UKW137 Serbien: Der Präsident ist jetzt zuständig

Die Proteste in Serbien gegen die Vučić-Regierung gehen unvermindert weiter

Seitdem wir hier bei UKW das Geschehen das erste Mal zusammengefasst haben gehen die landesweiten Proteste, die im November 2024 in Serbien ausgebrochen sind, unvermindert weiter. Während die Regierung von Aleksander Vučić die Proteste in den von ihm stark kontrollierten Medien als gewaltvoll und von außen gesteuert darstellt bleiben die Demonstrationen in Wahrheit weiterhin friedlich und außerordentlich kreativ.

Ich spreche daher erneut mit Dejan Mihajlović darüber was seit der letzten Sendung alles passiert ist und wie die Krise in und außerhalb Serbiens wahrgenommen wird.

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Tim Pritlove
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Dejan Mihajlović

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Transkript
Tim Pritlove 0:00:31
Hallo und herzlich willkommen zu UKW, unsere kleine Welt.Mein Name ist Tim Pritlaff und ich begrüße euch hier zur Ausgabe Nummer 137.Und ja, nach fünf Monaten wollte ich hier nochmal ein Thema aufgreifen,was wir eben vor fünf Monaten hier das erste Mal besprochen haben,nämlich die Situation in Serbien.Und ich freue mich sehr, darüber wieder mit Dejan sprechen zu können. Hallo Dejan.
Dejan Mihajlović 0:01:01
Einen wunderschönen guten Morgen.
Tim Pritlove 0:01:03
Ja, wir hatten das Thema aufgegriffen, weil es seit dem 1.November oder seit November letzten Jahres anhaltende Proteste gibt in Serbienund das ist auch immer noch so der Fall, kleiner Spoiler.Ja, deswegen greifen wir das auch nochmal auf und wir sind auch aus zahlreichenRichtungen gebeten worden, das Thema hier weiterhin zu befassen und das tun wir damit hier auch.Genau, vielleicht wer jetzt noch nicht die erste Sendung dazu gehört hat,dann kann ich durchaus empfehlen, ein bisschen zurückzuspulen,weil wir da vor allem auch erstmal so ein bisschen, ich würde sagen,erstmal den Kontext aufgemacht haben.So Serbien, was ist da jetzt eigentlich die Realität und was ist so der Hintergrund,dass diese ganzen Proteste ausgebrochen sind.Das wollen wir heute nicht alles wiederholen, sondern mal ein bisschen mehroder weniger chronologisch anknüpfen an das, was wir bereits erzählt haben unddaran vielleicht auch mal festmachen,was sich in dem ganzen Komplex dann auch neu ergeben hat und wie sich das so entwickelt.Es sind übrigens genau 150 Tage, seitdem wir die Sendung veröffentlicht haben,die jetzt vergangen sind.Ja, genau. Du wohnst in Deutschland,du bist halt Deutscher, du bist auch mit einer serbischen Staatsbürgerschaftausgestattet, bist ja in der demokratischen Bildung unterwegs und verfolgstdas Ganze sozusagen ein bisschen aus der Ferne.Auch sprichst natürlich dieSprache und von daher hast du einen ganz anderen Einblick als wir alle.Genau, und das tust du ja auch weiterhin, wenn ich das richtig sehe.
Dejan Mihajlović 0:02:53
Absolut richtig. Das heißt, ich habe, wenn ich ehrlich bin, sogar in den letztenMonaten meine Kommunikation nochmal erhöht, weil ich dann eben das Gefühl hatte,es ist notwendig und auch die Rückmeldung bekommen habe, dass die Leute einfachdann doch dankbar waren,Einblicke zu bekommen in Dinge, die da passieren.Und ich habe für mich festgestellt, wenn ich einfach ein bisschen mehr nochmaldrüber schreibe, dass einfach das besser erfasst und verstanden werden kannund ich an manchen Stellen vielleicht nicht ganz so viel erklären muss und ichso auch zum Beispiel bei Trades irgendwie aufbauen kann oder auf die verweisenkann, die ich schon mal hatte.Das heißt, dieses Dokumentieren von Ereignissen hat mir doch mal einfach geholfen,zum einen besser zu verstehen, was so passiert.Aber auch, dass ich mir ehrlich bin, es ist alles, was da passiert,beobachte ich immer auch mit der Perspektive, wie du gesagt hast,aus der deutschen Perspektive.Das heißt, was heißt das jetzt für die Gesellschaft hier?Was heißt für die Gesellschaft in anderen Ländern? Was kann man davon übertragen?Was ist denn gut oder was gelingt denn? Wieso gelingt das?Wie kann man vielleicht sowas auch irgendwie erfolgreich in Deutschland umsetzen?Welche Faktoren müssen wir hier irgendwie modifizieren?Wie sind die Rahmenbedingungen? Das heißt, es sind viele Fragen,die mich zeitgleich beschäftigen, wenn ich dann Sachen beobachte,die in Serbien stattfinden.
Tim Pritlove 0:04:04
Ja, und es ist gar nicht so einfach, da einen Überblick zu bekommen,wenn man nicht irgendjemanden hat, der da ermittelt.Ich habe dann jetzt, als klar war es, dass wir uns jetzt hier nochmal zusammenfinden,zusammenfinden, dachte ich mir so, naja, da gibt es doch bestimmt auf Wikipediaeine Timeline, wie das so beioft so vielen Krisen so ist, also Ukraine-Krieg, da kriegt man also die,ausführlichsten Chronologien geliefert und das ist immer wieder wunderbar unddann habe ich halt mal ein bisschen geschaut und deutsche Wikipedia war irgendwiequasi gar nichts, also es gibt da zwar einen Artikel zu den Protesten,aber mehr als, dass die generell irgendwann mal angefangen haben und irgendwiewahrscheinlich auch noch,laufen, kriegt man da nicht raus, dachte ich mir, okay, gut,dann vielleicht englische Wikipedia, das war dann aber auch noch sehr dünn.Da dachte ich mir, okay, naja, auf Serbisch wird ja dann vielleicht was zu habensein. Bin dann auf die serbische Wikipedia gewechselt.Da war dann in der Tat ein sehr, sehr, sehr langer Artikel.Konnte ich natürlich erstmal nicht lesen. Hab dann mir Google Translate geschnapptund bin dann mal so ein bisschen durchgegangen.Und nachdem ich so ein paar Absätze gelesen habe, kam ich irgendwie dann dochsehr ins Grübeln und dachte mir so, das liest sich nicht wie ein Wikipedia Artikel irgendwie.Also das hatte schon so ein bisschen was von Regierungsverlautbarung.Was ist denn da los?
Dejan Mihajlović 0:05:23
Ja, es ist so, dass ich täglich mehrere Stunden, würde ich sogar behaupten,mir Podcasts und Nachrichten durchlese, anhöre, um so ein bisschen zu erfassen,was so zwischen den Zahlen passiert, was das nicht in den Hauptnachrichten schafft.Und in einem dieser Podcasts oder Folgen, die ich irgendwo gehört habe,ging es auch ein bisschen um Wikipedia.Und ich muss zugeben, ich habe mich da jetzt nicht so massiv beschäftigt,aber als er es gesagt hat, ist mir dann aufgefallen, dass eben die serbischeWikipedia zumindest viele Menschen, die regimennah sind,wohl da Berichte schreiben.Das heißt, das, was jetzt Kritik an einem Regime sein könnte,da sehr dürftig irgendwie festgehalten wird und dementsprechend die Wikipediajetzt in Serbien, glaube ich, nicht verglichen werden kann mit der Deutschen.Nicht, dass die deutsche Wikipedia und andere Wikipedien irgendwie deutlich,deutlich irgendwie, also super wären, sagen wir mal so, super wären,aber sie sind auf jeden Fall deutlich besser als das, was in Serbien vorliegt.Das heißt, ich möchte jetzt, weil ich weiß, manche WikipedianerInnen werdenjetzt zuhören und wahrscheinlich dann irgendwie dann vielleicht dann sauer sein,wenn man irgendwas kritisiert, aber ich habe tatsächlich auch da einige Kritikpunktezu bringen, aber ist eine andere Geschichte.Aber zumindest ist der serbische Wikipedia einfach nicht vergleichbar mit denDeutschen, das muss man schon sagen. Es sind Welten dazwischen.
Tim Pritlove 0:06:41
Ja, also den Eindruck hatte ich auch, habe das dann schnell wieder abgebrochen,weil ich dachte, das ist jetzt hier irgendwie so nicht der Punkt.Eine sehr viel ausführlichere Timeline findet man natürlich auf deinem Masodan-Account,wo du, glaube ich, primär im Wesentlichen berichtest.Aber wir haben ja jetzt hier diesen Podcast und wollen mal ein bisschen chronologischanknüpfen an das, was wir zuletzt berichtet hatten.Wir hatten Die Sendung veröffentlicht am 25.April 25 und ja, dann steigen wir doch mal ein Ende April. Was ist denn passiert?
Dejan Mihajlović 0:07:16
Ja, also ich versuche mal so ein bisschen immer so ein paar Punkte chronologisch aufzuzählen.Es ist tatsächlich schwierig, weil es gibt im Endeffekt zwei Optionen,wenn man Serbien oder den Verlauf sich betrachten möchte.Zum einen chronologisch, zum anderen können die natürlich auch Themen rauspickenund sagen, lass uns mal gucken in der einen Thematik, was ist da geschehen.Aber zeitgleich ist es so, dass wenn ich die eine Thematik rauspicke,ist die halt immer zusammenhängend mit der anderen Thematik.Das heißt, die Dinge bedingen sich einfach.Es ist einfach ein komplexer Verlauf, ein komplexes Thema.Deswegen wird es immer nie die Lage komplett erfassen, alles was im Prinzip ich erzählen.Aber jetzt ein bisschen so ein Gefühl dafür zu bekommen, was Ende April tatsächlichnochmal hinzugekommen ist, sind viele zahlreiche Schüler in Protestmärsche.Das heißt, wir hatten in der letzten Folge darüber gesprochen,wie eben über Protestmärsche Studentinnen mit Menschen in verschiedenen Dörfernund abgelegenen Ortschaften ins Gespräch gekommen sind,wo sie halt eben über Protestmärsche zu großen Demos gelaufen sind,wo sie sich dann wieder mit anderen Menschen aus dem ganzen Land getroffen haben.Das heißt, diese Protestmärsche haben verschiedene Funktionen erfüllt und jetzthaben Schüler angefangen auch so die Protestmärsche durchzuführen und aus verschiedenen Gründen.Natürlich wiederum anderer Zugang, andere Perspektive, auch ein Empowerment.Das hat sich, glaube ich, auch rumgesprochen, dass er mit einem etwas macht,weil du eben dann aktiv was handeln kannst, was tun kannst, Sichtbarkeit bekommst.Also es gibt tatsächlich verschiedene Funktionen und Wirkungen von diesen Protestmärschen.Diese Protestmärkte haben auf jeden Fall massiv, glaube ich,noch mal in der Gesellschaft etwas ausgelöst, weil es gab Bilder,wo einfach es geschüttet ohne Ende.Du siehst einfach diese Kolonne von Schülern, die einfach unabhängig von diesemWetter, Unwetter, einfach Kilometer für Kilometer runterlaufen,um zu so einem Protest zu gelangen. Und das hat natürlich echt viele, viele beeindruckt.Dann hast du auch so eine.Arbeitsgruppe, die ist im Vorschein getreten, die tatsächlich glaube ich AnfangMärz sich gegründet hat.Die nennt sich StudentInnen in jedem Dorf und ist eine Arbeitsgruppe von StudentInnen,die einzelne Dörfer, abgelegene Kommunen immer wieder besuchen.Ich glaube jedes Wochenende haben die so Termine gesetzt. In der Regel auchmit der Idee, dass StudentInnen da hingehen, die selbst aus dem Dorf kommen.Das heißt, du hast natürlich viel in Belgrad und anderen Städten,aber ich glaube es sind hauptsächlich in Belgrad, da bin ich ganz sicher.Hast du Studenten, die aus dem ganzen Land anreisen und da dann studieren unddann für mehrere Jahre in Belgrad leben.Und wenn die natürlich nach ihrem Heimatdorf zurückkehren für so eine Aktion,haben die natürlich einen anderen Zugang zu Menschen, als jetzt jemand,der von der Stadt irgendwie dahin fährt.Deswegen haben die tatsächlich diese Aktion gestartet, um einfach mit Bürgernins Gespräch zu kommen, um wieder so einen Gegenpol zu setzen zu dem,was medial verkündet wird.Vor allem, man muss da auch sagen, in der letzten Folge darüber gesprochen,Medien sind natürlich sehr, sehr stark in der Hand von dem Vucic-Regime unddementsprechend, wenn du jetzt nicht in Belgrad bist und auch Zugang zu gewissen Kanälen hast,bekommst du eigentlich nur das Staatsfernsehen mit oder die Kanäle mit,die auf Staatsfrequenz gesendet werden und die sind sehr, sehr einseitig undschreiben auch Dinge, die einfach verkürzt sind oder einfach gelogen, wenn man ehrlich ist.Und da ist natürlich eben wichtig, auch so eine Gegenstimme zu haben und darumist das eine sehr, sehr wichtige Arbeit, die seit Monaten von denen geleistet wird.
Tim Pritlove 0:10:28
Genau. Das heißt, die Kernprimären ihrer eigenen Heimatdörfer zurück und machendann dort Veranstaltungen oder Besuchen?
Dejan Mihajlović 0:10:37
Die haben tatsächlich so einen Tisch, den sie aufbauen und da steht dran eben,komm ins Gespräch mit Studentinnen und dann kommen Menschen einfach da vorbei.Es sind irgendwie Dorfplätze oder irgendwie so eine Hauptstraße von so einemDorf und dann kommen die ins Gespräch.Manchmal quatschen die mit fünf Leuten, manchmal mit 50 Leuten.Das ist sehr unterschiedlich.Die haben auch teilweise auch Flyer, die sie mitgenommen haben,wo sie einfach nochmal erklären, was die Anliegen der Studentinnen sind.Wer die Studentinnen sind.Auch um Desinfektion tatsächlich auch entgegenzuwirken, weil auch dementsprechendaufgeklassen und sagt, was denn nicht richtig ist, was in der Regel über Medien kommuniziert wird.Also das heißt, das ist jetzt tatsächlich eine sehr, sehr mühsame,aber sehr wichtige Arbeit, die sie über viele Monate leisten.
Tim Pritlove 0:11:18
Aber dieser Zugang, der kann auch stattfinden.Wir hatten, glaube ich, letztes Mal darüber gesprochen, über so den Status,den Studenten haben, der nicht ganz so zu vergleichen ist, wie wir das jetzthier kennen, wo ja oft so Studenten so als so Elite angesehen werden und soein bisschen ein anderer Teil der Bevölkerung ist.Da Serbien noch sehr restsozialistisch geprägt ist an der Stelle,ist Studieren eigentlich ein vollkommen normaler Vorgang, der,sagen wir mal, sehr breit in der Bevölkerung stattfindet.
Dejan Mihajlović 0:11:47
Witzigerweise, ich habe tatsächlich viele Podcasts zu der Thematik angehört,ich glaube ich habe jetzt keine Daten und Zahlen gefunden die erfassen,wie viele Menschen die das Abitur gemacht haben, studieren also um zu gucken, so dieses,wie viele Akademiker studieren, so der klassische Gap, den man kennt ist ausdem deutschsprachigen Raum,aber den Gesprächen nach, den Informationen nach, würde ich tatsächlich sagen,dass sehr, sehr viele also auch sehr, sehr breiten Teil der Gesellschaft ebenstudieren können, noch studieren können und studieren können verbunden natürlichtrotzdem mit auch gewissen Hürden wiederum.Das heißt, ganz so easy ist es nicht, aber du kannst das.Und deswegen ist tatsächlich Durchmischung weitaus höher und größer als jetztim deutschen Raum zum Beispiel.
Tim Pritlove 0:12:23
Ja, okay, das meinte ich auch. Also klar, ist immer noch ein Unterschied amEnde. Muss man es natürlich auch leisten können.Ja, wie ging es dann weiter?
Dejan Mihajlović 0:12:37
Ja, es gab dann, Ende April habe ich hier aufgeschrieben gehabt,war zum Beispiel noch die Geschichte, dass eben diese,Blockade, weil in den letzten Folgen darüber gesprochen ist,dass der öffentliche, rechtliche im Serbien, also das Fernsehen, TV, Radio,besetzt wurde von Studentinnen.Und das wurde tatsächlich dann aufgehoben Ende April. Das heißt die Blockade,weil eben dann die Ausschreibung stattgefunden hat.Und zwar gibt es dann so eine Kontrollinstanz, REM heißt die da,und die reguliert eigentlich, wer auf welchen Frequenzen senden darf,wer gegen welche ethische Regeln verstößt und so weiter.Ich muss dazu sagen, Das ist tatsächlich da ausgeschrieben worden.Der Prozess ist bis heute nicht abgeschlossen worden.Das heißt, er hat bis heute nicht diese Instanz, was auch ein massives Problem darstellt.Weil man kann sich ja vorstellen, es sind tatsächlich in den letzten Monatenunfassbar viele Verstöße gemachtworden auf verschiedenen TV-Sendungen und Kanälen, die da stattfinden.Also wenn ich da jetzt darauf eingehen würde, was da zum Teil gesagt wird undwie gesagt wurde, können wir vielleicht auch später machen an verschiedenenFällen, die noch kommen werden,dann wird nochmal deutlich, wie sehr diese regulierende Instanz einfach hierfehlt und natürlich dann auch dem Regime in die Hände spielt.
Tim Pritlove 0:13:52
Aber warum hat denn die Besetzung geendet, wenn es immer noch keine Ausschreibung gibt?
Dejan Mihajlović 0:13:57
Weil da die Ausschreibung erstmal verkündet wurde und es war tatsächlich die Forderung von denen.Die haben gesagt, die blockieren, bis diese Ausschreibung der Prozess in Gang gesetzt wird.Natürlich mit der Idee, jetzt wird der Prozess auch dementsprechend,weil alle draufschauen, dann durchgeführt werden.Aber wird weiterhin verschleppt sozusagen. Genau, wir haben es verschleppt.Man muss dazu sagen, aber auch, das ist bei all den Protestformen,die du hast, also auch mann-viel-Blockade, der physischen Blockaden der Universitäten,der Fakultäten, ist halt immer so der Punkt, du kommst am gewissen Punkt anso eine Stelle, wo du merkst oder dich einfach auch fragen musst,wie hoch ist der Impact und wie hoch ist die Ressource, die du hier bereitstellenmusst für diesen Impact.Und an manchen Stellen hat man das auch sehr kontrovers angefangen zu diskutieren.Das heißt, inwiefern ist Impact noch da und ob man sich anders organisierenkann mit einem höheren Impact und weniger Ressourcen investieren muss,weil die Ressourcen schon unfassbar kräftezehrend sind.
Tim Pritlove 0:14:52
Klar.All right.Und das war, glaube ich, so im Wesentlichen das, was dann noch im April passiert ist, richtig?
Dejan Mihajlović 0:15:05
Genau, genau, genau. Und dann kam der Mai mit einigen Sachen,die nochmal so, die man schon als Wende verstehen kann in der ganzen Entwicklung.Also klar, es gibt so kleine Geschichten, die so parallel nebenher gelaufensind, wie zum Beispiel, dass die zum 1.Mai, also Tag der Arbeit gab es eben dann zum ersten Mal, dass sich alle nationalengroßen Gewerkschaften zusammen aufgetreten sind auf Initiative von Studentinnen,die über Monate hinweg im Hintergrund gearbeitet haben, die gesprochen haben.Das Thema Gewerkschaften ist ein sehr komplexes Thema, auch sehr kritisch betrachtet,auch in Serbien, weil die einfach tatsächlich systematisch unterwandert wurden über Jahrzehnte.Und jetzt die Frage immer ist so, gehönt man neue Gewerkschaften oder versuchtman die bestehenden Systeme einfach dann wieder zu oberen über verschiedene Wahlen und so weiter.Das heißt, es ist ein sehr komplexes Thema, aber auf jeden Fall etwas, wo man Hebel sieht.Ich würde sagen, mittlerweile ist tatsächlich so die Entwicklung,als wenn es aktuell auf heute switchen würde, wir gehen da wieder zurück,dass man in vielen Bereichen eigentlich so die Strategie verfolgt,über diesen gängigen Weg die Macht wieder an sich zu reißen und zu demokratisieren.Das heißt also zum Beispiel eher die Strategie zu folgen, in Gewerkschaftenselbst bei Wahlen einzutreten, Leute zu mobilisieren und dann wieder GewerkschaftenGewerkschaften sein lassen.Weil dieses neue Sachen gründen ist nicht so einfach aus verschiedenen Gründen,weil letzten Endes musst du auch da wiederum einen Prozess durchlaufen,auch der dann das legal macht und legitimiert,was eigentlich eben, weil eben das System ist, wie es gerade da ist und werdensolche Sachen verhindert.Das heißt, dem Regime fällt es leicht, solche Prozesse sinnvoll wären,einfach zu verhindern oder nicht zustande kommen zu lassen, was für um dir eserschwert, eben dann wirklich einen Impact zu entwickeln.Deswegen ist es ein sehr, sehr komplexes Thema tatsächlich. Aber zumindest istda so nochmal aufgekommen.Es gibt noch eine Arbeitsgruppe, die später sich nochmal aufgetreten ist alsgesellschaftliche Front.Das heißt, aber da ist so entstanden die Idee von, lass uns doch mal ganz konkretauf die Arbeiterinteressen schauen.Und Arbeiter im Sinne von tatsächlich wirklich alle Bereiche,von medizinischer Fachangestellte bis eben Landwirt.Das heißt, dass wirklich von allen Perspektiven so geguckt wird,was gibt es denn für einen Konsens?Also so ein bisschen auch die Strategie zu folgen, die Studentinnen an sichbei den ganzen Protesten ja auch schon immer gefahren haben,zu schauen, was ist so Minimalkonsens?Das ist etwas, wo wir uns alle dahinter stellen können.Und da einfach Forderungen auszuarbeiten, die bestenfalls eben auch Gesetzestextemünden, die man dann vielleicht nicht jetzt, aber zu einem anderen Zeitpunktdann eben umsetzen kann, um auch dann eben noch Rahmenbedingungen zu schaffen,die einfach allen das Leben erleichtern.
Tim Pritlove 0:17:33
Das ist so ein bisschen der Marsch durch die Institutionen, die wir so in Deutschlandin den 80er Jahren von linken Bewegungen ja gesehen haben, so als Reaktion aufden deutschen Herbst, den RAF-Terror,was ja dann zu den Grünen geführt hat.Sicherlich teilweise auch erfolgreich. Aber ja, das ist natürlich klar,dass man hier nicht gleich alles neu gründen will, weil da müsste man ja aucherstmal Mitglieder gewinnen etc.Leute hängen ja dann irgendwie auch aus irgendwelchen Gründen wahrscheinlich da dran.Okay, interessant. Also würdest du sagen,dass die Gewerkschaften zum aktuellen Zeitpunkt schon sich im Wesentlichen diesenProtesten oder generell einem Wandel anschließen oder müssen die dazu erst noch getragen werden?
Dejan Mihajlović 0:18:22
Nee, nee, das ist leider noch alles nicht wirklich gesund.Das heißt, es scheint doch weitaus komplexer, als es auf den ersten Blick vielleichtirgendwie Leute gedacht haben.Das heißt, das Problem ist, dassda halt so auch zum Beispiel so Vertrauensgeschichten mit drin hängen.Du hast eine hohe Skepsis, also es ist tatsächlich auch so eine Problematik,die an vielen Stellen auftaucht, auch wenn wir vielleicht später auf das ThemaOpposition zu sprechen kommen oder Parteien an sich oder andere Vereinigungen an sich,wenn wir jetzt auch gleich kommen, wenn wir zu neuen Forderungen,zu Kurswechsel kommen werden, dann stellt man fest, dass dieses Vertrauensverlustin Institutionen, Vertrauensverlust in Organisationen, dass das tatsächlicheben auch eine sehr, sehr große Hürde darstellt.Weil auf der einen Seite brauchst du Verbündete und einen gewissen Impact zu erreichen.Zeitgleich bist du natürlich ein gebranntes Kind, weil du einfach Erfahrungengemacht hast, wie einfach Leute dann, die dich im Stich gelassen haben oderan manchen Stellen dann auch im Endeffekt dann Sachen unterwandert haben odergeschwächt haben oder du im Endeffekt dann auf einem Messer gelaufen bist.Und deswegen ist tatsächlich so dieses, diese auf der einen Seite gesunde Skepsis,auf der anderen Seite ist so eine Hürde dann entstanden, die wiederum eben dieSolidarität und Bündnisse erschwert an manchen Stellen.
Tim Pritlove 0:19:39
All right.
Dejan Mihajlović 0:19:42
Und dann, genau, ja, dann kommen wir so ein bisschen, ich habe das angedeutet im letzten Podcast,dass die Bürger in Versammlungen angefangen haben, sich zu etablieren und dasist schon etwas, was jetzt bis heute, also da begonnen hat und bis heute sehrstark anhält und das heißt, es gibt einmal so eine Rechtsform,wo Bürger in Versammlungen tatsächlich auch eben gesetzlich verankert stattfinden können.Das ist etwas, wo auch gewählt wird und so weiter. Das ist eine Sache,die auch wiederum zum Beispiel jetzt vermehrt versucht wird,eben von Zivilgesellschaft eben wieder, dass man es übernimmt.Und das andere sind diese Bürgerinversammlungen in Bordewi. Das heißt,es ist etwas, was eben noch keine Rechtsform hat.Also im Rechtsformsinn von, dass du jetzt nicht irgendwelche Forderungen großstellen kannst, aber tatsächlich in der Vergangenheit Erfahrungen gemacht wurde,dass tatsächlich die Forderungen gestellt haben, die auch anerkannt wurden vonder Kommune, von der Verwaltung und dementsprechend wohl auch ein Symbol dann waren,dass sie anerkannt werden dann doch, obwohl jetzt vielleicht noch nicht verschriftlichtirgendwo im System vorkommen.Also zumindest nicht mit dem Impact, den sie eigentlich jetzt haben könnten.Also es war, ich möchte mal so sagen, stell dir sowas vor wie Bürgervereine,die du jetzt vielleicht aus irgendwie Städten kennst, in Kommunen, also in Stadtteilen.Und Bürgervereine haben ja auch hier gewisse Rechte, die sie nutzen können.Und so ähnlich wie Bürgervereine hast du ja auch wiederum eben was in Serbienauch, Aber tatsächlich einen anderen Kontext, andere Geschichte,aber auch auf dieser Ebene der kommunalen Verwaltung, wo auch den meisten BürgerInnenin Stadtteilen, Kommunen einfach dann gefragt werden kannst,gehört werden kannst und Ressourcen bekommst und so weiter.Und parallel dazu haben die aber diese Bürgerversammlungen, ich nenne sie Bürgerversammlungen,gestartet, die nicht das sind, aber wiederum sich anders organisieren.Und die haben sie organisiert wie die Pläne, wie die Studentinnen.Das heißt, das ist das. Und das ist tatsächlich sehr erfolgreich gewesen,weil die tatsächlich dann über Messenger-Dienste auch dann teilweise woanders mitlesen.Das heißt auch dann dementsprechend schnell informiert werden,gemeinsam sich auch dann verbinden können und dann Sachen relativ schnell wuppen können.Das heißt, das ist etwas, was bis heute sich sehr stark durchgesetzt hat.Und diese Bürgerinversammlungen sind tatsächlich mittlerweile eine sehr tragendeSäule von den Protesten in Serbien.Und damals tatsächlich, würde ich sagen, jetzt nach dem 15.März und dieser ganzen Enttäuschung, die danach gefolgt ist,ist das tatsächlich so, da hat es angefangen so zu wachsen und sich zu entwickeln.
