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UKW109 Ukraine: Mentaler Einmarsch

Der Krieg tritt auf der Stelle und Rußland nimmt keine Rücksicht auf Verluste

Nun ist es bereits ein Jahr her, dass Rußland die Ukraine überfallen hat und noch lässt sich nicht abschätzen, wann dieser Krieg ein Ende finden wird. Die militärische Lage ist geprägt von den letzten Wintertagen, in denen Rußland unter Aufwand unbegreiflicher Mengen an Infanterie versucht, an allen Fronten die Ukraine aus ihren Stellungen zurückzudrängen. In der seit. Monaten stark umkämpften Stadt Bachmut musste Ukraine zuletzt sich aus verschiedenen Gebieten zurückziehen und ist nicht klar, ob sie die Stadt wird halten können.

Wir reden heute mehr über die großen Fragen des Krieges und wie sich der Westen zum Konflikt verhält und verhalten sollte.

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Veröffentlicht am: 24. Februar 2023
Dauer: 1:53:39


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Begrüßung 00:00:33.962
  3. Militärische Lage 00:02:40.795
  4. Waffenlieferungen 00:12:50.534
  5. Leopard-Panzer 00:27:18.755
  6. Unterstützung durch den Westen 00:42:58.233
  7. Worum geht es eigentlich? 01:03:07.152
  8. Neo-Idealismus 01:22:35.532
  9. Die NordStream-These von Seymour Hersh 01:30:53.561
  10. Ausblick 01:48:53.405

Transkript

Tim Pritlove
0:00:34
Pavel Mayer
0:01:10
Tim Pritlove
0:01:12
Pavel Mayer
0:01:36
Tim Pritlove
0:01:54
Pavel Mayer
0:02:36
Tim Pritlove
0:02:38

Ja, ein bisschen Konkretes haben wir natürlich auch und ich würde auch sagen, damit sollten wir dann auch einfach mal beginnen. Also wir hatten letzten Monat, die letzte Sendung war am 22. Januar, wenn ich mich jetzt nähe, Entschuldigung, am 27. Januar kam die raus. Und da war so die Situation, dass sich eigentlich der ganze Konflikt militärisch ziemlich festgefressen hatte. Also es gab verhältnismäßig wenig Bewegungen, es gab Stellen, wo die Russen mehr Alarm gemacht haben, es gab Stellen, wo die Ukrainer mehr Alarm gemacht haben. Und das große Fragezeichen war immer die ganze Zeit, welchen Einfluss wird vor allem das Wetter haben? Und wem wird welches Wetter mehr in die Karten spielen? Es gab so ein bisschen die optimistische Erwartung, dass ein harter, kalter Winter vor allem die Russen mehr treffen wird, schlechtere Ausrüstung etc. Ja, und den Ukrainern gegebenenfalls eine Gelegenheit für eine Gegeneffensive gibt. Aber nun macht es eher so den Eindruck, als ob eher die Russen die Situation für sich haben nutzen können, allerdings unter einem Auffang, wo man auch irgendwie nur noch die Augen verschließen möchte. Was passiert ist, ist, dass sie eigentlich an verschiedenen Fronten und insbesondere rund um diese Stadt Bachmuth, die wir hier auch schon erwähnt haben, das ist so keine Schlüsselstadt im eigentlichen Sinne, aber die Stadt, an der die Russen am nächsten dran sind im Donbass, wo sie seit Monaten versuchen in irgendeiner Form den Widerstand der Ukrainer zu brechen und bis vor einem Monat da auch nicht wirklich weiter gekommen sind. Und das hat sich dann doch ein bisschen geändert. Und der Grund dafür ist. Immer ein bisschen schwierig zu beschreiben, aber es hat weniger mit Taktik zu tun, als damit, dass die Russen ein bisschen weggekommen sind von ihren bisherigen Angriffsmethoden, die auf großem Atelierieinsatz und dann eben mechanisierten Einsatz, also sprich dann mit Fahrzeugen hinterherzukommen. Das ist so diese klassische Methode gewesen, mit der die Russen ganze Zeit schon versucht haben, Erfolge zu erzielen. Also wir haben halt viel Artillerie, dann wird den ganzen Tag alles zugehagelt an der Front mit Artillerie und wenn in irgendeiner Form ersichtlich ist, dass der Widerstand des Gegners dort gebrochen wurde dadurch, dann versucht man eben massiv mit Geräten da rein zu ziehen und das zu überrollen. Das ist so immer mit dem Kopf durch die Wand, das ist so ein bisschen die Methode des russischen Militärs, die nicht überall, die ja ganz am Anfang, den allerersten Tagen ein bisschen Erfolg hatte im Süden, aber danach eigentlich nie so richtig funktioniert hat und immer wieder vom ukrainischen Militär ausgetrickst wurde oder mit entsprechendem Widerstand begegnet wurde. Jetzt sind sie auf eine andere Methode umgestiegen und setzen vor allem auf Infanterie und setzen halt einfach Unmengen an Personen, die sie eben jetzt durch die Mobilisierung in den letzten Monaten gewonnen haben, ein und schicken die einfach in Wellen an die Front, egal wie groß die Verluste sind. Und die Verluste sind groß. Nach ukrainischen Schätzungen gehen da also pro Tag 600 bis 1000 Menschen bei drauf, bei den Russen. Die Verluste bei Ukraine ist sicherlich jetzt auch nicht gering, aber die kennen wir so nicht. Ja und mit diesem, es ist halt so ein bisschen was von Zombie-Angriff, also die Leute werden da einfach ohne viel Gerät an die Front geworfen und überrennen einfach diese Positionen und da ist es dann halt den Russen gelungen im Norden der Stadt Bachmuth eine relativ wichtige Stadt einzunehmen, Söderda, die auch lange, lange lange Zeit schon gekämpft wurde, so dass im Norden wie auch im Süden der Stadt auf diese Art und Weise mittlerweile die ukrainische Front doch enorm zurückgedrängt wurde und es jetzt so ein bisschen aussieht, als könnte in den nächsten Wochen Bachmuth dann tatsächlich auch an die Russen fallen, auch wenn die Einschätzungen da noch unterschiedlich sind. Kann sich auch noch ein bisschen hinziehen, aber ganz ausschließen lässt es sich derzeit einfach nicht.

