh zu, dass du das ukrainische drauf hast, weil damit vermittelst du quasi, du kennst den Unterschied. Also das gibt dir schon Pluspunkte. Und, ähm, ich glaube, ist ein S und das andere zwei S oder irgendwie so. Und, äh, dann halt, wenn wir in Gegenden waren, wo klar war, das ist Frontnähe und, ähm, wir sind das erste Mal da, haben wir oft auch die schusssicheren West mit den Presseschildern angehabt. Also einfach, dass wenn jemand rumläuft, sagt, okay, wahrscheinlich ist das Presse. Das ist grundsätzlich erstmal ein Grund, warum sie hier sind. Und oft haben wir das aber auch nur kurz gehabt, so bis man dachte, okay, das haben alle gesehen. Dann die Schilder wieder ab, weil das halt auch nicht gut ist, wenn man doch irgendwelche russischen Drohnen oder so in der Nähe hat, weil die halt ganz gerne Journalisten zuerst abschießen, zumindest wenn sie gerade ein bisschen Zeit haben und kein höherwertiges Ziel. Und dann ist es aber oft so, also um in diese, also wie Kramatorsk zu der Zeit, da durfte man halt auch nur hin mit einer Akkreditierung und ich habe halt die Presseakkreditierung vom ukrainischen Verteidigungsministerium, die muss ich alle sechs Monate erneuern und die wird dann an den Kontrollstellen, an den Checkpoints davor kontrolliert. Und die waren auch, man merkte sonst, manchmal hat man so auf den Autobahnen oder auf so Landstraßen irgendwo einen Checkpoint, die sagen, ah Presse, okay, fahr weiter. Und vor Kramatorsk war es so, dass sie gesagt haben, okay, ich muss aber einmal den Pass dazu sehen und ich muss einmal dein Gesicht genauer gucken, ob das passt und kannst du bitte einmal kurz den Kopfraum aufmachen, also immer sehr, sehr höflich, aber so nur, dass wir sehen, dass du da nicht einen Raketenwerfer drin hast oder irgendwas. was.

Tim Pritlove
0:42:14
Enno Lenze
0:42:15
Tim Pritlove
0:43:20
Enno Lenze
0:43:22
Tim Pritlove
0:43:27
Enno Lenze
0:43:28
Tim Pritlove
0:44:09
Enno Lenze
0:44:10
Tim Pritlove
0:45:01
Enno Lenze
0:45:02
Tim Pritlove
0:45:41
Enno Lenze
0:46:44

Also was ich spannend fand, wie schnell sie wieder klar gemacht haben, dass der Start ganz normal funktioniert. Also im März 2022 war zum Beispiel Straßenverkehr noch mehr so wie Anarchie. Also als wir Ende März, Anfang April in Kiew fahren, war die Stadt fast leer und uns wurde explizit gesagt, wenn ihr Auto fahrt, drückt das Gas bis zum Anschlag durch, bis du da bist, wo du sein willst und dann rennen wir da rein. Und da sind wir unglaublich schnell durch diese leeren Straßen in Kiew gefahren, echt wie im Videospiel eher so. Und eine Woche später, zwei Wochen später, als die Lage da sicherer wurde, wurde wieder gesagt, okay, und jetzt machen wir das nicht mehr. Und die fingen dann auch sofort an, wieder mit der Polizei Geschwindigkeitsmessungen zu machen. Und so ein, zwei Tage haben sie einen nur rausgewunken und ganz böse ermahnt und dann haben sie wieder die Bußgelder ganz normal genommen, um auch zu sagen, hey, die Polizei ist noch da, es wird noch Geschwindigkeitskontrollen gemacht, mein Auto ist mal abgeschleppt worden, also so sozusagen aus deutscher Sicht an der Front quasi, aber es war halt sicher in Kiew, weil ich halt falsch geparkt hatte und nicht mal, nicht mal sagen wir richtig schlimm falsch, sondern so einen Meter über eine Linie gestanden habe und sowas. Und das, finde ich, zeigt ja aber auch so, hey, hier alles läuft ganz normal. Es ist nichts Besonderes. Selbst diese Sachen gehen noch. Und das fand ich schon interessant, wie die da an so vielen Stellen drauf achten oder auch eben, dass die Züge im Takt fahren und nicht, dass man sagt, es ist Krieg, jeder fährt, wie er will, sondern. Also.

Tim Pritlove
0:48:16
Enno Lenze
0:48:47

Weil der Wagen gebrannt hat. Das funktioniert. Es tut uns leid für die Unannehmlichkeiten, dass ihr Wagen bombardiert wurde, aber die drei Euro Reservierungsgebühr ist erstattet. Und der fuhr dann nach Lviv und da war der halbe Bahnhof voll Journalisten, weil alle jetzt dachten, na wie im Zombiefilm kommt da jetzt der kaputte Zug sechs Stunden verspätet und sie kamen, wenn ich es richtig im Kopf habe, mit zehn Minuten Verspätung ab, weil sie halt den Bombenschaden noch reparieren und den Zug löschen mussten und haben sich dann entschuldigt, dass sie jetzt zehn Minuten Verspätung haben wegen einem Raketenangriff. Und ich dachte, okay, das ist eine ganz andere Ebene, wie die damit umgehen Und zum anderen, mit sowas kann man natürlich exzellent auch in den Medien spielen, dass man das so noch so überspitzt sagt, tut uns so leid, dass wir zehn Minuten gebraucht haben, um den Raketenschaden zu reparieren, aber sonst ist ja alles okay. Aber das halt ganz viele so Dinge, wo sie halt immer rausstellen, erstmal, wir kommen damit klar. An sich herrscht hier Normalheit, also das ist kein, also das ist ein Grund zu spät zu kommen, aber jetzt fangen nicht alle an zu heulen und sagen, wie schrecklich, sondern man sagt, ja und der Zug fährt weiter und jetzt, scheiß Rakete vergeudet, ne, hat gar nicht geklappt, Zug fährt noch und das finde ich halt so irre, wie das, aber mir scheint so durch quasi alle Bereiche der Gesellschaft und so geht. Eine Sache, das war auch nur, weil es da so reinpasst, wir waren in Saporica, also da, wo quasi gegenüber das vermiente Atomkraftwerk Enahoda ist und wir wollten halt gucken, wie schlimm und desolat ist die Lage, wenn du quasi dem dritten Weltkrieg gegenüber sitzt so. Und dann wollte ich abends so ein paar Sachen dazu runterschreiben im Hotel und ich konnte nicht schreiben, weil draußen eine Party lief, die so laut war, dass ich mich kaum konzentrieren konnte. Ich dachte, stell dir vor, du bist Russland, du vermienst das Atomkraftwerk, nimmst das ein, willst Terror über das ganze Land bringen und gegenüber siehst du die Lichter von der Disco und die Leute feiern einfach und es interessiert sie überhaupt nicht. Ich glaube, das ist das Schlimmste, was was dir passieren kann, dass die einfach weitermachen und sagen, schön, aber hier ist Party.

Tim Pritlove
0:51:02
Enno Lenze
0:52:03
Tim Pritlove
0:52:36
Enno Lenze
0:53:20
Tim Pritlove
0:53:39
Enno Lenze
0:54:59

Ne, Korruption war immer ein Riesending dort, also auf allen Ebenen, also galt halt immer als das korrupteste Land Europas und ich kann mich nicht mehr erinnern, dass die Ukrainer dazu gesagt hätten, das stimmt nicht. Also zumindest war das wohl so von allen Beteiligten nahm man das an. Und als das mit dem Krieg losging, Und war es halt auch so, dass die Korruption gerade im Verteidigungsministerium oder in den Beschaffungsprozessen und so ist, was mich im Prinzip so fertig macht, wo ich denke, ihr kämpft da ums Überleben vom Land. Wie kann da jemand noch die Hand aufhalten? Also irgendwann muss man doch merken, dass das jetzt der falsche Zeitpunkt ist. Das sitzt aber so tief. Ich glaube, das ist halt wie so ein Krebsgespür. Das dauert so lange, bis du den letzten davon erwischt hast. Aber ich kenne selber Leute, die Rüstungsgüter an die Ukraine angeboten haben oder sogar geliefert haben, die sich alle beschwert haben, dass es immer auf irgendeiner Ebene Korruption gab oder zumindest den Wunsch danach. Nach und sie haben es dann auch der Korruptionsstelle gemeldet, NABU und das hat wohl auch immer wieder Früchte getragen. Also das dann nach Wochen bis Monaten, das dauert ja so eine Ermittlung, aber die Person, mit der sie zu tun hatten, auf einmal nicht mehr da war. Aber dann gab es irgendwie eine Ebene höher wieder ein oder woanders ein und sagen, das ist halt das Problem, die machen wirklich viel dagegen, aber es gibt einfach unglaublich viele Fälle auf verschiedenen Ebenen. Und das andere Problem ist wie immer, wenn man Wenn man es jetzt aus Business-Sicht sieht, wenn man an der Korruption dann als Zulieferer nicht teilnimmt, hat man halt keinen Auftrag. Und der, der den Auftrag hat, hat offensichtlich mitgemacht, aber hat auch kein Problem, weil er hat ja den Auftrag. Was halt auch so sozusagen, das hindert einen daran, diese Korruption loszuwerden, wenn es immer welche gibt, die am Ende dran verdienen oder die willens sind, in irgendeiner Form mitzuspielen, weil sie auch was von haben. Und von der Bevölkerung, das fand ich das Interessanteste, Selensky ist ja damals mit, ich glaube, was waren das, 60, 70 Prozent der Stimmen gewählt worden, aber ich habe nie das Gefühl gehabt, dass 70 Prozent des Landes ihn mögen, sondern dass er halt die beste Wahl war, aber nicht sozusagen der Top-Kandidat, den alle haben wollten. Und was ich ganz, ganz oft höre ist, dass sie sagen, sie mögen den nicht, sie haben eine Menge Probleme mit ihm, aber das, was er jetzt gerade macht, ist hervorragend und alle Probleme können sie besprechen, wenn der Krieg vorbei ist. Also jetzt macht er einen guten Job, das ist okay, aber sie haben noch eine Rechnung offener, die ist nach hinten geschoben, wenn diese Nummer rum ist.