Tim Pritlove 0:22:07
Also 15. März diese Großdemo in Belgrad, wo auch da diese Schallwaffe eingesetzt wurde und so weiter.Das heißt, diese Bürgerversammlungen sind so ein Phänomen, was sich jetzt quasiüber die Gemeinden im Land ausbreitet.Dass Bürger einer Gemeinde, eines Dorfes, was auch immer, sagen,wir bauen jetzt hier quasi so eine eigene...
Dejan Mihajlović 0:22:39
Kommunale Verwaltung.
Tim Pritlove 0:22:41
Eine eigene Verwaltung Richtung, richtig?
Dejan Mihajlović 0:22:43
Ach, zumindest nicht Verwaltung, aber vielleicht Bürgerinvertretung.
Tim Pritlove 0:22:48
Ja, so ein Rat, der einfach sagt, wir reden jetzt hier mit.Es gibt nicht nur den Bürgermeister, sondern wir wollen jetzt sozusagen auchaus dem Volk heraus hier irgendwas machen.Aber wie reagieren denn dann quasi die offiziellen, diesen neu gegründeten Organisationen gegenüber?
Dejan Mihajlović 0:23:04
Ja, das ist tatsächlich eben interessant. Ich habe in einer Stelle gab es mal,ich habe das nicht aus den Augen verloren, an einer Stelle gab es eben,habe ich nur erfahren, dass in Novi Sad zum Beispiel, diese Bürger,also ich habe es mit Bürgerverein verglichen vorhin, dass diese,die einfach so strukturell nicht verankert sind.Dass die die Wahlen einfach nicht ausgeschrieben wurden.Das heißt, diese Wahlen ausgesetzt, weil man Angst hatte in Novi Sad,dass diese Wahlen, wenn man sich durchführen würde, dass die dementsprechend einfach dann.Weil jetzt, wenn die aktuell geführt von Personen, die in der Partei sind vonVucic und dementsprechend auch dann regimetreu werden die gehandhabt,das heißt wie die Ressourcen ausgegeben werden und so weiter.Das heißt alles ist in Parteihand noch und wenn jetzt diese Wahl da ausschreiben,das auf dieser niedersten Ebene, auf der kommunalen niedersten Ebene,dann würden die hundertprozentig diese Wahlen einfach verlieren und da würdendie ein Ding nach dem anderen einfach kippen und deswegen wurden zum BeispielNobisat, wo sehr, sehr viele diese messenden Seidnitze heißen die,diese Wahl wurden tatsächlich dann nicht ausgeschrieben.Und jetzt kannst du dir vorstellen, deswegen meinte ich ja, ich habe das hierwieder auf Fälle gesehen, wo dann diese Bürgerinvertretungen eben dann einfachjetzt ihre Arbeit machen und sagen, wir sind Bürgerinvertretungen und an manchenStellen Forderungen gestellt haben und diese Forderungen von der Kommune umgesetzt wurden.Was wiederum bedeutet, dass sie eigentlich dann in dieser, sobald ich das akzeptiere,diese Forderung akzeptiere, akzeptiere ich dich wiederum als legitime Vertretung von BürgerInnen.Und das war tatsächlich so an vielen Stellen, also deswegen,man muss glaube ich von Kommune zu Kommune, von Stadt zu Stadt irgendwie durchgehen,aber welche Rolle die haben, die sind tatsächlich unterschiedlich stark,also wenn man jetzt auch guckt, es gibt verschiedene,diese Bürgerversammlungen in verschiedenen Stadtteilen, die unterschiedlichbreit aufgestellt sind, die einen höheren Impact haben, geringen Impact haben,je nach Stadtteil teilweise auch und je nach auch einer, also welche Personenauch da drin so ein bisschen Admins sind.
Tim Pritlove 0:24:53
Das ist interessant. Also die Kommunalwahlen selbst werden ausgesetzt,um zu verhindern, dass man quasi abgewählt wird, aber dann bilden sich diese Bürgervereine,die dann einfach so viel Power entwickeln, dadurch, dass sie sich einfach aufstellen und sagen,an uns führt jetzt kein Weg dran vorbei,dass quasi die Bürgermeister und die Räte oder was auch immer da die Strukturist quasi klein beigeben müssen und sagen müssen, naja, okay,meinetwegen, Hauptsache ihr wählt mich nicht ab.
Dejan Mihajlović 0:25:25
Ja, es ist tatsächlich, es ist insofern spannend, weil ich auch da wieder umeine Zeit lang verfolgt habe, es ist schwierig, jedes Detail immer so fertigzu Ende zu verfolgen, weil es sind tatsächlich sehr, sehr, sehr tief einschneidendeoder eingehende, komplexe Themen.Ich versuche alles so ein bisschen mitzubekommen, was so passiert.Aber ich habe schon auch mitbekommen, dass eben auch Diskussionen da waren,die auch wiederum zu legitimieren.Das heißt also wiederum auch da, die in die Satzung oder wo auch immer irgendeinemTeil von Verfassung mit aufzunehmen, damit diese Organe, damit es auch beibehalten werden kann.Zeitlich haben andere gesagt, aber wenn wir dann wiederum normale Wahlen hättenauf diesen niedrigsten kommunalen Ebenen, dann bräuchte man die nicht,weil wir können dann darüber diese Arbeit leisten.Deswegen ist es immer so hin und her, was machst du, an welcher Stelle gehstdu wie vor, was ist strategisch jetzt notwendig. Also dieses kurzfristig,mittelfristig, langfristig planen und umsetzen ist tatsächlich eine komplexe Geschichte.
Tim Pritlove 0:26:20
Ich weiß, es ist schwierig zu beantworten, aber nur mal so ein Gefühl zu bekommen,was würdest du meinen, in wie vielen Gemeinden haben sich solche Bürgervereine gegründet?Ist das jetzt so hier und da mal oder sind das schon richtig viele oder findetdas nur in bestimmten Teilen des Landes statt und andere haben davon noch nie gehört?
Dejan Mihajlović 0:26:44
Also das ist zum Beispiel eine Sache, die ich so gar nicht fassen kann.Ich habe mich am Anfang natürlich stark damit beschäftigt mit Belgrad,weil ich eben aus Belgrad komme und da ich in so einem Ding drin war oder binund auch verfolge, was da so gemacht wird.Habe dann erst so die Wochen später mitbekommen, in anderen Städten gibt es das auch.Und einfach über Accounts, die aufgepoppt sind. Das heißt, du hast einfach danndas Board so und so und da steht dann immer diese Bürgerinversammlung und danneben die Stadt dahinter oder die Kommune dahinter.Und da habe ich schon wirklich von großen bis kleinen Städten bis Dörfern allesgesehen. Das heißt, ich kann es gar nicht fassen, aber ich weiß tatsächlich,dass es in vielen, vielen, also landesweit, die einfach gibt und die tatsächlichsehr, sehr unterschiedlich sehr stark aktiv sind.Also zum Beispiel zum einen haben die jetzt auch so einen Verein daraus gegründet,in Ujiz war das, glaube ich, und da versuchen die jetzt nochmal noch massiveraufzutreten, noch mehr auch politisch mit einzugreifen, auch politische Forderungen zu stellen.Also jetzt tatsächlich, das ist tatsächlich sehr, sehr unterschiedlich, je nach,ich glaube, dass der Impact sehr, sehr unterschiedlich ist, weil ich glaubegerade dieser Impact in so kleineren Dörfern, Kommunen oder Städten natürlicheine andere Nummer ist als in so einer Großstadt, wo einfach dann eben haltvon vielen Stadtbezirken einfach so eine Bürgerinversammlung darstellst.
Tim Pritlove 0:27:53
Ja, und was macht eigentlich Alexander Vucic, der amtierende Präsident,der ja für nichts zuständig ist, wie wir in der letzten Folge gelernt haben?
Dejan Mihajlović 0:28:05
Ja, der ist für nichts zuständig, aber natürlich ein sehr, sehr tolles Flugzeug,was sich gekauft hat. Und im Mai ist er nach den USA gereist.Und mit der Idee damals, da wollte er, glaube ich, einfach im Endeffekt einFoto generieren, er und Trump, um wiederum seiner Wählerinschaft oder seinenLeuten, wie auch immer das ist,eben zu transportieren, zu kommunizieren, schau, ich bin relevant,ich bin hier, treff mit den wichtigsten Menschen dieser Welt,weil tatsächlich die Wochen darauf war auch geplant eben die Moskau-Reise.Das heißt, er wollte einfach so zeigen, hier mit Trump, da mit Putin und so weiter.Das war, glaube ich, so sein Plan, weil er in seiner Erzählung eben,wie gesagt, der geopolitisch wichtigste Mensch ist und alle Fäden in der Hand hält.Und eigentlich dann, ich glaube, in irgendeiner Geschichte hat er mal so erzählt,dass ich glaube, er am liebsten nach Belgrad einladen würde,seinem Szenario nach und dann Trump und Putin und alle anderen wichtigen Akteure,globalen Akteure zusammenkommen und er dann moderierend die Welt rettet.
Tim Pritlove 0:29:07
Die neue Schweiz. Das ist, glaube ich.
Dejan Mihajlović 0:29:08
Sein Szenario gewesen. Ja, genau. Es ist völlig irre, aber ich weiß auch nicht.Und ist natürlich gescheitert, weil er hat eine ziemlich hohe Summe gezahlt,was irgendwie rauskam, um überhaupt so einen Termin zu bekommen,weil da muss man scheinbar irgendwie so bezahlen, um bei Trump vorsprechen zu können,und hat dann aber kam nicht durch, das heißt der hat da einen Abfuhr kassiert, hat man da rausgefunden,und hat dann auf einmal komischerweise eine Krankheit entwickelt und musstedann ganz schnell nach Belgrad gebracht werden ins Militärkrankenhaus,weil er eben so stark erkrankt ist und da haben sich alle Sorgen gemacht undden Präsidenten, aber zum Glück, zum Glück hat er es überlebt und es geht ihm gut.Hatte nichts damit zu tun, dass er es einfach ablenken wollte von der Schmach,dass er eben da nicht beim Trump aufschlagen konnte.Plus dann die Reise nach Moskau ist auch wiederum echt nach hinten losgegangen.Das heißt also all diese Idee, die er hatte, ich kann im Endeffekt als Geopolitiker,das ein bisschen auch das, was jetzt bei meinem Land passiert, zu überdecken.Im Endeffekt ging es voll nach hinten los, weil zeitgleich auch noch die ganzenAktionen waren schon von den Studentinnen.Das heißt, diese Geschichte mit dem Fahrradfahren nach Strasbourg.Und dann gab es ja nochmal danach das Joggen, was auch ein bisschen in Mai hineinging,da gab es einen Staffellauf von Läufern, die auch gestartet sind nach Brüsselnochmal, das heißt, da gab es eine Überschrift, lautet das eben,während er irgendwie untergeht in den USA, in Thron, in die Studentinnen in Europa.Und das fand ich ganz passend, den Vergleich.Und seitgleich hat er Mai, unabhängig von dieser Entwicklung mit Vucic,hat tatsächlich nochmal einen großen Kurswechsel in der Entwicklung in Serbienhervorgebracht und zwar haben Studentinnen Anfang Mai verkündet,dass sie Neuwahlen fordern.Und jetzt ändert sich die Sachklage grundlegend, weil auf einmal eine Personzuständig ist, die bisher nicht zuständig war.Und zwar Alexander Vucic. Das heißt, er ist tatsächlich die Person,die für genau diesen Punkt zuständig ist und diese Neuwahlen eben ausschreiben kann.Und du kannst dir natürlich vorstellen, wie das bei ihm ankam und wie er esgenossen hat, auf einmal zuständig zu sein und seitdem eben die Karte spielt,das eben natürlich nicht zu machen.Das heißt, keine Neuwahlen durchzuführen, obwohl einfach die letzten Jahre einfachgeglänzt haben vor unzähligen Neuwahlen.Und das heißt, ich glaube, die regulären Wahlen waren, das letzte Mal reguläre Wahlen waren.Das heißt, er hat immer wieder diese Masche gehabt von, ich möchte zeigen,dass ich legitim gewählt bin, indem er einfach eine Krise mit Wahlen gelösthat und gezeigt hat, schau, ich bin doch hier gewählt worden von einem Großteilder Bevölkerung und dementsprechend Krise gelöst.Das kann er jetzt nicht mehr machen, weil er auch gesehen hat,das wird jetzt nicht funktionieren und zumindest einfach auch Angst hat.Und ich gehe davon aus, dass er definitiv Ratings hat und Zahlen hat,die ihm aufschlussreich zeigen, wie die Lage gerade im Land ist.Und es gibt tatsächlich auch so Ratingzahlen, die immer wieder eigentlich veröffentlichtwurden, die seit Monaten nicht mehr veröffentlicht werden, auch aus seinen Institutenauch, aus regimenahen Instituten, wo man überhaupt ablesen kann,wie das Rating aktuell ist.Aber auf jeden Fall ist diese Forderung von Studentinnen tatsächlich so einKurswechsel entstanden.Und natürlich auch mit der Idee, wenn jetzt Wahlen kommen, wie soll es dennablaufen mit Wahlen? Und dann haben eben Studentinnen gesagt,dass es eine Studentenliste geben wird.Und dann war die Studentenliste jetzt etwas, was eben relativ lange diesen Mai dominiert hat.Wie wird sie aufgestellt? wer soll da drauf kommen, wie sollen überhaupt faireWahlen gelingen und so weiter und so weiter.
Tim Pritlove 0:32:51
Also ich habe mal kurz geguckt, also Präsidentschaftswahlen,also Wucic gewählt wurde, jetzt war 2022,das heißt, wenn das ein Fünfjahreszyklus ist, wäre es sozusagen dann erst im April 27 wieder soweit.Die Parlamentswahlen wiederum haben...Und ja, da gab es so verschiedene neue Wahlen, die letzte im Dezember 23.Tja, die wurden aber auch von Vucic schon vorgezogen.Also das war quasi, ist also durchaus möglich, dass aufgrund von Protesten sowas stattfindet.
Dejan Mihajlović 0:33:35
Das ist tatsächlich auch eine Sache, die gefordert wird, also Wahlen,nicht nur Präsidentschaftswahlen, sondern natürlich auch Parlamentswahlen,sondern wirklich auf allen Ebenen, also auch auf kommunaler Ebene, auf städtischer Ebene.Das heißt, das ist eine Forderung, auf allen Ebenen sollen neue Wahlen ausgeschrieben werden, stattfinden.Es ist tatsächlich so, dass die Liste so erstellt werden soll,dass einfach Leute, Personen auf der Liste stehen werden, die nicht Amtsträgersind von irgendeinen Parteien.Dass auf jeden Fall niemand aus irgendeiner Partei, die aktuell in der Regierungist, im Prinzip da draufstehen wird.Und dass im Endeffekt hauptsächlich Menschen draufstehen werden,Personen draufstehen werden, die sich einfach in den letzten Monaten hervorgetanhaben mit einer authentischen Unterstützung dieser ganzen Proteste und mit einergewissen Fachexpertise.Das heißt aber tatsächlich eben auch divers, also angefangen von Professorinnenbis zu Landwirtinnen, bis zu Aktivistinnen, soll da verschiedenste Personendraufstehen und soll auch so aufgeteilt sein, die Liste, dass auch die verschiedenenUniversitätsstädte, die im Endeffekt im ganzen Land verteilt sind,dass die wiederum auch unterschiedliche Kontingente bekommen von einer Person,die auf der Liste stehen sollen.Das heißt, da wird auch so ein Verfahren dann vorgestellt, wie es ablaufen soll.Aber im Endeffekt, das ist so die Liste.Und jetzt ist aktuell wieder das Thema, wann wird sie kommuniziert,wann wird sie kommuniziert. Und die muss man jetzt einfach mal veröffentlichen.Die haben damals im Mai gesagt, und da haben sie bis jetzt dann festgehalten,die werden die Liste erst dann veröffentlichen, wenn Neuwahlen ausgeschrieben wurden.Und zwar aus einem relativ einfachen Grund.Wenn du die Liste veröffentlichst, dann wird im Endeffekt medial das passieren,was immer passiert. Einfach, dass das Vorgehen ist von diesem Regime.Einzelpersonen würden einfach rausgepickt werden und so medial angegangen werden,und unter Druck gesetzt werden, dass einfach, glaube ich, das zum einen siemassiv belasten würde, ihr Leben, das Leben ihrer Familie, ihres Umfeldes,als auch vielleicht auch die Wirkung dieser Liste.Und das ist glaube ich der Hauptgrund, wieso sie gesagt haben,diese Liste werden sie in dem Fall nicht veröffentlichen und die Argumentierenrelativ klug finde ich, die sagen auch, ja gut,eure Liste ist ja auch nicht veröffentlicht, wenn er antritt das heißt,schreibt doch einfach Wahlen aus und dann wenn du da eine Liste veröffentlicht,veröffentlicht unsere Liste und dann können wir in die Wahlen gehen.
Tim Pritlove 0:35:56
Alright, also die Forderung steht im Raum und Vucic muss sich in gewisser Hinsichtdazu verhalten, aber hat es gerade nicht besonders eilig, sich dazu zu verhalten.
Dejan Mihajlović 0:36:06
Er hat tatsächlich immer wieder verschiedene Aussagen getroffen.Ich habe auch mal eine Aussage gehabt, wo es irgendwie so in die Richtung gegendas Ende Juni schon Wahlen stattfinden sollen.Es wird jetzt schneller kommen, als er denkt, aber das Ding ist,er haut ja, das ist dieses,ich habe es mal vor kurzem gepostet, er macht da dieses.Flood the Zone with Shit permanent, das heißt, er haut ja Sachen raus,wo dann Leute, Analysten da sitzen und überlegen, wie er es gemeint haben könnteund da wird Ressource investiert bei manchen Leuten und was tatsächlich dieStudentin-Zivilgeschaft nicht macht,die fallen da nicht drauf rein, das heißt, sie sagen, alles klar,der erzählt eh so viel Müll und der lügt einfach die ganze Zeit auch.Das heißt, damit am besten gar nicht beschäftigen, sondern lass uns unsere Arbeit machen.Das heißt, die haben Studentinnen, Zivilgesellschaft angefangen,eben zum Beispiel Menschen zu informieren und zu sagen, hey,prüf mal, ob du auf dem Wählerverzeichnis bist. Falls nicht,kümmere dich darum, dass du drinstehst.Oder lass dich fortbilden für Wahlen. Das heißt, entweder als als,ja, dass du bei den Wahlen, beim Wahlvorgang selbst mithilfst,als Helfer oder eben als Kontrolleur.Das heißt, da kann man sich ausbilden lassen.Das heißt, das ist einfach alles, was jetzt dann irgendwann kommen wird,dass man darauf vorbereitet ist und möglichst an all den Baustellen, die da sind,einfach auch schon Lösungen hat oder versucht, dem entgegenzuwirken,um einigermaßen, also im Rahmen dessen, was möglich ist, faire Wahlen zu bekommen.Also allen ist klar, dass du trotzdem mit x-tausend Stimmen mehr haben musstund alles, also so viel, du musst so eine krasse Mehrheit im Prinzip erreichenbei den Wahlen, dass du es nicht mehr verleugnen kannst, dass du auch nicht mehr eben faken kannst.Und das ist schon allen klar, dass auch diese Wahl selbst schon auch ein Risikodarstellt, aber letzten Endes, das ist auch so die Erkenntnis der Studentengewesen, wieso sie gesagt haben, das haben wollen, führt halt keinen Weg dran vorbei, wenn du,einen friedvollen Wechsel erreichen möchtest. Das heißt, ein zentraler Wertdieser ganzen Proteste war immer,dass sie eben jede Form von Gewalt ablehnen und im Endeffekt einen Wechsel habenwollen des Regimes oder erreichen wollen ohne Einsatz von Gewalt.Und das ist tatsächlich so der einzige Weg, den es einfach gibt,zu sagen, du brauchst einfach Wahl.
Tim Pritlove 0:38:18
Ja, aber mit der Friedhaftigkeit ist es dann nicht so gut gelaufen in der Folge,sondern es ist eigentlich vermehrt zu Auseinandersetzungen gekommen,wenn ich das richtig sehe, oder?
Dejan Mihajlović 0:38:33
Ja, es ist tatsächlich so gewesen, dass es gab neben den Wahlen,als es ausgeschrieben hat, gab es Anfang Juni zwei Kommunalwahlen,also in zwei Orten eine Kommunalwahl.In Kosieric und in Saitschar.Das eine ist ein sehr kleiner Ort von 10.000 Einwohnern ungefähr und das andereum die 50.000 Einwohnern.Und es waren die ersten Wahlen, die so stattgefunden haben nach diesen ganzen Protesten hier.Und da haben natürlich alle so drauf geblickt,Was gelingt uns da? Gelingt uns da was? Und deswegen gab es tatsächlich dannzum einen sehr großen Fokus darauf.Und man hat da schon gemerkt, dass der Druck massiv wurde.Das heißt, diese kleinen Orte wurden überspült mit Leuten aus Belgrad und anderenStädten, die einfach Leute eingeschüchtert haben oder Leute bestochen haben.Das heißt, du hast schon so gemerkt, dass diese Gewalt in verschiedensten Formeneinfach dann sich auf der Straße gezeigt hat und diese Dörfer oder Städte daokkupiert wurden über einen langen Zeitraum und tatsächlich auch da sehr unschöneSzenen auch dann waren, auch bei der Wahl selbst dann.Und zeitgleich mit dieser Kommunalwahl gab es auch so eine Entwicklung,dass man gesagt hat, man macht jetzt weg von diesem,du hast einen großen Protest, sondern hin zu, wir machen viele Proteste an vielenOrten und irgendwann, wir machen zeitgleich an vielen Orten Proteste.Das heißt, es ist, weil es ist einfach natürlich jetzt ressourcentechnisch betrachtet,wenn du natürlich alle von A nach B karren musst, kriegst du einfach Ressource.Und so zu sagen zeitgleich, hey, lass uns einen Termin ausmachen,jetzt gehen wir alle auf die Straße an dem Termin, ist für dich einfach deutlich leichter.Plus, du gehst in deinem Ort, in deiner Stadt, da, wo du Menschen kennst,gehst du gemeinsam auf die Straße. Das ist eine andere Wirkung auch nochmal.Und das war auch nochmal so ein Strategiewechsel, der stattgefunden hat an der Stelle.Und die Kommunalwahlen sind tatsächlich so verlaufen, dass man sagen kann,die haben schon massive Einbrüche gehabt bei den Zahlen, das heißt bei dem Zuspruch.Und der hat tatsächlich, glaube ich, alle Ressourcen, die es gab, medialals auch sonstige staatliche ressourcen dass menschen ja gar nichtsein dürften hingegangen sind und also alles an ressourcen was er hatte in seinemganzen regime hat er investiert in zwei kleinen orte und hat es dann geradeso geschafft eine mehrheit zu bekommen und dazu gewinnen anführungszeichen wobeiauch da die wahlbeobachter in die unabhängige vor ort waren gesagt haben das waren keine.Regulären Wahlen. Das heißt, da wurden auch dann eben Wahlzettel,dann auf einmal sind sie verschwunden.Das heißt, man hat dann x Belege und Nachweise gehabt, um klar zu sagen,das war nicht reguläre Wahlen.Und wenn ich ehrlich bin, bei einem Ort ist zum Beispiel es heute noch,glaube ich, ich habe es jetzt nicht mehr so, ich habe es so ein bisschen nebenherverfolgt, ist tatsächlich gerade wieder die Frage, ob es neue Wahlen geben muss,weil auch die, also dieser Prozess ist immer nicht sehr abgeschlossen.Dann gab es auch Klagen, die dann teilweise angenommen wurden.Also es ist ein sehr komplexer Prozess gewesen. Letzten Endes,was man mitnehmen kann, ist, diese Riesenmaschine, Maschinerie von dem Regimehat nicht ausgereicht, um wirklich die klare Siege davon zu tragen in sehr kleinen Orten.Und da war natürlich danach auch allen klar, wenn das an zwei Orten stattfindet,während dann landesweit Wahlen, das kannst du nicht landesweit abläufen.Das heißt, du hast nicht die Polizeikräfte, die Schläger-Truppen,die Kohle, um das überall zeitgleich abzuliefern.Und die Diabliebotschaft kam schon an, beim Regime.Und dementsprechend ist auch diese Geschichte, was ich vorhin gesagt habe,dass diese Wahlen auf dieser niedrigsten kommunalen Ebene nicht ausgeschrieben werden, war danach.Das heißt, das war auch so eine Erkenntnis aus diesen Wahlen,wieso man gesagt hat, da will ich es jetzt gar nicht haben, weil letzten Endeslaufen Gefahr, dass man einfach da scheitern und von Ebene zu Ebene einfachdann eben die Personen verlieren an den führenden Positionen.
Tim Pritlove 0:42:15
Also, wenn ich das richtig verstehe, hat die SNS, was ja jetzt die Partei vonVucic ist, trotzdem noch in diesen Kommunalwahlen gewonnen auf dem Papier.Aber Verluste, also das heißt, das ist schon noch,Also was waren das jetzt für Regionen? Das waren ja so zwei Orte,wenn ich das richtig sehe, die eher so im ländlichen Raum waren.