Pavel Mayer
0:07:17
Tim Pritlove
0:09:39

Also ich denke, es ist schon der Versuch war, eine Offensive zu starten, weil derzeit ist das Zeitfenster wettertechnisch noch ganz gut. Also in zwei Wochen soll es dann wieder tauen. Dann geht quasi die nächste Matsch-Saison los. Und das haben wir ja schon zu Beginn des Krieges gesehen, wie gut das für die Russen funktioniert hat. Also das ist natürlich auch eine Einschränkung für die Ukraine in gewisser Hinsicht. Also das erlaubt genauso wenig jetzt einen Vorstoß, einen unmittelbaren. Aber für die Ukraine könnte jetzt dieser Wetterumschwung genau zum richtigen Zeitpunkt kommen, um einfach die Fortschritte der Russen, die sie jetzt gemacht haben, da an der Stelle auch einzufrieren, aufzutauen. Es gab ja ähnliche Angriffe, nicht nur um Bachmuth, sondern es gab das Ganze auch im Norden von Luhansk, wo sie versucht haben, Boden wieder gut zu machen und das teilweise hier und da auch getan haben. Da reden wir dann halt immer von Kilometer oder sowas, wo vorgestoßen wurde, wo es auch so richtig desaströs gelaufen ist, wo die Russen ja auch ziemlich panisch versuchen, Land zu gewinnen, ist um den Ort Wuledar herum. Riesige Verluste, auch materielle Verluste, nicht nur Personal, sondern auch was, was ich an einem Tag habe, also ich habe versucht da mit irgendwie 30 Fahrzeugen, davon die Hälfte glaube ich Panzer, irgendwie die ukrainischen Stellungen zu umfahren, das ist komplett in die Hose gegangen. Da haben sie also, ich bin mir nicht ganz sicher, ob die alle zerstört wurden oder teilweise sogar auch noch gecaptured wurden von der Ukraine. Auf jeden Fall haben sie die nicht wieder mit zurückgenommen. Die Verluste sind da extrem und die Fortschritte sind also quasi gleich null. Also im Großen und Ganzen kann man sagen, es geht zwar derzeit für die Ukraine nirgendswo voran, aber die Verluste jetzt in territorialen Einheiten gemessen halten sich in Grenzen. Ob sich die Verluste in Form von Menschenleben in irgendeiner Form in Grenzen halten, da habe ich so ein bisschen meine Zweifel, das dürfte derzeit einfach ein extrem blutiger Kampf sein und wenn man sich so verschiedene Videos anschaut, dann hat das alles so diesen totalen World War One Vibe. Also Kampf wirklich in den Gräben, Mann gegen Mann, Überfälle mit leichten Schusswaffen und alles super böse und blutig und einfach überhaupt keine Freude sich das anzuschauen. Aber Aber das ist halt einfach jetzt mal die Realität on the ground. Und ich denke, dass die Ukraine derzeit in so einem ähnlichen Modus ist wie von einem halben Jahr, als die Russen im Donbass so stark gedrückt haben, wo es um Lissichansk und Svevjero-Donec ging, um diese Städte, die sie dann letztlich auch verloren haben, aber die eben für die Russen auch so kostlich waren, dass sie ja dann eben auf diese neue Mobilisierung umschalten mussten. Und es eben für die Ukrainer vor allem ein Zeitgewinn war. Und diese These des Zeitgewinnens, die erscheint recht plausibel. Wenn wir jetzt mal auf die militärische Situation in Bezug auf Ausrüstung schauen, haben wir ja in den letzten Wochen und Monaten diese ganze Debatte um Panzerlieferungen miterlebt, die von Ukraine quasi von Tag eins an gefordert wurden, aber wo halt der Westen sich sehr zurückhaltend geäußert hat, aber wenn wir jetzt mal schauen, wo wir jetzt in einem Jahr hingekommen sind, von Deutschland spendet 5000 Helme zu einer jetzt von der deutschen Regierung zugesagten Lieferung von relativ modernen Leopard 2 Panzern, also diese A6-Modelle, die im Prinzip zugesagt wurden, sind jetzt kein altes Zeug, sondern das ist schon nicht das aller aller neuste aber das ist sagen wir mal im vergleich zu dem was die ukraine derzeit hat schon wirklich ein riesen sprung nach vorne technisch aber damit ist ja auch verbunden dass sie eben allen anderen ländern auch erlauben leopard panzer zu liefern Ja, also zu den Panzern kommen wir ja gleich noch ein bisschen im Detail, aber mein Eindruck von der Gesamtsituation ist, dass die für eine Offensivübermacht. Also um erfolgreiche Offensiven zu führen, braucht man halt kräftemäßig eine Überlegenheit von drei zu eins, idealerweise eigentlich eher 10 zu 1, die man irgendwo konzentriert.

Pavel Mayer
0:14:28

Also es muss jetzt nicht über die gesamte Front 10 zu 1 sein, aber da wo man durchbrechen will mit 10 zu 1 über Macht, hält man die eigenen Verluste in Grenzen und hat eine sehr hohe Erfolgswahrscheinlichkeit. Und wenn das jetzt nicht gelingt und so sieht es aus, dass jetzt im Moment es keiner Seite gelingt, irgendwie so eine ausreichende Offensivübermacht aufzubauen und weshalb die Ukraine sich dann eher entschieden hat, eher defensiv im Moment zu agieren, weil sie eben nicht das Gefühl haben, genug übermacht zu haben, während die Russen eher der Meinung sind, na ja... Wir müssen es halt irgendwie probieren oder probieren es halt, ohne ausreichende Offensivmacht zu haben und dementsprechend kleinfallen halt die Fortschritte und entsprechend groß die Verluste aus. Und auf der anderen Seite hat aber im Gegensatz zum Sommer, jetzt habe ich die Ukraine sich entschieden, beispielsweise auch in in bachmut mehr zu investieren als es jetzt aus strategischer sicht sinnvoll oder aus taktischer sicht sinnvoll wäre sondern aus strategischen überlegungen nämlich unterstützung durch den westen und symbolische bedeutung jetzt auch mehr in den kampf um bachmut investieren als es eigentlich wert ist Und ja, das ist jetzt die Situation. Die Frage ist halt, wann gelingt es einer Seite, die entsprechende Übermacht aufzubauen. Und das kann entweder gelingen, indem man einfach Reserven zurückhält und aufbaut und aufbaut und aufbaut und dann eben konzentriert. So eine entsprechende Übermacht. Also mit 10 zu 1 ist jetzt nicht gemeint zehnmal so viele Truppen, sondern Truppen in einer Quantität und einer Qualität, dass sie die zehnfache Kampfkraft haben. Das kann jetzt doppelt so viel, also was weiß ich, vierfache Qualität und zweifache numerische Überlegenheit oder so. Kann das sein. Und diese Übermacht kann natürlich auch entstehen, wenn die verteidigende Seite, wenn der entweder die Munition oder der Sprit oder die Manpower ausgeht. So eins davon kann dann eben auch dafür sorgen, dass selbst wenn die andere Seite nicht stärker wird, sondern nur seine Kraft hält, dass quasi die verteidigende Seite nur noch ein Zehntel so stark ist wie am Anfang, dann hat es so auch die Übermachtssituation. Das heißt, eines dieser Szenarien wäre aber nötig, damit die Front wieder in Bewegung kommt.

Tim Pritlove
0:17:52
Pavel Mayer
0:18:27
Tim Pritlove
0:18:32

In Mariupol zum Beispiel, genau so ein bisschen im Hinterland von Indonezk etc. Also jenseits dieser 70 Kilometer Marke, wo man derzeit so mit High-Mars-Raketen sehr präzise hat zuschlagen können, geschehen auf einmal auch sehr genaue Angriffe. Und das ist noch so ein bisschen unklar, was es damit auf sich hat, aber es macht so ganz den Eindruck, als ob die schon vor einiger Zeit zu gesagten GLSDB-Systeme, das sind so im Prinzip so Upgrades für dumme Munition, die dann halt so eine Gleitoption noch mit dazu bekommt mit so ausklappbaren Flügeln und mit GPS- Steuerung, die dann halt sehr viel weiter fliegen können und dann trotzdem sehr genau ins Ziel gebracht werden können. Das kann also sein, dass es noch so ein bisschen unkonfirmed, dass dieser Punkt schon erreicht hat. Und das ist natürlich, Das klingt so wie so eine Kleinigkeit. Aber tatsächlich, so wie diese Heimas-Raketen ja einen riesen Unterschied gemacht haben vor einem halben Jahr, weil auf einmal die Russen ihre komplette Zulieferlogistik umbauen mussten, alle großen Lager sehr viel mehr ins Hinterland verlegen mussten und dann sich entsprechend die Zulieferwege zur Front verkompliziert haben. Genauso könnte jetzt eine noch höhere Reichweite von extrem präziser Munition diesen Prozess noch ein weiteres Mal treiben und hätte dann die interessante Auswirkungen, dass es zwar im Donbass sozusagen bedeutet, dass noch mal so 20, 30, 50 Kilometer weiter man nach hinten treten muss. Das ist dann vielleicht nicht einfach, aber in gewisser Hinsicht noch machbar. Aber in diesem dünnen Streifen zwischen der Frontlinie und dem Asowschen Meer, Also von Mariopol auf der einen Seite bis zum Übergang zur Krim auf der anderen Seite, da gibt es da nicht mehr so viel Rückraum. Da müssten sie sozusagen ihre Lager ins Wasser verlegen, das ist natürlich keine Option. Wenn also die Ukraine über Waffen verfügt, die an der Stelle wirklich extrem präzise zuschlagen können und alle Truppen- und Munitionskonzentrationen dann eben vernichtet, bevor sie überhaupt zum Einsatz kommen, dann haben die Russen auf jeden Fall wieder ein großes Problem.