Tim Pritlove
0:57:34
Enno Lenze
0:57:36
Tim Pritlove
0:57:58
Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
1:02:09
Enno Lenze
1:02:33
Tim Pritlove
1:03:37

Ja.

Enno Lenze
1:03:38

Und ein Stück weiter war so ein Nebenarm oder ein Zufluss oder was weiß ich was, sozusagen im Süden von Saporica, der nach Osten so weg geht. Und da war ein Schwimmbad und so ein, ja auch wie so ein kleiner See oder wirklich wie so ein Teich oder sowas, an dem es früher ein paar Cafés mit so schwimmenden Terrassen gab. ab. Und das war, dieses ganze Becken war trocken und da waren auch so zwei, drei wie so Restaurant- oder Café-Schiffe, die einfach auf dem Trockenen lagen, also auf dem Grund. Und diese schwimmenden Terrassen lagen sozusagen am Abhang einfach schräg runter und der ganze Fluss, der da Zufluss war, da gab es so eine kleine Eisenbahnbrücke drüber und da war auch kein Fluss mehr. Dann habe ich auch die ganze Zeit erstmal Google Maps angemacht und Google Earth halt und Und geguckt, wie sah das denn hier vorher aus, weil man sich das ja nicht vorstellen kann. Und dann gesehen, hey, die Brücke, auf der ich stehe, da ist eigentlich ein Fluss drunter, nur ist der Fluss nicht da. Und das ist schon sehr, sehr, sehr bizarr, weil man es da, also ich meine, wenn so ein Riesensee ein Stück Meter in Höhe oder so verliert, dann nimmt man das ja nicht so direkt wahr. Aber wenn da so ein kleinerer Fluss ist und der ist einfach weg, dann sieht man halt, der ist jetzt weg. Und dann sind wir halt bis an dieses Staubecken gefahren. Also wir haben vorher so ein bisschen geguckt, wo kommt man da wirklich ans Wasser? Also wo stapft man nicht durch den Garten von jemandem, sondern wo kann man so ganz grob diagonal gegenüber von Enarhoda oder so stehen und halt mal so rübergucken und genau da gegenüber kommt man nicht hin. Also waren wir so, ich weiß nicht, vielleicht 20, 10 Kilometer, 20 Kilometer da so östlich davon, Also so im Nichts, wo da so Felder und sowas sind. Und da gab es halt eine Stelle, die sah so aus, wie wenn man da seine Boote früher zu Wasser gelassen hat oder so eine Straße, die sozusagen ins Wasser runter geht mit so einer Menge Spuren vom Rangieren. Genau. Nur war diese Rampe halt im Trockenen und sie endete im Trockenen und dann kam noch irgendwie so ein bisschen vom Strand sozusagen und dann erst der See. Und das ist so ein bisschen schwierig zu verstehen, glaube ich, wenn man es sonst nicht kennt, weil der See hat offensichtlich ein paar Meter an Höhe verloren, was dann ja an Volumen unglaublich viel ist, aber für uns war halt immer noch Wasser zu sehen und dann ist halt schwierig eine Relation zu haben, ist das jetzt besonders viel, ist das wenig, was fehlt hier? Und das andere Interessante war, dass das halt alles vermint war. Also da war auch so ein bisschen Zaun. Man muss sich daran gewöhnen, dass Minenfelder nicht gut markiert sind. Also da ist so ein kleiner Zaun und da hängt so ein rotes Dreieck dran. Und dann muss man halt wissen, dass das ein Minenfeld ist. Und sonst merkt man es bestimmt, wenn man rüberklettert. Und da haben wir gesagt, okay, Strand vermint, alles okay. Da haben wir erstmal davor Fotos gemacht, wie man das so macht. Und dann haben wir halt so ein dumpfes Grollen irgendwie gehört und dann waren da so Leute, die haben so ein Stück weiter gewohnt und die haben dann gesagt, ey, nix gegen euch, aber die schießen jetzt mit Artillerie, also haltet die Augen auf. Okay, dann fahren wir erstmal wieder ein Stück weiter. Oh Mann. Zu erfassen. Dann eben hatten wir da gewartet, als diese ersten Satellitenbilder kamen und man es da so ein bisschen besser verstehen konnte, wie viel fehlt. Ist aber auch wieder so eine Sache, die, wenn man da steht, also da, wo der Fluss ausgetrocknet war, okay, das war sehr gut zu sehen. Und da, wo dieser See aber einfach Meter an Höhe verloren hat, das war sozusagen unbeeindruckender schwer zu erfassen, wenn man halt den Vergleich zu vorher nicht hat. Also das fand ich immer so komisch, wenn man so denkt, das geht durch die Weltpresse, wie es da ist und wenn man da steht, sagt man, okay, wo genau ist der Unterschied, weil ich weiß nicht, was ich hier sehen muss.

Tim Pritlove
1:08:01
Enno Lenze
1:08:08
Tim Pritlove
1:08:09
Enno Lenze
1:08:09
Tim Pritlove
1:08:13
Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
1:08:31
Tim Pritlove
1:08:42
Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
1:09:15
Tim Pritlove
1:10:14
Enno Lenze
1:12:03

Das Hauptproblem, glaube ich, liegt darin, dass wir halt von ukrainischer Seite ja keine Zahlen haben über genaue Verluste und über die genaue Menge in der Armee und so. Und das ist, dadurch kann man halt nur mutmaßen oder so anekdotische Evidenz halt irgendwie anführen. Was ich von den Leuten vor Ort gehört habe, die alles möglich mit Crowdfunding machen, ist nur, dass die Spenden im Vergleich zum ersten Monat von der Invasion zu heute um ungefähr 98 Prozent zurückgegangen sind. Also die sitzen fast alle auf dem Trockenen und kriegen kein Crowdfunding mehr für medizinische Produkte oder ich weiß nicht was hin. Was ja am Anfang so der Crowdfunding-Krieg war. Und jetzt, also in der gesamten Masse ist es richtig abgefallen. Dann im Land oder bei den Ukrainern scheint mir habe ich so drei Hauptgruppen oder wie man es nennen will erlebt. Das eine eben die, die direkt geflohen sind und zum Teil auch noch bis heute weg sind. Das waren halt ganz oft junge Frauen und oft mit den Kindern, also jung im Sinne von so, weiß nicht, bis 30, 35 sagen wir mal, aber das schien mir eine große Gruppe und sozusagen das Fatale für die Ukraine, meist so anpassungsfähige, gut ausgebildete Leute. Und es ist halt wie immer, wenn man top ausgebildet ist und flexibel und woanders hingeht, dann macht man da einfach weiter und dann wird es schwierig, also irgendwann in Zukunft für die Ukraine die Leute zurückzuholen, weil du musst ihnen ja irgendwas bieten, was besser ist als das, was sie jetzt sich aufgebaut haben.

Tim Pritlove
1:13:47
Enno Lenze
1:14:00
Tim Pritlove
1:15:10
Enno Lenze
1:15:12
Tim Pritlove
1:15:17
Enno Lenze
1:15:27
Tim Pritlove
1:15:49
Enno Lenze
1:16:19