Dejan Mihajlović 0:42:45
Ja, genau. Es folgen jetzt auch Kommunalwahlen tatsächlich im Herbst.Da bin ich gespannt, wiefern die eine Rolle spielen werden.Aber letzten Endes war es so diese Sondergeschichte einfach oder diese Sonderrollehaben sie bekommen, weil es eben diese ersten so Wahlen waren,die so nachgekommen sind. und man muss dazu sagen, dieses Gewinnen,es war nicht wirklich Gewinnen.Also die haben tatsächlich, es war ein bisschen schräg der Ablauf,auch dieser Prozedur, wer dann diese Wahl gewinnt oder wer es verkündet,weil die Opposition eigentlich tatsächlich gesagt hat, wir haben gewonnen unddann später wurde es dann korrigiert,und das ist diese Erstauszählung und Zweitauszählung und bei der Zweitauszählungsind dann zum Beispiel einfach Stimmen dann, was man von Kartons weggekommenund so Geschichten, also völlig schräge Kiste, weil nach der Erstauszählunghaben die gesagt, haben wir ganz klar gewonnen.Uns war es natürlich auch so, dass sie verschiedene Systeme gefahren haben.Ich glaube, in Kosjeric war es so, dass die eine Einheitsliste hatten.Das heißt, nur eine Liste gegen die SNS-Partei und in Seitschal war es,glaube ich, verschiedene Listen, die gegen die gekandidiert haben.Also es gab dann auch wieder diesen Vergleich, auch zu gucken,welche Liste, welche Methode funktioniert besser, weil auch das tatsächlich auf dieser,Landesebene ausgeskutiert wird, ob es in dem Fall nur eine Liste geben sollgegen das Regime oder ob sie im Endeffekt auch in der Opposition eine Listenprinzipmachen werden, auch sehr heiß umstritten, aber da war es das erste Mal so mitein bisschen Erfahrungswerte sammeln, was hat sich wo wie durchgesetzt.
Tim Pritlove 0:44:10
Und was ist die Erkenntnis, welche Methode besser ist?
Dejan Mihajlović 0:44:16
Also letzten Endes, ich glaube, das muss man auf kommunaler Ebene unterscheiden,mit Landesebene, weil bei Kossierlich diese Geschichte, dass es eben sehr eindeutigist und klar ist, eine Liste war es eben klarer für die Leute, für wen sie stimmen.Bei den anderen war es so, dass zum Beispiel so eine Nebenliste,da gab es dann so eine Aufruhr vor der Wahl, wo dann gesagt wurde,das ist eigentlich eine unterwanderte Liste, die sind eigentlich die Leute drin.Und da merkst du natürlich, sobald du halt einfach eine Unklarheit drin hast,wird es wiederum schwerer, irgendwie Leute zu... Also deswegen,ich hätte jetzt gesagt, meine Erkenntnis, persönliche Erkenntnis,aber da gibt es sicher Politologen, die sich besser auskennen,ich hätte jetzt gesagt, mach eine Liste.Und dann ist allen klar, das ist die Liste und fertig. Aber ich glaube,das ist tatsächlich ja, utopisch. Ich glaube, das wird jetzt auf der Landesebene nicht gelingen.Das heißt, da rechnen wir auf jeden Fall mit verschiedenen Listen und da mussman immer auch gucken, was dann dabei rauskommt.
Tim Pritlove 0:45:07
Okay, aber immerhin kommt da Bewegung ins Spiel.
Dejan Mihajlović 0:45:12
Genau, da kommt Bewegung ins Spiel und es ist tatsächlich auch so der Punkt,wo man sagen kann, da kam aber auch Gewalt mit dem Spiel, also ich würde sagen,diese Repression oder repressive Politik war da sehr, sehr stark zu spüren,vor allem für die Menschen einfach vor Ort.Also die haben auch gesagt, die sind froh, wenn die Wahl vorbei ist,weil die einfach echt okkupiert waren von irgendwelchen Leuten,die sie nicht kennen. die kleinen Orte, da kennt sich jeder jeden.Das war auch nochmal so eine völlig schräge Nummer.Und dann gab es eben diesen großen Protest, auch wiederum so einen Wendepunktin den ganzen Entwicklungen am 28. Juni zum Beat of Done.Das heißt, das war auch eine sehr, sehr große Demo, die so groß hätte werden sollen wie am 15. März.Die Dimension hat es nicht erreicht, aber war trotzdem sehr,sehr groß. Also waren auch wieder über 100.000 Menschen auf jeden Fall auf den Straßen.
Tim Pritlove 0:46:00
Jetzt überall oder in Belgrad?
Dejan Mihajlović 0:46:02
In Belgrad.
Tim Pritlove 0:46:03
In Belgrad.
Dejan Mihajlović 0:46:04
Ja, in Belgrad. Und da haben alle eingeladen, dass sie nach Belgrad kommen sollen.Und da war es wieder die gleiche Geschichte wie am 15. März.Also auf komischer Weise gab es einen Terroranschlag, wo oder einen Ankündigungs-Terroranschlagauf die Bahn und fuhr die Bahn nicht. Das heißt, man konnte nicht in die Stadt reinfahren.Die Busse fuhren auf einmal nicht mehr. Also das heißt, es wurde wieder so wieam 15. März, die gleiche Wiederholung.Das heißt, alles, was dir irgendwie hilft, in die Stadt zu kommen, wurde ausgesetzt.Und du konntest da nicht kommen, aus verschiedenen Gründen, in die Stadt reinkommen,hat die Leute nicht abgehalten, da hinzugehen.Das heißt, es war wiederum sehr, sehr massiv, sehr, sehr großer Aufmarsch.Dazu muss man sagen, man kann tatsächlich dazu gute Berichte auch im deutschsprachigenRaum lesen, die sich kritisch damit auseinandersetzen, wer gesprochen hat bei der Demo.Das heißt, es kam tatsächlich sehr, sehr stark, rechte Stimmen auch dazu Wort,was wiederum eben dann auch bei einigen, also landesintern kontroversiert wird,auch international wahrgenommen wurde, dass man so eben die Frage gestellt hat,sind jetzt die städtischen Proteste unterwandert von den Rechten.Das ist so der O-Ton gewesen, zusammen ganz stark verkürzt, der medial diskutiert wurde.Und im Endeffekt war es dann so, dass am Ende dieser Demo haben die,weil alle gesagt haben, okay, jetzt muss irgendwas folgen, jetzt muss was passieren.Und dann gab es grünes Licht. Das heißt, sie haben grünes Licht eingeblendetund erklärt, jetzt hat die V-Gesellschaft von Studenten ein grünes Licht bekommen,das zu tun, was notwendig ist.Und ich saß dann auch und dachte, okay.
Tim Pritlove 0:47:32
Wer hat grünes Licht von wem, das habe ich nicht verstanden.
Dejan Mihajlović 0:47:35
Die Studenten haben am Ende der Demo im Endeffekt so eine Rede gehalten undhaben gesagt, ab jetzt geben wir euch grünes Licht, das heißt der Zivilgesellschaftgrünes Licht, um das zu tun, was notwendig ist, um dahin zu kommen,wohin wir kommen wollen.Das war so die Kommunikation. Und jetzt ist aber nicht so richtig klar gewesen,mir war nicht klar, was heißt das jetzt?Alle standen dann da und ich habe tatsächlich Diskussionen auch in meinem Chatgelesen von meiner Bürgerversammlung, wo die auch gedacht haben,nächsten Tag gesagt haben, ich wusste jetzt nicht, was die wollen und was jetzt genau passieren soll.Und da war es dann letztendlich so, dass dann tatsächlich da die Polizeikräfteangefangen, also diesen gewaltsamen Gegenbürger in den Vorgang haben, die haben aufgelöst.Da gab es natürlich einige Übergriffe. Und da war, glaube ich,nochmal auch so eine starke Enttäuschung, glaube ich, nochmal da.Auf vielen Seiten, weil ich glaube, auf der einen studentischen Seite war,glaube ich, so eine Idee davon, ich weiß nicht, was die vorgestellt haben,wahrscheinlich sehr unterschiedliche Szenarien, aber nach dem Motto,wir gehen jetzt hier nicht weg, bevor jetzt die Regierung einfach weg ist.Irgendwie so vielleicht. Und jetzt, welche Rolle Gewalt spielt,ich glaube, da war die Vorstellung so unterschiedlich.Auf jeden Fall haben da Leute, es gibt diese Provokateure, die vom Regime aucheingesetzt werden, die würde ich jetzt an der Stelle erkennen,vielleicht ist es nicht so, man kann es dann auch nicht so richtig belegen,aber die sah jetzt für mich nicht so studentisch aus, sondern eher so als dieseklassischen Schläger-Trupp-Menschen von Vucic.Die wieder auf die Polizei los sind. Und dann ist die Polizei drauf.Und dann hat er angefangen, ihm dann zu vermöbeln. Und da gab es tatsächlich die ersten Festnahmen.Und dann fing eigentlich so die erste, wenn wir mal sagen, die erste Eskalationder Gewalt an, die dann in den nächsten Monaten massiv verstärkt wurde,an verschiedenen Stellen, zu verschiedenen Punkten.Aber ich würde sagen, es war so der erste Punkt, wo wirklich dann Gewalt vonSeiten der Polizei einfach massiv eingesetzt wurde gegen die Zivilbevölkerung.Und der Punkt ist dann, Es ist nicht nur so ein Wechsel gewesen von diesem grünenLicht und was soll da passieren, sondern letzten Endes wurde dann am nächstenTag klar, es geht darum, zivilen Ungehorsam zu leisten.Und der zivile Ungehorsam, der begann tatsächlich dann, das haben die Ersten,die es verstanden haben, waren in Semmun, in einem Stadtteil in Belgrad,die sowieso bekannt sind für den Widerstand von Beginn an.Also das Gymnasium mit denen geht ab von Beginn an, die Bevölkerung geht ab von Beginn an.Das sind sehr, sehr, sehr eigene Personen, ein eigenes Viertel auch,muss man sagen. Das ist auch tatsächlich architektonisch untypisch.Und die wollen auch nicht als Belgier bezeichnet werden. Die nennen sich Simonsi.Das heißt, die haben sich, ich habe da einen Kumpel gehabt, oder einen Kumpel.Eigene Geschichte auf jeden Fall. Und die haben tatsächlich Folgendes gemacht.Die haben angefangen eben Container irgendwie aufzustellen, Barrikaden aufzubauenund haben Leute genau aus ihnen nachgemacht. Das heißt, angefangen,Kontinenten aufzustellen, Barrikaden aufzubauen, Straßen zu blockieren und siewegen unseren Ungehorsam zu leisten.Und dann hat sich da in den nächsten Wochen einfach verschiedene Szenen entwickelt.Das heißt, angefangen von Straßenblockaden bis über die Straßenblockaden wurdendann mit Polizeikräften, massiver Polizeipräsenz aufgelöst.Und dann haben die Bürgern gesagt, pass auf, wir gehen jetzt nicht in Konflikterein, weil noch einmal, wir sind ja friedvoll, also müssen wir andere Strategienentwickeln, haben die angefangen so Sachen zu machen wie,sehr oft über einen Zebrastreifen zu laufen, um so eine Straße zu blockieren.Und dann haben sie angefangen mobile Blockaden zu machen, das heißt Containerhinzuschieben, da kam Polizei, haben die weggeschoben und währenddessen sinddie aber weitergezogen, woanders haben da Container hingeschoben.Und dann sind die Polizisten denen hinterhergerannt und haben immer so einenBlokal nach dem anderen aufgelöst und da sind Memes entstanden,kannst du dir ja vorstellen.Und das war natürlich, und das war alles, muss man sagen, bei einer massivenHitzest, es waren Temperaturen bei 40 Grad und drüber und die Polizeikräftenatürlich in voller Monitor mit teilweise Masken, es hat auch angefangen,dass die Leute angefangen, Masken zu tragen, das war auch eine Strecke in der Kiste,das heißt, zuvor habe ich es eigentlich so nicht gesehen und dann haben dieLeute angefangen, Masken zu tragen, dass du nur die Augen siehst und so ausverschiedenen Gründen, Da gibt es auch tatsächlich sehr viele verschiedene Thesen,unter anderem, dass zum Beispiel Leute angesetzt, die gar keine Polizisten sind.Es gibt tatsächlich an verschiedenen Stellen Indikatoren dafür,die darauf hinweisen, dass es durchaus sein könnte, dass in dem Fall auch Polizeikräftedabei waren, die keine Polizeikräfte waren.Und dann gab es tatsächlich so diese zivilen Ungehorsam-Geschichten,teilweise sehr unterhaltsam.Und dann gab es im Süden Serbiens Brände,Waldbrände, die wiederum diesen Schwung an neuen Bewegungen,die entstanden ist mit zivilen Ungehorsam,würde ich sagen, so gebremst haben, weil diese Brände einfach viele Menschenlebenbedroht haben und da wiederum aufgezeigt haben, wie Korruption tötet.Das heißt, da kam Feuerwehr, also erst in Feuerwehr wurde gerufen, die kam nicht.Irgendwann kamen irgendwie Fahrzeuge und dann waren die Fahrzeuge defekt undkonnten eigentlich gar nichts löschen.Das heißt, du hast einfach gemerkt, dass die Infrastruktur, die da sein müsste, die war nicht da.Und haben die dann Zivilgesellschaft, also wieder diese Bürgerversammlungenund Studentinnen haben angefangen, Leute zu organisieren, die eben dann Materialund Expertise gesammelt haben und dann runtergefahren sind und vor Ort geholfen haben.Das heißt im Endeffekt die Arbeit geleistet, die eigentlich der Staat leisten müsste.
Tim Pritlove 0:52:40
Das greift ja im Prinzip auch wieder das ursprünglich auslösende Thema,dieses eingestürzte Vordach, was offensichtlich durch Korruption nicht einfachin dem Standard gebaut wurde, wie es hätte getan werden sollen oder saniert wurde.Was ja im Prinzip der Auslöser der ganzen Proteste war das findet sich ja dannjetzt an dieser Stelle auch wieder also gucke mal hier,der Staat funktioniert nicht in seinen, ja in den grundlegendsten Dienstleistungenwas ja eigentlich immer der Vertrag ist ihr macht irgendwie euer Ding,aber Hauptsache der Laden läuft und es geht halbwegs gerecht zu,aber wenn dann halt noch nicht mal die Feuerwehr,funktioniert, dann brückelt natürlich alles.
Dejan Mihajlović 0:53:24
Absolut, absolut. Und das tatsächlich, würde ich sagen, hat sehr viele Ressourcen,sehr viel Kraft einfach gebunden.Und das war so ein bisschen, wo ich gemerkt habe, diese Aktion von Zivilgesund Ungehorsam, die nehmen soein bisschen ab. Sie sind nicht mehr so massiv, wie sie am Anfang waren.Und man muss auch dazu sagen, ja, kam jetzt der Juli, also wir sind jetzt im Juli mittendrin.Die Leute waren natürlich auch, also irgendwann, es kostet ja einfach Energie, das heißt,über ein halbes Jahr sind die einfach auf der Straße und organisieren sich undinvestieren Zeit und Kraft und hast schon merkt, wie so ein bisschen die Luftdann da noch raus ist und habe gedacht, okay, es wird vielleicht so ein,also es war auch ein bisschen so eine Befürchtung, dass dann vielleicht dieser,Druck ablässt, weil eine Parole, die seit Monaten oder relativ früh skandiertwurde, ist immer, Pumpe, das heißt Druck aufrechterhalten, Weil klar,wenn der Druck erstmal nachlässt, dann kann es dort zusammenbrechen.Das heißt, du musst immer den Druck konstant oben halten.Und dann, als die Sorge da war, okay,jetzt könnte im Endeffekt dieser Druck doch nachlassen, hat dann der Vucic letztenEndes die Repression hochgefahren,die Gewalt hochgefahren und eigentlich dann diesen Druck wieder selbst erhöhtdurch diese massive Gewalt, die im Endeffekt da ausgelöst wurde.Das heißt, es fing an, irgendwann Mitte August würde ich sagen, dass ...Auf so Aktionen, es waren kleinere, verschiedene Aktionen, ich habe ja gesagt,diese Bürgerversammlungen, die waren tatsächlich konstant überall mit verschiedenstenPerformances, Aktionen und Protesten unterwegs,mal kleiner, mal größer, das heißt, hat nie aufgehört und dann hat er angefangen,Schläger-Truppen hinzuschicken und meine These ist, dass er einfach dieses Sommerlochnutzen wollte, weil einfach dann die,Fakultäten teilweise auch dann Lehrer waren, weil die Studenten nach Hause gefahrensind, um mal durchzuatmen zu ihren Familien, auch an den Urlaub gefahren und so weiter,das heißt, und er wollte, glaube ich, meiner nah und nach dieses Loch,also die Städte waren, die großen Städte waren leer, wollte einfach nutzen,um einfach dann jetzt vielleicht mal so richtig hart durchzugreifen,weil er wusste, jetzt können nicht alle sofort auf die Straße gehen,weil einfach wieder auch nicht da sind.Und hat dann angefangen, eine andere Strategie zu fahren, dass dann auf einmalso Schläger-Truppen aufgetaucht sind und dann Leute angegriffen haben und massivirgendwie angegangen haben und dann einzuschüchtern.Und dann war es aber so, dass diese Schläger-Truppen und dieses Einschüchternwieder nach hinten losgingen, weil die Leute sich solidarisch gezeigt habenund dann gesagt haben, das kann nicht sein. Und am nächsten Tag halt deutlich mehr dastanden.Und dann bei Aktionen, wo jetzt einfach nur 50, 60 Leute da waren,schon auf einmal mehrere tausend Leute da, weil die gesagt haben,das kann ich hier angehen.Genauso auch irgendwelche Läden irgendwie überfallen wurden.Beim nächsten Tag mehrere tausend Menschen da haben die im Laden eingekauft,dem Geld gegeben und so weiter.Das heißt, das ist eine massive Solidarität erzeugt bei jeder Aktion,die da durchgeführt wurde.Und das tatsächlich dann von Ort zu Ort hat natürlich dementsprechend nochmaldie Leute so zusammen geschweißt.Das heißt, du hast dann echt gemerkt, wie in manchen Orten auf einmal so eine,unfassbar starke Zivilgesellschaft sich gegründet hat oder auch so entstandenist, wo du gesehen hast, das kannst du nicht niederknüppeln.Da musst du schon ein Militär eigentlich hinschicken.Du musst die ganze Stadt anzünden. Das heißt, das war jetzt nicht irgendwieeine kleine Gruppe. Es war wirklich alle, stand auf der Straße.Da gab es zum Beispiel Ujizeh als Beispiel.Da gab es echt auch so Szenen, die auch wieder einen Meme-Charakter hatten.Wo auch Leute verhaftet wurden und dann eben alle auf die Straße sind und dannhaben die versucht, die Straße zu blockieren, die Polizisten sind hier hinten rum,weil die die Wege nicht kannten und dann haben die dann einmal in Užice war,glaube ich, auch so, dass die versucht haben, so die Polizisten,die von außen eingefahren wurden, nochmal, die kennen die ja Leute ja nicht,haben dann versucht, die Straße zu blockieren und das haben die durchbrochen,durch die Menschenmenge, die haben es einfach durchgejagt,und da hat einer von hinten so geschrien, Užice und es war so ein bisschen wie bei diesen,bei 300, bei dem Film, bei diesem Sparta, ja.Und es ging dann so als Meme durch dieses Netz.Und immer wieder Ujizeh wird genannt mit dem Audio-Snippet.
Tim Pritlove 0:57:11
Also Ujizeh heißt was?
Dejan Mihajlović 0:57:13
Ujizeh ist ein Ort, ist ein Stadt. Und das ist natürlich auch so eine Festung des Widerstands.Und es gibt viele so Festungen des Widerstands. Die sehe ich jetzt auch, Czajac und Waljebo.Und in all diesen Orten, wo viele Proteste vorher waren, Bürgerinnen viele Protestegemacht haben, haben die besonders hart durchgegriffen. Das ist für mich imRückblick nochmal klar geworden, weil ich so durchgegangen bin,so was, wo große Proteste waren.Und da habe ich schon gesehen, es war wie so eine Abrechnung mit der Zivilgesellschaft.Das heißt, da jetzt, wo besonders viele Proteste waren, da besonders hart durchzugreifen.Und da ist es natürlich so, dass eben so eine völlig schräge Entwicklung stattgefundenhat, was zum einen, also Punkt eins war Schläger-Truppen tauchen auf,dann war es so, dass Polizei kommt, aber Schläger-Truppen schützt,dann haben die Schläger-Truppen angefangen mit dem Feuerwerk auf die Zivilgesellschaftzu feuern, also auch völlig schräge Nummer, das hat da begonnen,so im August irgendwann war das, glaube ich.Und dann haben die irgendwann die Polizei die nicht mehr geschützt.Dann sind die auf die los.Dann gab es eine Kombi von Polizei und Schlägertruppen, wo du auch in manchenStädten nicht wusstest.Teilweise gibt es auch Videos, wo die miteinander gesprochen haben.Wo du auch nicht unterscheiden konntest, ist das jetzt die Schlägertruppe vondem Regime oder ist in dem Fall jetzt ein Polizist.Zumal auch dann aufgekommen ist, dass er eben auch so Spezialeinheiten hat,die eben auch als Zivil unterwegs sind.Also eine Polizeispezialeinheit, aber die gar nicht irgendwie unterscheidenkannst von so einem klassischen Schläger.Das heißt, die haben sich auch nicht ausgezeichnet oder irgendwie Marken gezeigt.Die haben die zwei wieder nur T-Shirts gehabt oder gar nicht dabei gehabt.Also es war eine völlig schräge Kiste und man hat tatsächlich auch hochgefahren,auch diese Einschüchterung ist mir aufgefallen, ging über junge Menschen speziell.Das heißt, wir haben Verhaftungen gehabt, die zugenommen haben,aber auch so, das Framing von den Studenten fand ich sehr gut,die haben angefangen, von Kidnapping zu sprechen.Weil du musst dir vorstellen, in Belgien gab es eine Szene, da fährt ein schwarzesAuto vor, Typ ins Vieh steigt aus, packt einen 15, 14-Jährigen ins Auto und wir fahren mit dem weg.Und die Mutter schreit und so weiter und dann denkst du, was ist das jetzt, was war da jetzt?Offiziell ist das ein legitimer Vorgang, das heißt ein Polizist nimmt die mit,aber im Endeffekt war nichts davon legitim, das heißt erstmal bei Minderjährigenmüssen Eltern mit dabei sein, das heißt es gibt so Sachen, die auch in Serbieneigentlich angehalten werden müssen.
Tim Pritlove 0:59:28
Also nicht nur nicht legitim, auch nicht legal.
Dejan Mihajlović 0:59:30
Nicht legal, genau, richtig. Nicht legal, Entschuldigung.Und dann kannst du dir vorstellen, Diese Aktionen wurden immer mehr und mehr,bis hin zu, dass es tatsächlich auch so Szenen gab, ich glaube in Valiowarsauch dann, wo dann eben auch Jugendliche von mehreren Polizisten in voller Monturmit Schlagstöcken bearbeitet wurden.Das heißt, er lag da am Boden und die schlagen auf den einen,zu zehn, zu zwölf stehen um ihn herum und kicken und so weiter.Und dann, das natürlich kannst du dir vorstellen, was das...Was beim Menschen ausgelöst hat. Das heißt, da waren einfach Eltern,also wenn ich als Vater darüber nachdenke, boah.Und dann kannst dir vorstellen, da waren die ganze Stadt, war am nächsten Tag,also die waren dann auf der Straße.Und natürlich, dann gab es da Demos, kannst du dir vorstellen.Und da war wiederum die Frage, wird es jetzt eskalieren, wird es nicht eskalieren?Im Endeffekt ist es nicht eskaliert. Also im Sinne von,dass jetzt die auf die Polizei los sind und es ist ein bisschen eine komplexeGeschichte, weil wiederum Und es wurde genutzt, diese Demo, die dann da gab,um wiederum ein Bild von den gewaltsamen Zivilgesellschaften zu zeichnen,weil im Endeffekt war von Beginn an das Interesse und die Idee von Vucic eigentlich,diese friedlichen, friedvollen Proteste irgendwie anders zu framen.Und deswegen war von Beginn an, die sich mit den Schläger-Truppen hinschickenund dann die Leute zu irritieren oder im Endeffekt dieses Bild,was da ist, eben zu stören, das war das Ziel.Und natürlich kannst du dir vorstellen, wo die Proteste an waren.Haben die angefangen, zum Beispiel sind sie zu SNS-Gebäuden gegangen und habenmanche Eier drauf geworfen und an manchen Stellen wurden die angezündet und demoliert.Und auch da wiederum ist nicht klar. Also ich habe aus verschiedenen Quellenwiederum, wo Leute sagen, ich komme aus dem Ort, ich kann die Leute nicht,die da waren, die es gemacht haben.Und die Leute, die aus dem Ort sind, die würden nie, also zum Beispiel wurdeauch einmal von der Stadt irgendwie was angezündet, von der Staatsanwaltschaft,glaube ich, oder Gerichtsgebäude und so.Und da hat die eine Reporterin gesagt, ich lebe hier, wieso sollte ich ein Interessedaran haben, dass etwas von der Stadt, was ich mitfinanziere,was ich zeige, ist meine Stadt, dass das kaputt gehen soll. Niemand von denBürgern hier wird das tun.Das heißt, es gab schon für mich überzeugende, gute Argumente,was dafür sprechen würde, dass es wiederum eben Fremdkörper waren,die das initiiert haben, um wieder die Bilder zu zeugen, schau,die gewaltsamen Proteste, die tatsächlich auch medial genauso kommuniziert wurden.Das war das Irre, was ich dann hier in Deutschland kritisiert habe und zum Glückirgendwann dann korrigiert wurde, dass ja auch in Deutschland in Tagesschauund anderen Nachrichten angefangen zu erzählen.Die Proteste werden jetzt gewaltsam in Serbien. Dass man davon gesprochen hat,oh, die Zivilgesellschaft, also von Wien ausgehend, geht die Gewalt aus.Dabei war es nie der Fall.Und es gab tatsächlich bis heute, es gibt nicht einen einzigen Protest,wo zur Gewalt aufgerufen wurde oder Leute gesagt haben, wir wollen da jetztirgendwie, oder die Gewalt von denen ausgehen.Das heißt, es war immer eine Reaktion auf eine Gewalt, die sie erfahren haben,wenn es Gewalt im Endeffekt gab.Und an vielen, vielen Stellen, noch einmal, man schlägt eigentlich immer nochnicht zurück. Ich habe tatsächlich x Beispiele, wo die einfach verprügelt wurdenund es hingenommen haben letzten Endes und gesagt haben, alles was ich jetztfordere ist, ich fordere ein, dass jetzt der Rechtsweg eingeschritten wird.Das heißt, dass die Polizei Leute verhaftet, dass die Gerichte ihren Job machen,das machen die bis konsequent bis heute.Und deswegen ärgert mich so ein bisschen, dass es doch gelungen ist,letzten Endes, über diese Strategie, die ja im Prinzip verfolgt hat.Teilweise dieses Bild zu zeichnen von, es sind gewaltsame Proteste.Und auch bei manchen Bürgerinnen, habe ich tatsächlich in Gesprächen auf michrausgehört, die dann auch gesagt haben, naja, die sind jetzt auch gefrusterteLeute, das heißt, es kam auch bei manchen Leuten, die das jetzt vielleicht,selbst aus den Reihen der Studentinnen und Zivilgesellschaft stammen,auch das Bild entstanden ist, naja, im Endeffekt die Leute langsam sauer undjetzt wollen sie doch Gewalt anwenden.Aber der Punkt eben, gewaltlos zu bleiben, ist eigentlich ein wesentlicher,ein fundamentaler bei den ganzen Protesten.Und ich bin mir nicht sicher, inwiefern das allen klar ist.Weil letzten Endes geht es darum, wie du einen Regimewechsel erreichst,prägt die Gesellschaft, die danach kommt.Das heißt, wenn mit Gewalt etwas stürzt, dann hast du einfach,was soll danach, was soll auf diesen Zement, Was soll auf diesem Boden dennwachsen, wenn der mit Gewalt in dem Fall erschaffen wurde?Und deswegen, auch wenn es jetzt natürlich jetzt sehr religiert,von sehr, sehr weit entfernt kommuniziert ist von mir, ist aber politisch,soziologisch und so weiter betrachtet tatsächlich eigentlich sehr,sehr sinnvoll, weiterhin bei diesen gewaltfreien Protesten zu bleiben.Und das auf diesen anderen Weg einfach zu erreichen, dass dieses Regime einfachgestürzt wird und im Endeffekt dann bestenfalls neue Wahlen oder gerechte Wahlenin der demokratischen Gesellschaft etablieren können.