Pavel Mayer
0:20:52
Tim Pritlove
0:21:14
Pavel Mayer
0:21:27
Tim Pritlove
0:23:46
Pavel Mayer
0:25:06
Tim Pritlove
0:25:28
Pavel Mayer
0:26:28
Tim Pritlove
0:26:36
Pavel Mayer
0:26:44
Tim Pritlove
0:27:19

Kommen wir noch mal vielleicht zu dieser Hauptgeschichte der letzten Wochen, nämlich die Lieferung der Leopardpanzer. Also wie schon angedeutet, das war ja politisch eine echt heiße Kartoffel und ehrlich gesagt, ich hatte so den Eindruck, Deutschland macht sich komplett zum Horst, aber dann gab es dann schon irgendwann so diesen Punkt, wobei man merkte, okay, alles klar, die Front weicht langsam auf und dann wie schon so ein paar Mal war das eben so, wenn dann die Entscheidung kommt, dann fällt sie dann auf einmal doch profunder aus, als man das gedacht hatte. Also nicht nur, dass die Deutschen jetzt Leopaten liefern, sie liefern halt moderne Leopaten, sie liefern auch eine signifikante Zahl oder zumindest haben sie eine signifikante Zahl in Aussicht gestellt und bilden natürlich jetzt auch schon aus. Da hat das sicherlich auch ein bisschen geholfen, dass das Verteidigungsministerium einen Wechsel gab, auch wenn es natürlich am Ende eine Kanzlerentscheidung ist, ganz klar. Aber dieser Boris Pistorius macht ja wirklich einen komplett anderen Eindruck als seine Vorgängerin. Ja und dann war halt die Ansage auch an den Rest von Europa ja okay dann schickt doch mal eure Leoparden. Und da war dann eben große Zurückhaltung zu spüren. Auf einmal wollte dann keiner mehr so richtig, ich glaube so richtig zugesagt hat derzeit nur Portugal und die anderen halten sich noch alle ein bisschen bedeckt. Da wird also noch gerungen. War ganz interessant, wie sie alle auf Deutschland gezeigt haben, aber Hauptnass Deutschland gesagt hat, ja okay, gut, dann meint wegen und dann ihr zeigt mal euer Blatt und dann waren sie halt selber alle ein bisschen zurückhaltender in diesem ganzen Gepokere um Unterstützung. Womit ich jetzt nicht sagen will, dass sie anderen Länder keine Unterstützung liefern, aber gerade diese Panzerfrage scheint irgendwie extrem sensitiv zu sein. Obendrein kam dann noch diese Entscheidung, dass auch noch alle verfügbaren Leopard 1 Panzer geliefert werden dürfen, fand ich ja sehr interessant. Und da war dann schnell von einer dreistelligen Zahl die Rede, die es sicherlich auch noch gibt in gewisser Hinsicht. Viele Länder haben Leopard 1 Panzer gekauft, aber viele Länder haben auch Leopard 1 Panzer wieder verkauft. Also ich glaube, Dänemark alleine hatte irgendwie eine große zweistellige Zahl, die sie komplett an irgendeine norddeutsche Firma verkauft haben für irgendwie 10.000 Euro das Stück, nach dem Motto, wir wollen jetzt einfach mal nur los werden. Die haben die dann eingelagert und jetzt werden die eben von diesem Unternehmen wieder zurück gekauft, allerdings in überarbeiteter Form. Sprich, diese Unternehmen, das ist alles so für Firmen gibt. Gebraucht Panzerhandel. Ja, genau. Wir haben jetzt hier mal 20, 30 Jahre lang irgendwie Panzer in der Halle gehabt. Da waren die so halbwegs klimatisiert, irgendwie nicht zu viel kosten, aber sicherlich auch nicht keine. Und jetzt sind sie zumindest nicht komplett durchgerostet, aber natürlich sind die so nicht betriebsfähig. Das heißt eigentlich muss jeder Panzer nochmal komplett auseinander genommen werden und wieder neu zusammengesetzt werden. Was alles für Verschleißteile sind, die Gummi, die dann einfach nicht mehr halten. Alles muss ja irgendwie auch neu geschmiert werden und wenn da irgendwie in den Tanks noch irgendwie altes Zeug drin ist, das muss alles gereinigt werden. Also der Aufwand so ein Panzer wieder in Stand zu setzen, der ist jetzt nicht gering, aber der Aufwand so einen alten Panzer in Stand zu setzen im Vergleich zu einem neuen zu bauen, das ist natürlich was ganz anderes. Vorbehalte muss man immer haben, wenn es um Elektronik geht, so dass man das dann überhaupt noch kriegt in der Form. Das mag jetzt bei diesen alten Leos auch nicht so das große Problem sein, aber sicherlich gibt es Teile, die ja heuer in Demand sind, als sie jetzt noch irgendwo vorrätig sind. Das muss man sehen, wie sich das dann löst. Aber ich habe so den Eindruck, alle Restbestände von Leopard 1 Panzern in Europa, die es noch irgendwo gibt und die noch in irgendeiner Form wieder in Betrieb gesetzt werden können, werden im Laufe dieses Jahres und vielleicht noch des nächsten Jahres an die Ukraine geliefert werden. Das sind jetzt nicht die modernsten Panzer, aber im Vergleich zu dem, was sie derzeit aus russischer Produktion oder aus syrwitischer Zeit, ist es mindestens vergleichbar wenig sogar auch noch besser als das. Ja, und dann ist natürlich auch die Frage, kann man genug Munition dafür liefern etc. Du hast dir das auch noch mal genauer angeschaut, ne?

Pavel Mayer
0:31:47

Ja, wir hatten beim letzten Mal so gemutmaßt, wie denn die Situation aussieht mit der Lieferbarkeit, aber auch wie viel Panzer denn überhaupt Deutschland produzieren kann. So und das war so ein bisschen unklar, weil die Produktionszahlen aus den letzten Jahren eben sehr niedrig zu sein schienen. Jetzt hat sich Kraus-Mafai Wegmann dazu geäußert, wie das aussieht. Und zwar laut deren Angaben sind deren Kapazitäten im Moment, dass sie 50 Panzer neu bauen können pro Jahr, ungefähr 70 modernisieren können, also auf, was weiß ich, von A4 auf A6 oder A7, von A4 auf A7 oder A5 auf A7 modernisieren können und ungefähr 50 instand setzen. Also dann nicht groß modernisieren, sondern einfach nur, naja, wieder fit machen auf dem Modernisierungsstand, in dem sie sich befinden und sagten, sie könnten, sagen sie, auf 300 pro Jahr oder 25 pro Monat innerhalb von ein bis zwei Jahren steigern, hochfahren die Produktion. Und man könnte sogar auch, meinte, auch eine zweite, vielleicht auch eine dritte Produktionslinie aufbauen. Das würde dann zwei Jahre dauern plus ein Jahr zum Hochfahren, aber man könnte jetzt nicht zehn oder fünfzehn Produktionslinien neu hochfahren. Das wäre wohl auch nicht möglich. Ja und im Kalten Krieg waren die Produktionszahlen bis zu 40 im Monat oder 400 bis 500 pro Jahr in Hochzeiten. Das Ganze gilt aber nur, wenn man eben jetzt sofort den Auftrag dazu erteilt, weil wie das dann funktioniert ist, wenn man jetzt den Auftrag erteilt, dann gehen halt sofort die Aufträge an eben auch Lieferanten raus, die dann anfangen so die Motoren zu produzieren und die Elektronik und die Chips zu beschaffen. Und das macht ja nicht alles Kraus, Mafai, Wiegmann in-house. Und so dass man dann, wenn man jetzt sagt, okay, jetzt fahren wir die Produktion hoch, gehen die Bestellungen raus. Und in einem Jahr oder so ist dann auch die neue Produktionseinrichtung dann fertig und fängt dann eben an zu produzieren und fährt dann innerhalb von einem Jahr ihre Produktion dann aufs Maximum hoch. Das heißt, das sind so die Zeiträume, von denen wir reden. Also sagen ein Jahr, um ja hoch, um anzufangen, um anzufangen, die Produktion dann dann richtig hochzufahren. Also machbar wäre das Ganze, aber es gibt eben die Aufträge noch nicht. Und solange es den Auftrag nicht gibt, können sie auch nicht anfangen, so Panzer zu produzieren, abgesehen davon, dass sie das Risiko jetzt nicht nicht eingehen würden und sagen Okay, wir bestellen jetzt mal Teile auf Verdacht so für eine Milliarde oder so. Und dann hoffen, dass uns die auch abgekauft werden, sondern der Bau von Panzern bedarf eben einer Genehmigung nach Kriegswaffenkontrollgesetz. Das heißt, mit anderen Worten, die brauchen halt den Auftrag und die Genehmigung überhaupt damit anfangen zu können. und die ist halt noch nicht da. So stellt sich gerade die Situation da. Und sagt die USA, da hat sich jetzt nicht großartig viel geändert. Da sieht es immer noch so aus, dass die jetzt über die nächsten zwölf Monate wohl zwischen 40, 30 bis 40 Panzer ungefähr für die Ukraine, also Abrams, neu bauen werden, wobei das mit dem Neubauen auch immer so eine Sache ist, da differenzieren die Hersteller teilweise nicht zwischen so ganz klar, ob es jetzt auch ein Neubau ist, wenn sie irgendwie zum Beispiel einen Turm von einem alten Panzer nehmen oder da einige Alteile einbauen oder überholte Teile. Es ist dann, also teilweise schlagen die das dann der Neuproduktion zu, obwohl nicht alle Teile nagelneu hergestellt worden sind. Da muss man also immer ein bisschen aufpassen.