Also da gibt es nicht mal mehr eine Trauerzeit oder so. Und das ist, scheint mir in der Ukraine leider auch so, dass man so einen gewissen Gewöhnungseffekt hat, also wie bei allem im Leben. Und sozusagen die dritte große Gruppe von denen in der Ukraine, oder die ist dann nicht mehr so groß. Aber die, die entweder Soldaten oder Freiwillige sind oder auch Rettungskräfte oder so, also die, die wirklich an der Front aktiv sind und alle, zu denen ich da Kontakt habe, sind immer noch motiviert, egal wie schlimm es ist. Also das finde ich so krass. Die sagen, hey, mir ist egal, ob die anderen jetzt zur Armee gehen oder nicht oder so. Ich mache hier trotzdem weiter. Ich hätte gern mehr Rotation. Ich würde gern mehr freimachen. Aber davon höre ich ja nicht auf, hier meine Pflicht sozusagen zu tun. Also dass sie sagen, ja, das ist assi von denen, wenn die sozusagen sich drum drücken. Aber das ändert nichts daran, dass ich hier das Richtige mache. Und es gibt auch so bizarre Sachen. Ich kenne eine Ärztin, Die ist jetzt, ich glaube, 23 oder so und die an einem Stabilisierungspunkt arbeitet. Also noch bevor man sozusagen ins Lazarett kommt, also das so, was hier der Notarzt oder so machen würde beim Autounfall. Also so jemanden transportfähig machen, damit er dann erst richtig versorgt wird. Also echt das Allerübelste. Und mit der schreibe ich immer wieder, so auf WhatsApp. Und die sagte dann zum Beispiel, ja, sie mussten jetzt wieder ihren Stabilisierungspunkt umziehen, weil der alte bombardiert wurde. Und dann kommt nicht mal eine Meldung, ob jemandem was passiert ist oder so, sondern mussten halt umziehen. Und dann habe ich halt gefragt, sind die anderen okay? Ja, also so ein paar Verletzte, aber kein Tote. Also das ist so, aber das Umziehen ist das Problem, nicht, dass wie jeden Tag Leute verletzt werden. Also das ist schon so gar nicht mehr erwähnenswert. Und bei der ist es so lustig, wenn man so die Fotos von ihr sieht, die sieht halt auch nicht aus wie so eine Kämpferin oder so, sondern so ein ganz liebes, nettes, irgendwie, also fast wie Mädchen noch, also so ein ganz junges Gesicht halt. Und die schickt dann immer wieder Fotos, weil die machen so lustige Fotos dann, das ist unglaublich. Also ist so in einem Keller, also eins von den Bildern und da ist so, naja, wie so ein Bett oder so, auf dem sie jemanden operiert hat und der hat halt Arm verbunden und kopfblutig und alles. Und dann grinsen sie beide in die Kamera und halten Daumen hoch. Und man sagt so, so Fotos macht ihr da. Oder auch so was, ähm, Auch ein anderes Foto, wo sie halt irgendwie mit Leuten ist, die so, die hatten Brandverletzungen, die haben den Kopf verbunden und den Oberkörper verbunden und erstmal der eine von denen sieht wirklich aus wie mumifiziert, aber raucht, weil Kippe geht noch gerade eben durch und sie steht daneben und zieht Kremassen und solche Bilder dann, wo man sagt, okay, also die halten trotzdem ihre Laune, ne, also so das finde ich so absolut abgefahren, wie das so, also es sieht aus wie so ein schlechter Photoshop, als hättest du so den einen von der Party ins Kriegsgebiet gefotoshopt. Aber so da denke ich, gut, wenn die das noch hinkriegen, ist doch, also besser geht es nicht, wenn man noch immer irgendwie den Spaß rausholen kann, selbst in so einer üblen Lage. Und das finde ich nur so abgefahren, wie die so die Laune behalten können. Oder auch, wenn ich zum Beispiel medizinische Produkte oder so mitgebracht habe und Leuten, die irgendwie für ihre Einheit oder sowas brauchen oder für irgendwelche Medics, die da unterwegs sind. Dann schicken die eigentlich immer nachher Fotos, wo sie die gebraucht haben oder wo die gelandet sind, sozusagen als Nachweis, hey, danke für deine, keine Ahnung, für das Verbandsmaterial und hier ist es auch wirklich gelandet, also dass du wirklich weißt, das ist in guten Händen. Und die Leute da auch, die machen da meist auch noch irgendwelchen Blödsinn damit oder einer hat mit so ein paar Mullbinden jongliert und sowas und so ein Kram gemacht, aber, sozusagen nicht, wie man sich hier vorstellen würde, wie man hat so eine Checklist und da hakt man ab, wir haben drei Mullbinden ausgeliefert, sondern sie machen dann lustige Fotos damit oder sowas und das, also da merke ich dann nur immer wieder so, wenn man ein bisschen mehr Kontakt zu den Leuten hat, wie dieser Humor oder so, wie sie sich den noch halten. Oder auch bei einer anderen Kollegin, die ist Journalistin. Also sie ist Ukrainerin und Journalistin und viel an der Front. Die macht dauernd Fotos mit irgendwelchen Tieren, die sie da finden. Also Hunde, Katzen, so Haustiere, die dann die Nähe suchen, weil niemand mehr da ist, zu dem sie gehört haben. Und da lernt man dann auf einmal so spannende Details. Und sie sagte zum Beispiel, in den Schützengräben kennt sie viele, die die Katzen auch füttern und die in der Nähe halten. Weil die Katzen haben irgendwann gelernt, wenn sie ein bestimmtes Geräusch hören, was die Katze halt hört, bevor du es hörst, kurz darauf knallt es. Das hat die Katze nach zwei, dreimal gelernt. Das heißt, auf einmal rennen alle Katzen weg und man weiß, ey, in drei Sekunden höre ich die Artillerie pfeifen, aber die Katze hat es jetzt schon gehört.

Tim Pritlove
1:21:21
Enno Lenze
1:21:22
Tim Pritlove
1:21:54
Enno Lenze
1:22:30
Tim Pritlove
1:22:39
Enno Lenze
1:23:47

Also zum einen glaube ich, wer einem begegnet wird, hängt halt vor allem davon ab, ob man selber da ist oder nicht. Und in dem Moment, wo du selber persönlich vor Ort bist, freuen sich immer alle und sind zufrieden und danken dir, dass du da bist. Und wenn es dann um Hilfe geht, ja, es ist halt eigentlich genauso, wie du sagst, zum einen, sie sind froh um alles, was sie bekommen, weil sie brauchen was, aber sie sehen ja trotzdem, dass sie bei Weib nicht das bekommen, was sie bräuchten, also was sie mehr bräuchten und vor allem, dass im Westen noch genug vorhanden wäre oder noch nicht alles ausgegeben ist. Das ist ja genau die Diskussion, die wir jetzt zur Zeit immer haben. Und die sagen halt auch, sie verstehen nicht, wie die Leute im Westen die Gefahr nicht sehen können oder das so ignorieren. Und der eine hat es so erzählt, der sagte, stell dir vor, du bist so beim Fußballspiel, du bist der Torwart. Und dann kommen Leute zu dir und sagen, was machst du nur hier? Sagst du, ich? Pass hier auf, ne? Ja, warum? Kommt doch gar nichts. Mach doch Pause. Sagen, so kommen sie sich immer vor und sagen, dir ist schon klar, dass da ein Fußballspiel läuft, wirst du gleich hier hinschießen. Nö, die letzten drei Minuten hat keiner geschossen. Was willst du denn? Und sagten, so in der Art ist die Diskussion immer so, ja Putin greift uns doch nicht an und was soll das denn und bla und die NATO und die EU wird der nie angreifen, niemals. Das finde ich auch so geil, wenn mir Leute sagen, was meinst du wäre los, wenn Putin nur eine Rakete hier rüber schießt. Moment, es waren vier bisher, ich glaube vier Raketen hat er bisher auf NATO-Gebiet geschossen und zwei Drohnen. Achso, ne, habe ich nicht mitbekommen. Also ich meine, waren jetzt nicht gezielte Angriffe, es sind russische Raketen auf NATO-Gebiet runtergekommen.

Tim Pritlove
1:25:20
Enno Lenze
1:25:23

Genau, so Abwehrraketen, bei denen ein war ja die Vermutung, dass sozusagen die Ukraine die Rakete abgeschossen hat und sie dann beide dabei über die Grenze nach Polen geflogen sind und da halt dann abgestürzt sind. Hat sich nie ganz geklärt, aber das würde sagen, war mal so Treffen vom Bild her und sagt, russische Rakete, NATO-Gebiet, hatten wir, nichts passiert. Dann vor, ich glaube, das war sogar 2022, die weißrussischen Helikopter, die über Polen, also so wirklich ein paar Meter über die Grenze und zurückgeflogen sind. Oder war es Litauen? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall sind die so ein paar hundert Meter bei die Grenze und zurück. Hatte auch keine Folgen. Also es gibt so ein paar Dinge, die folgenlos waren. Und ich glaube, das ist so, also das, was ich mitbekomme von den Ukrainern, dass die sagen, ihr müsst doch verstehen, dass wir die hier stoppen müssen, weil sonst geht es weiter und weiter. Und deswegen, die Diskussion ist da immer ganz simpel, weil ich sage, ja, verstehe ich, sehe ich genauso, aber ich weiß auch nicht, wie man es den Leuten in Deutschland vermitteln soll. Und das alte Problem, also ich meine, wir hier im Studio und alle, die das hören, denen ist das, glaube ich, so halbwegs klar, da wird das niemand überraschen, aber so steigt man die U-Bahn und fragt mal irgendwie wahllos Leute, ob der Krieg in der Ukraine noch läuft oder was da los ist. Da wundert man sich, was so, sagen wir, in weiten Teilen der Bevölkerung überhaupt an Nachrichten ankommt oder womit die sich befassen oder ob die das überhaupt interessiert. Und das ist halt, ja, das ist schwierig sozusagen auf Masse zu vermitteln, warum das relevant ist und auch mit, warum wir welche Raketen liefern sollten oder nicht. Ich denke ja all in, schmeiß alles rüber, bis die Russen da raus sind und fertig. Aber das ist mit dieser Regierung ja nicht zu machen.