Tim Pritlove 1:04:03
Ich meine, das ist ja schon sehr faszinierend zu sehen, dass es überhaupt solange dieses Mantra beibehalten hat, weil ich meine, es ist ja klar,wenn du da so eine riesige Protestbewegung hast, gerade junge Leute, die dann sehen,jetzt stehe ich hier seit acht Monaten, protestiere und nichts ändert sich soin meiner einfachen Wahrnehmung, auch wenn sie vielleicht Dinge ändern,aber dann vielleicht nicht so schnell oder so umfangreich, wie man sich dasdann so vorgestellt hat.Dass es bei manchen dann einfach irgendwann auch mal so eine Sicherung durchgehtund die sagen so, das hat jetzt alles keinen Sinn mehr, hier,ich hau da jetzt einfach drauf, ich will jetzt alles nur noch brennen sehen.Das ist ja not unheard of.Andererseits ist es wahrscheinlich auch genau etwas, worauf Vucic letzten Endes setzt.So nach dem Motto, protestiert ihr mal, irgendwann werdet ihr durchdrehen undjetzt schicke ich hier auch nochmal ein paar Rüpel mit ins Feld und triggeredas vielleicht dann auch nochmal, irgendwann werden wir euch schon so diskreditiert bekommen.Und tatsächlich so in diesem Wikipedia-Artikel, und das ist auch das,was mir so sofort aufgefallen ist, war genau dieses Framing so überall mit drin.So, ja, hier ist ein Dekan an der Hochschule angegriffen worden und dann wurdendie Reifen zerstochen von einem Krankenwagen, obwohl er ja gerade kollabiertist und dann konnte er nicht ins Krankenhaus gefahren werden.Also so die ganze Zeit so Storys mit, ja, ganz böse hier die Proteste und diePolizei hat dann aber dann doch wieder alles in den Griff bekommen,sodass es dann irgendwie alles wieder gut war.Also immer so dieses Märchen oder diese Geschichten von der gute Staat,der sich ja nur darum kümmert, dass jetzt hier irgendwie alles Law and Order bleibt.Was sicherlich bei vielen Leuten dann auch irgendwie ankommt,wenn das eben die einzige Nachrichtenernährung ist, die sie haben.
Dejan Mihajlović 1:05:55
Es ist tatsächlich eigentlich aus der Entfernung betrachtet,ich glaube für Soziologinnen ist es, glaube ich,fantastisch, was man da beobachten kann, wenn man einfach die allen Stimmensich anhört, du kannst eigentlich sehen, wie Gesellschaft einfach laut nachdenktüber all das, was passiert und ich höre tatsächlich sehr, sehr unterschiedlicheStimmen einfach, also das, was du gesagt hast, die Stimmen gibt es,aber es gibt auch Stimmen, die sagen,pass auf, wir haben von Beginn an gesagt, das ist ein Marathon und das ist ebennicht etwas, was jetzt sofort passiert.Ich verstehe natürlich, dass man den schnellen Wandel haben möchte,aber wir müssen da einfach beharrlich bleiben.Und ich habe schon das Gefühl, dass diese Stimmen jetzt nicht wenig Zuspruch bekommen.Ich glaube schon, dass vielen klar ist, es geht einfach nicht von heute aufmorgen und das einfach ein Prozess ist.Und vor allem auch mit der Debatte, die ich an manchen Stellen gehört habe.Manchen Stellen wird eine Debatte eröffnet, was passiert denn?Jetzt gehen wir davon aus, wir hätten jetzt neue Wahlen.Gehen wir davon aus, wir würden die gewinnen und gehen wir davon aus,er würde die anerkennen, dass er verloren hat. Gehen wir von einem Best-Szenario aus, was dann?Und dann stellst du schon fest, hey, es sind eigentlich massive,enorme, große, komplexe Baustellen, die man angehen muss.Und dann wird wiederum nochmal klarer, wie lang und wie komplex und wie schwerder ganze Prozess ist, eigentlich als demokratische Gesellschaft irgendwo anzukommen.Oder zumindest auf so einen Punkt zu kommen, wo ich sagen würde,jetzt kann man von einer demokratischen Gesellschaft im Endeffekt sprechen.Und drum ist es, glaube ich, schon so ein Aspekt, wo ich das Gefühl habe,dass für Monat für Monat dieser Prozess auch bei Leuten einfach so langsam klar ist.Also vielleicht kann man es auch diesen Neuwahlen leicht so verstehen.Ich habe eine Professorin,der, ich glaube, der Philosophischenfakultät oder der Politikfassenschaft,ich bin mir nicht mehr sicher, die hat gesagt, dass sie im Dezember,Januar schon gesagt hat, es bräuchte Neuwahlen.Aber das hat sie jetzt aber nicht gesagt, weil sie wusste, es bringt nichts.Auch wenn ich weiß, dass es richtig ist, dass das passieren muss,das müssen die Studentinnen für sich verstehen.Das heißt, den Prozess, den kann ich für die nicht verkürzen.Die müssen für sich den Prozess durchlaufen, verstehen an einem gewissen Punkt,es führt nichts an Wahlen vorbei.Und dann hat es einfach eine andere Legitimität, einen anderen Impact,ein anderes Verständnis, was einfach dann von denen auch getragen wird,was ihr Verständnis ist. Die haben den Prozess durchlaufen.Und das ist für mich so ein Punkt, den man vielleicht auch gesellschaftlichso die Parallele ziehen kann.Man kann das jetzt nicht beschleunigen. Auch wenn man weiß, was danach kommenmüsste, trotzdem müssen die, glaube ich, die Leute diesen Prozess durchlaufenund verstehen, an welchen Stellen ich zum Beispiel auch beharrlich bleiben mussund weiter engagieren muss.Weil es ist eigentlich auch der Punkt, dass Leute gesagt haben,ob jetzt bei Studentinnen oder bei Zwiegesellschaft.Wir müssen es auch schaffen, auch wenn wir den Punkt erreicht hätten,dass wir ein neues System haben und eine neue Regierung hätten,die vielleicht demokratisch gewählt wäre.Müssen wir weiter eigentlich als Gesellschaft schaffen, dass wir diese kritischeMasse, diese kritisch denkenden Menschen, diese Diversität, dass wir die weiterhin haben.Das heißt, dass die nächste Regierung, die an der Macht ist,genauso kritisch betrachtet wird von diesen gleichen Organisationen und Zusammenkünften,Bündnissen, die es aber gibt, die jetzt da sind.Das heißt, im Endeffekt das zu überführen in den Alltag hinein.Das heißt, das, was du jetzt gewonnen hast, das musst du aufrechterhalten.Und ich glaube, dass es immer mehr Leuten klar ist,dass dieses, du bist eigentlich Teil von Gesellschaft, du formst Gesellschaftund du musst jetzt am Ball bleiben, es wird halt immer anstrengend bleiben,weil Demokratie halt anstrengend ist und ich glaube, dass das etwas ist,was so langsam einfach so bei Leuten so einsickert und die verstehen und deswegenbin ich tatsächlich an manchen Stellen,denke ich, boah, voll gut und an manchen Tagen denke ich, boah,alles geht den Bach runter und ich glaube, so ähnlich geht es den Leuten auch,du hast so Schwankungen zwischen,ach, alles Kacke und boah, es wird voll gut.
Tim Pritlove 1:09:20
Dann gibt es noch so einen Namen, Marco Kritschak, der eine gewisse Rolle spieltin diesem ganzen Komplex.
Dejan Mihajlović 1:09:35
Ja, er spielt insofern eine Rolle. Es gab bei Demos in Belgrad,gab es eben den Punkt, dass er Leute,also er ist einmal, muss man zusagen, sowieso eine Personalie,die sehr, sehr umstritten ist und lange diskutiert wird.Er ist eigentlich Autoverkäufer, gelernte Autoverkäufer und hat im Endeffekt,soviel ich weiß, in so einem Porsche, Mercedes irgendwie Laden,wo dann vom Staat die Fahrzeuge geprüft werden, als Service durchgeführt wird,hat er gearbeitet und wurde da von einer Person aus dem Regime eben akquiriertund wurde dann erstmal, glaube ich, in diese,ja sowas wie ähnlich wie BND, also ähnliche BND geholt als staatlicher Mitarbeiterund wird dann später irgendwie hoch nochmal.Mal, ist in der Leiter gestiegen und wird dann direkt Leiter von so einer Einheit,die eigentlich für Person und.Gebäudeschutz zuständig ist. Das heißt, wenn ihr auf Gebäude gesichert werdenmüsst, Personen gesichert werden müsst, dann ist dann diese Spezialeinheit dafür zuständig.So kann man es im Endeffekt runterbrechen. Es war eine relativ überschaubareEinheit und der hat tatsächlich aus ihr was völlig anderes formiert in einer relativ kurzen Zeit.Das heißt, er hat einfach dann mehrere tausend Mitarbeiter, es waren vor einpaar hundert, Hat so mehreren tausend Mitarbeiter im Prinzip eben dann entwickelnlassen, die unter seiner Hand sind.Und man kann es eigentlich, also die Expertinnen beschreiben,diese Spezialeinheit als Polizei in der Polizei.Das heißt, die hat wohl schon sehr viel zu sagen, hat sehr viele Freiheiten.Und letzten Endes musst du überlegen, was das Wutschitsch-Regime macht seitsehr vielen, vielen Monaten, dass sie überall die seriösen,guten Leute an solchen Positionen ersetzen gegen Regime, treue Menschen,die in der Regel nicht qualifiziert dafür sind.Und was wir darum für das ganze Korruption-Thema spricht, das heißt,du hast einfach, egal wo, auch irgendwie Betrieben, Unternehmen,hast du Menschen, die einfach ein Diplom gekauft haben oder einfach,also das heißt, die Expertise nicht gar nicht mitbringen, aber einfach allesirgendwie dann anders geregelt haben über die Partei, über die Kohle.Und der Typ ist einfach auch, also musst du dir vorstellen, leitet Spezialeinheiten,eine Spezialeinheit und hat nicht mal eine ganze Menge Polizeiausbildung durchlaufen.Das heißt, normal hast du diese ganzen Tests, auch psychologische Tests undphysische und sonstige Tests und so weiter, weil natürlich jemand,der eben exklusiv Gewalt hat, auch Gewalt ausüben darf, kann nicht einfach jeder machen.Das heißt, da musst du einfach gewisse, da darfst du zum Beispiel nicht sofortausrasten. Das heißt, wenn du nicht schlecht und ein bisschen sachlich und kühlim Kopf beraten könntest, in Situationen diskalierend wirken kannst,also gewisse Kompetenzen müsst ihr eigentlich in den Polizeikräften mitbringenund dementsprechend hast du auch gewisse Schulungen, die durchlaufen müssen.Und je höher du steigst, umso qualifizierter und besser muss die ganzen Sachen im Endeffekt ja sein.Und da haben wir am Ende nochmal einen Typen, der eigentlich Autoverkäufer istund auf einmal diese Spezialeinheit leitet und aber natürlich sehr, sehr regimetreu ist.Und der hat, letzten Endes hat sich tatsächlich bekannt, ist bekannt geworden,dass er immer mehr auch bei Demos aufgetreten ist.Das heißt, mit irgendwelchen Leuten, die in Zivil rumgelaufen sind und Leute festgehalten wurden.Also bei Demos, um aufzutauchen, was zu bewachen und so weiter,ist eigentlich nicht sein Themengebiet.Noch einmal ist eigentlich Personenschutz und Gebäudeschutz und dann gab esda schon die ersten Geschichten, wo dann kursiert sind, dass Leute verhaftet wurden und so.Und jetzt ist er nochmal so in die Schlagzeilen geraten, weil eben es gab beider Demo in Belgrad, wurden Leute verhaftet, verprügelt, tot gedroht,Vergewaltigung gedroht.Alles innerhalb der Regierungsgebäude, das ist eine Garage der Regierung,wo scheinbar keine Aufnahmen existieren, weshalb auch immer.Weil in so einem Gebäude eigentlich immer überall alle Kameras laufen.Das heißt, so ein Regierungsbäude hat einfach gewisse Auflagen,auch Sicherheitsmaßnahmen.Das heißt, die ganzen Materialien sind leider nicht da.Deswegen kann man dem auch nicht nachgehen. Deswegen ist er jetzt heute immernoch weiter auf freiem Fuß, obwohl gegen geklagt wurde.Aber der springende Punkt ist, eine Studentin, zum Beispiel Nicolina,die hat jetzt tatsächlich auch jetzt die Schlagzeilen gemacht,die wurde eben auch verlieben.Kopf gegen die Wand gestoßen und geschlagen und hat eben dann ihr gedroht,dass er vergewaltigen wird von allen und irgendwelche Sachen irgendwo hinstecken wird und so weiter.Übelste, irgendwie Angst eingejagt, beschimpft und beleidigt und es waren mehrerePersonen da mit anwesend, die auch verhaftet wurden, die es mitbekommen haben und so weiter.Und jetzt kann man sich ja vorstellen, was wäre also die Idee von ihm oder vom Regime.Diese Menschen gehen eingeschüchtert nach Hause und die lassen sich nie wieder blicken.Sie ist aber an die Öffentlichkeit alles erzählt. Ist ins Fernsehen,haben andere Studenten auch gemacht.Ins Fernsehen erzählt, was ihnen passiert ist, wie der eine Student hat erzählt,dass eben festgenommen wurde, der Typ gesagt hat, ich schieße dir jetzt den Kopf und so weiter.Also, der hat mal erzählt, was sie erlebt haben, was sie durchlaufen haben.Und dieses Erzählen, Sichtbarmachen ist tatsächlich wiederum etwas,was die Studenten sehr klug machen, sehr gut machen.Das heißt, diese Intransparenz wird einfach, also, oder Dinge werden einfachgelüftet und transparent aufgezeigt und man weiß einfach, aufgrund der Fülle der Berichte,dass da einfach was dran ist und dementsprechend ist dann entfaltet statt dieserEinschüchterung ist eher dieses entfalze was völlig anderes.Das heißt, dass die so mutig sind, also es gab natürlich eine Demo auch einpaar Tage später, wo dann die sogar vor dem Gebäude dieser Spezialeinheit eine Rede gehalten hat.Und du musst dir vorstellen, was hatten die schäbigerweise gemacht?Die haben vor dem Gebäude, haben sie blockiert, dass niemand reinkommen kannvon dieser Spezialeinheit, von dem Gebäude, wo sie drin sind und haben drei,vier Frauen hingestellt.Also absolut schäbig nach dem Motto, ja erstens ich weiß nicht,was damit kommuniziert werden soll nach dem Motto, wir haben auch Frauen,wir sind nicht gegen Frauen, auch Frauen, also irgendwie so in die Richtung,plus selber natürlich, weißt, sich zurückziehen, keine Verantwortung nehmen,sondern dann solche Leute in die erste Reihe schicken. Also absolut schäbig.Und da tatsächlich sind auch wiederum Debatten entstanden, wieso das so warund wie die Frauen dazustehen, dass sie arbeiten können und so weiter.Aber ich fand es tatsächlich sehr, sehr bewundernswert, sehr mutig und tatsächlichsehr, sehr ein starkes Zeichen auch, dass Menschen sich eben nicht einschüchternlassen und sagen, hey, egal was es kostet, Wir machen weiter, wir machen weiter.Und das ist tatsächlich so eine Geschichte, die mit einem Fall Kritschak verbunden ist.Zum einen zu sehen, wie ein korruptes System dazu führt, dass Menschen an Positionensind, für die sie nicht eine Expertise aufbringen.Aber im Endeffekt alles, was ich mitbringe, ist einfach eine blinde Loyalitätbis zum Schluss und tatsächlich vor nichts zurückschrecken, das heißt also auchbereit sind, alles zu machen, was gemacht werden muss,bis hin zu, auf der anderen Seite, Menschen, die einfach sagen,ich nehme alles, was passiert.Alles, was passiert, kann mich nicht einschüchtern, das heißt,wir gehen für eine gerechte Sache auf die Straße und im Endeffekt sogar andersrum,die hat ihn gedroht, wird gesagt, irgendwann wirst du zur Rechenschaft gezogen, was da passiert ist.Und das finde ich schon eigentlich, Das spiegelt, finde ich,relativ viel wieder, weil du einfach siehst, wir reden jetzt von Ende August,also das heißt, sehr, sehr langer Zeitraum mit all den Hochs und Tiefs und wo du merkst,die Leute sind sehr beharrlich, die sind sehr klar und sehr deutlich,was sie haben wollen und auch die Professorinnen, die Dekaninnen,die Universität wird ja auch tatsächlich massiv angegriffen,auch diese sehr, sehr klare Kommunikation und sagen, es gibt hier kein Zurück.Das ist die Botschaft der letzten Wochen.Das Einzige, was geklärt werden muss, ist, wie er geht, wie das System,wie das Regime geht und wann.Das heißt, das ist wie und wann ist im Endeffekt noch ein Fragezeichen.Aber dass das passieren wird, ist allen klar.
Tim Pritlove 1:17:11
Trotzdem wehrt sich Vucic weiterhin mit allen möglichen Maßnahmen und Einschüchterungen.Also wenn ich das richtig sehe, gab es ja dann noch verschiedene Maßnahmen,wo Gemeinden Geld entzogen wurde und auch ansonsten Unternehmen privatisiert wurde.Was ist denn Vucic alles noch so eingefallen, wie er jetzt hier gegensteuern kann in seinem Sinne?
Dejan Mihajlović 1:17:41
Ja, also neben der Repression in Form von Gewalt, die im Prinzip auf den Straßensich niederschlägt, macht er natürlich auch finanziell massiven Druck,politisch massiven Druck.Das heißt, er hat angefangen eben, also es gab tatsächlich so nach unserem letztenPodcast, fing er an, Gehälter zu kürzen oder gar nicht aufzuzahlen.Das heißt, die Leute in dem Bildungswesen,Keine Gelder bekommen nach dem Motto, wer protestiert und keinen Unterrichthält oder lehrt und so weiter, arbeitet ja auch nicht, bekommt auch dementsprechend kein Geld.Andere Gelder wurden auch nicht ausgezahlt in Hochschulen. Das heißt sowas wie,wo ich im Endeffekt dann sowieso, also tatsächlich, wo ich verpflichtet wäreals Staat eigentlich das zu zahlen.Also zum Beispiel die Gebäuderechnung, also das Strom und Wasser und so weiterbezahlen kann. Also all diese ganzen Mittel wurden nicht ausgezahlt.Es ist ganz, ganz viel, also in diesem finanziellen Sektor wurde Druck ausgeübt auf Professorinnen.Es gibt tatsächlich heute noch Fakultäten, wo Professorinnen bis heute nochkeinen einzigen Cent überwiesen bekommen haben.Ich habe tatsächlich erst vor kurzem, vor ein paar Tagen mit einem Professorgesprochen, der an der Auslöser Fakultät arbeitet, auch jemand,der heute jetzt kein Gehalt bekommt seit x Monaten.Das heißt, du hast einmal diesen finanziellen Druck und genauso auch nicht nurbei Universitäten und bei Lehrkräften, auch jetzt auch bei Gemeinden.Das heißt, diesen Nobipasar hast du jetzt genannt, wird tatsächlich auch fürden ganzen August dieses Budget, was ausgezahlt werden müsste,hat dann der Budget gesagt, nö, bekommen die nicht, um einfach wiederum dieabzustrafen, weil es auch eben massive Proteste gab seitens der BürgerInnenund da gab es tatsächlich auch den Versuch,die Fakultät zu besetzen, gewaltsam zu besetzen, das heißt, du hast vorhin,dass du dazu berichtet hast, von dem Wiederbeitrag, das war der erste Versuch,das war im April, Ende April, es war in Novi Sad, in der Sportfakultät hat der Typ versucht eben,ein Dekan war das, der hat versucht so ein bisschen mit Polizeikräften das einbisschen zu stürmen und zu gucken, was passiert und ist natürlich voll nachhinten losgegangen, die haben es nicht geschafft und jetzt in Novi Passat warjetzt tatsächlich so der nächste Schritt, wo es wieder versucht hat,ist wieder gescheitert, das heißt, sie haben es wieder dann eben befreit mitmassiver Zivilgesellschaft, die gekommen ist und unterstützt hat und die Polizeikräfte weggedrängt hat,und dann ist tatsächlich aber jetzt im, danach jetzt im,ich muss gucken, wann das nochmal war, ich glaube im August,Ende August wurde in Novi Sad die Fakultät besetzt, die philosophische.Und da ist tatsächlich der Punkt, also rechtlich ist es so.
Tim Pritlove 1:20:05
Von wem jetzt?