Tim Pritlove
0:37:28
Pavel Mayer
0:38:19
Tim Pritlove
0:40:09
Pavel Mayer
0:41:34
Tim Pritlove
0:42:59
Pavel Mayer
0:43:26

Ja, ich meine grundsätzlich ist natürlich die Frage, die jetzt auch wieder hochkommt im Zusammenhang mit wie viel Friedensanstrengungen unternimmt man immer, wie auch immer die aussehen mögen, ist natürlich auch die Frage, so hätte der Westen, hätten wir irgendwie was anders machen können, um den Krieg zu verhindern, weil feststellen, der Krieg ist schon eine extreme Katastrophe, auch für die Ukraine, für Russland und für die Welt. Also es ist jetzt nichts Tolles und auch wenn die Ukraine gewinnt, wäre es, glaube ich, besser gewesen, wenn es möglich gewesen wäre, diesen Krieg irgendwie zu vermeiden. Da ist natürlich die große Frage, was hätte man anders machen können. Da kann man jetzt die These aufstellen, man hätte vielleicht härter gegenüber Russland sein sollen, damit die Abschreckung funktioniert, also die Ukraine vielleicht früher auch besser bewaffnen, damit Russland das Gefühl hat, das wird nichts, das klappt nicht. Oder eben umgekehrt, mal netter zu Russland sein können. Also dass ich Russland irgendwie in die NATO oder in die EU aufnehmen vor vielen Jahren oder in die Ukraine überlassen als Einflusssphäre und sich einfach nicht einmischen dort. Wobei... Man die Frage, in welchem Umfang gab es denn überhaupt Einmischung eigentlich durch den Westen? Und es gibt in dem Zusammenhang, finde ich, einen sehr schönen Blick, was denn jetzt die Wurzeln tatsächlich dieses Konflikt sind, wie es denn eigentlich dazu gekommen ist. Und die These sieht ungefähr so aus. Im Grunde genommen haben jetzt Russland und die Ukraine nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Beide haben keinen guten Weg eingeschlagen, was so Korruption und Institutionen angeht. Das haben andere ehemalige Ostblockländer besser geschafft, also allen voran Tschechien vielleicht, die es geschafft haben zu verhindern, dass dort eine mächtige Oligarchie entsteht. Auch wenn sie ein paar Oligarchen dort haben, sind die Tschechen schon eben konsequenter gegen organisiertes Verbrechen vorgegangen in den 90ern und haben dann schon verhindert, dass der Staat jetzt in die Hände von Kriminellen fällt. Das ist weder in der Sowjetunion noch in der Ukraine in den 90ern gelungen, sondern im Gegenteil, ja unter Yeltsin oder auch dann unter Janukowitsch oder in anderen Regimen in der Ukraine wurde halt... Wurde halt eine Oligarchie etabliert. Als Putin dann kam in Russland, hat Putin quasi die Oligarchen an die Kette gelegt, wenn man so will, oder sie mit ins Boot geholt gegen 15, % ihres Geldes oder ihrer Einnahmen, die sie dann an Putin und den Staat abliefern mussten. In der Ukraine ist es nicht passiert. In der Ukraine waren weiter die Oligarchen am Ruder, kann man sagen. Und dann gab es aber eben in der Ukraine einen Konflikt zwischen Oligarchen und Bevölkerung. Und während in Russland eben Putin die Oligarchie ausgeschaltet hat, kam es in der Ukraine, ja, es ist nicht passiert, kam dann eben zu Auseinandersetzungen und am Ende, ja, hat, Man kann sagen, hat die Oligarchie gegenüber dem Volk oder den Massen mehr oder weniger, wenn ich sagen, den Kürzeren gezogen. Aber da ist dieser Konflikt dann aufgetreten, der dann dazu geführt hat. Russland und Ukraine einfach auf unterschiedlichen Bahnen unterwegs waren. Und diese unterschiedlichen Bahnen, auf die sie dann unterwegs waren, haben dann letztlich zum Krieg geführt, weil eben auch die Ukraine dann einfach einen Gegenentwurf zum russischen System dargestellt hat oder darstellt. Weil umgekehrt diese ganzen Sicherheitsbedenken, dass die Ukraine denn jetzt in Russland einmarschieren würde oder die NATO in Russland einmarschieren würde oder so. Das ist glaube ich alles kompletter Quatsch oder Hirngespinste einfach. Also von die Gefahr für Russ, es gab keine Gefahr auch für Russland, sondern es bestand halt eben nur Gefahr für das System, für das herrschende Putin-System in Russland, die von der Ukraine aus...

Tim Pritlove
0:49:49
Pavel Mayer
0:49:56
Tim Pritlove
0:50:53
Pavel Mayer
0:50:57

Ja, kann man so ein bisschen sagen. Beziehungsweise einfach eine Gefährdung der bestehenden Machtstrukturen. Es ist jetzt auch nicht gesagt, dass es jetzt so dann auch in Russland funktionieren würde ohne weiteres, aber nichtsdestotrotz, das ist, glaube ich, warum sich Russland und die Ukraine plötzlich auf verschiedenen Trajektorien wiedergefunden haben, die dann am Ende zu dem Einmarsch geführt haben. Am Ende, was das natürlich bedeutete, war dann auch konkret für die Ukraine, dass man sich dann natürlich am Westen orientieren musste. Nicht weil man jetzt den Westen unbedingt so toll findet oder weil das jetzt alles das ideal ist, aber so die russische Situation mit einem Autokraten wollte man dann einfach nicht. Und da gab es dann halt auch nicht so viele Alternativen, was man da machen konnte, außer sich dann Richtung Westen zu orientieren. Und vor dem Hintergrund kann man sagen, es hätte wohl nicht geholfen, jetzt irgendwie netter zu sein. Ich habe auch nochmal in euch angeguckt, wie viele diplomatische Initiativen es eigentlich gab, kurz vor dem Einmarsch. Also gerade Macron hat sich ja ins Zeug gelegt und Scholz auch. Biden hat seinen Geheimdienstchef geschickt und da war ja nicht so, dass man jetzt gesagt hätte, irgendwie, mach mal Russland. Sondern, nee, da war wirklich viel ernsthaftes Bemühen einfach auch da, dass es nicht dazu kommt und auch zu signalisieren, Russen, wenn es dazu kommt, dann wird das nicht gut. So eigentlich war Russland gewarnt, wenn man so will. Und insofern wäre vielleicht das Einzige, was man jetzt anders hätte machen können, aus meiner Sicht, war, die Ukraine früher oder schneller zu bewaffnen oder sie einfach in die NATO aufzunehmen. Hätte man sie in die NATO aufgenommen, 2010 oder so, hätten wir wahrscheinlich den Krieg auch nicht gehabt. Und ein Grund dafür, warum man sie nicht aufgenommen hat, war unter anderem, weil Deutschland dagegen war, gesagt hat, das kommt überhaupt nicht in die Tüte. So und ja. Oder eben entsprechend die Ukraine, selbst wenn sie nicht aufgenommen hätte, so offensichtlich aufzurüsten oder die Sicherheitsgarantien so explizit zu machen, dass man gesagt hätte, dass die USA und England beispielsweise ja im Budapester-Memorandum die territoriale Integrität garantiert haben, hätten einfach öffentlich erklären können, dass wenn ihr jetzt in Russland einmarschiert, dann werden wir militärisch intervenieren, weil wir haben ja mal unterschrieben, Ukraine gibt die Atomwaffen ab, dafür beschützen. Sie dafür garantieren wird die territoriale Integrität. Auch schon mal, dass wahrscheinlich die Ukraine damals den Fehler gemacht hat und ihre Atomwaffen zu billig verkauft hat. Also sie hätte damals wahrscheinlich einfach härtere Garantien einfordern müssen, Artikel 5-mäßig, im Motto, Angriff auf die Ukraine ist dann auch ein Angriff auf die USA und Großbritannien und wird entsprechend beantwortet. Und auf Unruhsland hätten sie ja noch einnehmen können, das ist aber nicht passiert. Ja, und in dem Zusammenhang, wenn man jetzt dann auf die aktuelle Situation geht, was es jetzt, nachdem jetzt das Kind in den Brunnen gefallen ist, kristallisierten sich dann ja drei Möglichkeiten raus für den Westen, was man denn da tun kann. Und die drei Möglichkeiten groß waren, okay, man hält sich raus, man unterstützt irgendwie, weil man macht im Prinzip dasselbe wie nach 2014 nach der Kriminvasion, also macht dann du du du, böse böses russland und. Oder ja das was passiert ist, dass man die ukraine moralisch materiell und mit waffen unterstützt so in einem bestimmten ausmaß oder die dritte Variante wäre der Ukraine jetzt einfach zum Sieg zu verhelfen. Allen was möglich ist. Also, oder so rum, Variante 2 ist eben, Ukraine so viel zu liefern, dass sie nicht verliert und Variante 3 ist, der Ukraine alles zu liefern, was sie braucht, zu gewinnen. Und darunter würden natürlich Waffensysteme fallen, Waffenunterstützung, aber auch bis hin natürlich zur Intervention mit eigenen Systemen, mit eigenen Waffensystemen, vielleicht sogar mit eigenen Soldaten. So was, aber natürlich niemand wegen Angst vor Dritter Weltkrieg oder so eigentlich haben wollte. Aber schaut man sich jetzt dann vergangene Konflikte an wie Vietnam, da sind die USA halt auch mit Truppen reingegangen und das war irgendwie… also ist jetzt nicht so, dass, sagen wir, der Ausschluss, dass da die NATO selber jetzt militärisch drauf antwortet oder in dem Fall erstmal die USA und England nicht militärisch eigene Truppen einsetzen, war schon ein Stück weit Zurückhaltung oder Rückzieher.