Tim Pritlove
1:27:16
Enno Lenze
1:27:58
Tim Pritlove
1:28:13

Ja, das ist ja alles nur in der Ukraine. Ich glaube nicht, dass es in der Debatte um die Eskalation vor Ort geht, sondern mit Eskalation ist ja gemeint, könnte ja sein, dass wir jetzt auf einmal die Bösen sind. Und ich meine, wenn man sich russische Medien anschaut, gut, das ist halt eh alles ziemlich geskriptet, aber das spricht ja in gewisser Hinsicht auch eine klare Sprache und nicht nur russisch, sondern…. Da wird ja auch präsentiert, wie sozusagen Russland dann auch das der Gesellschaft so klar macht, was sie so denken sollen und das ist halt eine anti-westliche Stimmung, die meiner Meinung nach kaum zu steigern ist. Ich meine, da wird darüber geredet, Atomraketen auf Berlin zu schmeißen und irgendwie Finnland wieder einzuholen, das Baltikum sowieso. Das ist ja alles Russland und Ukraine gibt es ja eigentlich gar nicht. Der Krieg ist ja eigentlich schon gewonnen und Moldova, naja, das gehört ja eh zu uns und Rumänien hätten wir auch gerne noch einen Teil davon. Und ich frage mich halt immer, wie kommt sowas denn eigentlich an? Ich meine, das einzige Land, was glaube ich da relativ klare Positionen bezieht, also aus dem EU-Block, ist halt Polen. Die sagen, geht mir aus der Sonne irgendwie, wir rüsten jetzt hier auf wie nichts Gutes und die Polen rüsten enorm auf. Also ich glaube allein was Polen, ich bin mir jetzt bei den Zahlen nicht ganz so sicher, aber ich habe so einen Vergleich gesehen, also das was die jetzt sozusagen für die nächsten zwei Jahre an Aufrüstung planen, 5% der Menge ist ungefähr so das, was insgesamt von allen Ländern einschließlich der USA, der Ukraine zur Verfügung gestellt wurde für diesen Krieg. Also eine unglaubliche Aufrüstung.

Enno Lenze
1:30:07
Tim Pritlove
1:30:19
Enno Lenze
1:30:21
Tim Pritlove
1:30:24
Enno Lenze
1:30:25
Tim Pritlove
1:30:28
Enno Lenze
1:30:35
Tim Pritlove
1:31:13
Enno Lenze
1:31:15
Tim Pritlove
1:32:17
Enno Lenze
1:32:19
Tim Pritlove
1:32:44
Enno Lenze
1:33:08

Mir scheint zum einen, dadurch, dass sie selber wissen, dass man nicht immer mit seiner Regierung so zufrieden ist, sehen die einen deutlichen Unterschied zwischen Bevölkerung und Regierung. Und die sehen ja, wie unglaublich deutsche Bevölkerung geholfen hat. Selbst Leute, die nie mit Krieg zu tun hatten oder nie mit solchen Themen sich befasst haben, die dann auf einmal zur polnisch-ukrainischen Grenze gefahren sind am Wochenende, um Leute hin und her zu shutteln. Und was ich immer noch so krass fand, Flixbus war für mich immer so der Inbegriff von alles billig und so viel Geld rauswürgen, wie man kann beim Geschäftsmodell. Und die haben kostenlose Shuttlebusse zur Verfügung gestellt für die Flüchtlinge. Ich dachte, okay, da war ich echt positiv überrascht. Also so jemand, dem ich sozusagen dem Klischee nach bösesten Kapitalismus unterstellen würde und der dann sagt, nee, aber da hört es auf, da helfen wir. Und das fand ich irre, wie breit diese Allianz war von Leuten, die kreuz und quer geholfen haben. Und dann halt auch so diese ganz kleinen Dinge halt wie Wohnungen zur Verfügung stellen in Berlin am Anfang und sowas. Also wie das System auch funktioniert hat einfach, fand ich unglaublich. Also so Couchsurfing im Prinzip für 100.000 Leute oder ich weiß nicht, wie viele das am Ende genutzt haben. Und das, glaube ich, vergessen die auch nicht, weil den Klaas, da haben Individuen geholfen die ganze Zeit. Und das mit der Regierung, ich glaube, das ist so halb-halb. Das ist, also es ist ja schon gut, was wir liefern, aber es gibt so zwei Kritikpunkte, die ich habe. Zum einen habe ich das Gefühl, dass wir nicht so viel liefern, wie wir können. Und die Bundesregierung, denke ich, die stellt sich da so dämlich an, weil sie auch nicht mal klarstellen, was geht und was geht nicht, weil es immer alles geheim und können wir nicht sagen und bla bla. Aber ich denke, hey, ich bin der Souverän. Ihr vertretet irgendwie, was ich will. Ich verstehe nicht, warum es immer so getan wird, als sei ich hier der Bittsteller. Und das andere ist halt, Ähm, dass die Regierung ja die Wirtschaft massiv daran gehindert hat zu helfen. Also es gab genug Leute oder genug Unternehmen, die gesagt haben, wir wollen was liefern und die Regierung hat es nicht gestattet. Und das, denke ich, ist der Punkt, den kann mir keiner schlüssig erklären, außer halt diese Russland-geile Russland-Reue oder dieses, oh nein, nicht, dass die uns dann irgendwie böse finden. Aber warum sagt man der Wirtschaft nicht, hey generell, ihr dürft alles in die Ukraine liefern, was ihr irgendwie liefern könnt, auf die Tore. Weil da wäre ich gespannt, was die alle noch liefern würden. Und das dürfen sie nicht? Nee, die ganz vielen nicht. Rheinmetall hatte sich doch böse aufgeregt, dass sie nicht einfach Produktion rüberschmeißen können. Das fand ich auch eben so spannend. Die großen Rüstungskonzerne in Deutschland, oder das ist ja in jedem Land so, die haben ja üblicherweise sehr, sehr gute Verbindungen zu einer Regierung. Und sind auch sozusagen ein bisschen regierungstreu oder der positiv eingestellt oder wie man es nennen will. Also man kennt sich und man will sich nicht ärgern. Und als dann aber irgendwann die großen Rüstungskonzerne vor die Presse gegangen sind und gesagt haben, mit dieser Einstellung der Regierung sind wir jetzt aber nicht zufrieden, weil wir würden gerne mehr liefern. Da habe ich gedacht, da muss aber die Hütte brennen, dass die sozusagen ihren Hauptauftraggeber so vorführen oder öffentlich über den meckern. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das schon mal erlebt hatte, dass also KfW oder Rheinmetall öffentlich sagen, das finde ich scheiße oder das finde ich nicht gut, ich würde hier gern mehr machen. Und da habe ich auch gedacht, wie viel ist da schon intern gelaufen, bis die wirklich mal nach außen gehen. Das ist halt, ja, das sind so die Dinge, die könnte man ja einfach ändern. Also es gibt zum Beispiel eine Allgemeinverfügung, dass man schusssichere Westen und Helme in die Ukraine ohne weitere Anmeldung exportieren kann. Also man muss die Mengen melden, aber man muss nicht eine einzelne Exporterlaubnis holen, sondern es gibt eine allgemeine Exporterlaubnis. Aber sowas in der Art machen, sagen, alles, alles was du lieferst, also solange der Abnehmer es legal erwerben darf, also an die Armee oder so, hau raus. Dann wäre ich gespannt, was dann durchgehen würde.

Tim Pritlove
1:37:25
Enno Lenze
1:37:59
Tim Pritlove
1:38:00

Den zu produzieren, wie heißt dieses Teil nochmal, weißt du das? Der Nachfolger von der Kuhle. Der Kuhle, das Superteil und neue Haubitze und so weiter ist ja auch einiges in der Produktionspipeline gewesen, was jetzt sozusagen rechtzeitig rauskommt. Also die deutsche Rüstungsindustrie kann jetzt hier auch wirklich eine große Rolle spielen und man wundert sich natürlich dann immer wenn das in irgendeiner Form beschränkt wird. Weiter mal vielleicht mal den Blick auf ganz Europa. So das Verhältnis der Ukraine, also zu Polen denke ich mal ist das spätestens jetzt auch nach dem Regierungswechsel das dürfte wahrscheinlich, also sicherlich kein vollständig ungetrübtes Verhältnis sein, wie das nun mal so ist, weil es gibt natürlich durch die Nähe auch ein paar Konflikte. Es gab da diesen Streik der Traka an der Grenze, die die Grenze blockiert haben. Es gab Ich habe Heckmeck so mit irgendwie dem freien Import von Getreide und so weiter, weil das natürlich auch alles immer lokale Auswirkungen hat und dann hast du auf einmal Druck von deinen eigenen Bauern. Das kann man irgendwie alles verstehen, aber grundsätzlich steht glaube ich Polen fest an der Seite der Ukraine und ist sicherlich der verlässlichste Nachbar. Aber dann wiederum gibt es aber dann eben solche Problemfälle wie Ungarn, die also einfach eine Russlandnähe haben, wo man sich wirklich fragt, wie das eigentlich sein kann. Also ein Land, was selber von Russland jahrzehntelang besetzt, unterdrückt wurde. Und was in der NATO ist, was in der EU ist, also jegliche westliche Verankerung hat, die man irgendwie nur haben kann, aber trotzdem dort täglich eine Propaganda gefahren wird, die auch anti-ukrainisch ist. Ich war jetzt selber ein paar Tage da, hab das nur so am Rande mitbekommen, hab mich mit einem Taxifahrer unterhalten, um einfach zu verstehen, wie die das so sehen. Und es hat nicht lange gedauert, bis sozusagen in der Liste seiner Skepsispunkte so klare russische Propaganda-Talking-Points aufkamen. Ja, die foltern ja die Russen auf der Krim und so eine Geschichte, wo ich mir nur denke, so fängst du jetzt an dagegen zu argumentieren oder speicherst jetzt diese Information einfach mal ab. Und.

