Pavel Mayer
Peter Seyhan. Ja.
Und der hat jetzt die Theorie aufgestellt, dass der Westen die Form der Unterstützung
für die Ukraine gewählt hat,
die er gewählt hat, deswegen gewählt hat, um die Gefahr eines Atomkriegs zu reduzieren.
Also die These ist so ein bisschen, wenn man die Ukraine alleine gelassen hätte
und Russland Erfolg gehabt hätte mit der Besetzung der Ukraine,
dass dann zwangsläufig eben im nächsten
Schritt andere ehemalige Sowjetrepubliken und unter anderem das Baltikum oder
Polen gehörte ja auch mal irgendwann zum Russischen Reich und Finnland auch
und diverse andere Gegenden auch mal da werden.
Und dass man sich sicher war, dass wenn man jetzt Russland in der Ukraine gewähren
lässt, dass es dann eben im nächsten Punkt dann zu einer Eskalation kommt,
die dann in einem Atomkrieg endet.
Also sprich, wir müssen die Ukraine unterstützen, damit es nicht zum Atomkrieg
kommt oder um die Gefahren des Atomkriegs langfristig zu reduzieren. Aber...
Umgekehrt herrscht dann auch die Angst, wenn wir es jetzt zu viel machen,
wenn wir Russland jetzt zu sehr und zu schnell schlagen und zu viel unterstützen,
dann steigt eben die Möglichkeit einer Eskalation und eines Atomkriegs auch.
Das heißt, der Westen versucht sich quasi mit der Unterstützung auf einem Korridor durch zu balancieren,
wo das Eskalationsrisiko insgesamt am niedrigsten ist. So könnte man das vielleicht zusammenfassen.
Ich finde, das hat durchaus was für sich.
Diese Überlegung ist natürlich nicht ideal für die Ukraine, kann man auch sagen.
Und es ist auch so, dass aber in beiden Fällen, wo die Gefahr einer Eskalation
höher ist, man nicht sagen kann, und dann kommt es mit Sicherheit zum Atomkrieg.
Also weder sagen, wenn man die Ukraine Russland überlassen würde,
käme es zwangsläufig dann zum Atomkrieg ist genauso falsch,
wie wenn wir der Ukraine jetzt auch noch U-Boote und Flugzeugträger liefern,
dann kommt es zum Atomkrieg.
Beides stimmt halt nicht, aber die Gefahr steigt halt.
Und ich denke, da ist durchaus was dran an dieser Einschätzung.
Ist jetzt nicht völlig irrational, würde ich sagen.
Und am Ende ist so die Frage, worum geht es denn jetzt am Ende eigentlich in
diesem ganzen Konflikt?
Geht es jetzt um Territorium? Geht es jetzt um Einflusssphären?
Geht es um Sicherheit?
Geht es um Zugang zu Rohstoffen?
Oder geht es um verschiedene Ideologien, die da jetzt gerade aufeinandertreffen?
In dem Zusammenhang sind ja jetzt auch wieder diverse Friedensaktivisten auf den Plan getreten,
die sich gegen eine weitere oder vermehrte Unterstützung der Ukraine mit Waffen ausgesprochen haben,
Ich meine, man müsste jetzt irgendwie auf die Ukraine Einfluss nehmen,
um da Boden abzugeben und Russland zu versöhnen.
Weiß der Geier, wie Sie sich das jetzt genau vorstellen? Aber letztlich, ja.
Irgendwie ist jetzt gut mit verteidigen jetzt ist als
doch mal still irgendwie es haltet doch die andere wange
hin genau und Und
das interessante bisschen ist oder
Also mein mein eindruck
ist dass gerade auch ein bisschen in den Konflikt wir zwischen Realismus und
Realpolitik auf der einen Seite und auch Idealismus auf der anderen Seite sehen.
Der Kalte Krieg war speziell auf amerikanischer Seite bis Reagan gekommen ist,
eben sehr von Realpolitik bzw.
Politischem Realismus geprägt, wo man gesagt hat, es gibt
halt nun mal die Sowjetunion und die wird es immer geben
und die ist ein großes Reich und es gibt die USA und die wird es auch irgendwie
immer geben und die ist ein großes Reich und der Rest der Welt sind mehr oder
weniger die Pokerchips oder Einflusssphären dieser beiden Großmächte in dieser bipolaren Welt.
Und man hält sich aus der Kerneinflussphäre des anderen raus.