Tim Pritlove
0:57:50
Pavel Mayer
0:57:57
Tim Pritlove
0:59:27
Pavel Mayer
0:59:30
Tim Pritlove
0:59:43
Pavel Mayer
0:59:46
Tim Pritlove
0:59:51
Pavel Mayer
0:59:52

Peter Seyhan. Ja. Und der hat jetzt die Theorie aufgestellt, dass der Westen die Form der Unterstützung für die Ukraine gewählt hat, die er gewählt hat, deswegen gewählt hat, um die Gefahr eines Atomkriegs zu reduzieren. Also die These ist so ein bisschen, wenn man die Ukraine alleine gelassen hätte und Russland Erfolg gehabt hätte mit der Besetzung der Ukraine, dass dann zwangsläufig eben im nächsten Schritt andere ehemalige Sowjetrepubliken und unter anderem das Baltikum oder Polen gehörte ja auch mal irgendwann zum Russischen Reich und Finnland auch und diverse andere Gegenden auch mal da werden. Und dass man sich sicher war, dass wenn man jetzt Russland in der Ukraine gewähren lässt, dass es dann eben im nächsten Punkt dann zu einer Eskalation kommt, die dann in einem Atomkrieg endet. Also sprich, wir müssen die Ukraine unterstützen, damit es nicht zum Atomkrieg kommt oder um die Gefahren des Atomkriegs langfristig zu reduzieren. Aber... Umgekehrt herrscht dann auch die Angst, wenn wir es jetzt zu viel machen, wenn wir Russland jetzt zu sehr und zu schnell schlagen und zu viel unterstützen, dann steigt eben die Möglichkeit einer Eskalation und eines Atomkriegs auch. Das heißt, der Westen versucht sich quasi mit der Unterstützung auf einem Korridor durch zu balancieren, wo das Eskalationsrisiko insgesamt am niedrigsten ist. So könnte man das vielleicht zusammenfassen. Ich finde, das hat durchaus was für sich. Diese Überlegung ist natürlich nicht ideal für die Ukraine, kann man auch sagen. Und es ist auch so, dass aber in beiden Fällen, wo die Gefahr einer Eskalation höher ist, man nicht sagen kann, und dann kommt es mit Sicherheit zum Atomkrieg. Also weder sagen, wenn man die Ukraine Russland überlassen würde, käme es zwangsläufig dann zum Atomkrieg ist genauso falsch, wie wenn wir der Ukraine jetzt auch noch U-Boote und Flugzeugträger liefern, dann kommt es zum Atomkrieg. Beides stimmt halt nicht, aber die Gefahr steigt halt. Und ich denke, da ist durchaus was dran an dieser Einschätzung. Ist jetzt nicht völlig irrational, würde ich sagen. Und am Ende ist so die Frage, worum geht es denn jetzt am Ende eigentlich in diesem ganzen Konflikt? Geht es jetzt um Territorium? Geht es jetzt um Einflusssphären? Geht es um Sicherheit? Geht es um Zugang zu Rohstoffen? Oder geht es um verschiedene Ideologien, die da jetzt gerade aufeinandertreffen? In dem Zusammenhang sind ja jetzt auch wieder diverse Friedensaktivisten auf den Plan getreten, die sich gegen eine weitere oder vermehrte Unterstützung der Ukraine mit Waffen ausgesprochen haben, Ich meine, man müsste jetzt irgendwie auf die Ukraine Einfluss nehmen, um da Boden abzugeben und Russland zu versöhnen. Weiß der Geier, wie Sie sich das jetzt genau vorstellen? Aber letztlich, ja. Irgendwie ist jetzt gut mit verteidigen jetzt ist als doch mal still irgendwie es haltet doch die andere wange hin genau und Und das interessante bisschen ist oder Also mein mein eindruck ist dass gerade auch ein bisschen in den Konflikt wir zwischen Realismus und Realpolitik auf der einen Seite und auch Idealismus auf der anderen Seite sehen. Der Kalte Krieg war speziell auf amerikanischer Seite bis Reagan gekommen ist, eben sehr von Realpolitik bzw. Politischem Realismus geprägt, wo man gesagt hat, es gibt halt nun mal die Sowjetunion und die wird es immer geben und die ist ein großes Reich und es gibt die USA und die wird es auch irgendwie immer geben und die ist ein großes Reich und der Rest der Welt sind mehr oder weniger die Pokerchips oder Einflusssphären dieser beiden Großmächte in dieser bipolaren Welt. Und man hält sich aus der Kerneinflussphäre des anderen raus. Also sprich, wenn die Russen oder wenn die Sowjets sich entscheiden, in Ungarn oder in Tschechien einzumarschieren, wie es damals war, um dort Regime-Change zu machen, dann ist das mehr oder weniger deren innere Angelegenheit. Da mischen wir uns jetzt nicht ein und eben umgekehrt auch nicht. Und Europa ist im Prinzip so so ein Spielball. Also alle kleinen Länder sind grundsätzlich nur Chips in diesem Pokerspiel der Großmächte. Und auf dieser Sicht der Welt basiert jetzt irrerweise gerade auch Sicht auf den Russlandkonflikt durch viele, sage ich eher Linke, die, jetzt... Diese Sicht übernehmen, die sagt, ja, große Länder, Großmächte haben nun mal das Recht um sich herum, eine Einflusssphäre oder sich die Welt aufzuteilen und darin dann zu wirken und zu walten, wie auch immer es ihnen genehm ist. Und ja, nur das ist halt eine sehr amerikanische Sicht von Leuten wie Kissinger, wie Nixon und wo eben idealistische Werte oder Menschenrechte spielen keine Rolle, sondern es geht eben nur um Interessen. So um machtpolitische Interessen und alles andere hat sich dem unterzuordnen und kleine Länder haben eigentlich nichts zu melden in der Welt. Wenn du das Großmacht oder du tust, was irgendwie die Großmacht sagt im Wesentlichen. So funktioniert die Welt. Das war halt, und wenn man jetzt eben die Sicht vertritt, dass Russland irgendwie einen Anspruch darauf hat, bei der sich in die Politik seiner Nachbarn einzumischen, dann hängt man eben dieser Weltsicht an, dass kleine Länder keine Rechte haben in dieser Welt. Und sich eben unterzuordnen haben. Und diese realpolitische Sicht der Welt für einen kalten Krieg oder für die Zeit nach dem Kalten Krieg, war das wahrscheinlich auch eine angemessene Sicht der Dinge, das war eben die Realität. Allerdings ist das dann... ja... Mit Antritt von Ronald Reagan als Präsident in den 80ern. Dann, also erstens war Reagan kein Realpolitiker, kein politischer Realist, sondern ein Idealist, ein christlicher Spinner, aber jedenfalls kein Realist. Und hat halt gesagt, was interessiert mich die Einflusssphäre der Sowjetunion. Ich... Ja, die sind der Hort des Bösen und wir machen die jetzt platt. Wie auch immer wir das können. Das war das eine Ding und es ist auch irgendwie mehr oder weniger gelungen. Also die Sowjetunion hat sich vermutlich eher aus anderen Gründen zusammengefaltet, aber man hat halt auch einfach ganz klar gesagt, ja. Und dann das nächste Ding war, wo einfach die realpolitische oder der politische Realismus einfach komplett versagt hat, war, als dann der Islamismus aufgetreten ist. Weil, wenn du so was wie Islamismus hast plötzlich, dann ist die Theorie, dass souveräne Nationalstaaten sich in einem permanenten Überlebenskampf befinden, völlig nutzlos, weil sowas wie Islamismus, da spielt das Konzept von Nationalstaaten überhaupt keine Rolle. Das ist halt auch eine idealistische Sicht und mit politischem Realismus kommt man da halt nicht wirklich weiter oder ist man da nicht wirklich weiter gekommen. Deswegen hat man sich dann auch teilweise so komplett verzettelt. So mein Punkt, wie mir das klar geworden ist, ist, Dass jetzt, wie gesagt, plötzlich so Leute, ja, Linke, wie jetzt, ja, wer hat sich da jetzt gerade vorgetan, wie die sagen, mag ich nicht oder so, ja, dass die eigentlich einer Ideologie, dass das Wort Reden, die auch von Henry Kissinger oder von Nixon oder so hätte stammen können und eine Sicht auf die Dinge ist, wie sie in den 50er und 60er Jahren entstanden ist und die eigentlich komplett obsolet geworden ist, aber offensichtlich denn immer noch bis heute durch die Köpfe geistert.