Enno Lenze
1:40:24
Tim Pritlove
1:40:40
Enno Lenze
1:40:45
Tim Pritlove
1:40:47
Enno Lenze
1:41:15
Tim Pritlove
1:41:45
Enno Lenze
1:41:58
Tim Pritlove
1:42:49
Enno Lenze
1:44:02
Tim Pritlove
1:45:03
Enno Lenze
1:45:20
Tim Pritlove
1:46:46
Enno Lenze
1:47:29

Auch die Ausbildung. Also ich habe mal mit finnischen Soldaten zu tun gehabt und ich hatte halt das, also ich meine, es ist wieder so, ich habe nur ein paar von getroffen, aber die waren halt also richtig höflich, gut gebildet und auch richtig gut ausgerüstet und ausgebildet. Also man merkte, es hatte, also nicht so, dass man sagte, ja komm, ich mach hier mal meine zwei Wochen, sondern so, ich hatte das Gefühl, sie wollen wirklich wissen, wie es geht, wenn der Krieg kommt. Also, dass sie es wirklich ernst genommen haben, diese Aufgabe und nicht so 9 to 5 Job und dann gehe ich saufen oder sowas. Also so mit einer ziemlichen Ernsthaftigkeit dahinter. Ich denke, das ist ja so ungefähr 100 Jahre her, hatten die ja die große, also mehrere Probleme dann so, also vor 80 bis 100 Jahren erst, ja nicht nur mit russischen, also Russland damals erst, sondern dann ja auch Deutschland, also Nazi-Deutschland. So ich denke, okay, die sozusagen die letzten Kriege in der Geschichte waren zwei Großmächte haben sie angegriffen, nacheinander. Und dann kann ich mir auch vorstellen, dass sich sozusagen historisch das Meer verfestigt mit, okay, wir müssen selber auf uns achten können und nicht so sehr auf Bündnis ausgelegt halt oder nur als sozusagen als zweite Schutzmaßnahme. Aber ja, was ich dann immer noch so komisch finde, die Ostsee, dass da ja immer noch die russischen Spionageschiffe hin und her tuckern die ganze Zeit und dann heißt, ja, aber es gibt internationale Verträge und deswegen dürfen wir nichts machen. Ich denke echt, steht in internationalen Verträgen auch, dass man im Butscher im Keller Leute zu Tode folgern darf? Ich verstehe die Messlatte nicht, dass man sagt, ja die begehen am Tag so viel Kriegsverbrechen, dass sie niemandem erzählen kann, aber ich kann doch dem Boot nicht sagen, es darf hier nicht uns ausspionieren. Also das denke ich, da würde mich mal interessieren, was die für Bauchmuskeln in Russland haben vom Lachen über wie doof die EU ist, dass die sich so einen Scheiß gefallen lässt den ganzen Tag lang.

Tim Pritlove
1:49:31
Enno Lenze
1:50:48
Tim Pritlove
1:50:50
Enno Lenze
1:50:52
Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
1:51:03
Enno Lenze
1:51:04
Tim Pritlove
1:51:11
Enno Lenze
1:51:59
Tim Pritlove
1:52:01
Enno Lenze
1:52:19

Das ist so ein Detail. Also das sind ja bilaterale Verträge jeweils am Ende geworden und die verschiedenen Schutzmächte sagen, dass sie die Ukraine im Falle eines nuklearen Angriffs oder einer nuklearen Bedrohung schützen. Darauf zieht man sich jetzt ja mal zurück. Das heißt ja, sorry, da ist noch keine Atombombe geworfen. Formal gilt das nicht. Wenn es jetzt heißt, ja da sind doch keine US-Soldaten im Land, doch klar, seit zehn Jahren. Das ist ein öffentliches, bekanntes Mandat und so, das ist alles nicht geheim. Das merkt man ganz massiv, also wenn man sich sozusagen ein bisschen genauer die Videos anguckt von wie die ukrainische Armee agiert bei der Übernahme der Krim. Jetzt mal böse gesagt, sah das aus wie so ein Haufen Minions, die sich nicht sicher sind, was sie jetzt tun, wenn russische Spezialeinheiten kommen. Und wenn man dann die Aufnahmen sieht von den letzten zwei Jahren, wenn man so ein bisschen Blick führt, sagt man, die sind von den Amis ausgebildet und die von den Briten. Also das siehst du so an den Vorgehensweisen schon, aber dass das quasi 90 Prozent auch so durchgezogen wird mit ein paar Anpassungen. Und hat ja offensichtlich auch viel gebracht, das Training. Also zum einen das Training der Leute und zum anderen dann die Waffen, die sie noch dazu bekommen haben und die Ausrüstung. Und deswegen scheint mir gerade der Blick, also Amis und Briten sind ja eh, muss man sagen, fast immer zusammen irgendwo. Also egal welches Kriegsgebiet und auch die Basen teilen die sich ja oft. Also im Prinzip kommen die glaube ich immer im Doppelpack. Ich kann mich an nicht viel erinnern, wo nur einer von beiden da war so in den letzten Jahren.

Tim Pritlove
1:54:29
Enno Lenze
1:54:31

Ja gut, aber das war ja sozusagen eine interne Angelegenheit, wenn man es jetzt mal böse sieht. Aber auch dazu nur, ich denke das ist so lustig, während einer der, ich glaube die größte Marineübung, die die Briten hatten, sich den Moment auszusuchen, um einen Krieg anzufangen, war auch ein schlechtes Timing irgendwie. Also die saßen ja alle auf den Schiffen und waren sozusagen abfahrbereit. So, aber deswegen in der Ukraine habe ich das Gefühl, dass, also erstmal, dass die zehn Jahre Training reingesteckt haben, hat da niemand vergessen und halt diese Kolonnen von Lastern mit den Javelin-Panzerabwehrwaffen und eben HIMARS, also zwei ganz relevante Dinge, die da ja kamen von, und dann die NLAW, die anderen Panzerabwehrwaffen, also Briten und Amis, die waren wirklich kriegsentscheidend. Und auch diese ganze Luftraumüberwachung, die Kampfjets, maßgeblich sind es ja Briten und Amerikaner, die die halbe EU-Außengrenze die ganze Zeit überwachen und auch das Schwarze Meer, wenn die da durchfliegen. Und es sind ihre Kampfjets, die das im Großen und Ganzen schützen auch. Das ist ja nicht, dass die Bundeswehr jetzt sozusagen die großen Macher im Schwarzen Meer sind, sondern die Amis sind federführend, obwohl es bei uns vor der Tür ist oder zum Teil sind dann die NATO Drohnen bei, die aus Italien und so starten. Aber sagen wir mal, wenn man aus dieser gesamten Rechnung Ukraine kriegt, sagen wir mal, wir würden Italien rausnehmen. Ich glaube, dann würde er nicht so wesentlich anders laufen. Nimmt man aus der ganzen Rechnung aber die USA raus, dann wäre der Krieg anders gelaufen. Und das ist den Leuten in der Ukraine ganz klar, was da auch permanent den ganzen Tag ja an Hilfe kommt, an Aufklärung von Satelliten, von Flugzeugen, von allem, was die da rumfahren haben. Also ohne das, das sind ja sozusagen die Augen und Ohren der Ukraine die ganze Zeit, Tag und Nacht.

Tim Pritlove
1:56:32

Umso größer dürfte die Angst sein, wenn man sich die Wirren anschaut, die die amerikanische Politik jetzt wieder durchmacht. Wahlen anstehen, es derzeit so aussieht, als ob die Republikaner sich auf niemand anderen wirklich einigen können als Donald Trump. Es ist noch vollkommen unklar, ob die amerikanische Justiz in der Lage sein wird, ihn noch rechtzeitig in den Knast zu bekommen. Er hat ja genug Anklagen an den Hacken und bisher eigentlich auch alles verloren, aber es ist halt wieder so eine Zuspitzung bis hin zum Supreme Court, wo es halt theoretisch noch sein kann, dass von ihm bestellte Richter sagen, ach ja nö, das war schon alles so ganz in Ordnung und dann ist halt wirklich Staatskrise angesagt. Also wissen wir alles nicht, aber weil der Teil des Kongresses, des Haus derzeit eben von den Republikanern dominiert wird und nach diesen ganzen Machtkämpfen, die dort zuletzt abgelaufen sind rund um diese Sprecherposition jetzt so ein totaler Magaschilder am Start ist und derzeit einfach alles blockiert, werden ja keine weiteren Gelder freigegeben. Das heißt, es könnte eben sein, dass im allerschlimmsten Fall diese Blockade noch monatelang weitergetrieben wird, einfach weil aus der Sicht der Republikaner, ja was interessiert mich die Ukraine und Russland, wichtig ist, dass wir jetzt hier wieder den Präsidenten stellen und wenn wir hier genug Krisen erzeugen, dann können wir uns ja so platzieren, dass wir dann die Krisen dann lösen, wenn wir dann mal die Macht haben. Das ist dieser Zynismus, der da gerade vorherrscht und das ist ja auch etwas, was nicht nur die Ukraine beunruhigen sollte, sondern natürlich eigentlich auch die gesamte EU und Deutschland und so weiter. Weil es ja auch bedeuten kann, dass im allerschlimmsten Fall, man mag es sich gar nicht vorstellen, aber würde jetzt tatsächlich die USA sozusagen sich komplett zurückziehen und sagen, mach doch was ihr wollt. Was ich mir tatsächlich wirklich nicht wirklich vorstellen kann, aber es ist so ein Szenario, was da ist, das würde ja auch bedeuten, dass die EU sich eigentlich komplett neu aufstellen muss. Europa sich komplett neu aufstellen muss.