Also sprich, wenn die Russen oder wenn die Sowjets sich entscheiden,
in Ungarn oder in Tschechien einzumarschieren, wie es damals war,
um dort Regime-Change zu machen, dann ist das mehr oder weniger deren innere Angelegenheit.
Da mischen wir uns jetzt nicht ein und eben umgekehrt auch nicht.
Und Europa ist im Prinzip so so ein Spielball.
Also alle kleinen Länder sind grundsätzlich nur Chips in diesem Pokerspiel der Großmächte.
Und auf dieser Sicht der Welt basiert jetzt irrerweise gerade auch Sicht auf
den Russlandkonflikt durch viele,
sage ich eher Linke, die,
jetzt...
Diese Sicht übernehmen, die sagt, ja, große Länder,
Großmächte haben nun mal das Recht um sich herum,
eine Einflusssphäre oder sich die Welt aufzuteilen und darin dann zu wirken
und zu walten, wie auch immer es ihnen genehm ist.
Und ja, nur das ist halt eine sehr amerikanische Sicht von Leuten wie Kissinger,
wie Nixon und wo eben idealistische Werte oder Menschenrechte spielen keine
Rolle, sondern es geht eben nur um Interessen.
So um machtpolitische Interessen und alles andere hat sich dem unterzuordnen
und kleine Länder haben eigentlich nichts zu melden in der Welt.
Wenn du das Großmacht oder du tust, was irgendwie die Großmacht sagt im Wesentlichen.
So funktioniert die Welt.
Das war halt, und wenn man jetzt eben die Sicht vertritt,
dass Russland irgendwie einen Anspruch darauf hat,
bei der sich in die Politik seiner Nachbarn einzumischen, dann hängt man eben
dieser Weltsicht an, dass kleine Länder keine Rechte haben in dieser Welt.
Und sich eben unterzuordnen haben.
Und diese realpolitische Sicht der Welt für einen kalten Krieg oder für die
Zeit nach dem Kalten Krieg, war das wahrscheinlich auch eine angemessene Sicht
der Dinge, das war eben die Realität.
Allerdings ist das dann... ja...
Mit Antritt von Ronald Reagan als Präsident in den 80ern.
Dann, also erstens war Reagan kein Realpolitiker, kein politischer Realist,
sondern ein Idealist, ein christlicher Spinner, aber jedenfalls kein Realist.
Und hat halt gesagt, was interessiert mich die Einflusssphäre der Sowjetunion. Ich...
Ja, die sind der Hort des Bösen und wir machen die jetzt platt.
Wie auch immer wir das können.
Das war das eine Ding und es ist auch irgendwie mehr oder weniger gelungen.
Also die Sowjetunion hat sich vermutlich eher aus anderen Gründen zusammengefaltet,
aber man hat halt auch einfach ganz klar gesagt, ja.
Und dann das nächste Ding war, wo einfach die realpolitische oder der politische
Realismus einfach komplett versagt hat, war, als dann der Islamismus aufgetreten ist.
Weil, wenn du so was wie Islamismus hast plötzlich,
dann ist die Theorie, dass souveräne Nationalstaaten sich in einem permanenten
Überlebenskampf befinden, völlig nutzlos, weil sowas wie Islamismus,
da spielt das Konzept von Nationalstaaten überhaupt keine Rolle.
Das ist halt auch eine idealistische Sicht und mit politischem Realismus kommt
man da halt nicht wirklich weiter oder ist man da nicht wirklich weiter gekommen.
Deswegen hat man sich dann auch teilweise so komplett verzettelt.
So mein Punkt, wie mir das klar geworden ist, ist,
Dass jetzt, wie gesagt, plötzlich so Leute, ja, Linke,
wie jetzt, ja,
wer hat sich da jetzt gerade vorgetan, wie die sagen, mag ich nicht oder so,
ja, dass die eigentlich einer Ideologie,
dass das Wort Reden, die auch von Henry Kissinger oder von Nixon oder so hätte
stammen können und eine Sicht auf die Dinge ist,
wie sie in den 50er und 60er Jahren entstanden ist und die eigentlich komplett
obsolet geworden ist, aber offensichtlich denn immer noch bis heute durch die Köpfe geistert.
Kleine Anmerkung: Bitte hört auf, Russland mit der Sowjetunion gleichzusetzen. So wie Ihr das einige Male in dieser Folge formuliert habt handelt es sich bei dem Konflikt um einen Bürgerkrieg der UdSSR mit einer abtrünnigen Teilrepublik. Das ist bestimmt nicht der Eindruck, den Ihr erwecken wollt.