Dejan Mihajlović 1:20:06
Von Polizeikräften, aber jetzt kommt der springende Punkt. Rechtlich hast duals Dekan, hast du wie das Hausrecht über deine Fakultät, über das Gebäude.Und im Endeffekt können die nicht kommen, ohne dass der Dekan die ruft.Und da hat im Endeffekt der Dekan sie gerufen, vom Philosophischen Fakultäthat im Endeffekt über Nacht da die ganzen,Leute, Studentinnen rausgeworfen und hat im Endeffekt das Gebäude mit Polizeikräftenbefüllt und da gab es eben massive Proteste weil eben nicht klar war,was ist da los, wie kann das sein und da hat er gesagt er fühlt sich irgendwie.Nicht sicher und da gab es eine massive Irritation gab es Demonstrationen vormHaus was wiederum zu Gewalt geführt hat das Rektorat wurde besetzt und der RektoratAlso noch einmal der Uni Novisat hat auch wiederum die Polizeikräfte gerufenund deswegen durften die da auch reinkommen,haben da wieder Leute besetzt und noch mit der Presse irgendwie sind sehr,sehr schräg umgegangen.Also letzten Endes ist tatsächlich so der Punkt, der versucht die Hochschulgemeindeeigentlich auseinander zu dividieren.Das heißt, ich habe am Anfang, letztes Mal, glaube ich, erklärt,dass eine tragende Kraft, eine tragende Säule der Protest ist Solidarität und Bündnisse.Und was er natürlich versucht, weil er einfach natürlich dann Profis in demBereich, überall irgendwo Leute auseinanderzubekommen.Über finanziellen Druck, über politischen Druck.Das heißt, bei dem Prorektor zum Beispiel, wie ich sagt, bin mir nicht sicher.Da gibt Cousin so Geschichten, dass er im Endeffekt auch persönlich eingeschüchtertwurde und dann dementsprechend ist es dann so legitimen musste,dass die da kommen und so weiter.Das heißt, dann hat er zum Beispiel auch eine Dekanin von der medizinischenFakultät in Belgrad auch abgesetzt, rechtswidrig.Das heißt, das Gremium, was es abgesetzt hat, das darf es gar nicht oder diePersonen, dürfen sie gar nicht, weil es wiederum dazu geführt hat,dass die neu besetzt wurde mit einer anderen Person.Aber die Hochschulgemeinschaft agiert da, finde ich jetzt aktuell gerade sehr solidarisch.Aber letzten Endes, was ich sagen möchte, hat versucht, überall so einen Pflock,reinzureihen zwischen den Leuten Auch tatsächlich zwischen Studentinnen und Professorinnen.Das heißt zum Beispiel hat er angefangen, eben diesen Druck zu erhöhen,diesen finanziellen und hat gesagt, wenn die eine Online-Lehre beginnen oderirgendeine Form von Lehre, dann bekommen sie Geld.Und haben tatsächlich dann angefangen, Professorinnen-Online-Lehre durchzuführen.Und dann gab es wieder Megadiskurse zwischen Studentinnen und Professorinnen,sehr kontrovers geführt.Letzten Endes, ich habe tatsächlich in deutschen Medien gelesen,dass gesagt wurde, dass die Unis, die Blockaden nicht mehr existieren,die Unis würden ganz mal laufen.Das ist falsch, das stimmt so nicht.Das heißt, es gibt tatsächlich, ich habe extra mal den Prof gefragt,der gemeint, im Endeffekt ist es so gewesen,dass Hochschulen angefangen, Online-Lehre und so dieses Ergänzen des Studiums.Anzubieten, um die Gelder zu bekommen.Das heißt, man war eine Simulation von Lehre, um Gelder zu bekommen,den Druck einfach rauszunehmen, der finanziell einfach vorlag bei manchen.Weil manche Professoren habentatsächlich angefangen, in der Gastro zu arbeiten, haben ausgeschenkt.Weil die einfach irgendwie an Geld rankommen mussten. Also es war völlig schräge Kiste.Und deswegen war diese Form von Lehre, die stattgefunden hat,es war keine reguläre Lehre, es war einfach eher eine Simulation von Lehre,um einfach diesen Druck ein bisschen finanziell rauszunehmen.Und das war jetzt Ende Sommersemester. Das heißt jetzt, wie es im Bindersemester geht, ist völlig offen.Das ist tatsächlich so jetzt, ich glaube zum 1. November erwartet,wurde die Formulierung wohl die Erwartung formuliert, dass das Bindersemesterdann regulär starten soll.Nach aktuellem Stand sind die Fakultäten immer noch in der Blockade.Jetzt physische Blockade weiß ich nicht, weil ich gerade nicht vor Ort bin,aber auf jeden Fall in der Blockade.Und jetzt, ob der reguläre Studium beginnen wird, weiß ich nicht.Und weil du gesagt hast, dieses mit dem, er versucht noch verschiedenste SachenDruck auszuhüben mit der Privatisierung zum Beispiel, finde ich auch einen wichtigen Aspekt.Er hat angefangen jetzt auch zeitgleich parallel angefangen,öffentliche Unternehmen zu privatisieren.Das heißt zum Beispiel alles, so ein Unternehmen, was die ganze Wälder,organisiert, ganze Waldsysteme oder Wasserkraftwerke und so weiter,Wassersysteme oder Nationalparks, möchte er umwandeln in Aktiengesellschaftenund GmbHs und dann wiederum irgendwo auch verkaufen.Das heißt, letztendlich versucht er einfach an Geld ranzukommen und alles zuprivatisieren, was man privatisieren kann.Und der Punkt ist, dieses Privatisieren von allem macht er halt massiv.Also jetzt aktuell zum Beispiel auch, habe ich jetzt gestern Nachrichten gelesen,möchte jetzt Gebäude und Wohnungen, alles, was jetzt gebaut wurde, ohne.Genehmigung, möchte er legalisieren über einen kleinen Betrag x.Einen kleinen Betrag musst du zahlen und dann kriegst du legalisiert.Das ist zwar dann im Grundbuch festgehalten, aber es ist tatsächlich rechtlich wohl so,dass nicht irgendwo, also es ist legal, aber gewisse, also im Endeffekt ist es nicht sicher.Also zum Beispiel, der Staat sagt laut dem Gesetz, was er wohl durchführen möchte,dass die nicht dafür in Schutz, also die...Die müssen den Schutz nicht oder die Sicherheit nicht gewähren.Das heißt, im Endeffekt kannst du jetzt ein Haus bauen, illegal,und du wirst dich jetzt legalisieren für eine kleine Summe, die dieser Staat bekommt.Und dann sagt dir, wenn was passiert, ist dann deine Verantwortung, ich bin da raus.Und das ist tatsächlich so die Debatte jetzt gerade aktuell,dass versucht jetzt gerade schnell an Geld ranzukommen, zum einen,und vielleicht auch so ein Punkt ist von, der merkt das eigentlich das Endenaht, und versucht nochmal irgendwie an schnell an Cash ranzukommen.Also es ist tatsächlich Debatte ist.Komplex. Man hat die Sachlage jetzt nicht, aber zumindest sieht man,dass das Wasser versucht ist, immer permanent, konsequent Dinge irgendwie zu verkaufen.Und das ist ja etwas, was er seit Jahren macht, ob jetzt das Lithium und Bohrbei allem, ob es Geschäfte mit China, Geschäfte mit Russland,Geschäfte mit dem auch immer, geht es immer darum, dass einfach ein Gut,was ein öffentliches Gut ist, privatisiert und dann verkauft.Ich habe tatsächlich einen neuen Podcast gehört von so einem Rechtsexperten,der gesagt hat, dass ein Gesetz tatsächlich vor Brutschig eingeführt wurde, völlig schräge Kiste,wo es darum ging, um Erfassung von Wertschätzen, Bodenschätzen,die vorliegen und dass wer da diese Forschung durchführen darf und dann Rechtehat, Sachen zu bohren und so weiter.Letzten Endes ist die Gesetzesänderung dazu bewirkt, dass einfach jetzt Fremdfirmenvon außen reinkommen können, irgendwo Bodenschätze, also irgendwelche Bodenschätze,Sachen erforschen können, erkunden können und dann Rechte haben, das zu tun.Und diese Rechte im Endeffekt übersteigen das Recht, des Privatbesitzes.Im Endeffekt wurde tatsächlich im Jahrteil auch so vorgegangen,dass man Leute im Endeffekt auch teilweise enteignet hat, weil man gesagt hat,die haben laut dem Gesetz das Recht, da irgendwie wohl zu bohren.Also völlig juristisch muss man da glaube ich das genauer sich anschauen,aber ich war tatsächlich dann noch, habe so festgestellt, dass alles,was so passiert, tatsächlich auch einen langen Atem hat.Das heißt, dass das Woodshipping-Regime tatsächlich jetzt kein Zufall ist,das so lange anhält, sondern einfach Dinge in langer Hand vorab geplant wurdenvon gewissen Leuten und dementsprechend auch jetzt so lange anhalten und dementsprechendso schwierig auch eben zu kippen sind.
Tim Pritlove 1:27:01
Ja, ich meine, da gibt es, hatten wir glaube ich in der letzten Sendung auchschon kurz angesprochen, also wahrscheinlich nicht nur, aber vor allem um Lithiumabbau,was ja in Serbien da in, also wird zumindest vermutet, in größeren Mengen,vorkommt und da Lithium gerade ein sehr begehrtes Element ist,kann ich mir sehr gut vorstellen, dass da eine ganze Menge Geld dahinter stecktund Das die Sache an der Stelle sicherlich nicht besser macht.Also er versucht weiterhin Druck auszuüben.Trotzdem gehen ja die Demonstrationen weiter, oder?
Dejan Mihajlović 1:27:39
Die nehmen nicht ab und tatsächlich auch meiner Wahrnehmung nach würde ich sagen,macht die Zivilgesellschaft jetzt noch einen viel stärkeren Job,wobei sie zu Studenten jetzt wieder zurückkehren.Also nach den ersten Anmeldungen hast du, die ersten Prüfungen hast du jetztgehabt und da hast du die neuen Jahrgänge.Das heißt, du hast sehr aktiv, musst dir vorstellen, du hast einen Jahrganggehabt von Abiturientinnen, die selbst ihre Schulen blockiert haben,die selbst sehr aktiv unterwegs waren und jetzt in die Hochschulen kommen.Und die bringen natürlich nochmal ordentlich Power mit rein und das merkst dujetzt auch, das heißt, jetzt hast du einfach nochmal neue Projekte,neue Ansätze, sie haben auch gesagt, da wird es jetzt ganz viel kommen,es wird ein heißer Herbst und plus hast du auch in der Schülernschaft aus meiner Wahrnehmung,nochmal so ein Empowerment, das heißt, letzten Monat haben wir echt nochmalda nochmal echt, glaube ich, viel bewegt bei denen, das heißt, du hast auch am 1.September war der offizielle erste Schultag, haben Schüler zu einer großen Demoaufgerufen gehabt, der echt sehr, sehr viele Menschen gefolgt sind,das war echt sehr, sehr beeindruckende Bilder und du hast viele Schulen,wo einfach Schülern wirklich auch Schulen blockieren.Das heißt, einfach Unterricht blockiert wird, das heißt angefangen von so kleinenAktionen, dass Klassen sich umdrehen, Rücken zum Lehrkraft und denikurieren.Aber Lehrkräfte noch einmal, die ersetzt wurden.Das heißt, es wurde tatsächlich Ende August und davor war schon,aber Ende August war es eine große Welle, hat man unfassbar viele Lehrkräfteund Schulleitung ersetzt,und einfach ersetzt durch regimetreue Menschen. Das heißt, jeder,der bei Demos war, Demos unterstützt hat und so weiter, die wurden im Endeffekt gekündigt.Und auch das wiederum sehr, sehr rechtswidrig, weil du musst dir vorstellen,du hast unglaublich viele Menschen, die Lehrkräfte in Serbien sind,die Zeitverträge haben.Und laut Recht dürften die eigentlich, ich glaube, es waren maximal zwei Jahreso einen Zeitvertrag haben, wie so ein KV-Vertrag, so eine Krankheitsvertretung irgendwie.Und dann musst du eigentlich irgendwann so einen normalen Vertrag angebotenbekommen. Es gibt auch sowas wie Beamtentum.
Tim Pritlove 1:29:31
Eine Verstetigung.
Dejan Mihajlović 1:29:32
Genau. Und dass aber Leute, die einfach seit 13 Jahren noch mehr in diesem Zeitvertragsstatusarbeiten, was natürlich erleichtert, die zu kündigen.Das heißt, es ist viel, viel leichter, die dann eben loszuwerden.Und das haben die natürlich jetzt in einer sehr, sehr hohen Zahl gemacht.Und an manchen Schulen sogar, dass teilweise bis zu 20 Prozent oder über 20Prozent der Lehrkräfte von anderen weggefallen sind bei einem Bildungswesen,wo immer weniger Lehrkräfte auf dem Markt stehen.Das heißt, haben sich immer wenige Menschen eingeschrieben und haben auch fürdas Studium, um als Lehrkraft zu arbeiten.Das heißt, es ist eine Entwicklung der letzten Jahre, die ohnehin schon schwierigist. Jetzt gehst du hin und feuerst da brutal viele und du hast gar nichts Personal.Das heißt, du hast ein Problem, ein Systemproblem, dass du gar nicht die Schulenerstmal ihren Job machen lassen kannst, selbst wenn du wolltest.Die wird gar nicht funktionieren, weil einfach Leute fehlen.Fehlt das Fachpersonal. Zugleich hast du aber Leute, die zu einer Spitze,die einfach dann nicht akzeptiert werden von den Eltern, von den Schülern, von den Lehrkräften.Das heißt, du hast also landesweit sehr, sehr unterschiedliche,aber sehr, sehr krasse Geschichten, die eigentlich da so stattfinden.Ich habe eine jetzt geteilt gehabt von einem Schulleiter, der sich auf eineDarmtoilette eingeschlossen hat.Weil irgendwie dann Schiss hatte wohl vor Lehrkräften und vor Schülern und Eltern, die dastanden.Und dann kamen Polizeikräfte, die ihn dann von dem Pausengelände raus begleitet haben.Wir haben ihn dann vom Hof gejagt, weil die einfach gesagt haben,wir wollen den Schulleiter zurückhaben. Es ist eine relativ große Schule mitmehreren tausend Schülern.Also völlig, völlig schräge Geschichten, die da ablaufen. Aber letzten Endesist auch das vielleicht so ein Punkt, wenn ich jetzt darauf zu sprechen komme,wenn man so ein bisschen auf eine Metaebene gehen möchte, wieso die Protesteso lange zu anhalten sind.Ich glaube, dass die Studentinnen gelungen ist, durch die Anfangsgeschichte,die wir letztens mal so ergründet haben,Eigentlich einen Rahmen zu schaffen, wo vieles, was vorher schon da war,sich jetzt sammeln konnte.Das heißt, im Bildungsbereich, ich habe dir gesagt, dass schon viele Problemevorliegen und es gab zum Beispiel vor dem Einsturz dieser Geschichte in Novi Sad,gab es im September davor schon große Proteste im Bildungswesen von Lehrkräften,massive Proteste, wegen all den Problemen, die ich im Prinzip angesprochen habe,plus Gehalte, die lächerlich sind und so weiter.Das heißt, und genauso auch diese Bewegung mit dem Yadar, mit dem Lithium,dem Bohr vorkommen, gab es auch schon davor Sachen.Oder das zum Beispiel Gebäude, dieses Projekt, dieses Waterfront Belgrade,da wurden zum Beispiel auch Sachen, Gebäude.Rechtswidrig einfach, also von maskierten Menschen einfach eingerissen überNacht und auf einmal konnte man da Sachen bebauen.Also es gab aber schon vorher schon so Aktionen, die zu Initiativen,teilweise Parteien und Organisationen geführt haben, die so ein Protest irgendwo entstanden ist.Und letzten Endes hat dieser Protest der Studentinnen, hat dieses,was zuvor schon stattgefunden hat, gebündelt.Und darum ist es nicht so, dass man sagen kann, das ist jetzt nur daraus entstanden,sondern ich würde sagen, es hat einfach so ein Forum geschaffen,oder auch eine, wo wir Menschen zusammenfinden,wo das, was zuvor einfach vereinzelt stattgefunden hat, einfach jetzt gebündelteinfach viel stärker umgesetzt werden.Die haben einfach verstanden, dass ich jetzt mit meinen Interessen in Bezugauf Lithium und Bohr, wenn ich jetzt gemeinsam mit Studentinnen und Arbeiternund zu anderen Interessen gemeinsam auf die Straße gehe, dann bin ich auch beimeinen Anliegen nicht allein.Das heißt, dieses Zusammenschließen von verschiedenen Interessen im Sinne von,lasst uns gucken für ein besseres Land, bessere Gesellschaft, besseren Staat,hat tatsächlich, glaube ich, dazu geführt, dass du einfach, glaube ich,diese Kontinuität auf der Proteste hast, weil auch Organisationsstrukturen undLeute auch ein bisschen und so weiter schon vorher da waren,sich davor auch schon abgebildet haben.
Tim Pritlove 1:33:20
Eine ähnlich umstrittene Veranstaltung war ja glaube ich die Belgrade Pride.Man kennt das ja auch schon so aus Ungarn und anderen Ländern,Minderheiten, macht es sich ja immer gut da ordentlich drauf rumzuhauen,um die entsprechende, also es ist ja quasi so der CSD, der dann in Belgrad auchstattfindet, auch schon seit vielen Jahren.Das war dann auch nochmal eine spezielle Diskussion dieses Jahr oder nicht?
Dejan Mihajlović 1:33:50
Ja, es waren tatsächlich Leute, Vertreter aus der EU waren da vor Ort und diefinanzieren glaube ich auch gewisse Dinge damit und da gab es eben auch Transparentemit EU und pro EU und auch Fahnen, ich habe zuerst mal EU-Fahnen gesehen bei der Demo,und da gab es tatsächlich keine Gewalt,Übergriffe, das heißt wenn man natürlich jetzt guckt, was so vor passiert istkann man sagen, hä, ist ja schräg,ich habe eigentlich eine Gewalt, die hochgefahren wurde, sie auf der Straßeentladen hat und jetzt bei einer Gruppierung, die eigentlich zuvor viel Gewaltfahrung,machen musste, habe ich auf einmal keine Gewalt.Und Polizeischutz wird diskutiert, der Polizeischutz in Demos stellt.Das muss ich dazu sagen, die Polizei spielt bei Demos gar keine Rolle. Selbst am 15.März war es zum Beispiel so interessant und bei Demos danach auch,eigentlich müsste die Polizei ja im Prinzip kontrollieren und Sicherheit gewähren und so weiter.Die tauchen da nie auf, weil sie eigentlich eine Eskalation wollen.Die wollen, dass eigentlich Leute irgendwie dann, dass etwas passiert und danndas Dementsprung auch noch nutzen kann.Und ich habe jetzt nicht darauf geachtet, ob da Polizei, ich habe jetzt keinegesehen, ich weiß nicht, ob es jetzt da war und doch irgendwie geschützt hat,ich weiß es nicht, auf jeden Fall gab es keine Gewalt.Das heißt, ich gehe davon aus, dass die Leute, die hätten Gewalt ausüben können,die vor Gewalt ausüben haben, da zurückgehalten wurden.Jetzt kann man diskutieren, wieso es so ist. Vielleicht war es auch so,dass man sagt, okay, in Richtung EU muss man vielleicht auch besänftigen,weil eben der Budzic auch ein paar, ja.Harte Aussagen rausgehauen hat, also wie hat man dann EU-Abgeordnete als Abschaumbezeichnet und sonstige Dinge und kam natürlich nicht so gut an und ich kannmir jetzt auch vorstellen, das ist vielleicht so ein Sinne von Besänftigung,also das hatte dieses Spiel zwischen,ich kommuniziere in EU eine Sache und ich kommuniziere intern was und dann ichkommuniziere in den USA was, ich kommuniziere nach China was,das heißt, da kommuniziert er immer, je nachdem mit wem er spricht,hat er eine andere Wahrheit, die er erzählt,und konstruiert und deswegen glaube ich war es eben so dieses,dass man nach außen zeigt schon mal, wir sind noch divers und weltoffen undbei uns kann man sogar eine Pride durchführen und ohne Probleme und darum wares tatsächlich innerhalb der LGBTQ-Multivität wohl, da gab es auch Diskussionen,da teilzunehmen, nicht teilzunehmen und wer teilnimmt, wie man teilnimmt.Es war so, dass diesmal tatsächlich eben nicht wohl eher so ein Protest war,das heißt der Kompromiss von den Leuten, die es durchgeführt haben,haben gesagt, die machen es protestmäßig in Anlehnung des, was gerade stattfindetund haben auch dann so Reden gehalten und so.
Tim Pritlove 1:36:01
Gab es denn Auseinandersetzungen in den früheren Jahren?
Dejan Mihajlović 1:36:04
Ja, ja. Also ich glaube die ersten auch, da gab es ja, weiß nicht wie verletzte und so.Das heißt, ich muss auch zugeben, es ist also, du hast eine massive und einesehr starke homophobische Gesellschaft.Das heißt, du hast also auch alles in die Richtung gehend und das ist tatsächlichauch so spannend, interessant beim LGBTQ-Thema oder bei der Pride auch.Es gab ein Posting zum Beispiel, ein Solidaritätsposting von der Fakultät.Und von einer anderen Fakultät gab es so ein Hates-Posting mit der Thematikpro Familie, gesunde Familie und so in die Richtung gehend. Das war so einechristliche Geschichte.Und dann hat eine Fakultät aufs Novi Sad, ich glaube eine der größten Fakultäten,wenn nicht die größte glaube ich, die haben so ein Posting, haben gesagt,schaut, das ist das, was Studentinnen bedeutet.Weil wenn man von Studentinnen spricht, ist es nicht eine homogene Masse.Wir sind unfassbar heterogen. Wir haben Leute, die LGBTQ nach vorne tragen.Wir haben Leute, die etwas sehr christliches Bild nach vorne tragen.Wir sind sehr, sehr, sehr heterogen. Aber wir wollen das gleiche Ziel.Wir wollen einen Rechtsstaat. Wir wollen, dass alle Menschen geschützt sindin diesem Staat. Wir wollen mit eine Demokratie haben.Und das ist etwas, was mich tatsächlich, fand ich sehr, sehr spannend,ein Posting von denen, weil es tatsächlich eben so ein Punkt ist,der häufig diskutiert wird.Ich poste jetzt mal auch die Studentinnen. Und dann entsteht natürlich auchbei denen, die bei mir wahrscheinlich mitlesen, so ein Bild von,das ist eine demokratische, homogene Masse von tollen Menschen. Ist es nicht.Da sind sicher auch Rechte mit dabei. Da sind verschiedene Gruppierungen mitdabei. Das ist im Endeffekt einfach ein breites Bild der Gesellschaft.Nur haben die es geschafft zu sagen, hey, wir sind uns einig,wir wollen Rechtsstaat haben. Wir wollen eigentlich demokratische Strukturen haben.Und lass uns darüber streiten, welche inhaltlichen Ziele wir als Gesellschafthaben wollen. Aber im Diskurs.Das heißt nicht unter Anwendung von Gewalt zum Beispiel.Und was jetzt selbst die eine, die dann das stark christliche Bild da gepostethat, auch gesagt hat, wir wollen auch, wir sind gegen jede Form von Diskriminierung.Das heißt, wir haben diese Überzeugung, diese Haltung, aber wir sind nicht für Diskriminierung.Das heißt, die teilen nicht inhaltlich das, was die sagen, was die machen,aber trotzdem wollen sie auch nicht, dass Menschen diskriminiert werden.Deswegen ist es tatsächlich so spannend zu sehen, wie es einfach auch Themenjetzt auf einmal in der Öffentlichkeit diskutiert werden, die zuvor eigentlichnie diskutiert wurden oder wenig diskutiert wurden. oder es sehr klar war,dass wenn medial was diskutiert wird, dann sehr sexistisch, sehr homophob.Also zum Beispiel auch Frauenrechte oder feministische Akteure,Kräfte, haben auch wiederum sehr, sehr starke Unterstützung erfahren.Immer an vielen Stellen wird auch da ein Fokus gelegt und auch gesellschaftlich Debatten angestoßen.Und zu sagen, hey, wo geht man wie, gegen wen vor?Also man kann auch schon mit der feministischen Perspektive mal drauf blickenund wird dann schon feststellen, dass sehr bedeutend häufig und oft.Gewalt gegen Frauen angewandt wird. Also nicht, dass jetzt Männer nicht verschlagenwurden und so weiter, aber schon an vielen Stellen merkst du schon auch denUnterschied von Gewalt, wie sie angewendet wird,gegen welche Gruppierungen, welche Form von Sexismus und anderen Ismen einfachda in den Köpfen noch stecken.Deswegen meine ich von dieser Baustelle, die Gesellschaft nicht noch folgt,die halt so gewaltig ist.
Tim Pritlove 1:39:13
Ja, das hatten wir eben bei dem Marco Kritschak ja im Prinzip auch schon so.
Dejan Mihajlović 1:39:16
Genau.
Tim Pritlove 1:39:17
Aber was ist jetzt noch deine These, warum es jetzt bei dieser Belgrade Pride so ruhig geblieben ist?Es ist irgendwie, weil der unmittelbare Bezug zu den Protesten so nicht da warund man nicht noch eine andere Baustelle aufmachen wollte,hatte es vielleicht damit zu tun, dass die EU gerade da eine besondere Aufmerksamkeit drauf hatte.Vielleicht gar nicht so spezifisch auf die Belgrade Pride, aber diese ganzenPride-Veranstaltungen finden ja mehr oder weniger gleichzeitig statt und esgab ja diese besondere Aufmerksamkeit für die entsprechende CSD-Veranstaltung in Budapest,wo ja Orban schon seit langer Zeit auf diese Szene einschlägt und entsprechendeGesetze auch weiter verschärft hat,um diese Homophobie quasi in der Gesellschaft für seine Zwecke zu nutzen.Wo ja dann die Stadt selber eingeschritten ist und gesagt hat,so ja, nee, das ist jetzt hier eine offizielle Veranstaltung der Stadt,das braucht jetzt gar keine Genehmigung und so weiter.Und die EU ja dann gesagt hat, so we are watching.Und dann ist es ja eigentlich relativ easy durchgelaufen und da stellt sichjetzt für mich eben so die Frage so, spielt die EU eigentlich irgendeine Rolle derzeit?Ist das komplett außen vor?Hat Vucic da ein Auge drauf? Ist ihm das eigentlich egal?Wie passt das zusammen?
Dejan Mihajlović 1:40:46
Naja, ich habe tatsächlich...Gestern ein Gedanken gehörte, den ich eigentlich ganz spannend fand in dem Bezug.Und zwar hat ein Student gesagt, wir diskutieren so viel und so kontrovers undso heftig über das, was die EU macht oder nicht macht.Und das zeigt ja, wo wir uns eigentlich sehen.Das heißt, wenn wir uns da nicht da sehen würden, dann würden wir nicht darüber sprechen.Dann würden wir darüber sprechen, was Russland macht oder nicht macht oder was auch immer. Oder China.Das heißt, wir sprechen darüber, wie die EU uns sieht, wo sie eingreift,wo sie nicht eingreift. und sind ja im Endeffekt Ideen und Erwartungen damit verbunden.Und deswegen würde ich tatsächlich schon sagen, dass ich glaube,dass man auf der Suche ist nach dem,Vorgehen, was ist denn etwas, was sinnvoll wäre. Gestern habe ich eine Dekanin gehört von der.Politikwissenschaftenfakultät in Belgrad, die hat eben gemeint,wir dürfen, ihre Strategie fand ich entspannt, habe ich zum ersten Mal so gehört,wir dürfen nicht zulassen, dass die EU schweigend zuschaut.Das heißt, Ich kenne tatsächlich von vielen eher so die Haltung,die gucken ja sowieso nicht, die ignorieren uns ja sowieso, weil die wohl dasLithium haben für die deutschen Autos und so weiter.Und die sagt aber, die gibt sich damit nicht zufrieden, sondern sagt,nee, wir müssen so kommunizieren, dass die nicht mehr wegschauen können.Das heißt, du musst es denen hinhalten. Und ich fand es tatsächlich auch spannend,ein anderer Professor hat ihn gesagt, fand ich auch ganz interessant, die Einordnung.Ich hoffe, dass es immer mehr bei den Leuten ankommt. Der hat gesagt,hey Leute, was stellt euch denn vor, was die EU ist? Die EU ist doch genausowenig homogen, wie wir als Studentinnen oder zivilgesellschaftliche Organisationen.Wir sind doch genauso mega heterogen.Und die sind genauso. Das heißt, in der EU gibt es einfach Kräfte,die definitiv Verbündete sind und versuchen, irgendwas zu verändern.Und wenn man sich davon abgrenzt, jetzt von der EU, dann schreckt man sich eigentlichan der Stelle. Das ist ja völlig beknackt eigentlich.Es wäre viel besser zu sagen, lass doch Verbündete suchen und an der Stelledas tun, was man tun kann.Und das ist tatsächlich auch so ein Punkt, jetzt in Verbindung mit dieser Studentinnenlisteund tatsächlich mit dem Vorgehen der Studentinnen, was jetzt ein bisschen kontrovers diskutiert wird.Das heißt, die haben immer dieses sich distanziert von,Parteien, distanziert von NGOs, distanziert von allen Organisationen.Natürlich aus der Lehre der ganzen Organisation, die ich jetzt vorhin angedeutet habe.Ich habe ja gesagt, dass verschiedene Vorfälle, Proteste, Initiativen ihr habt,die sie gegründet haben und jedes Mal war die Erfahrung, dass sie unterwandertwurden von der Opposition, von irgendwelchen Leuten und dann eben erstickt wurden,durch das Unterwandern.Und deswegen, aus dieser Lehre haben wir gesagt, wir distanzieren uns erstmalvon allen, aber jetzt kommst du irgendwann an so einen Punkt,wo du merkst, wenn du jetzt politisch irgendwie den nächsten Schritt gehen willst,musst du einfach irgendwann Verbündete finden.Das heißt, du musst auch in der Opposition Verbündete finden und gucken,wer ist eigentlich dann, wer hat eigentlich welche Richtung schon gearbeitetund wer ist tatsächlich auf deiner Seite oder auf der Seite der Rechtsstaatist oder möchte eine Demokratie haben oder möchte nur die spielen.Und es ist natürlich, also ich verstehe jetzt nicht beide Seiten,ich weiß, es ist hochkomplexes, aber zumindest ist für mich schon klar,dass die sich von allen irgendwie distanzieren.Hilft die jetzt nicht wirklich beziehungsweise lässt so ein Potenzial da liegen,um in deiner Sache voranzukommen. Und darum ist es natürlich jetzt schwierig.Ich weiß nicht, wie sich das entwickeln wird. Ich weiß nicht,wie die Debatten jetzt geführt werden in den Plenar bei den Studentinnen,ob man sich da nochmal vielleicht doch irgendwie umentscheidet,ändert und vielleicht die Strategie wechselt.Zumindest neben die Zivilgesellschaft und die Professoren, also vor allem dieakademische Gemeinschaft, alsodie Professoren und dann haben wir auch ein starkes Netzwerk gegründet.Ich habe jetzt unterschlagen, im Juni gab es zum Beispiel, Mitte Juni war ichin Belgrad auch mit zwei meiner Kinder,da war tatsächlich dann zwei Wochen, da war ich gerade da, haben die eine Hauptkreuzungin Belgrad blockiert und haben tatsächlich eben das Thema akademisches Netzwerkaufs Dabro gebracht und die Professorinnen, die haben tatsächlich auch angefangen,Netzwerk zu gründen, auch international,bei irgendwelchen Podiumsgesprächen aufzutauchen, Sachen zu erklären,das heißt, das irgendwo halt eben nochmal ins Fokus zu rücken und zu thematisieren.Und ich habe tatsächlich gestern nach dem Interview mit einem Dekanen,hatte ich schon Eindruck, dass sie sehr, sehr geplant und gezielt,dass sie zu verfolgen werden, auch in Richtung EU.Dass sie sagen, wir gucken, wo einfach Leute sind und da gehen wir hin.Und dann werden wir einfach immer wieder sagen, schau hin, schau hin,schau hin, dass sie nicht mehr wegschauen können.