Enno Lenze
1:58:50
Tim Pritlove
1:59:54
Enno Lenze
1:59:59
Tim Pritlove
2:01:18
Enno Lenze
2:01:20

Genau, also Krieg oder Diplomatie, sag es mir in Dollar, ist so der alte Spruch. Ja, aber die, sozusagen das, was sie in diesem Bereich an Erfahrung haben, ich habe halt nicht das Gefühl, dass wir das ersetzen können oder also wenn es wirklich hart auf hart kommt und jetzt speziell mit Scholz, ich weiß nicht, ich weiß nicht. Im Prinzip müssten doch jetzt die EU-Staaten sagen, alles, was die Amis bisher machen, übernehmen wir, weil das ist unser Backyard hier, unser Hinterhof sozusagen, die Ukraine und wir wollen die ja in die EU holen. Die USA sagt nicht, wir wollen die als US-Bundesstaat, sondern wir wollen die potenziell, wenn die mal ihre Probleme gefixt haben, aber in der EU haben, ja dann müssten wir doch jetzt alles übernehmen und mal zeigen, dass wir auf der Welt wirklich eine richtig große Rolle spielen und nicht immer wir sind die Zweitbesten. Wo ich denke, toll, kennst du irgendwie einen Formel-1-Rennfahrer, der sagt, ich hole dieses Jahr den zweiten Platz, da freue ich mich so richtig drauf oder den dritten. Nee, also sozusagen so spielst du nicht mit, wenn du oben mitspielen willst. Und das, was wir jetzt immer machen ist, ja wir müssen erst die USA fragen, ob wir die Raketen liefern können. Und wir müssen erst, wo ich denke, sag mal, sind wir, also, dann lass uns doch die Regierung hier kippen und wir fragen immer beiden, was wir tun und lassen dürfen, aber immer dieses, nee, wir müssen uns erst mit den anderen abstimmen. Ich denke, dafür brauche ich keine Regierung wählen, dass ihr mal jemand anderen fragen müsst, was wir jetzt machen. Das ist irgendwie nicht meine Idee.

Tim Pritlove
2:02:59
Enno Lenze
2:03:12
Tim Pritlove
2:03:15
Enno Lenze
2:03:19
Tim Pritlove
2:03:25

Ja.

Enno Lenze
2:03:25
Tim Pritlove
2:03:37
Enno Lenze
2:04:21
Tim Pritlove
2:04:59
Enno Lenze
2:05:02
Tim Pritlove
2:05:47
Enno Lenze
2:05:48
Tim Pritlove
2:06:13
Enno Lenze
2:06:41

Ja und mir scheint auch sozusagen in den USA, ich erinnere mich wie in so 80er und 90er Jahre vor allem, also in so Comedy-Filmen immer wieder es so Gags gab auf Kosten von Kommunisten oder so die Kommunisten-Hasser oder im Film Cannonball Run fahren sie durch so ein Dorf und da steht so ein, hängt an so einem Haus so ein Werbeplakat, wählt den Sheriff wieder den Joe Kill a Commie Warner oder sowas. Also so, dass es immer so Gags gab, so wir sind gegen die Kommunisten und so, aber es war halt schon zu so einer Fraßverkommenheit zu so einem Gag. Und ich glaube, alle diese Leute, die immer gesagt haben, also ich meine, Russland wird ja immer noch als die Kommunisten von denen gesehen, das hat sich jetzt ja nicht maßgeblich so geändert in der simplen Welt, dass die jetzt sagen können, ich hatte Recht, ich hatte 50 Jahre lang Recht und ich hatte immer Recht und jetzt, jetzt kommt meine Zeit zu glänzen. Also ich glaube, das ist ein Aspekt, von dem die länger dabei sind. Dann eben, den anderen ist klar, also immer wenn so ein großer Krieg kommt, es gibt keinen Gewinner. Also sagen wir, wenn Russland jetzt tatsächlich weitergehen würde, es gibt kein Szenario, was für UK gut wäre. Ja, also es ist ja nicht gut, wenn Ukraine übernommen wird, nicht gut, wenn Polen übernommen wird, also es gibt nichts, wo sie sagen, ey, da haben wir einen Vorteil von und zum anderen ja auch noch einen klaren Nachteil, was ja auch nicht immer das gleiche ist, aber dass sie da Probleme haben könnten, auch klar. Und deswegen, ich glaube, zum einen sozusagen Geschichte und zum anderen auch, die waren in so vielen Kriegen und so was oder in so Konflikten viel stärker involviert. Also ich meine, wir hatten auch Bundeswehr in Afghanistan, wir hatten die in Mali, wir hatten die in Kurdistan und so, aber halt immer, eigentlich immer eine kleinere Rolle und auch viel weniger diese direkten Kampfeinsätze. Ich habe das Gefühl, dass das bei den Briten halt auch einen Unterschied macht, dass die wissen, was wirklich ein Krieg dann bedeutet, also wenn der hier rüber rollt oder jetzt in der Ukraine ist. Und in Deutschland habe ich halt nicht das Gefühl, dass Leute einen Bezug zu Krieg haben, was ja eigentlich sehr schön ist, wenn man sagt, das ist so lange her, das weiß keiner mehr. Ja, es fiel mir nur wieder auf, als Silvester die Leute sagten, boah, wie Krieg und so und dann hatte ich irgendwann auf Twitter geschrieben, also ich verstehe total, dass man das Geballer blöd findet und so, aber ganz ehrlich, es ist halt nicht wie Krieg, also da sind schon noch Unterschiede. Was mir da entgegenschlug von Leuten mit, das ist genau so und das macht gar keinen, also so, die der festen Überzeugung waren, wenn Böller fliegt, das ist wie Krieg. Und das weiß ich. Dachte, okay, die Realität ist ganz woanders von denen und von mir. Und ich glaube, bei den Briten ist das Thema, also die können sich besser vorstellen, was das heißt, wenn der Konflikt rüberschwappt. Schwappt, während hier ich nicht das Gefühl habe, dass Leute das, also erstmal, dass die Leute hier nicht glauben, dass das passiert, auch wenn es heißt, das ist so weit weg, ich denke, das ist. Also, das ist ungefähr so weit weg wie Barcelona, um es mal so zu sagen, so der Kriegsschauplatz und Barcelona sieht man eher als nah, das ist mit dem Flugzeug schnell erreichbar, das ist nicht weit weg und es ist nur noch ein Land dazwischen, aber, Und ja, irgendwie nehmen die Leute das hier nicht ernst und ich weiß auch nicht, wie man es vermitteln sollte. Also und man will ja auch nicht Panik oder so ein Blödsinn verbreiten oder Propaganda mit, oh die Russen kommen, aber einfach ein Verständnis schaffen und ich sehe derzeit nicht, wie man das schaffen könnte.

Tim Pritlove
2:10:27
Enno Lenze
2:11:00
Tim Pritlove
2:11:06
Enno Lenze
2:11:25
Tim Pritlove
2:11:43
Enno Lenze
2:11:56
Tim Pritlove
2:11:59
Enno Lenze
2:13:06
Tim Pritlove
2:13:08
Enno Lenze
2:13:35
Tim Pritlove
2:14:18
Enno Lenze
2:14:20
Tim Pritlove
2:14:34
Enno Lenze
2:14:39

Und da nur ein Punkt. Ich hatte lange gesagt, der Streit mit dem Bezirk, ich habe gar keinen Bock, sowas öffentlich zu machen, weil das ist nicht der Punkt. Das ist nicht, worum es geht. Das ist so bla, mi, mi, mi. Bis es zu einem Punkt kam, wo ich gesagt habe, jetzt reicht es mir. Und dann habe ich die ganze Story wie doof die sich verhalten haben, veröffentlicht. Eine Woche vor der Berlin-Wahl war das, glaube ich. Oder ein oder zwei Wochen. Und ich habe kein Wort von der Bezirksbürgermeisterin bis dahin irgendwie gehört. Und in dem Moment, wo dieser Artikel, ich glaube, 200.000 Mal geklickt wurde, weil es so eine schöne Story war, hat sie mich angerufen, dass wir das doch mal ganz dringend klären müssen. Wo ich dachte, ah, eine ungünstige, groß angelegte PR-Aktion kurz vor einer Wahl kann tatsächlich etwas bewirken und ich meine, das war ein gutes Timing und so. Nur da habe ich direkt gemerkt, komisch, da besteht auch ein exakter Zusammenhang zwischen meiner Veröffentlichung und dem plötzlichen Drang zur Kommunikation, und ich meine, mit Bundestagsabgeordneten und so ist es ja das Gleiche, nur eben einer alleine kann da oft nicht, also macht nicht den Riesenunterschied, aber eben jeder kann dem ihm zumindest mailen oder ihn anrufen oder auf Events ansprechen. Und wenn das halt über eine gewisse Schwelle kommt, dann wird es wahrgenommen. Und das ist das Gute einer Demokratie. Und da ist auch fast egal, welche Partei oder welche Ausrichtung der hat. Wenn seine Wähler sagen, das ist mir ein Anliegen, irgendwann muss er zuhören. Also entweder versteht er es selbst oder es ist reiner Opportunismus, dass er sagt, okay, jetzt muss ich mir die Sache angucken. Aber das ist ja am Ende egal. Aber das ist, glaube ich, das, womit wir hier echt viel bewegen können und was Leute immer so unterschätzen. Und umgekehrt eine Online-Petition klicken oder ein Profilbild ändern, das ist so auf dem unteren Ende von was Wirkung zeigt. Deinen Abgeordneten persönlich nerven, kann ich sagen, wirkt oft Wunder, zumindest dass es irgendwo auf die Agenda kommt.