Vielen Dank für das Resümee. Den Staat als Monster fand ich auch schön.
Find ich auch. Ein Staat zeigt auch Merkmale eines eigenständigen Organismus.
Straßen sind ähnlich Blutbahnen; Stromleitungen ähnlich Nervenbahnen.. Der Vergleich lässt sich ziemlich weit treiben und ist auch etwas gruselig.
Guten Abend liebe Zuhörer
Und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe unserer beliebten Reihe „Kriegshetze mit äh“.
Als Politikstudentin möchte ich mal eine kurze Einordnung der Begriffe versuchen.
In den internationalen Beziehungen gibt es zwei große Theorie: Realismus und Liberalismus, jeweils mit Weiterentwicklungen (Neo…) und kleineren Untertheorien.
Realismus geht (wie im Podcast erwähnt) von Staaten als Blackbox und dem internationalen Gefüge als reinem Machtspiel aus. Staaten handeln so, dass sie relativ Macht gewinnen (also entweder mehr gewinnen oder weniger verlieren als ihr Gegenspieler). Das hat aber nichts mit dem umgangssprachlichen Begriff der „Realpolitik“ zu tun.
Liberalismus geht, wie auch in anderen Teilen der liberalen Theorie, vom Individuum aus und sieht daher die innere Konstitution eines Staats als grundlegend an. Staaten handeln so, dass sie ihre Position verbessern. Dadurch entstehen Verbindungen zwischen Staaten, von denen beide Seiten profitieren können (EU ist hier sicherlich ein Paradebeispiel).
Der Ukrainekrieg be-/widerlegt keine dieser Theorien. In der liberalen Theorie wäre man davon ausgegangen, dass der Austausch mit Russland die Verbindungen so stärkt, das ein Krieg zu kostspielig wird. In der realen Theorie hätte man erwartet, dass die Macht des Westens Russland abschreckt. Ob man Russland zu wenig ökonomisch und kulturell eingebunden hat oder zu wenig abgeschreckt hat, lässt sich wahrscheinlich nicht exakt beantworten.
Ich persönlich sehe die Theorien auch weniger als Erklärungsansatz für das Geschehen, sondern eher als Motivation verschiedener Akteure.
Wie bereits im Podcast erwähnt: Russland und die USA folgen einer realistischen Argumentation während die EU eher liberal denkt.
Alles hier natürlich ohne Gewähr, meine IB-Vorlesung ist schon einige Zeit her 😉
Ein Kommentar zu „Hätte der Krieg irgendwie verhindert werden können?“. Zuerst muss ich jedoch kurz abschweifen:
Wenn man möchte, dass ein Feuer nicht allzu schlimm wird, hat man ja zwei prinzipielle Möglichkeiten: Man betreibt Brandschutz (z.B. kein Benzin im Keller lagern), und eine Feuerwehr. Also einerseits verhindern, dass es unerfreulich wird, andererseits handeln, wenn es mal unerfreulich geworden ist. Letzteres ist im Fall des Ukraine-Kriegs die Armee.
Ich finde, dass man sich bei diesem Krieg praktisch ausschließlich auf Maßnahmen konzentriert, die den Einsatz einer Armee betreffen, also quasi Feuerwehr-Einsätze. Ich denke jedoch, dass man schon vorher die Eskalation hätte verhindern können und sollen: Ich denke mal, dass Putin (und andere Autokraten in aller Welt) sich einen Angriff finanziell gar nicht erst hätte leisten können, wenn er weniger Öl und Gas verkauft hätte. Außerdem wären wir wesentlich weniger abhängig von Autokratien aller Art, wenn wir den Ausbau regenerativer Energien in den letzten Jahren nicht so massiv ausgebremst hätten. Regenerative Energien sind meiner Meinung nach nämlich nicht nur Freiheits- sondern auch Friedensenergien.
Bei den alten Waffen, die von Russland aufgefahren werden (fast ausschließlich Sowjettechnik), hätte ein wirtschaftlicher Boykott in den letzten 10-20 Jahren auch keinen Effekt gehabt. Das Geld ist irgendwo in Oligarchenprunk gelandet, aber eben nicht im Militär.
Vielleicht hätte er gar früher schon angegriffen, weil er sich in die Ecke gedrängt fühlt (der Westen mag uns nicht!). Wahrscheinlich wäre ein gleicher Angriff mit derselben Mannstärke und Technik vor 10 Jahren erfolgreicher gewesen und er hätte die Ukraine wirklich überrannt, weil sie dann total überrascht worden wäre….