Tim Pritlove 1:44:49
Und schauen sie auch nicht mehr weg?
Dejan Mihajlović 1:44:53
Ich weiß es nicht.Ich würde tatsächlich diese Idee teilen, dass eben die EU auch im, es gab am 9.September, glaube ich, gab es diesen Europäischen Parlament so eine Plenarsitzung zum Thema Serbien.Und da hat man sich so drauf geschaut, wer sagt da was. Und da gab es eben tolleRe-Beiträge, wo eben auch dann darauf hingewiesen wurde, was in Nobisat passiert ist.Diese krassen Gewaltexzesse, die es da gab.Weil tatsächlich an dem Tag auch, das war auch die Zeit von der Pride und soweiter, auch glaube ich, da waren eben auch EU-Vertreter da,ich glaube, von den Grünen, Die waren da und die haben das mitbekommen und diehaben dementsprechend das nochmal reingetragen, was sie erlebt haben.Und dementsprechend hat es da Raum bekommen, dass da Gewalt eskaliert und dassda einfach Polizeikräfte Dinge tun, die sie nicht tun sollten.Und dass man als EU-Uner nicht schweigen kann. haben tatsächlich auch Punkteaufgelistet, was jetzt kommen muss.Also angefangen haben sie gefordert, dass die, das Bündnis, ich glaube,EPP, dass die einfach, wo die Partei von Vucic einfach ein Recht hat,dabei zu sitzen, es kein Stimmrecht hat, aber mitzudenken und sich zu äußern und so weiter,einfach so integriert wird, dass man diese Position, dass man die verliert,dass man die ausschließt, das heißt, dass die SNS da nicht dran teilnehmen kann,die Forderung steht im Raum, wird auch diskutiert und wird auch teilweise aucheben von Leuten aus den Reihen auch diskutiert.Dann gab es so Geschichten wie, dass man Delegationen von der EU nach Belgrad,Serbien schicken möchte, die nochmal mit den Leuten sprechen.Jetzt kommt wieder diese Geschichte mit der Studentenliste, wieso auch jetztmanche Professoren dann sagen, ihr müsst die Studentenliste jetzt veröffentlichen,weil die sagen, wenn EU-Delegierte kommen, dann müsste mit jemandem sprechen können.Und wenn die halt keine Alternative haben zum Regime, mit wem sollen sie sprechen? Weil die Opposition...
Tim Pritlove 1:46:42
Also mit Studentenliste meinst du, eine Wahlliste für die potenziell auszurufenden Neuwahlen?
Dejan Mihajlović 1:46:48
Genau. Und das ist das, was natürlich jetzt die jetzt, wo ich sagen würde,okay, legitimes Argument, kann ich nachvollziehen.Jetzt muss man gucken, was, welches Gewicht, also was, du hast ein höheres Gewicht,aber das ist so ein Punkt, der diskutiert wird, zu sagen, wieso man die Listejetzt irgendwie kondizieren müsste und also die wollen jetzt wohl irgendwienach, haben es schon gesagt, beschlossen, dass sie hinreisen wollen.Diese ganzen Aussagen wurden aber eigentlich tatsächlich im nächsten Tag kassiert.Weil eben dann die Rede von allein war und die einfach...Nicht ein Wort Serbien erwähnt hat. Und das kam auch hier medial an.Das heißt, hier sage ich es, haben ihn Serbien an.Das heißt, die haben das sehr wohl wahrgenommen im Endeffekt nach dem Motto,guck da, also man muss gucken, was sie sagt und wenn sie Serbien nicht mehrerwähnt, dann ist das, was im Endeffekt die harten Fakten aktuell darstellt.Und das andere wird im Endeffekt nur Lippenbekenntnisse sein oder da wirst dujetzt nicht wirklich was, auf die musst du jetzt nicht setzen, so in die Richtung.Und ich muss tatsächlich sagen, was man vielleicht wissen muss,also falls jemand sich anhören sollte und so weit noch jetzt immer noch mithörensollte, die lesen sehr genau mit, was die internationale Presse schreibt.Das heißt, ob jetzt Deutschland, Amerika oder wer auch immer,das Land auch immer, was über Serving geschrieben wird, wird sehr wohl da wahrgenommenund dementsprechend auch dann kommuniziert.Und darum ist natürlich jeder Beitrag, der zum Beispiel auch kritisch erscheintüber das Regime, der wird da auch ausgestrahlt, diskutiert.Und wiederum setzt zum Beispiel politischen Druck, erhöht den politischen Druck auf dieses Regime.Weil natürlich dann wiederum eben der Vucic dieses Spiel, was er spielt,eben so nicht spielen kann.Das heißt, alles, was das demaskiert, dieses Märchen, was er erzählt,trägt dazu bei, dass er einfach dann.An verschiedensten Bereichen Dinge verliert. Also unter anderem natürlich auch,was man auch gefordert hat, damals bei diesem Europäischen Parlament,dass man gesagt hat, dass man prüft, wo die Gelder, dass man vielleicht auchGelder stoppt, weil er die auch EU-Gelder beziehen.Ja, aktuell schon, es gibt verschiedene Töpfer wohl, die auf diese Gelder beziehen,für verschiedene Projekte.Und dass man sagt, hey, dass man diese Gelder stoppt, und bis man geprüft hatund prüfen kann, wo die Gelder hinfließen.Nach dem Motto, das wäre eigentlich eine ganz sinnvolle Idee,zu sagen, du stoppst diese EU-Gelder, bis Neuwahlen ausgeschrieben sind.Und dann will ich auch dann eben sagen, okay, jemand handhabt mit dem Geld aufeine legitime Art und Weise, weil aktuell ist es wohl nicht gegeben.Oder wie auch immer. Das heißt, du hast keinen Rechtsstaat, hast keine Transparenz,kannst nicht nachvollziehen, wer welche Gelder einsetzt.
Tim Pritlove 1:49:16
Ja, also das Thema ist sicherlich nicht oben auf der Liste, aber es bringt aufjeden Fall etwas, wenn sich die EU mit Serbien beschäftigt.Das lese ich da jetzt mal raus.Jetzt gab es ja noch ein paar andere Ereignisse glaube ich rund um diese Basketball EM, die gerade,stattgefunden hat, die Deutschland ja gewonnen hat, Serbien ist glaube ich,spielt Basketball auch eine relativ große Rolle Jaja.
Dejan Mihajlović 1:49:52
Es ist schon auch so ein Basketball Land, also es ist auch Basketball,Fußball, es gibt so verschiedene Sportarten, also Sport an sich hat ein sehrhohes Ansehen in Serbien,und Und es ist so gewesen, dass eine Gruppe von, wiederum,es gibt Namen, die im Netz kursieren, die relativ schnell ausfindig gemacht,eine kleine Gruppe von bezahlten Schlägertruppen nach Riga geflogen ist,um da eben serbische Fans, die im TV auftauchen, davon abzuhalten,irgendwelche Dinge zu skadieren, die Anti-Budic, Anti-Budic-Regime sind.Und die in den Vaterschläge gedroht haben und teilweise auch die angegangenhaben. und das war natürlich etwas, was natürlich im Ideal in Serbien diskutiertwurde und dann gab es eben, als sie ausgeschieden sind aus der EM,Was auch wiederum ein Skandal war für Serbien, dass der EM so früh ausgeschieden,weil sie eigentlich für die, klar war, sie Gold gewinnen werden.Dann war es dann so, dass in Belgrad gab es ein Spiel von Serbien gegen England,eine Nationalmannschaft, Fußball.Und da gab es wiederum so Anti-Vucic-Sprechchöre, die tatsächlich bei vielen,Sportbereichen, auch jetzt Basketball, Fußball mittlerweile echt Usus sind, auch in kleinen Ligen,dass dann eben dann Leute wieder auf die Menschen los sind und auf die eingeschlagen haben.Und man muss dazu sagen, man hat dann diese Bilder wieder im Netz kursiert,man hat dann relativ schnell festgestellt, es war die gleiche Truppe, die in Riga war.Was wiederum eben dann daraus einige schließen kann.Das heißt, zum einen kann man daraus schließen, dass scheinbar die Gruppe,die bereit ist, Gewalt anzuwenden für eine Summe X, schrumpft.Das heißt, wenn man so jetzt die letzten Monate so sich anschaut,auch bei den ganzen Protesten, wir haben jetzt eine Sache noch nicht angesprochen,die Antiproteste, also die Antiprotest-Proteste, also überall was organisiert,dieses Regime, kommen immer weniger Menschen hin.Entweder, ich kann es so erklären, ist es, also entweder wahrscheinlich und,und, und, und, das heißt einen Widerstand im System, das heißt,dass Menschen zum Beispiel nicht mehr bereit sind, das zu tun, was er möchte.Du hast im Endeffekt auch wahrscheinlich, glaube ich, auch eine finanzielleFrage, dass einfach das alles sehr, sehr teuer ist, über viele Monate auch danndiese Menschen zu bezahlen, da hinzugehen, Sachen zu demonstrieren und Sachenzu sagen, die sie sagen sollen.Plus, du hast natürlich immer ganz proaktiv auch Widerstände,die wachsen innerhalb von Systemen, das heißt, einfach Leute,zum Beispiel bei Polizeikräften, gibt es so einen stillen Widerstand,wo dann Leute sich massenhaft haben krankschreiben lassen.Wo sie wussten, wo man wusste, dass sie eingesetzt werden, gegen die Zivilbevölkerung zum Beispiel.Es gibt tatsächlich so verschiedenste, oder zum Beispiel jetzt wurde eine Spezialeinheitwie GSG 9, wo der Chef wurde auch abgesetzt und jetzt gegen neue Personen ausgetauscht.Und das ist jemand, der ein sehr hohes Ansehen in Serbien hat,sehr professioneller Typ und der hat zum Beispiel auch sehr offen,der hat sehr deutlich gesagt,dass er abgesetzt wurde, weil er eben, weil er wurde gesagt,er kann an den Spitzen dieser ganzen Organisation, kann er es nicht leisten,Leute zu haben, die nicht das tun, was er sagt.Und das hat er sehr oft in den Medien kompliziert, was natürlich dem Regimeauch nicht so gefallen hat.Aber letztendlich dieses Sport-Event, du siehst, also da steigt der Widerstand,lässt sich der Widerstand spüren, bei auch Konzerten und Musikfestivals,also auch Musikbranche genauso.Das heißt, es gibt SängerInnen, oder die dieses Regime unterstützen und dazubeitragen, die werden boykottiert.Entweder pauchen Leute auf und so ein Gegenkonzert, super laut,bis über zum einen Mal, letztes Mal haben sie jetzt tatsächlich die Konzertkartengekauft und haben es dann einfach unterwandert und da ist die Sängerin gar nicht erst aufgetreten,ist dann nach Hause gefahren, weil die einfach eben Slogans skandiert haben,Anti-Budget-Regime-Slogans skandiert haben.Das heißt, man merkt einfach, das, was ich beim letzten Podcast,wo ich geändert bin mit, die lassen nicht zu, dass sie ihren Alltag haben,das wurde konsequent durchgeführt in allen Bereichen, ob jetzt Sport,Musik, egal wo du unterwegs bist.Menschen halten dir das jetzt vor die Augen.Genauso auch die Leute, die neutralen Leute, das heißt die, die in den Caféssitzen, die werden auch immer heftig und laut diskutiert, dass man sagt,wie kannst du im Café sitzen, wie wir nebenan demonstrieren,während mein Kind da auf der Straße verschlagen wird und du da sitzt,dein Käffchen trinkst und du tust, als würde es nichts angehen.Und das ist auch wiederum eine Debatte. Das heißt, du merkst, dass duAlso dieses, bist du Teil davon? Oder muss ich jetzt positionieren?Hilfst du jetzt mit, dass wir die Sache jetzt zu Ende bekommen oder nicht?Und dieser Druck wird tatsächlich schon, habe ich den Eindruck,auf allen Seiten von allen Leuten einfach noch stärker erhöht, erhöht, erhöht.Deswegen habe ich tatsächlich auch das Gefühl, auf der einen Seite das Gefühl, es müsste bald enden.Auf der anderen Seite sind die Ressourcen natürlich immer noch extrem groß.Und die macht es extrem groß.Und ich weiß nicht, wie lange es sich halten wird. Ich weiß noch nicht,ob es zu weiteren Eskalationen kommen wird.Ich finde es super schwierig, einzuordnen, was als nächstes kommen wird.Die Einzige, wo ich sicher bin, ist, dass es hier kein Zurück gibt,dass die Menschen hier nicht nachlassen.Wenn auf allen Ebenen des Engagements, ob es jetzt in beruflichen Kontexten ist,dass ich innerhalb der beruflichen Kontexte, dass zum Beispiel Medizinerinnen,also ich habe jetzt ganz, ganz viele Branchen auch, wo wieder Menschen anfangenzu streiken, auf die Straße gehen, Druck ausüben.Also in allen Bereichen sehe ich so, dass wieder Menschen jetzt Gas geben,jetzt im Herbst und mal gucken, wozu das führt.
Tim Pritlove 1:55:24
Ein anderer Name, der noch viel im Rahmen der Proteste ist, der glaube ich vonBogdan Jovicic, der spielte nochmal eine bestimmte Rolle, was ist da die Geschichte dahinter?
Dejan Mihajlović 1:55:37
Ja.Und der wurde im Zuge der Proteste im August, glaube ich, wurde er festgenommen.Das ist der Weg, glaube ich, über 1.000 Festnahmen gehabt. Ich glaube,im Laufe der Proteste gab es noch eine Zahl, die veröffentlicht wurde.Über 1.000 Festnahmen, aber tatsächlich ohne eine Beweislast zu haben.Das heißt, die Leute, die Prozedere sind immer das Gleiche.Du verhaftest Menschen, setzt sie in 30 Tagen in Untersuchungshaft und dannin der Regel gehen die hin und verlängern die Untersuchungshaft nochmal.Weil die Gerichteihren Job nicht machen an manchen Stellen tatsächlich gelingt es wiederum mitGerichten ihren Job machen und der Widerstand wächst auch da und Anwälten ebendann doch die Leute aus der U-Haft irgendwie freizubekommen dass sie zumindestdann aus dem Haus aus dem Hausarrest heraus sich verteidigen das gelingt an manchen Stellen,aber ihm ist tatsächlich nicht so gelungen das heißt er war 30 Jahre U-Hafthat sie 30 Tage U-Haft Hat dann gesagt, dass er sich eigentlich friedlich verhalten hat,in der Hoffnung, dass er dann eben nach diesen 30 Tagen vielleicht Hausarrestbekommt und dann daraus sich irgendwie verteidigt.Ist nicht so der Fall gewesen. Das heißt, die haben tatsächlich dann ihm nochmalweitere 30 Tage angelastet und dann gesagt, jetzt tritt er in Hungerstreik undhat dann einen Brief veröffentlicht und hat es angekündigt und gesagt,und dieser Brief und diese Ankündigung, dass es in Hungerstreik tritt,wurde versucht eben zu vertuschen.Das heißt, die Behörden haben versucht, es eben nicht nach außen dringen zulassen. Seine Anwalt hat es dann trotzdem erfahren, fünf Tage später.Oder mehrere Tage später, wenn es fünf Tage waren. Und tatsächlich dann ebenauch, sein Vater ist in der Zwischenzeit verstorben und das hat er auch nicht erfahren.Seine Mutter durfte ihn nur einmal die Woche besuchen und dementsprechend verzögert,ob er fünf Tage später erfahren hat, dass sein Vater gestorben ist von der Mutter.Und dann war es dann so, dass er zur Beerdigung, ob er gehen darf,nicht gehen darf, war bis zur letzten Sekunde nicht klar und dann haben sieihn doch zur Beerdigung gehen lassen,aber dann tatsächlich nur die letzte Minute von der Beerdigung wurde er hingebrachtund dann mit Fußfesseln und drei Polizeikräften nebendran.Ja, und der hat dann, ich weiß nicht, danach war dann, glaube ich,die Geschichte, also die Bilder haben sich dann kursiert im Netz.Danach wurde er irgendwie, weil er in einem körperlichen Zustand nachgelassenhat, ins Militärgefängnis gebracht, nach Belgrad.Und ich glaube, da ist er jetzt noch. Und jetzt sind tatsächlich auch wiedermassive Proteste landesweit gewesen, wo Leute eben sich mit ihm solidarisieren.Man muss dazu sagen, dass zum Beispiel dieses, ich habe es an vielen Stellenjetzt nicht gesagt, gibt es einige Punkte, die man noch beleuchten könnte,auf eine Metaperspektive, auch Strategiewechsel zum Beispiel,auch dass man gesagt hat, dieses Solidarisieren.Das heißt, du hast eine Sache in einer Stadt etwas und ein ganzes Land sindgegen Leute auf die Straße. Das heißt, dass immer klar ist, du bist nicht allein.Das ist auch so eine zentrale Botschaft. Du bist nicht allein. Wir sind bei dir.Und das ist etwas, was sich gewandelt hat in den letzten Monaten,dass auch teilweise auch Städte zu Städte fahren.Das heißt, Zivilgesellschaft zu Zivilgesellschaft fährt. Also zum Beispiel,wo dann auch dann die Jugendlichen verprügelt worden sind, wie ich vorhin erzählt habe.Es sind auch von anderen Städten Leute hingefahren, auch von Ujicic zum Beispiel,auch sind Leute hingefahren, haben solidarische Meerschwinden gemeinsam gemacht.Das heißt, man rückt zusammen als Land, auch mit den Bränden und so,aber auch die Botschaft, die gesagt hat, pass auf, niemand ist allein.Wir haben zwar keinen Staat, der funktioniert und für uns da ist, aber wir haben uns.Und das finde ich eine ziemlich starke Botschaft. Ich glaube,etwas, was auch dieses alles immer so trägt,dass man eben diese Solidarität erfahren hat und die, glaube ich,mit Leuten etwas macht, was eben wiederum im Transformationsprozess,Wenn man davon ausgeht, was gesellschaftlich ansteht, glaube ich,ein großes Potenzial ist, dass man eben Empathie hat,solidarisch ist und einfach weiß, was es bedeutet, dass man den Stellen,wie es einem schwer geht, einfach erlebt, dass Menschen für einen da sind,Menschen, die man nicht kennt, Menschen aus anderen Städten.
Tim Pritlove 1:59:27
Ja, wo sind wir jetzt?Also das waren glaube ich im Wesentlichen so die Ereignisse,die jetzt so in den letzten fünf Monaten das Geschehen geprägt haben.Was siehst du jetzt sozusagen, was ist so dein Zwischenstand?Ich meine, das floss natürlich jetzt zwischen den Zeilen schon ganz gut heraus,aber wo siehst du die Proteste?Haben die noch genug Energie? Wackelt das Regime?Braucht es mehr internationalen Einfluss?Ist es sozusagen kurz vorm Ende?Ich weiß, es ist unmöglich in die Zukunft zu schauen.In der Zeit kann wieder was anderes passieren, aber vielleicht mal so ein Take auf den Status Quo.
Dejan Mihajlović 2:00:28
Also ich würde sagen, dass die Erkenntnis sich in der breiten Bevölkerung mittlerweile gesetzt hat.Deswegen hatte ich anfangs mal gesagt, dass der Weg sich mittlerweile etablierthat zu sagen, ich versuche über die bestehenden Strukturen Macht wieder zu erlangen.Ich glaube, dass sich die Erkenntnis gesetzt hat, dass es über Demos allein,nicht kippen wird. Das heißt, die Demos brauchst du für dich.Die haben andere Funktionen als am Anfang, glaube ich.Am Anfang hatten die Dämoni die Funktion von, du zeigst, dass Legitivität nichtvorliegt für das Regime.Dann hatten sie eine Funktion von Solidarität. Und jetzt gibt es tatsächlichandere, verschiedenste Funktionen. Teilweise auch Informationen.Das heißt, über Leute auch aufzuklären. Deswegen auch dieser Podcast,den sie gestartet haben, die Studentinnen, finde ich, das ist ja auch super clever.Das haben sie auch als Aktionsform immer wieder gemacht. Dass sie gesagt haben,dass sie immer wieder so Aktionen hatten, wo einfach die aufgeklärt wurde,über welche Probleme einfach vorliegen und welche Probleme Korruption oder dasganze korrupte System eigentlich verursacht.Und jetzt haben die den Podcast einfach nochmal ein Format geschaffen,wo Leute über ein bis zwei Stunden explizit eine Thematik aufgreifen und dannals Expertin eben dann den Leuten zugänglich machen und verständlich machen.Und ich glaube, diese Strategie zu sagen, wir müssen uns als Gesellschaft verstehen,wo möglichst alle gut informiert sind, wo möglichst alle laut mitdenken,miteinander im Diskurs sind.Und ich glaube, das ist eine Strategie, die Sie gerade verfolgen,auch die Zivilgesellschaft selbst, dass man einfach so verstanden hat,es wird jetzt nicht morgen enden und wenn es jetzt selbst morgen enden würde,müssen wir uns für das nächste danach irgendwie uns auch vorbereiten.Deswegen lass uns doch mal irgendwie einen anderen Weg beschreiten.Lass uns mal gucken, wie wir einfach gemeinsam schlau werden als Gesellschaft.Und lass uns mal gucken, welche Strukturen wo vorliegen und was man da im Prinzip machen könnte.Und ich weiß nicht, es ist natürlich jetzt, es klingt immer so,als gäbe es so einen, diesen einen Plan und einen so ein Mastermind.Aber letztendlich sind es einfach hochkomplexe gesellschaftliche Systeme,soziale Systeme, wo einfach so viele Parameter einwirken, dass man einfach nichtabsehen kann, in welche Richtung sich was entwickelt.Ich glaube noch aber trotzdem, dass aufgrund der Werte, die sie bisher vor sichher getragen haben, dass es Potenzial ist, dass es in eine gute Richtung sichentwickelt, weil ich glaube, diese Werte sind die Leitplanken und der Kompass von allem, was kommt.Wenn sie sich an diesen Werten weiter dran orientieren und sagen,Solidarität, Empathie, Gewaltfreiheit, Gegendiskriminierung und so weiter.Diskussionen, Beteiligungsprozesse und so weiter. Wenn sie daran festhalten,dass es das, was mir Hoffnung gibt, dann glaube ich, dass es sich in eine guteRichtung entwickeln kann.Wenn aber jetzt an irgendeiner Stelle irgendwas kippen sollte und diese Wertenicht mehr als Leitplanken fungieren,dann glaube ich, kann sich einfach in eine völlig andere Richtung entwickeln.Die Gefahr sehe ich immer, weil eben, wie gesagt, soziale, komplexe Systeme,Menschen können teilweise gut manipulieren, was die Vergangenheit oder die Geschichte gezeigt hat.Deswegen, ich kann es nicht absehen. Auch jetzt mit Social Media,also tatsächlich, Social Media spielt eine massive, krasse, krasse Rolle bei der ganzen Bewegung.Wenn das zum Beispiel sich drehen würde, also wenn da jetzt irgendwie Verbotekommen würden, aber vielleicht auch in Absprache mit irgendwelchen,Instagram ist zum Beispiel echt so ein zentrales Ding.Also wenn du zum Beispiel Instagram irgendwie da einstellen würdest,hättest du ein Problem. Als Beispiel.Oder andere Messenger-Dienste. Das heißt, es gibt schon so verschiedene Dinge,wo ich immer denke, was machst du da? Und du musst irgendwie einen Plan B haben.Ich habe tatsächlich auch, aber deswegen finde ich, dass sie eigentlich ganzclever machen, weil sie ich glaube, es ist sehr komplex, die gehen aus verschiedenenstrategischen Richtungen.Also zum Beispiel haben sie angefangen auch im Print vorzukommen.Die haben mit Zeitungen, Kooperationen, es gibt eine Zeitung,so ein Wochenmagazin, wo sie immer die studentische Stimme gehört wird.Dann den Podcast, dann hast du dieses Student in jedem Dorf.Das heißt, die haben schon verschiedene Strategien, die sie eigentlich fahren,um möglichst viel in Dialog zu treten, möglichst viel ihrer Stimme und einegut durchdachte Stimme im Prinzip sichtbar zu machen, Menschen zu informierenund zu befähigen, überhaupt dann vielleicht morgen, um eine gute Entscheidung treffen zu können.Deswegen, ich finde tatsächlich, dass sie bisher strategisch eigentlich ziemlichviel richtig machen, wenn ich ehrlich bin.Und ich hoffe nur, dass die anderen Kräfte, also auch zum Beispiel die akademischeVereinigung, das Netzwerk, die Professorinnen, die sehr, sehr laut werden,zum Beispiel auch sehr laut werden mit der Forderung, dass die Liste veröffentlicht werden soll.Bin ich, sehe ich es eher skeptisch und bin ich eher kritisch,weil ich immer denke, ich verstehe aus der Position dieser Professoren,des Professors und so weiter undDekanen, wie auch immer, verstehe ich die Intention und die, die dahinter.Aber bei den Studenten ist immer diese Maschinerie dahinter, dieses Plenum.Das heißt, wie eine Entscheidung getroffen wird, es basiert immer auf diesemkollektiven Prozess, wo einfach multiple Perspektiven berücksichtigt werden.Und deswegen vertraue ich auf diese Lösungen, weil ich weiß,dass einfach vieles berücksichtigt wurde, dass an einem Stelle von einer Personvon einem kleinen Kreis eben nicht berücksichtigt wurde.Und deswegen glaube ich tatsächlich, ich würde an der Stelle eher gucken,dass man weiterhin die Studentinnen und diese Prozesse unterstützt und zum Beispielauch ihnen die Zeit gibt. Also ich habe jetzt ein bisschen auch Respekt vor dem neuen Semester.Das heißt, wenn die jetzt wirklich die Idee haben sollten, die Professorin,die ich teilweise schon gehört habe, ja, jetzt machen wir normale Lehre mitaber noch Add-on-Proteste.Das heißt, Blockaden soll es vielleicht nicht mehr geben, aber lass uns docheinfach dann irgendwie Zeit zur Verfügung stehen, wo ihr weiter die Proteste organisieren könnt.Das wäre, glaube ich, eine fatale Entscheidung, weil der Faktor Zeit ist eigentlichtatsächlich das gewesen, was das alles erst ermöglicht hat.Und wenn du in den Zeit raubst, dann wird, ob es jetzt diese Prozesse sind,die du brauchst, um eine gute Entscheidung zu finden, bist du über andere Sachen, ja.Aber wenn du in die Zeit ihn raubst, dann nimmst du etwas, was Wesentliches, was Tragendes.