Tim Pritlove
2:16:41
Enno Lenze
2:16:43
Tim Pritlove
2:16:46
Enno Lenze
2:16:58
Tim Pritlove
2:16:59
Enno Lenze
2:17:04

Ja.

Tim Pritlove
2:17:04
Enno Lenze
2:17:25
Tim Pritlove
2:17:31
Enno Lenze
2:17:33
Tim Pritlove
2:18:04
Enno Lenze
2:18:09

Genau. Ach hier, das Denkmal für die Vierfüßin Olga, also was wir hier nur sehen. Das ist der Platz, auf dem die ganzen Panzer dann, oder also jetzt mal Panzer, mal Traktoren, mal was auch immer stehen. Eine interessante Sache ist dieses Denkmal. Ich glaube, das ist sogar auf deinem Bild zu sehen, hier auf Google Earth gerade. Das ist eins von den riesen Denkmälern, die mit Sandsäcken am Anfang des Krieges verhüllt wurden, wo es so diese Videos gab, wie Freiwillige zehn Meter hohe Star-Tour in Tag- und Nachtarbeit mit Sandsäcken umhüllt haben. Nannten sie dann auch die Monuments Man, also wie die damals im Zweiten Weltkrieg und dann der gleichnamige Film, die, die die Kunst und Kultur schützen vorm Krieg. Inzwischen ist dieses Datum wieder frei und trägt eine schusssichere Weste, eine überdimensionale. Und damit werben sie für ein Crowdfunding für Westen, für Frauen an der Front. Also deswegen diese Star-Tour hat sozusagen mehrere Geschichten des Krieges alleine zu erzählen, was auch abgefahren ist und als wir Ende März 2022 da ankamen auf dem Platz, war die Star-Tour glaube ich gerade verhüllt und es hing ein riesen Banner dran, den jemand so per Hand gesprüht oder gemalt hatte, wo nur riesig groß drauf stand World Help Us. Und das fand ich auch so sehr einfach, aber sehr eindringlich, das halt auf Englisch und direkt da, wo den ganzen Tag die Weltpresse hin und her lief, also dass man jeden Tag daran erinnert wird. Das war sozusagen gut gemachtes Selbstmarketing.

Tim Pritlove
2:19:50
Enno Lenze
2:20:01
Tim Pritlove
2:20:07
Enno Lenze
2:20:09
Tim Pritlove
2:20:31
Enno Lenze
2:20:32

Das Übliche. Und dann habe ich gedacht, okay, wie fängt man an? Und ich dachte eigentlich am Anfang, nie im Leben klappt das. Das ist so kompliziert, aber ich kann es ja versuchen. Und dann kann ich in alle Ewigkeit sagen, Leute, ich habe es versucht. Ich habe ja auch versucht, der Bundeswehr die MiG-29 abzukaufen und in die Ukraine zu schicken. Das hat auch nicht geklappt. Ich kann immer sagen, ich habe es versucht. Ich habe den E-Mail-Verkehr mit dem Verteidigungsministerium. Sie wollten nicht mal wissen, über welches Unternehmen in Jordanien ich die kaufen will. Das endete schon vorher. Ich weiß nicht, die waren nicht so offen für meine Ideen. Ich hatte auch mal die Idee, als sie den Bundestag schützen wollten, als es diese Ideen gab, einen Graben zu ziehen, habe ich gesagt, ey, ich habe gute Erfahrungen mit Flammenwerfern. Habt ihr darüber mal nachgedacht? Ich habe die Antwort von der Bundestagsverwaltung, dass sie nicht über Flammenwerfer nachdenken. Sind eigentlich super für sowas, aber okay. Aber so, man hat ja seine Ideen. Und so eigentlich kam das für mich in diese Richtung. Und dann gedacht, okay, wo anfangen? Ich habe gesagt, das Einfachste ist, Ich schicke der ukrainischen Botschaft in Deutschland eine Mail. Einfach ganz knapp, kein bla bla bla, kein wie so ein Projektpitch, sondern ich mache nur zwei, drei Sätze und sage, hey, ich habe das gesehen, ich würde das gerne machen, weil damit ist die Idee ja klar. Da muss ich nicht mehr erklären. Mit wem kann ich sprechen oder wer kann mir helfen? Irgendwie so. Und dann dachte ich, okay, und jetzt habe ich einen Monat Ruhe und dann kann ich sagen, ich habe es versucht. Fünf Minuten später kommt eine Mail, ja, hier, ich wäre zuständig, kannst du mir mal eine Handynummer geben? Dachte so, oh fuck, it's on. Dann habe ich der Dame, die zuständig ist, meine Nummer gegeben und sie sagt, geile Idee, was brauchst du? Sagt ja mal ein Panzer. Sagt, okay, ja, ich schicke dir gleich einen WhatsApp-Kontakt, den kannst du fragen. Ich dachte so, ernsthaft? Man malt sich ja aus, wie unglaublich komplex das ist. Und dann so, spricht der Englisch? Ja, das Juri, der spricht Englisch. Was macht der? Was kann der? Ich frage ihn einfach so, hallo, du bist Juri? Ja, kannst du mir einen Panzer geben? Oh nein, oh nein, ja, oh Gott, oh Gott, dachte, was ist jetzt los? Sagt der Herr, die haben mir schon gesagt, du willst irgendwie einen Panzer und ich weiß auch nicht, wie das geht.

Tim Pritlove
2:22:55
Enno Lenze
2:23:23
Tim Pritlove
2:24:28
Enno Lenze
2:24:28
Tim Pritlove
2:24:51
Enno Lenze
2:24:53
Tim Pritlove
2:25:04
Enno Lenze
2:25:05

So und dann, weil es sagt, okay, muss man selber machen. Und dann, es dauerte eine ganze Weile, weil ganz viel hin und her war und parallel, er sagt, wer ist jetzt genau zuständig, weil, also ich habe früher Veranstaltungen organisiert in Berlin, aber muss jetzt gucken, gibt es irgendwas Besonderes. Dann haben wir überlegt, er sagt, pass auf, ich versuche diesen Panzerrand zu schaffen und Wieland versucht das mit den Behörden zu klären, dass wir so eine grobe Einteilung haben, weil ich war zu der Zeit viel in der Ukraine und er war mehr hier. Okay. Dann hat er halt gesagt, naja, eigentlich ist das eine Sache vom Bezirk, eine Veranstaltung, also Sondernutzung für kulturelle Zwecke. Er hat gesagt, was genau ist das rechtlich? Und dann haben wir gesagt, naja, aus meiner Sicht ist es eine Kunstinstallation, weil es kann ja viel sein. Es kann eine Demonstration sein, es könnte Kunst sein und so weiter. Ich habe gesagt, damit will ich meinen Gedanken Ausdruck verleihen über den Krieg. Ich habe mehrere künstlerische Sachen gemacht. Das ist eine Kunstinstallation. Der Vorteil ist, vom Grundgesetz geschützt. Und eine Demo kann man argumentieren, dass sie an verschiedenen Orten stattfinden kann. Wenn zu meiner Kunstinstallation das gesamte Ensemble gehört, dann kann man es nicht verschieben. So. Und dann ist man ganz schnell bei Dingen wie, ich glaube, Bundesgerichtshof oder Verfassungsgericht irgendwas ganz weit oben, wenn man das durchexerzieren will. So, und dann, okay. Ging es ein bisschen hin und her und dann war der rechtliche Weg klar, wie der Panzer aus der Ukraine hier hinkommen kann, also was die Ukrainer machen müssen, was sie von uns brauchen, welche Dokumente und hin und her. Es war so ein bisschen Kleinkram, aber an sich war der Weg klar. Klar. Und dann hat Wieland halt an das Bezirksamt geschickt, hier, wir wollen die Veranstaltung hier anmelden. Und ich habe ja gesagt, ey, lass uns nicht erwähnen, dass wir einen Panzer bringen, weil sonst stellen die Fragen. Der hat gesagt, ich glaube, wenn wir das Detail weglassen, dann gibt es Probleme.