Tim Pritlove
1:12:00
Pavel Mayer
1:13:12
Tim Pritlove
1:14:06
Pavel Mayer
1:14:15

Ne, was heißt nicht für den, sondern die sehen natürlich die andere Seite des Bildes nicht. Wenn du eine Invasion verteidigst, indem du sagst, ja, aber da gab es ja auch eine Invasion, Abgesehen davon, dass dann durchaus auch die Situation eine gänzlich andere war, aber selbst weil jetzt einfach nur sagt, Invasion so. Man kann das einfach nicht rechtfertigen und auch nicht mit irgendwelchem etwaigen Fehlverhalten der der usa oder anderen dingen sondern. Am Ende denke ich, dass die richtige und vernünftige Sicht auf die Welt ist. Das ist nicht Realpolitik, sondern wie es so schön heißt, Institutenökonomik meiner Meinung nach. Nämlich, dass Geschichte von inneren Prozessen entschieden wird, auch in einem Land. Außenpolitik spielt auch eine Rolle, aber während in der Realpolitik die Länder quasi Black Boxes sind und es nicht interessiert, was in dem Land passiert, sondern dass eben das Außenverhältnis von dem, was im Inneren passiert, unberührt ist, was natürlich offensichtlich so Quatsch ist, das ist nicht so in der Realität. Aber tatsächlich, ich meine auch der Unterschied jetzt zwischen Ukraine und Russland, diese Auseinanderentwicklung ist dadurch entstanden, dass sich Institutionen anders entwickelt haben und andere Macht bekommen haben. Und am Ende des Tages, glaube ich, entscheidet, und da war vorhin das Beispiel mit Tschechien, warum sich auch Tschechien anders entwickelt hat als Ungarn. Wo eben man in Ungarn, also die ganzen organisierten Kriminellen, die halt aus Tschechien vertrieben worden sind, so russische Mafia haben sich dann in Ungarn angesiedelt, beispielsweise. Und das hat jetzt mit Außenpolitik nichts zu tun. Aber... Hat dann am Ende, also das, was schon letztlich im Innern eines Landes passiert, also auch die Ideen oder die vorherrschende Meinung, die eigene Identität, die man hat, wirkt, glaube ich, am Ende viel größer oder hat viel größeren Einfluss auf das, was am Ende außenpolitisch passiert und welche, wie viel Macht ein Land dann hat und entwickelt am Ende des Tages auch auf der Welt oder welche Position ein Land auf der Welt einnimmt, hängt mehr von dem ab, was im Innern des Landes passiert und nicht, wie es sich nach außen verhält. So, könnte man es vielleicht zusammenfassen. Und diese, ich sag mal, auch rein machiavellische Sichtweise auf Politik ist einfach auch überholt. Da weiß man heute ein bisschen besser Bescheid. Aber nichtsdestotrotz, manche einfachen Ideen halten sich halt auch lange, weil vielleicht auch was dran ist oder weil eben lange die Welt so funktioniert hat. Und mir fällt das besonders auf, wenn man jetzt so die oft alte Politikerrie geredet, egal von wo sie jetzt noch so im Krieg unterwegs waren, gerade in den USA oder auch in Deutschland. Dass die eben alle noch eine ganz andere Sicht auf die Welt haben, eben genau diesen politischen Realismus mit den zwei Blöcken und mit den Einflusssphären. Mit den kleinen Ländern als Marionetten. Interessant ist vielleicht noch, dass die EU, also dass die Existenz der EU an sich auch noch mal so ein kompletter Gegenentwurf zu diesem machtpolitischen Realismus ist, wo plötzlich souveräne Staaten in Europa gesagt haben, wir lassen es jetzt mal mit dem Krieg Krieg und stattdessen finden wir uns jetzt freiwillig zusammen und wir machen jetzt hier nicht die Nummer mit der Hegemonie, sondern wir versuchen halt hier jetzt so, sagen, so was Eigenes, Demokratisches unter Staaten aufzubauen mit viel Recht und Angleichung und allem pipa pro. Das heißt, die EU ist jedenfalls ein gutes Beispiel dafür, dass Dinge zwischen Staaten und auf der Welt ganz anders funktionieren können als im Kalten Krieg. Wo man eben gemeinsam ohne einen Chef, sondern mit, ja, wenn man es in der EU hat, mit wechselnden Ratspräsidentschaften und mit gewissen Vorteilen für kleine Länder, dass die auch nicht komplett von den Großen hinten übergeworfen werden können. Also eigentlich eine sehr, wie ich finde, nach vorne gerichtete Art, Außenpolitik zu gestalten oder Beziehungen zu anderen Ländern zu gestalten, die natürlich sowohl eine Gefahr für die Sowjetunion wie auch für die USA darstellt. Das muss man vielleicht auch sehen, das war jetzt mit den Amerikanern. Verbündet sind und auch sicherlich in vielen Dingen näher stehen als den Russen, aber die USA doch auch für eine andere Art von Monster stehen als das, was wir gerne hätten so an Staaten. Weil alle Staaten sind Monster, die halt im Zweifelsfall über Menschen hinwegtrampeln, wie wir über Käfer oder Ameisen. Und deswegen willst du eigentlich Staaten haben, die möglichst menschenfreundlich sind. Und du brauchst aber auch Staaten, eben diese Monster, du brauchst dieses eigene Monster, um für dein eigenes Auskommen und deine eigene Sicherheit zu sorgen. Und das Monster muss halt mindestens dieses leisten, aber sollte abgesehen davon, dass es dann nach außen hin für Sicherheit sorgt und für ihn nach Wohlstand, sollte es natürlich gleichzeitig auch möglichst menschenfreundlich sein und eben dem Einzelnen auch möglichst viele Bedürfnisse befriedigen und möglichst viele Entfaltungsmöglichkeiten geben. Aspekt kann man sich dann eben auch die Staaten so anschauen, wie die diese Kriterien erfüllen. Und ja, die USA schneidet da auch nicht optimal ab in Ländervergleichungen und so, sondern eigentlich, eigentlich ist jetzt, wenn man jetzt ideologisch sich anguckt, welche Staaten sind am besten für die Menschen, dann ist relativ klar, dass das skandinavische Modell das menschenfreundlichste ist auf der Welt und nicht das amerikanische und vielleicht nicht das russische und auch nicht das chinesische Modell.