Tim Pritlove 2:06:08
Ja, und irgendwann wird es ja ohnehin Wahlen geben müssen. Daher wird sich,glaube ich, auch Vucic nicht vordrücken können.Ja, Delian, ich sag mal, jetzt haben wir es erstmal wieder ganz gut zusammengefasst, oder?
Dejan Mihajlović 2:06:24
Richtig. Ich glaube, ein Punkt, den wir dann wahrscheinlich nächstes Mal vielleicht,falls es nächstes Mal geben sollte, diskutieren werden, ist dann,was ist am 1. November passiert.Das heißt, es nähert sich der Jahrestag und darauf blicken jetzt alle,was wird da wohl passieren.Es gibt so verschiedene Erzählungen, dass die Studenten wohl planen,da auch wieder so Protestmärsche nach Nobisat zu machen aus allen Richtungenvon allen Stadtteilen aus, um da eine große Demo durchzuführen.Zeitgleich streut das Regime wieder Gerüchte, dass es da zu Gewalt kommen wird.Natürlich seitens der Studentinnen aus russischen Quellen, von der russischen,wurde natürlich geleakt,weiß, dass sie da so irgendwelche Terroranschläge weiß nicht,was da geplant ist, also letzten Endes wieder die gleiche Maschinerie wie sonsthalt auch immer, aber deswegen, ich glaube der 1.November wird auch nochmal ein spannendes Datum sein, weil einfach nochmal,wenn man so sieht, ein Jahr ist jetzt dann vorbei, ein Jahr ist immer noch niemandrichtig zur Rechenschaft gezogen worden, es liegt immer noch keine Transparenz vor,wer, wo, wer, wie verantwortlich war, wie es dazu kommen konnte,aber in der Zwischenzeit über tausend Menschen verhaftet, teilweise rechtswidrig,ohne irgendwelche Belege und Beweise.Das heißt, diese Ungerechtigkeit und diese Klarheit in der Sachlage,ich glaube tatsächlich, dass die von Tag zu Tag zunimmt und dementsprechendich fühle zumindest, ich habe das Gefühl, dass das Ende naht,aber die Gefühle täuschen.Wie gesagt, jetzt sage ich das, ich bin beziehungsweise morgen,was würde ich anderes sagen, würde?
Tim Pritlove 2:07:57
Ja, du hast in einem Post irgendwie die Star Wars Serie Andor zitiert.Ich übersetze das mal so frei. Tyrannei erfordert ständige Anstrengungen.Sie bricht, sie wird undicht.Autorität ist zerbrechlich. Unterdrückung ist die Maske der Angst.Eine einzige Sache wird die Belagerung brechen. Merkt euch das und versucht es.
Dejan Mihajlović 2:08:23
Witzigerweise habe ich das gepostet und ein paar Wochen später,Monate später, habe ich Nobisat eine Wand gesehen, auf die das geschrieben wurde.
Tim Pritlove 2:08:31
Oh.
Dejan Mihajlović 2:08:32
Ja, da dachte ich, wow.
Tim Pritlove 2:08:35
Na, siehst du mal. Na gut, also wenn jetzt die Studenten sogar schon einen Podcastgestartet haben, dann ist es ja eigentlich bald vorbei mit der Regierung,weil wir wissen ja, nichts hat so viel Power wie ein Podcast.
Dejan Mihajlović 2:08:48
Absolut, absolut.
Tim Pritlove 2:08:50
Ich sage vielen Dank für deinen Beitrag.Genau, und ich sage auch vielen Dank fürs Zuhören hier bei UKW.Ja, schreibt euch ruhig mal bei uns in die Kommentare rein, wie wir das hierfortsetzen sollen und dann hören wir uns vielleicht bald wieder und bis dahinsage ich Tschüss und bis bald.
Dejan Mihajlović 2:09:12
Tschüss.
Shownotes

UKW132 Serbien: Der Präsident ist nicht zuständig

Die seit Monaten anhaltenden Proteste in Serbien drängen auf Reformen und verunsichern das Regime

Serbien ist auf der politischen Landkarte Europas nur ein Nebendarsteller. Die Sonderrolle ist geprägt von einer schwierigen Rolle in den Jugoslawien-Kriegen, einem unklaren Verhältnis zu Rußland und einer inneren Korruption, gegen die sich die Menschen des Landes zunehmend stellen. Ein einstürzendes Bahnhofs-Vordach hat im November 2024 eine Kette von Protesten ausgelöst die bis heute täglich anhalten. Bei einer Großdemo in Belgrad und vielen Demos in anderen Städten gingen im März 2025 gut 10% des Landes auf die Straße. Doch noch hält sich das Regime des Präsidenten Aleksandar Vučić, aber es wackelt.

Ich spreche mit Dejan Mihajlović, der selbst in der Demokratiebildung engagiert ist und in Serbien geboren wurde über Land und Leute, welche Bedeutung und Dimension die Proteste haben und was es braucht, um in Serbien eine grundlegende demokratische Neuorientierung anzustossen.

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Für diese Episode von UKW liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

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Transkript
Tim Pritlove 0:00:31
Hallo und herzlich willkommen zu UKW, unsere kleine Welt.Mein Name ist Tim Brittlaff und ich begrüße alle zur 132.Ausgabe von UKW, dem Podcast, der versucht einen Blick zu werfen auf, ja,man kann mittlerweile sagen, die Krisen der Welt oder sagen wir mal zumindest all diese Vorgänge,die sich immer so abspielen und wo man nicht so genau den Finger draufhaltenkann, wann die denn jetzt eigentlich mal so richtig angefangen haben,geschweige denn, wann sie aufgehört haben.Und heute geht es mal nicht um die Ukraine, wie es denn hier so oft der Fallist, sondern wir schlagen mal ein anderes Kapitel auf, was ich sehr interessantfand, was in gewisser Hinsicht aber auch wieder mal mit allem zu tun hat.Und zwar geht der Blick heute nach Serbien.Deswegen, weil es in Serbien seit einigen Monaten ziemlich wilde Proteste gibtund was es denn damit so auf sich hat, darüber sprechen wir heute mit Dejan Mihalovic.Hallo Dejan, herzlich willkommen bei UKW.
Dejan Mihajlović 0:01:37
Vielen Dank für die Einladung, freue mich dabei sein zu können.
Tim Pritlove 0:01:41
Dejan, du bist jetzt kein Geschichtsprofessor und eigentlich auch kein politischerKommentator trotzdem bist du mir ein bisschen ins Auge gefallen zuletzt weildu doch sehr engagiert zumindest über die Vorgänge in Serbien schreibst im Netz,erklär uns doch mal was so dein Verhältnis zu dem Thema ist und wie es dazugekommen ist dass du dich dieses Themas annimmst.
Dejan Mihajlović 0:02:09
Ja, das stimmt. Ich bin tatsächlich jetzt nicht der Experte für Serbien,sondern letztendlich ein Mensch mit Internet und schreibe Dinge ins Internet.Das habe ich immer schon getan.Und als diese ganzen Sachen in Serbien begonnen haben, habe ich die natürlichdann verfolgt, wie viele andereauch, über das, was erstmal so in der öffentlichen Wahrnehmung da war.Habe dann natürlich festgestellt, okay, es ist relativ wenig medial im deutschsprachigen Raum vorhanden.Habe dann angefangen, die dementsprechend medial nochmal umzuschwenken und dannzu gucken, was wird eigentlich in Serbien berichtet.Habe dann für mich einfach in Instagram entdeckt, dass da relativ viel berichtet wird über Instagram.Das heißt, dass man da relativ viel Material rankommt, Informationen rankommt,teilweise aus direkter Quelle eben auch.Also wie man es aus dem Netz so kennt. Und habe dann dementsprechend mich da,bin da so eingetaucht und habe irgendwann festgestellt, dass eigentlich ziemlichviel dahinter so stattfindet, was sehenswert, hörenswert ist.Vor allem in der Verbindung mit meinem sonstigen beruflichen Kontext und ehrenamtlichenBestrebungen und der Frage, wie man Demokratien irgendwie stärken kann, schützen kann.Und dann habe ich gedacht, ja gut, wenn so viel da vorhanden ist,aber nicht im deutschsprachigen Raum vorhanden ist, dann lass doch einfach Dingerauspicken und übersetzen und so zugänglich machen.Und so hat es begonnen oder so habe ich angefangen, eben Dinge immer so exemplarischrauszupicken und zu erklären, was da stattfindet, wieso das stattfindet,so eine kleine Einordnung mitzugeben im Rahmen meiner Möglichkeiten,und so vielleicht einfach eben Zugang zu einer breiteren Öffentlichkeit zu schaffen,der einfach medial so nicht gegeben ist.
Tim Pritlove 0:03:52
Dein Name legt es ja schon nahe. Du hast eine besondere Verbindung zu Serbien,sprichst die Sprache auch.Erläuter doch mal so ein bisschen, was dein Verhältnis zu Serbien ist.
Dejan Mihajlović 0:04:06
Ja, ich habe natürlich auch eine Staatsbürgerschaft, eine serbische.Ich habe eine doppelte Staatsbürgerschaft, also eine serbische und eine deutsche Staatsbürgerschaft.Ich bin in dem ehemaligen Jugoslawien geboren. Mein Vater, das heißt meine Eltern,die Hälfte meiner Eltern, das heißt meine Vaterlicherseits, die ganze Familie,die kommt eben aus dem Bereich, aus Belgrad, das heißt Opa, Europa und so weiter.Und dementsprechend habe ich eine sehr enge Bindung auch an die Stadt.Und dementsprechend auch in den Teil eben Jugoslawiens, weil wir einfach darelativ viel auch Zeit verbracht haben.Ich habe als Kind da eine Zeit lang gelebt, habe auch da tatsächlich auch Militärdienstableisten müssen nach dem Abiturin Deutschland, weil ich keine doppelte Staatswirtschaft damals hatte.Und da gab es einfach die Wahl nach dem Abitur, ich mache Militärdienst oderich mache Militärdienst. Und dann habe ich dann für Militärdienst entschieden.Und so war das leider zu der Zeit.Und genau und dann bin ich wieder zurückgekommen und war natürlich jetzt dannimmer wieder mal unten aber ich muss auch zugeben,das ist tatsächlich glaube ich auch vielleicht so ein Aspekt mit dem was jetztgerade so stattfindet ich war letztes Jahr also 24 im Februar war ich wieder,nach 15 Jahren also ich war 15 Jahre lang nicht in Serbien nach 15 Jahren warich dann wieder in Serbien weil meine Tochter einfach ihre Wurzeln oder dieWurzeln ihres Vaters das ich auch immer kennenlernen wollte.Und da habe ich ihn für mich so gemerkt und mich auch gefragt,wieso ich so lange nicht da war.Und so ein bisschen war es, glaube ich, auch so ein Abstand halten,um gesund zu bleiben, weil mich das einfach belastet hat.Immer was da passiert und wie die Lage da ist. Und ich irgendwie das Gefühlhatte, da gibt es nämlich keine Hoffnung, dass in dem, also was da vorliegtan Staat, an Gesellschaft, an Strukturen, dass man dann Demokratie irgendwie hinbekommt.Und Demokratie, wie ich sie als Demokratie bezeichnen würde.
Tim Pritlove 0:06:04
Und 15 Jahre warst du nicht da, rechnen wir mal ein bisschen,also 2010, 2009 warst du dann sozusagen davor da.Du lebst ja jetzt in Freiburg, also du bist sozusagen schon gefühlt immer hier.Sag doch nochmal ein bisschen was zu deiner Arbeit, du hast es ja schon angedeutet,zu Demokratie, was ist da dein Verhältnis?
Dejan Mihajlović 0:06:37
Ja, also beruflich bin ich hauptsächlich Referent für Demokratiebildung undSV, SMV und bin aber auch zeitgleich Referent für digitale Transformation.Und Barcamps mache ich dann im Prinzip auch relativ viel. Das heißt,ich habe so zwei Schnittflächen, die auch wiederum mit dem, was da passiert,also meist mit vielen Dingen, die ich im Prinzip mache, immer so eine Schnittflächebilden, weil Demokratie und Demokratiebildung einfach immer auch im Kontextvon digitaler Transformation stattfindet.Und viele Prozesse und Dinge, die man so eben mitbekommt, global,da hängen halt beide Themen mit drin.Und die sind eigentlich tatsächlich gar nicht so voneinander trennbar.Und das heißt, ich bin da jetzt im Institut, wo ich also Fortbildung konzipiereoder auch entwickle oder auch durchführe, viel mit Schulleitung arbeite,viel mit Lehrkräften, mit Schulen, auch mit Schülern gemeinsam.Und ich habe noch nebenher einfach so Baustellen, ehrenamtlich,also ich war jetzt auch vier Jahre im Vorstand von D64 zum Beispiel,habe ich eben dementsprechend auch in Bezug auf Digitalität mich immer engagiert,mache es sich weiter im Prinzip auch mache.Und im Endeffekt ist die für mich immer die Frage über all die Jahre immer,die ich so vorhin gesagt habe, wie schafft man es eigentlich,eine Demokratie möglichst stark aufzustellen?Was heißt eine Demokratie eigentlich im heutigen Zeitalter? Das heißt,wie muss ich die Demokratie auch weiterentwickeln, um eben auch dann stark weiterhin zu bleiben,also was wäre so eine progressive Demokratie und zeitgleich auch,wie kann man eine Demokratie auch wehrhaft gestalten mit all den Herausforderungen,die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt haben.
Tim Pritlove 0:08:08
Ja, da haben wir ja gerade ein schönes Beispiel in den USA, wie es auch malwieder nicht funktionieren kann.Ich denke mal, das dürftest du auch ziemlich intensiv verfolgen.Was macht das so mit jemandem, der an diesem Thema dran ist?
Dejan Mihajlović 0:08:24
Es ist irre. Es ist eigentlich insofern frustrierend, dass man einfach,wenn ich ehrlich bin, vor zehn Jahren oder so, weiß noch, da hatte ich irgendwiedoch so die Hoffnung, auch jetzt mit D64 und anderen Vereinen oder sonstigenInstitutionen oder Menschen, die sich in dem Bereich engagieren,hatte ich noch so die Hoffnung, dass man vielleicht in die Politik hinein soein bisschen reinwirken kann und vielleicht schaffen kann, auch im Bundestagoder in anderen Parlamenten einfach Menschen zu erreichen und zu erklären.Wie zentral und wie wesentlich einfach Digitalität ist und einfach unser Leben bestimmt.Es ist leider nicht gelungen. Und letzten Endes haben wir jetzt dann einfach auch Folgen dessen.Das heißt, dass wir Menschen haben, die einfach nie durchdrungen haben,welche Bedeutung das Ganze hat.Und jetzt ist wahrscheinlich, einige verstehen, wie wesentlich dann einfachgewisse Akteure sind und gewisse Player im globalen Kontext einfach sind undwelche Rolle Digitalität einfach spielt.Welche Abhängigkeiten damit geschaffen wurden über Jahrzehnte und wie schweres einfach ist, davon sich irgendwie jetzt zu lösen, zu befreien und ja,was anderes irgendwie als Lösung zu finden.
Tim Pritlove 0:09:33
Ja, guter Punkt. Ich erinnere mich auch noch sehr gut, als es losging mit dem arabischen Frühling.Da war das ja dann auch so, oh ja,jetzt hier die Leute können über Twitter und Facebook kommunizieren und ichglaube, viele von uns, da nehme ich mich selber auch nicht aus,haben so ein bisschen so diese Hoffnung gehabt, Wenn dann erstmal diese alternativenKommunikationskanäle da sind, dann werden die Leute sich zusammentun und das Gute bewirken.Ich glaube, das war eine relativ naive Sicht auf die Dinge.Es gibt zwar diesen Faktor, definitiv.Aber es hat sich glaube ich herausgestellt, dass der potenzielle Missbrauch,so Stichwort Fake News etc.Und das Aufhetzen von Leuten einfach noch sehr viel mehr Power entwickelt,wenn man dem halt nicht von vornherein einen Riegel vorschiebt bzw.Das bewusst verfolgt und dann eben auch ernst nimmt.Und es gab ja dann auch sehr schnell sehr viele Negativbeispiele von erstmalder akuten Verfolgung der Leute, die sich quasi im Netz öffentlich machen undwie man das in Syrien dann auch sehr stark gesehen hat.Myanmar, es gibt ja zahlreiche Beispiele in dieser Hinsicht.Naja und jetzt eben auch die Entwicklung hin zu so einer totalen faktenverdrehtenWelt, in der irgendwie nichts mehr wahr ist.Und die Leute einfach in diese Desorientierung abgleiten und dann halt einfach,keine Ahnung, irgendeinen Scheiß glauben.Und das, ja, ich denke mal, das wird ja sicherlich jetzt hier auch in Serbienein Thema sein, aber das ist jetzt auch gar nicht das, worauf wir uns fokussieren wollen.Aber ich kann verstehen, dass das extrem frustrierend ist. Finde ich ja auch extrem frustrierend.
Dejan Mihajlović 0:11:23
Aber du wirst dich wundern, es wird später eine Rolle spielen in unserem Gesprächund tatsächlich gerade die andere Rolle, die du angesprochen hast.Das heißt, interessanterweise ist in Serbien spielt tatsächlich Digitalität,gerade die demokratische, die Empowernde im Prinzip Rolle.
Tim Pritlove 0:11:35
Okay, gut zu wissen. Ja, dann kommen wir doch mal auf Serbien zu sprechen.Ich will keinen Geschichtsvortrag halten, aber es ist vielleicht mal ganz gutzu Beginn nochmal so ein paar Pflöcke einzuschlagen, weil ich merke auch an mir selber.Und ich übertrage das jetzt einfach mal auf viele. Serbien ist ja so ein bisschen,und der gesamte Balkan in gewisser Hinsicht, aber Serbien nochmal mehr als die anderen Länder,das liegt so ein bisschen im Windschatten, das kriegen viele irgendwie nicht auf die Kette.Die Wahrnehmung wirst du sicherlich auf die eine oder andere Art und Weise auch gemacht haben.Während natürlich die Orientierung nach Westeuropa in der Bundesrepublik relativstark ist und es dann halt im Osten in abgeschwächter Form zumindest die Existenzund die Realität der anderen Staaten zur Kenntnis genommen wird.So Polen, natürlich jetzt eben auch durch den Konflikt die Ukraine,das war sicherlich definitiv auch so ein weißer Fleck auf der Landkarte,das ist er natürlich mittlerweile nicht mehr.Aber so mit dem Balkan, glaube ich, da ist noch sehr viel davon,von dieser Ausblendung vorhanden.Es mag die Ausnahme geben, so Kroatien, Slowenien,die halt dann doch ein bisschen näher herangerückt sind, aber so Serbien,Montenegro, die Gebiete sind, glaube ich, für viele Leute so ein bisschen soein Buch mit sieben Siegeln.Bei Serbien kommt natürlich nochmal dazu, dass dann auch nochmal mit der anderenSchrift und dieser Nähe zu Russland,dass alles immer sehr verstärkend wirkt und natürlich ist Serbien auch so alsFaktor in den Konflikten der letzten 30 Jahre natürlich auch.Hat eine sehr unrühmliche Rolle gespielt.Es ging ja dann los mit diesem Kosovo-Konflikt,also im Nachgang der Auflösung der Sowjetunion musste natürlich auch Jugoslawiensich neu finden, beziehungsweise hat sich dann nicht mehr gefunden und ist eben zerfallen,während eben Slowenien als sehr westliches Land, Ich war jetzt gerade erst vorkurzem da, wenn man da rumfährt, dann ist das irgendwie wie Österreich,Deutschland, Italien, so eine Mischung irgendwie auseinander.Das hat sich ja quasi sofort verabschiedet und gesagt, so Leute,macht euren Scheiß alleine, wir sind dann mal weg und das wurde ja dann auchvon den anderen Ländern irgendwie mehr oder weniger einfach so akzeptiert,weil man glaube ich schon immer wusste, dass Slowenien eigentlich gar nicht so richtig dazugehört.Dann kam es zu den Kriegen zwischen Serbien und Kroatien, Bosnien, Herzegowina etc.Und am Ende dann halt so 1995 der finale Zerfall.Dann brodelt es eine Weile, dann gab es diesen Konflikt mit dem Kosovo,also der Region Serbiens, die stark albanisch geprägt ist und unter SlobodanMilosevic kam es dann eben dort wieder zu diesem Konflikt und dem Wunsch,das Kosovo sich wieder einzuverleiben,immer mit diesem Konflikt.Ewigen Hinweis auf Geburtsstädte Serbiens, diese Geschichtsverklärung von irgendwelchenEreignissen vor tausend Jahren,die am Ende ja eigentlich für niemanden wirklich eine Rolle spielen.Nichtsdestotrotz war es ein Konflikt, auch weil es natürlich eine serbische Minderheit dort gab.Dann ist halt die NATO eingeschritten, hat gesagt so bis hierhin und nicht weiter,was ja am Ende dann auch zum Fall von Milosevic und auch dessen Überstellungan den internationalen Gerichtshof führte, wo er dann gestorben ist.Und dann war es sozusagen so ein bisschen unklar, was denn jetzt eigentlichpassiert und ich denke zu dem Zeitpunkt ist dann aber auch so die Aufmerksamkeitauf diese Region, zumindest jetzt in unserem Bereich, im deutschsprachigen Raum,so ein bisschen auf Null runtergefahren.Wie hast du denn sozusagen den Weg jetzt ab da, so ab der Jahrtausendwende so wahrgenommen?
Dejan Mihajlović 0:15:58
Ach, schwierig, ey. Wenn ich ehrlich bin, das, was du jetzt gerade so zusammengefassthast, gibt es natürlich an jeder Stelle, können wir nochmal irgendwie reingehenund diskutieren und das aufdröseln.Aber darum soll es ja heute gar nicht gehen.Jetzt, ich würde es tatsächlich eher kurzfassen, um möglichst viel Zeit zu bekommen,um Zeit zu haben, auch uns mit den aktuellen, mit der aktuellen Sachlage auseinanderzusetzen.Und deswegen würde ich sagen, die Zeit danach war für mich einfach ein,ein so ein Peak oder eine Person, die für mich so rausgestochen ist in der ganzenGeschichte, war der Jinjic.Das heißt, er ist für mich persönlich einfach, das will ich nicht,eine persönliche Geschichte noch mal für mich gewesen, herausgestochen,weil er einfach in Deutschland studiert hat.Und ich dann dementsprechend das mit ihm irgendwie, also ich konnte es irgendwieso relaten und sagen, okay, schau, scheinbar geht das.Das heißt, in Deutschland studieren und dann irgendwie zurückkommen und danneinfach das Wissen oder die Erfahrung, die er gemacht hat, vielleicht irgendwiehier einfließen zu lassen.Das heißt, er hat sich zum Beispiel stark eben gegen Korruption eingesetzt.Er hat ganz viele Vorschläge gemacht, die sich auch jetzt den ähneln,die heute die studentischen Proteste im Prinzip auszeichnen.Und er wurde aber dann irgendwann auch erschossen.
Tim Pritlove 0:17:06
Also man muss dazu sagen, Soran Tudyvich war quasi Premierminister nach Slobodan Milosevic.Kostunitscha war Präsident zu der Zeit, später dann sein Nachfolger.Und er war dann von 2001 bis 2003 Premierminister.Und dann wurde er erschossen von, weiß nicht, hat man die Leute dann gefunden?
Dejan Mihajlović 0:17:26
Ja, es gibt auch da, man weiß eigentlich schon, aus welchen Kreisen das kam.Also welche Menschen dahinter waren und.Man weiß, auch diese Aufklärung dieser Geschichte zum Beispiel auch so ein Punkt,also deswegen, alle Sachen, die du vorhin genannt hast, letzten Endes schwingendie so mit, so als gewisse, an gewissen Stellen auch heute.Das heißt, also all das hat irgendwo doch so einen Kontext, hat eine Rolle ineinem gewissen größeren Kontext.Und er war auch Bürgermeister, Oberbürgermeister von Belgrad,das war er tatsächlich auch.Das heißt, dementsprechend hat er da nochmal die Verbundenheit hergemacht.Er hat zum Beispiel auch eine Universität gegründet in Novipasar.Das spielt zum Beispiel auch eine Rolle dann später im Gespräch.Da war zum Beispiel auch eine große Demo.Und ist zum Beispiel ein Teil Serbiens, wo eben die Bevölkerung größtenteilsmuslimische Serben sind.Das heißt, es gab einfach viele Dinge, die er im Endeffekt gemacht hat,die man schon als progressiv bezeichnen kann.Und dann durch die Ermordung von ihm war für mich dann eben so ein Punkt,auch dann, okay, nee, also scheinbar dann doch nicht.Das heißt, scheinbar ist dann so ein Weg, so ein progressiver Weg eben hier nicht möglich.Und das war für mich persönlich dann zum Beispiel auch so ein Punkt,wo ich dann für mich entschieden habe, ich werde nicht zurückkehren.Ich habe tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, nach Bayer gerade zurückzukehren und da zu leben.Und dann war bei mir der Punkt, wo ich dachte, okay, also wenn dann alles,was irgendwie progressiv ist, dann so eingegangen wird, oder wenn man versucht,sich gegen Korruption einzusetzen, dass dann auch die Sache droht,dass man dementsprechend dann erschossen wird und ich muss dazu sagen,ich habe auch persönlich Erfahrungen gemacht in Belgrad zu der Zeit auch mit.Leuten aus kriminellen Bereichen, die jetzt nicht so optimal waren und da warfür mich einfach klar, okay, das ist für mich nicht etwas, was Zukunft hat.Und dann war es mal ganz lang eben, ja, also ich habe das dann schon verfolgt,was dann passiert ist, auch jetzt mit Vucic dann, wie er in die Macht gekommenist und Und wie das dann sich entwickelt hat.Aber es war dann eher so mit einem gewissen Abstand versehen.Und letztendlich hat es dann bestätigt, was ich so für mich so ausgelegt habe,in welche Richtung sich wahrscheinlich das Land entwickeln wird.