Tim Pritlove
2:27:04
Enno Lenze
2:27:06
Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Er hat gesagt, gut, wo ist die Genehmigung? Ganz einfach, weil das Gericht hat sie verpflichtet, eine Genehmigung auszustellen. Davon habe ich die noch nicht. Und dann kamen wieder eine Million Details und am Ende war es so, der Panzer war demilitarisiert, verladen, auf dem Weg hierhin mit allen Papieren ausgestattet, alles fertig. Aber die Zeit wurde immer und immer und immer und immer knapper, weil das halt alles auf den letzten Drücker war. Und es war so, an einem Freitag war der 24.02., also der Jahrestag des Überfalls und da sollte er hier stehen und am Mittwoch hatte er die Ukraine noch nicht verlassen. Und das ist ein Schwertransporter mit vier Meter Breite und ich glaube 80 Tonnen Gesamtgewicht und der darf nur nachts fahren. Er sagt, okay, der muss noch drei Nächte fahren und wir haben anderthalb. Ich glaube, ich sehe ein Problem. Sie sagten, nein. Nein. Und er hat gesagt, okay. Und das andere Doofe war, weil immer noch nicht klar war, ob die Aktion stattfindet, viele Journalisten, die ich auch gut kenne, haben gesagt, sag mal, ist das, also wann sagt ihr denen jetzt mal, ob es klappt oder nicht? Und ich habe gesagt, ich weiß es nicht. Das ist nicht irgendein Werbegag, das ist nicht irgendwie Suspense. Es ist in zwei Tagen und wir wissen auch nicht, ob es funktioniert. Was meinst du, wie genervt ich gerade bin und ich hatte noch keine Genehmigung. Das war dann noch ein Punkt. Eigentlich sollte der dann mit einem Kran abgeladen werden. Es gibt genau an der Stelle vor der russischen Botschaft, also unter den Linden, hat so, ich glaube, drei, vier Fahrspuren pro Richtung. Und in der Mitte so eine Mittelpromenade, die zehn Meter breit ist oder so. Also so eine richtige Flaniermeile. Und an einer Stelle gibt es wie so eine Wendespur. Also wo die Mittelpromenade unterbrochen ist von einer richtigen asphaltierten Spur. Und genau dort sollte der Panzer stehen, weil das eben das Gewicht hält. Und diese Mittelpromenade oder diese Wendespur ist so breit, dass man den Panzer in Fahrtrichtung auf die eine Hälfte hätte stellen können und die andere Hälfte wäre noch frei gewesen für Fußgänger und Radfahrer. Und das war so ursprünglich der Plan. Und dann hätte das Kanonenrohr entweder Richtung Brandenburger Tor oder Richtung Alexanderplatz gezeigt, was mir eigentlich egal war, weil das ist nicht der Punkt.

Tim Pritlove
2:42:04
Enno Lenze
2:42:07

Eine Woche, dann also am Freitag, bevor das aufgestellt werden sollte, hieß es dann auf einmal, ja, ihr könnt den Kran aber gar nicht aufbauen. Und er sagt, warum nicht? Ja, weil der ist zu schwer. Das geht nicht. Er sagt, okay, der Panzer ist verladen und alles. Was heißt, hier geht nicht? Ja, geht nicht und Ende der Durchsage. Dann haben wir das Kranunternehmen gefragt, haben gesagt, hey, wir haben ein Gerichtsurteil, stellt ihr trotzdem auf? Und die sagen, ne, ohne Genehmigung vom Bezirksamt geht gar nichts, weil sonst fahren wir nie wieder einen Kran in Berlin. So, okay, verständlich. Sagt, wie ist das jetzt, wenn wir einfach den Tieflader da parken? Die haben gesagt, du findest kein Schwerlastunternehmen, was den Scheiß mitmacht. Genau aus dem gleichen Grund. Also niemand wird ohne Brief und Siegel das Ding da auch nur in die Stadt fahren. Und wir hatten sozusagen die Genehmigung, den Panzer hinzufahren. Also da muss man dann, kriegst du so eine Genehmigung, auf welchen Straßen du den Schwerlasttransport machen darfst. Aber bis du nicht den Stempel fürs Abstellen hast, findest du kein Unternehmen, was das durchführt. Und da haben wir gesagt, okay. Am Ende hat das Bezirksamt also gewusst, wie so eine Nummer läuft, mit ihrer längeren Erfahrung sozusagen, wie man einen da nerven kann. Gut, aber wie gesagt, dann hatten wir noch zwei Tage und haben den Ukrainern gesagt, das ist das Problem. Und sie sagten, kein Problem, kein Problem, bleib ruhig, bleibt entspannt, wir haben alles im Griff. Und ich sagte, wie? Bleib ruhig, bleib ruhig. Und wir hatten halt ein Unternehmen beauftragt, ein ukrainisches, ist, den Transport durchzuführen und alles gut, aber es war so okay. Und irgendwie der Kontakt war auch ein bisschen schwierig und kompliziert. Er sagt, nee, entspannt euch. Der steht da. Und dann habe ich die Handynummer von einem der Fahrer bekommen und also habe dem gewhatsappt und sage, ey, sag mir, wenn ihr über die Grenze seid und ob ihr das schafft. Und der sagte, ey, bleibt ruhig, alles okay, alles okay, wir sind schon in der Grenzkontrolle. Ich dachte so, ey, es sind noch 36 Stunden oder so, es kann gar nicht mehr gehen. Und dann gab es wohl einiges hin und her. Wir haben nur aus Gerüchten erfahren, dass es sehr hoch ging in der polnischen Regierung, dass die gesagt haben, an uns soll es nicht scheitern, dass der Panzer vor der Botschaft steht. Also haben sie auf einmal 24-7 diesen Transport durch Polen fahren dürfen. Am helllichten Tag auf der Autobahn mit voller Sperrung, weil der zwei Spuren gebraucht hat und jetzt scheiß drauf, gib Gas. Am Abend riefen die an, sie sind Frankfurt-Oder. Sie stehen jetzt vor der Grenze und ich habe dann auch später mit Leuten gesprochen, die mit so Schwertransporten zu tun haben. Die haben gesagt, kann nicht sein. Nein. Okay. Stopp. Und dann habe ich gesagt, was ist mit der Genehmigung, die dann immer noch nicht klar war. Und die haben gesagt, ja, äh, äh, äh, Der Laster ist nicht zivil. Der gehört dem Verteidigungsministerium. Wir haben kein Problem mit dem ukrainischen. Wir haben kein Problem mit, wo der steht, wo eine Genehmigung ist, wo ein Stempel ist.

Tim Pritlove
2:45:23
Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
2:49:32
Tim Pritlove
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Enno Lenze
2:49:37

Wollten Sie auch dem Anwalt nicht sagen. Können Sie nicht sagen, aber Sie ordnen jetzt sofortiges Entfernen an. Dann haben wir gesagt, okay. Und der Anwalt sagte, naja, an sich, wenn die das anordnen, ist es erstmal so. Man kann nachher dagegen vorgehen, aber man kann jetzt gerade nichts machen. Und die haben gesagt, das Einfachste ist, wir fahren in echt mit unserem Fahrer weg und unserer Zugmaschine, weil dann wissen wir, was passiert. Sonst wird es nur komplizierter. Dann kommt er auf ein Sicherstellungsgelände vielleicht oder wie auch immer. Keiner weiß es genau, was der Plan ist für Panzer, die man abschleppt. Und so dämlich. Und sag mal so, auch wieder die Polizisten vor Ort, die waren ganz nett. Die hatten halt den Auftrag gekriegt, das Ding muss weg, fertig. Also so, hatten wir alle das gleiche Problem. Und die hatten dann nur gefragt, wie ist der denn hier hingekommen? Weil die Strecke, die hingeht, muss ja auch zurückgehen. Waren so ein paar Probleme. Zum einen, sie war nicht gesperrt. Zum anderen mussten wir gegen Einbahnstraßen fahren und solche Sachen. Die haben gesagt, ist egal, ist egal. Egal, die hatten ohne Ende Polizeiwagen und Busse da, die haben unter den Linden vorne und hinten komplett abgesperrt. Das wurde noch wilder, die haben Teile von der A100 gesperrt. Also ich habe das Video, wie die Auffahrten von der Polizei gesperrt sind und so ein paar Polizeiwagen vor, der Panzer und ein paar Polizeiwagen da hinten und der auf der leeren Autobahn aus Berlin raus eskortiert wurde. Und dann dachte ich, was ist jetzt der Plan? der war nicht so ganz gut auf so einer der ersten Autobahnraststätten hinter Berlin haben sie gesagt, hier parken der Rest geht uns nichts an, tschüss und waren weg.

Tim Pritlove
2:51:11
Enno Lenze
2:51:20
Tim Pritlove
2:51:34
Enno Lenze
2:51:44
Tim Pritlove
2:52:54
Enno Lenze
2:53:24
Tim Pritlove
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Enno Lenze
2:54:34
Tim Pritlove
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Enno Lenze
2:55:09
Tim Pritlove
2:55:24
Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
2:56:14
Tim Pritlove
2:56:15
Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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Enno Lenze
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Tim Pritlove
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