Tim Pritlove
1:22:36

Ein ähnliches neues Modell, was ja auch diskutiert wird im Kontext des ganzen Ukraine-Konflikts, ist, wie die Ukraine selbst sich jetzt positioniert und auftritt. Denn die ganze Strategie von Zelensky war ja nun von Anfang an ganz klar auf genau diese Aspekte der Demokratie zu setzen und mittlerweile wird so dieser Begriff des Neo-Idealismus durch die Diskussion getrieben. Also das sozusagen das Vorgehen der Ukraine eben ganz klar auf sozusagen die Rückbesinnung auf die eigentlichen Werte geprägt ist und dass man sozusagen so dieses Demokratie als wehrhaftes Ding, was gut für die Menschen ist, dass man das eben damit neu belebt. Und ich glaube, das ist auch ein Grund dafür, dass seinen Verben. Um die Unterstützung der Ukraine so erfolgreich ist. Ich meine, es ist nicht so, dass jetzt eben das Ganze frei wäre von Einflusssphäre und von Machtinteressen Europas. Klar, wir sehen uns jetzt in der Sicherheit bedroht, gerade auch, weil die Ukraine geopolitisch natürlich eine Rolle spielt, also wo es gelegen ist, aber eben auch was so die Ressourcen betrifft, Getreideproduktion etc. Ist auch ein Hightech-Land, das ist durchaus auch ein Land mit Potenzial. Also es ist nah an uns dran und von daher sollte das uns ja auch alles nicht egal sein. Aber es gibt, sagen wir mal, Länder, die ähnlich gelagert sind, die uns sehr viel egaler sind. Sagen wir mal, weiß Russland zum Beispiel, was noch weniger irgendeine Rolle spielt in unserer Debatte, weil wir es natürlich auch noch sehr viel mehr als Lost Case betrachten und die Ukraine mehr. Da hat er immer so ein bisschen zwischen, ja, ist das jetzt irgendwie schon Russland? Ja, also ich glaube, das hat mir auch ganz am Anfang thematisiert, so dass wir gerade so mit einer westlichen Brille auch überhaupt gar kein Bild haben von der Ukraine, dass wir das nicht trennen konnten, dass wir das nicht unterscheiden konnten, dass wir nicht wussten, ist das jetzt irgendwie ja, ist das jetzt irgendwie so wird oder nicht oder wie oder so. All das, was wir jetzt gelernt haben im letzten Jahr über das Land. Das ist glaube ich etwas, was einfach völlig unterrepräsentiert war als allgemein Wissen und das bessert sich jetzt ein wenig. Aber es hat eben dann auch viel mit diesem Werben zu tun und es war eben auch deshalb so erfolgreich, weil die Ukraine ja auch ein Ideal mit im Angebot hat. Es ist nicht nur so ein Hilf uns, wir haben aber Weizen und wir sind aber wichtig und Wir sind ja hier irgendwie der Keil zwischen euch und Russland, spielt alles eine Rolle. Aber ich denke, sehr viel wichtiger ist dieses ganz. Klare Zeigen, offene Gesellschaft, Solidarität, demokratische Prinzipien, Antikorruption, Rechtsstaat, das ist all so, das wollen wir haben, wir wollen das Beste von euch kopieren und das wollen wir sozusagen hier zum Laufen bringen. So ein ganz starker Punkt in dieser ganzen Geschichte und von diesem Begriff Neoidarialismus, der jetzt hier sozusagen dafür für dieses Verhalten verwendet wird, fand ich sehr interessant.

Pavel Mayer
1:26:08

Ich mein, was halt, also sagen, der geopolitische Ausblick auch jetzt so ein bisschen von, so wie ihn auch Zeiharn formuliert hat, aber steht damit nicht alleine, ist, dass, jetzt ganz Osteuropa eigentlich neu in den Blickpunkt der europäischen Politik geraten ist und dass sich die Rolle Osteuropas jetzt ändert. Ehrlich ist, hat der Westen ja immer so ein bisschen bisschen auf dieses Osteuropa heruntergeschaut. Demotoro, das ist halt alles ein bisschen, ja, auch wie Ostdeutschland, die sind halt so ein bisschen wirtschaftlich und überhaupt hinterher jetzt. Und die müssen jetzt noch erstmal richtig Demokratie lernen und richtig Wirtschaft und Kapitalismus und unsere schönen Institutionen erst mal kopieren so und dann dürfen die auch mitreden. In dem Zusammenhang hat sich halt so ein bisschen als suboptimal erwiesen, dass man jetzt die EU-Institutionen so mehr oder weniger eins zu eins auf Osteuropa übertragen hat, weil das passte halt alles nicht ganz so, weil die EU ist halt designt, die Institutionen und Prinzipien sind halt für entwickelte Länder, so wie Deutschland und England und Frankreich und Italien, und die halt ein moderates Wachstum haben und die relativ ausentwickelt sind. Und das passte nicht immer alles so auf das, was im Osten sinnvoll war oder richtig gewesen wäre, weil dort einfach mehr Dynamik und mehr Freiheit herrscht. Das hat Russland auch teilweise dann genutzt oder auch andere Länder, die dann nicht in der EU waren, die sich dann einfach ein bisschen dynamischer entwickeln konnten. Und ja, hätte die EU vielleicht, hätte man ein bisschen mehr im Nachhinein betrachtet gucken müssen, dass man den besonderen Verhältnissen im Osten mehr Rechnung trägt. Aber gut, das ist nun mal gelaufen. Was man jetzt aber sieht, ist, dass Polen sich herauskristallisiert als das Land, als ist der Kernländer, dass den Gegenpol zu Russland und die. Verteidigung gegen Russland dann hauptsächlich schultern wird und tragen wird, genauso dann, wenn die Ukraine mit reinkommt. Also, die Rolle. Deutschland war ja mal Frontstaat. Es war ja mal der Job von Deutschland, quasi direkt dem Warschauer Pakt gegenüberzustehen. Und das ist jetzt nicht mehr unser Job, sondern die Russen müssten halt erst mal durch Polen durch jetzt, bevor sie uns gefährlich werden könnten. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das irgendwie in absehbarer Zeit möglich sein wird, wenn sie irgendwie nicht mal 200 Kilometer oder so in die Ukraine reinschaffen von ihrer eigenen Grenze aus. Dann stellt sich natürlich jetzt auch dann die Frage langfristig, was wird denn dann so die sicherheitspolitische Rolle Deutschlands sein, wenn wir gar nicht so sehr den Gegenpol da bilden müssen. Und da ist dann die Sicht, dass es sich langfristig so entwickeln wird, dass, Deutschland sich mehr den sicherheitspolitischen Interessen Europas in der Welt zuwenden wird. Also sozusagen gar nicht so sehr gegen Russland, sondern dass wir dann selber auch uns Flugzeugträger zulegen zum Beispiel und dann halt dann mehr Verantwortung im Nahen Osten oder in Asien oder auch gegenüber China übernehmen, weil sagen das mit den Russen, da kümmert sich dann Osteuropa drum.

Tim Pritlove
1:30:52
Pavel Mayer
1:31:42
Tim Pritlove
1:32:50
Pavel Mayer
1:32:54

Ja, ich glaube, er ist jetzt 85 Jahre alt und er hat viele Verdienste, sicherlich als Journalist, angehäuft. Aber er ist jetzt kein neutraler Berichterstatter, sondern er ist schon jemand auch mit einer klaren Mission. Und ist auch politisch, ja, sagen eher klar links, und ist aber dann in letzter Zeit damit aufgefallen, dass er dann doch auch etwas fragwürdige Dinge oder Meinungen vertreten hat, unter anderem das auch gemutmaßt hat, dass die Türkei Chemiewaffen in Syrien eingesetzt haben könnte und dass das ein Volksfleck-Einsatz war und dass die Syrer selber, der Assad, keine Chemiewaffen eingesetzt hätte und so. Das war so ein Ding oder eine andere Geschichte. Über Bin Laden, wo er dann auch meinte, bin Laden hätte seit fünf Jahren längst in der Gefangenschaft der Pakistaner gelebt und die hätten ihn dann einfach ans Messer geliefert. Und dieser ganze Raid und so hätte so gar nicht stattgefunden. Und sie hätten ihn... Also ein paar komische Dinge hat er da verbreitet. Aber unabhängig davon, kann man sagen, was, wenn man sich jetzt seine Geschichte anschaut, die zum einen nur auf einer anonymen Quelle beruht, das sagt er selber, er hat nur eine Quelle. Und in der Regel, wenn es sowohl bei Geheimdiensten als auch bei Journalisten, kann man lange Kette aufzählen von Berichten, die dann nur auf einer Quelle basierten, die sich dann halt als einfach falsch herausgestellt haben und dann ein Problem waren. Insofern, die Quellenlage ist schon mal schwierig. Aber wenn man sich dann noch seine Geschichte anguckt oder durchliest, findet man auch nicht wirklich viel Substanz. So sehr viel ist, was ich so ein bisschen als alle Kamellen bezeichnen würde, wo einfach nochmal... In den letzten 80 Jahren immer wieder mal Dinge erwähnt, die die USA irgendwann mal im Kalten Krieg hauptsächlich gemacht haben, die meiner Meinung nach nur so mittelrelevant sind für das, was die Leute tut oder wo die Situation ganz anders war. Und er hat auch einfach eine Reihe von faktischen Fehlern drin. Also Stoltenberg soll dem Artikel nach während der Zeit des Vietnamkriegs für die CIA spioniert haben. Allerdings war Stoltenberg damals 16 Jahre alt, das passt also schon mal nicht so richtig. Dann hat er behauptet, man hätte halt diese Bald-Opps-Militärübung genutzt, dafür, um die Minen zu legen und hätte deswegen plötzlich Minenräume neu aufgenommen ins Bald-Opps-Programm, das aber seit vielen Jahren fester Bestandteil ist. Was ist denn das? Das ist in der baltischen See eine Militärübung der NATO. Also je, wie es stattfindet. Die einmal im Jahr stattfindet oder neben verschiedenen NATO-Schiffen dann in der Ostsee Militärübungen machen. Da war jetzt nichts. Also er hat behauptet, das sei irgendwie, sie hätten da jetzt extra dann neue Minenräumenübungen eingeführt, was halt nachweislich nicht der Fall ist. Dann hat er was von einem norwegischen Minenräumschiff der Alterklasse gesprochen, was halt nicht da war. Dann spricht er, dass die Auslösung der Bomben durch norwegische Boeing Poseidon P8 stattgefunden hat. Aber die sind zum einen noch nicht im Einsatz. Und dann war auch in dem fraglichen Zeitraum keine norwegische P8 näher als 1500 Kilometer nah dran an der Pipeline. Dann gesehen, eine amerikanische P8 war da aber zwei Stunden nachdem die Explosion registriert worden war. Ja, die wollten jetzt nur gucken, ob es auch geklappt hat, aber tatsächlich wussten zu dem Zeitpunkt dann, waren halt die Seismogramme schon eingegangen und die Wahrscheinlichkeit ist eigentlich eher höher, dass sie dahin geflogen sind, um zu gucken, was denn da passiert ist eigentlich. Also sie hätten sonst nicht hinfliegen müssen, wenn sie gewusst hätten, worum es sich denn handelt.

Tim Pritlove
1:38:32
Pavel Mayer
1:38:38
Tim Pritlove
1:38:43
Pavel Mayer
1:38:45

Die aber speziell ausgerüstet ist eben für, um U-Boote zu suchen, um aufzuklären. Und die hat halt auch so Einrichtungen, wo man unter anderem Sonarbojen abwerfen kann, so die dann normalerweise dann unter Wasser scannen, eben den Boden oder eventuell U-Boote suchen. Und laut der Hirschgeschichte sollen solche Sonarbojen eingesetzt worden sein. Um dann per akustischem Signal die Sprengsätze auszulösen. Und der hat sich dann irgendeinen amerikanischen Professor dann noch geholt, der dann irgendwas erzählt hat von Wignia und schwierig, dass irgendwie das nicht zufällig ausgelöst wird durch irgendwelche Hintergrundgeräusche und so. Und dabei ist aber dieses ganze Thema Unterwasserkommunikation nicht nur gut erforscht, sondern standardisiert. Also es gibt NATO-Standards dafür und man weiß ungefähr, wie die Reichweiten und so aussehen. Und ja, also das passt halt auch alles nicht. Oder die Art von Expertise, die dort erweckt wird, die dieser Professor haben soll, hat er definitiv offensichtlich nicht. Gut, das war ein emeritierter Professor. Und für mich aber war halt einfach, was am wenigsten Sinn machte an der ganzen Geschichte, dass sich die USA einen anderen Geheimdienst zur Hilfe geholt haben sollen, nämlich Norwegen, weil sie angeblich selber nicht in der Lage waren, eine Pipeline zu sprengen, ohne jetzt Norwegen um Hilfe zu fragen. Und das halte ich für ziemlich an den Haaren herbeigeholt. Und alles, was ich über die Arbeit von Geheimdiensten weiß, selbst verbündete Geheimdienste sitzen halt auf ihren Informationen. Und bei so einer Operation, die so heikel wäre, so willst du auf gar keinen Fall irgendwie auch noch ausländische Geheimdienste mit da drin haben.

Tim Pritlove
1:41:23
Pavel Mayer
1:41:38
Tim Pritlove
1:41:46
Pavel Mayer
1:41:49

Naja, aber ich meine, es schließt jetzt nicht aus, dass jetzt trotzdem die USA irgendwas gemacht haben, aber wenn sie es gemacht hätten, erscheint mir das, wie Hirsch es beschreibt, wie sie es gemacht haben. Sollen, für extrem unwahrscheinlich aus politischen Gründen, aus Gründen, wie der Geheimdienst arbeitet und auch aus technischen Gründen. Weil es hätte da bessere Mittel und Wege gegeben, das Ganze auch auszulösen. Also du kannst beispielsweise, also wenn es mein Job gewesen wäre, diese Pipeline irgendwie zu sprengen und da eine Zündung zu installieren, die fern auslösbar ist, ja dann hätte ich halt im Ultra-Langwellen oder Extrem-Langwellen Bereich entsprechende Empfangstechnik benutzt, dann hätte man das auch per Satellit oder von den USA aus auslösen können. Die Technik ist da. Das sind zwar dann nur wenige Bits, das sind dann, was weiß ich, mit... 2, 3, 5 Bit pro Sekunde oder so läuft diese Funkkommunikation nur ab. Aber du könntest dafür auch die Pipeline sogar als Langwellenantenne nutzen, wenn du wolltest, bräuchtest du aber nicht mehr. Das hätte ich gemacht, weil diese Sonarbojen, die haben halt nur 25 Kilometer Reichweite und hätte man mehrere abwerfen müssen. Außerdem hätte wiederum, wenn die, also sie müssen da dann auch schon mit einer gewissen Energie rein gehen, damit die jetzt so 25 Kilometer überbrücken können und die ganze Gegend ist dann halt auch mit Mikrofonen und so voll. Das heißt, diese Kommunikation wäre dann auch erfasst worden, wahrscheinlich von Mikrofonen, wenn die das irgendwo über Sonarbojen gemacht hätten. Ja, insofern macht für mich alles nur nicht so richtig Sinn. Also mich hat die Geschichte von Hirsch jetzt nicht überzeugt. Und ich glaube zwar nicht, dass er sich die ausgedacht hat, Aber aus meiner Sicht ist er da irgendeinem Spinner aufgesessen, der einem vom Pferd erzählt hat. Aus welchen Gründen auch immer.

Tim Pritlove
1:44:51
Pavel Mayer
1:45:31

Aus meiner Sicht ist die ganze Aktion mit den Pipelines so bekloppt. Also egal, wie man sie jetzt zuschreiben möchte, sie macht einfach überhaupt keinen Sinn. So richtig macht sie für keinen Sinn. Aber man kann natürlich irgendwie einen Sinn konstruieren. Aber so richtig ist es eigentlich eine komplett dämliche Aktion. Also für die USA ist es eine dämliche Aktion, weil wenn es rauskommt und früher oder später kommen solche Sachen fast immer raus, dann wäre der Schaden so immens und der Nutzen zu dem Zeitpunkt war, ich meine, es floss eh kein Gas mehr. So klar kann man jetzt sagen, okay, wir wollten jetzt irgendwie auf Nummer sicher gehen, dass da auch nicht wieder Gas fließt und dass die Europäer nicht erpressbar sind. Aber umgekehrt bei Russland, wenn ich frage, warum sollten die die eigene Pipeline sprengen, Gut, aber bei Russland wundert man sich ständig über die Dinge, die sie tun, die überhaupt gar keinen Sinn machen. Insofern allein, weil es irgendwie keinen Sinn macht, könnte man schon fast sagen, weiß das irgendwo auf die Russen hin. Wobei es dann aus russischer Logik doch insofern Sinn machen könnte, als dass man eben dann nicht schadenersatzpflichtig wird. Wiederum dann auch Gerüchte jetzt da sind, dass die Russen wohl versuchen, das Ding gerade zu reparieren oder versucht haben sollen jetzt schon das zu reparieren. Wobei, wenn man jetzt sagt, die Russen, heißt das jetzt nicht, dass irgendwie dort alle Bescheid wissen. Das kann auch, sondern das kann was weiß ich gewesen.

Tim Pritlove
1:47:46
Pavel Mayer
1:48:17
Tim Pritlove
1:48:57
Pavel Mayer
1:50:11
Tim Pritlove
1:50:25
Pavel Mayer
1:50:56
Tim Pritlove
1:52:03
Pavel Mayer
1:52:22