Tim Pritlove 0:19:39
Genau, also es gab ja dann sozusagen so eine zweite Phase, also wenn es nach2000, nach Milosevic erstmal so eine pro-westliche Liberalisierungsphase gab,ging die dann mit Zinzic ja nicht sofort unter.Es gab dann noch Boris Tadic als Präsident,der glaube ich auch eher als pro-europäisch angesehen werden kann.Aber dann so um 2012 kam dann der Tomislav Nikolic wurde dann Präsident undVucic wurde dann 2014 Premierminister und beide eigentlich eher so mit diesemnational-konservativen,nationalistischen Feld zuzuordnen.Und im Falle von Vucic halt auch eine relativ starke,Ja, so ein Verhältnis auch zu Russland und das ist ja so ein bisschen dieser schwierige Bereich.Also auf der einen Seite hieß es immer so, ja Serbien orientiert sich irgendwienach Europa, aber dann halt irgendwie trotzdem immer dieses starke Verhältnis zu Russland.Also was hat sich durch Vucic dann verändert?
Dejan Mihajlović 0:20:49
Ich muss dazu wissen, dass er tatsächlich auch schon viel länger,also bevor er jetzt auch offiziell an der Macht war, einfach schon seine Fingermit drin hatte. Das heißt, er war ja auch mit Lorschwitscher mit dabei.Und das heißt, deswegen, es ist sehr viel intransparent an vielen Stellen.Es gibt auch viele so Geschichten, die erzählt werden, wo ich jetzt ehrlichgesagt nicht prüfen kann oder prüfen konnte, inwiefern die wahr sind, nicht wahr sind.Aber wo man schon ableiten kann dass er schon relativ früh relativ viel Mitsprachehatte und eine gewisse Wirkung hatte und Macht hatte und jetzt zum russischenVerhältnis ich würde es mal wieder auch da runterbrechen wollen,um es nicht zu ausführlich zu machen.Ich würde Vucic heute so beschreiben dass er letzten Endes eigentlich so einklassischer Autokrat ist das heißt letzten Endes hat er einfach,macht Befugnisse in alle Bereiche hinein und letzten Endes macht er das, was ihm dient.Und das, was mich so, was ich so interessant finde, ist eigentlich,ich habe lange Zeit, habe ich nicht verstanden, wie es sein kann,dass zum Beispiel die USA und Russland miteinander können.Also das heißt, dass dann eben jetzt so ein Trump mit dem Putin zum Beispieloder gewisse Kräfte, also autokratische Kräfte mit dem im Prinzip können,Weil ich bin einfach groß geworden und sozialisiert worden und habe es in der Schule gelernt,dass diese zwei Blöcke, das Ost- und Westblock, und dann haben die sich bekämpftund es waren einfach gewisse Werte dahinter und so weiter.Und jetzt gibt es aber halt eine Verknüpfung, diese autokratische,ist letzten Endes dann diese Oligarchie. Das heißt, einfach Menschen mit scheißviel Kohle und Macht schauen im Endeffekt, wie sie diese Macht weiter erhalten können.Und eigentlich ist im Endeffekt diese ökonomische Vernetzung,das ist das, was eigentlich die bindet miteinander.Das heißt, eigentlich wollen die im Endeffekt Macht, gebunden mit Geld an gewissen Punkten.Wollen sie erhalten. Und dementsprechend machen sie alles, was ihnen dient.Und wenn man es natürlich jetzt sagt, ich würde mich jetzt mal kurz verabschiedenvon allem, was national erzählt wird, nach dem Motto, dass eben,gehen wir davon aus, Putin wäre jetzt gar nicht so wichtig, also Russland garnicht so wichtig, das Volk gar nicht so wichtig.Und wir gehen davon aus, dass Trump jetzt die Amerika und das amerikanischeVolk nicht so wichtig wäre.Wir gehen davon aus, wenn wir Menschen ja eigentlich Macht haben wollen undan Macht bleiben wollen und reich sein wollen, weil sie es gleich noch ein bisschenGeld oder Finanzen wie auch immer im Prinzip brauchen, um diese Macht weiterhinausleben zu können oder halten zu können.Dann stellt man im Endeffekt eine Gemeinsamkeit fest.Und das ist tatsächlich das, was letztendlich global die alle so miteinander ins Spiel bringt.Wieso zum Beispiel auch Daniel Vucic eben Kontakte pflegt in die USA,Kontakte pflegt, also in Trump-USA, Kontakte pflegt in Putin-Russland,Kontakte pflegt nach China.Das heißt, er pflegt im Endeffekt Kontakte in alle Richtungen.Was jetzt im alten Verständnis nicht nachvollziehbar wäre, man sagt,das sind völlig verschiedene Systeme, aber nach dem Verständnis autokratischenDenken, von der autokratischen Logik her gedacht, ergibt es durchaus Sinn.Weil letztendlich wiederum jeder schaut so, wie er für sich irgendwie einenVorteil daraus gewinnen kann. Das heißt, man macht einfach Deals,die wiederum dem eigenen Land dienen.Das heißt, der Deal, der im Prinzip dann mit den USA schließt oder mit Russlandschließt, mit den Chinesen schließt, heißt halt immer, beide Seiten gewinnen dann.Und beide Seiten heißt aber, die Menschen, die in der Autokratie davon profitieren.Die profitieren davon. Das heißt, die Bevölkerung letzten Endes nicht.Und das ist so, wo ich sagen würde, dieses pro-russische aktuell beschrieben,würde ich jetzt sagen, ist das die Verbindung, die einfach da ist.Die ist völlig sattig betrachtet eine rein autokratische Verbindung.Die geschichtliche Kontext, jetzt Sprache, Kultur und so weiter,ist eine andere Nummer und ist auch völlig losgelöst von Vucic zu betrachten.Und das ist tatsächlich durchaus komplex.Weil auch dann natürlich Jugoslawien nochmal eine andere Rolle gespielt,hat im Vergleich zu anderen Satellitenstaaten, auch unter Tito eine andere Rolle gespielt hat.Das heißt, also da hat immer Jugoslawien eine Sonderrolle gehabt und auch heutewürde ich sagen, dass eben Serbien mit auch da nochmal eine andere Rolle undeine Sonderrolle im Prinzip hat, wenn man nicht vergleichbar ist mit anderen Staaten.
Tim Pritlove 0:24:50
Ja, ich meine, ich finde das eine gute Aufstellung, die du machst,weil das sieht man jetzt bei Trump ja ganz deutlich.Es gibt da so eine, ich nenne es eigentlich mal Mafia,so Leute, die halt einfach die Wesentlichen für sich selber arbeiten und danneinfach so eine Rolle als Staatspräsident ist dann ganz praktisch,um sozusagen all diese ganzen Deals zu machen.Da hat man einfach einen ganz anderen Reach, als wenn man jetzt nur so privatunterwegs ist und diese Leute, die verstehen sich irgendwie.Also die wissen, ah ja, du bist genauso korrupt wie wir.Wir sprechen eine Sprache und die halt nicht mehr in Blöcken oder in demokratischenPositionierungen oder auch nur langfristigen Entwicklungen denken.Also klar, Putin mag 10 Jahre, 20, 30 bis am Ende seines Lebens Plan im Kopfhaben, aber eben jetzt nicht mit wohin entwickelt sich mein Land und wie geht es allen besser,sondern halt einfach nur alles ist definiert von Macht und Einflussnahme undvon daher auch alles sehr kurz gedacht.Wen man da wahrscheinlich auch noch nennen kann, ist auch Erdogan,der genau ähnlich auftritt und diese Länder bilden dann irgendwie ungewollt,so unterschiedlich sie auch sind, eine Achse.Und deswegen stimmt auf einmal Trump halt auch mit Nordkorea irgendwie in derUN ab. Es ist einfach wirklich vollkommen verrückt, wenn man mal drüber nachdenkt.
Dejan Mihajlović 0:26:20
Ja, Geopolitik ist einfach tatsächlich, eigentlich kann man sie ökonomisch,ganz stark ökonomisch betrachten.Und dann eben, wie gesagt, in diesem oligarchischen, autokratischen Gedanken.Autokratie letzten Endes ist im Endeffekt dann einfach dieses Gerüst,was dem Ganzen einfach dann eben eine Funktion gibt oder eine Struktur gibt.Das heißt, über Autokratien kann ich das halt umsetzen, weil einfach dann dieMachtverhältnisse dann so gegeben sind, dass das funktioniert.
Tim Pritlove 0:26:47
So, jetzt ist der Vucec ja seit 2017 dann der Präsident.Also man muss vielleicht nochmal kurz erläutern, wie das in Serbien so funktioniert.Also es gibt so eine Machtverteilung zwischen Präsident und Premierminister.Der Präsident wird letztlich vom Volk gewählt. Der Premierminister wird vomParlament bestimmt auf Vorschlag des Präsidenten, wenn ich das richtig sehe.Und hat der Präsident hat aber trotzdem eine ganze Menge weitere Befugnissealso ist glaube ich offiziell der Oberbefehlshaber der Armee kann das Parlamentauflösen, hat glaube ich auch noch ein Veto-Recht und gilt auch so ein bisschen als Repräsentant,während halt der Premierminister so die tägliche,Politik macht und so für Innenpolitik und Wirtschaft und so weiter relevanter,ist, stimmt das so in etwa?
Dejan Mihajlović 0:27:42
Genau, also man kann es aber trotzdem, um Einfahrt halber so ein bisschen dasGefühl dafür zu bekommen, runterbrechen.Theoretisch müsste eigentlich schon ähnliche Funktionen oder Aufgaben habenoder so einen Auftritt haben, wie jetzt ein Bundespräsident,Bundespräsidentin in Deutschland.Das heißt auch, es stimmt, also alles, was du gesagt hast, so in die Richtung.Das heißt, wir haben trotzdem Unterschiede im Vergleich zum deutschen politischen System.Und zeitgleich wäre es aber schon so, dass eigentlich das, was er macht,ist nicht das, was er eigentlich, wozu er eigentlich befugt wäre.Und das ist auch so ein bisschen, so leider schon eine Überleitung zu dem,was eigentlich gleich kommen wird, weil letzten Endes, da wird immer immer vonStudentinnen genau darauf hingewiesen, dass er eigentlich für gewisse Dingegar nicht zuständig ist, für die er sich zu Wort meldet.
Tim Pritlove 0:28:26
Also Vucic hat sozusagen das Amt des Präsidenten auch neu definiert, kann man das so sagen?
Dejan Mihajlović 0:28:32
Er ist ein Autokrat. Das heißt, an der Stelle, wo einfach Exekutive sprechenmüsste, spricht er. An der Stelle, wo die Judikativi sprechen müsste, spricht er.An der Stelle, wo die Legislativi sprechen müsste, spricht er.Er spricht eigentlich immer.
Tim Pritlove 0:28:45
Okay. So, und offensichtlich haben jetzt die Leute in Serbien aber so ein bisschendie Schnauze voll von diesem Zustand.Es gab jetzt ein Ereignis im letzten Jahr, was erstmal gar nicht politisch warsondern da ist ein Dach eingestürzt was ist da passiert?
Dejan Mihajlović 0:29:13
Ja, es ist tatsächlich sehr politisch.
Tim Pritlove 0:29:17
Ja, aber erst mal nicht, aber dann schon.
Dejan Mihajlović 0:29:19
Genau, genau. Es ist tatsächlich so, dass ein Vordach in Novisat ist eingestürztund hat dabei eben, genau, am Bahnhof in Novisat ist ein Vordach eingestürzt.Das wurde aber frisch eben renoviert und wird auch eben gefeiert und wie tolldas alles ist und wie das Tolles gemacht wurde.Und Menschen sind natürlich davon ausgegangen, wenn etwas frisch und neu renoviertist, dass sie dementsprechend noch mal sicherer und besser und alles als zuvor,und dann ist eben das Dach eingestürzt, hat in dem Fall auch dann eben Menschenunter sich begraben das heißt zuerst waren es 15 Menschen die da verstorben sind später.Einige Monate später ist dann noch mal eine 16.Person den Folgen erlegen und es sind mittlerweile 16 Verstorbene und einige verletzte.Und daraufhin gab es eben dann wieder, als das passiert ist,gab es eben dann wieder Proteste auf der Straße.Also man wollte einfach wissen, was da los ist, wie kann das sein?Weil eben das ja alles so neu war.Und um es nochmal da abzukürzen, letzten Endes gab es circa drei Wochen,ich glaube sogar ziemlich genau drei Wochen später, gab es von einer Fakultätin Belgrad, ich würde sie über das darstellen, die Fakultäte der Aschinenkünste übersetzen,die haben auch so Gedenkminuten abgehalten, das heißt um 11.52 Uhr war dieserEinsturz des Vordachs und daraus hat sich abgeleitet oder hat sich irgendwanndann so etabliert über die Wochen,dass man immer um die Zeit rausgeht und dann eben diese Opfer gedenkt und inder Regel auch auf der Straße eben die Straßen blockiert und dann eben danndiese Opfer gedenkt, um auf die Aufmerksamkeit zu bekommen für diese Sache,die einfach da stattgefunden hat.Und bei diesem Gedenken an diese Opfer in Belgrad,Von den Studentinnen wurden die dann eben überfallen von Leuten,wurden also körperlich angegangen, wurden da verschlagen.Und die haben das dann eben so nicht hingenommen, dass das sein kann,dass man einfach eben Opfer gedenkt und dementsprechend dann eben angegriffen wird.Und der Angriff kam von Seiten des Regimes.Das heißt, man hat da eben auch dann Videos analysiert und rausgefunden,noch mehr oder weniger, wer da zuständig ist. Man hat dann festgestellt,dass die Polizei und die Gerichte einfach nicht ihre Arbeit machen.Das heißt, dass man eigentlich da gar nicht das macht, was man machen müsstein einem Rechtsstaat, also dem nachgehen.Und die Leute dementsprechend eben für ihre Taten eben zur Rechenschaft ziehen.Und dann haben die gesagt, okay, dann haben die einfach die Fakultät blockiert.Und haben die Fakultät die Blockade ausgesprochen.Daraufhin wurde das Rektorat, wenn ich es richtig im Kopf habe,Universität Belgrad auch nochmal, ging die Blockade.Und dann relativ schnell so Tag für Tag kamen andere Fakultäten dazu.Aus Solidarität haben sie dann auch in die Blockade gegangen und das hat dannirgendwann landesweit sich gestreut.Und mittlerweile sind über 60 Fakultäten landesweit, ich habe die genauen Zahlennicht im Kopf, aber ich weiß, dass man wieder noch neue Fakultäten hinzukommen,sind im Endeffekt in der Blockade.Das heißt, die haben die Gebäude einfach dann verriegelt und haben den,das heißt, es findet kein regulärer.Kein Hochschulbetrieb statt. Es haben sich Schulen auch dem angeschlossen.Also auch Schulen sind in die Blockade gegangen.Und so hat das Ganze im Endeffekt angefangen. Das heißt, es haben die Studentinnenangefangen, eben dann in die Blockade sich zu organisieren.Das heißt, die haben angefangen, dann eben Pläne durchzuführen.Das heißt, die sind einfach zusammengekommen und das Plenum hat gewisse Regeln.Das heißt, jeder hat einfach zum Beispiel das Recht, einen Vorschlag vorzutragen,einen Punkt vorzutragen, diskutiert werden soll.Es gibt dann gewisse Regeln, auch wie gewisse Dinge abgestimmt werden.Und diese Pläne haben letztendlich dann wiederum einfach alles,was danach gekommen ist, organisiert und kommuniziert.Und die haben unter anderem einfach Forderungen gestellt.Das heißt, am Anfang waren es fünf Forderungen, die sie gestellt haben.Und diese fünf Forderungen, die sie gestellt haben, waren so völlig banale Sachen eigentlich.Eigentlich wollten die nur wissen, die wollten offenlegen und Dokumente, Papiere,des ganzen Vorfalls, also in Verbindung mit dem Vorfall in Nobisar,dass man einfach danach vollziehen kann, wer ist eigentlich an welcher Stelle,verantwortlich, was man dementsprechend die Konsequenzen daraus ziehen kann.Dann wollten sie einfach einfach letzten Endes die Sachen, die sie geforderthaben, hätten umgesetzt, bedeutet, dass man einen Rechtsstaat hat.Dass Institutionen das machen, was sie eigentlich machen sollten.Und diese Forderung haben natürlich einen gewissen Druck ausgelöst.Das heißt, die haben wiederum dann zu einer gewissen Reaktion bei der Regierunggeführt und natürlich, wie ich es jetzt vorhin gesagt habe,Vucic spricht ja zu allem, hat sich auch Vucic hier zu Wort gemeldet und erklärteben, wie man es sehen kann, hat auch erklärt, dass gewisse Forderungen eben,wollte ein Gespräch suchen auch mit den Studenten und da haben die tatsächlichdann die Studenten etwas gemacht, was für ihn ungewöhnlich war.Und zwar haben die gesagt, du bist nicht zuständig. Und in dem Moment war esdann schwierig für ihn, irgendwie zu kommunizieren und irgendwas zu handhaben,weil klar war, egal was er macht, er ist nicht zuständig. Und das haben dieimmer wieder wiederholt.Das heißt, die Medien und alle politischen Akteure haben immer darauf verwiesen,die Studenten auch immer gefragt, was sie davon halten, was sie davon denkenund so weiter. Und da haben wir Mubicic ins Spiel gebracht.Und die haben dann wiederholt gesagt, so mantra-mäßig, er ist nicht zuständig.Und das ist natürlich dann eben mal so eine Machtdynamik.Und Machtkonstrukt, was über lange, lange Zeit funktioniert hat,hat es einfach ausgehebelt.
Tim Pritlove 0:34:54
War das richtig so ein Schlachtruf dann so auf den Straßen, dass er nicht zuständig ist?
Dejan Mihajlović 0:34:58
Es war insofern, es war jetzt kein Schlachtruf, aber es war ein Klassiker beiallen Interviews, weil die fragen tatsächlich immer wieder viel,auch von Journalistinnen und die haben immer wieder darauf gewiesen,er ist nicht zuständig oder auch dieses, wer ist er?Also nach dem Motto so ein bisschen keine Ahnung, wieso so als er eine Rollespielen soll, weil die eine Forderung, die wir hier gestellt haben,die betrifft im Endeffekt dann, keine Ahnung,das Ministerium und diese Behörde und die müssen sich darum kümmern.Es ist deren Aufgabe, das zu tun.Und mit denen muss man sprechen und nicht mit einer anderen Person.
Tim Pritlove 0:35:37
Okay, also es wurde dann immer wieder mantra-mäßig reingeworfen,so, was hat der Präsident damit zu tun? Genau.Und das hat gewirkt, also ich meine, jetzt ist ja so, Studentenproteste,ist ja meistens der Bevölkerung oft egal.Weil das ist ja so die Elite und die Studenten protestieren ja sowieso die ganzeZeit gegen alles mögliche und ich glaube, das wird dann auch so in der Bevölkerungoft so wahrgenommen mit so, naja, ihr seid ja eh die Privilegierten,die später die guten Jobs bekommen.Jetzt regt ihr euch mal wieder was auf, aber das, was irgendwie uns betrifft,das tangiert ja euch dann auch wieder nicht.Was haben wir damit zu tun wiederum?Das, denke ich mal, ist so ein Ding, was man oft so mitbekommt bei allen Protesten.Aber offensichtlich scheint das jetzt in Serbien so einen gewissen Schritt nochgenommen zu haben, dass es anders wahrgenommen wird.
Dejan Mihajlović 0:36:34
Ja, weil die Grundvoraussetzungen oder die Rahmenbedingungen andere sind.Und das, was du beschrieben hast, trifft nicht auf Serbien zu.Das heißt, es ist eben keine Elite.Das heißt, für mich ist das ein zentraler Unterschied, den man hier vorheben,der tatsächlich kaum eine Rolle einnimmt bei der Betrachtung,ist, dass eben in Serbien hast du noch aus so, ja, wie soll ich sagen.Überbleibsel aus dem ehemaligen Jugoslawien, diesen Sozialstaat,der stark ausgeprägt war und eine Geschichte in Serbien ist,dass 50 Prozent der Studentinnen staatlich gefördert werden.Das heißt, es können Menschen aus allen Bildungs- und ökonomischen Schichtenstudieren. Und das machen die auch.Das heißt, also Menschen, die aus ASEAM-Verhältnissen kommen,können mit einem gewissen Durchschnitt und gewissen Noten, können die im Endeffektdann über Staatskosten studieren.Und bekommen auch Unterkünfte und so weiter. Und das macht es dementsprechendweitaus wenig elitärer als jetzt in Deutschland.Das heißt, in Deutschland haben wir zum Beispiel eben, da gibt es auch genugZahlen dazu, dass einfach hauptsächlich die, die studieren, sind Akademiker-Kinder.Das heißt, AkademikerInnen, die als Eltern dann behalten, so relativ hohe Wahrscheinlichkeit,dass du auch selber studieren wirst.Und das ist natürlich jetzt in Serbisch eine andere Nummer. Das spielt tatsächlichdann insofern eine Rolle, weil die Akzeptanz dessen, was die machen, eine andere ist.Weil die Kommunikation dessen, die sie haben, ist eine andere ist.Das heißt, die haben eine völlig andere Verwurzelung.Und die haben einen völlig anderen Rückhalt auch in der Gesellschaft.Und dementsprechend werden die auch anders wahrgenommen.Also es ist vielleicht so, ein zentraler Unterschied, der aus meiner Sicht tatsächlicheigentlich, den man echt nur streichen muss, glaube ich.Das andere ist, dass die Studentinnen eben nicht die tollen Jobs bekommen.Das ist mit so ein Teil von den ganzen Komplexen, was ich versucht habe vorhin so anzudeuten.Wir haben in Serbien einen unfassbaren Braindrain.Das heißt, seit vielen, vielen, vielen Jahren gehen Menschen aus Serbien raus,weil ich so, wie ich es beschrieben habe, die Situation nicht nur ich so eingeordnethabe, sondern Menschen, die einfach gesagt haben, ich kann hier,ich sehe hier keine Zukunft.Das heißt, mit dem Abschluss, den ich gemacht habe, bekomme ich hier eigentlichkeinen vernünftigen Job und ich habe hier auch keine Gesellschaft und keineAnbedingungen, die ich mir für meine Kinder mir wünsche.Und dementsprechend hast du einfach unfassbar viele Serbinnen,die eben im Ausland leben, in der Diaspora.Und das ist ja auch so, wird dann später vielleicht ein Gespräch nochmal eineVerbindung, eine Rolle spielen, wenn wir über diese Fahrradtour sprechen.Das heißt, es ist tatsächlich so, ich habe in einigen.Interviews oder jetzt auch so Podcasts und sonstige Sachen mir auch angehört,wie es gab zum Beispiel eine Professorin, die nach Serbien zurückgekehrt ist,vor einigen Jahren und die jetzt auch so sagt, für sie entsteht es gerade wie so eine Hoffnung von,Es könnte gelingen, etwas zu bewirken, dass dieser Brain-Brain endet,dass die Menschen nicht mehr ergehen.Und viele Studentinnen, auch wir hören ziemlich viele Studenten-Podcasts an, die sagen auch das.Letzten Endes gehen die auf die Straße und machen das, um nicht das Land verlassen zu müssen.Das heißt, die wollen eigentlich etwas verändern, um Rahmenbedingungen zu schaffen,in denen sie leben können, in denen sie sich vorstellen können, da zu bleiben.Und ein zentraler Aspekt ist zum Beispiel auch in dem Wucic-Regime, dass man weiß,dass es Menschen gibt, die hohe Positionen besetzen ohne akademischen Abschluss,ohne überhaupt die Kompetenz, die sie mitbringen müssten, beziehungsweise kaufen Diploma.Man weiß das. Also man weiß das aus Interviews, wo man offensichtlich dann festgestellthat, dass Menschen nicht mal benennen konnten, was sie studiert haben oder inwelchem Fach sie was abgeschlossen haben, aber Diploma besitzen zum Beispiel.Und das sind völlig schräge Nummern.Und das ist natürlich so ein Punkt, wo die Studentinnen sagen,ja, was bringt es mir einfach?Und das ist das, wenn die Leute jetzt sagen, wenn du jetzt nicht studierst,dann wirst du diese Abschlüsse nicht haben und dann kannst du nicht dein Leben fortsetzen.Und die sagen halt, das kann ich auch so nicht, Weil was bringt es mir jetztin diesem Serbien zu studieren, Abschluss zu machen, weil mein Abschluss sowiesonichts wert ist, außer ich bin in dieser Partei, Mitglied der Partei und tuedas, was das Regime wünscht.Dann habe ich im Endeffekt eine Chance, irgendwie eine Stelle zu bekommen undselbst dann muss ich im Endeffekt gucken, ob es vielleicht doch nicht irgendwieeinen Sohn gibt oder eine Tochter gibt, die im Endeffekt dann die andere Stellebekommt, weil sie halt eben der Sohn, der Sohn, die Tochter ist von Person XY.
Tim Pritlove 0:41:00
Und das bedeutet, dass also diese Proteste jetzt eine viel breitere Unterstützungerfahren haben in der Bevölkerung.Und wie haben sich jetzt diese Proteste entwickelt, seitdem es sozusagen losging?Wo sind wir da jetzt?
Dejan Mihajlović 0:41:17
Also ich würde sagen, es gab, ich würde tatsächlich sagen, das ist ein Gedanke, der mich verfolgt ist,es ist alles, was jetzt passiert ist, nichts davon ist, glaube ich,richtig geplant geworden und manches ist geplant geworden.Das heißt, also manchen Stellen kann man es nicht planen.Ich glaube, an manchen Stellen sind einfach günstige Faktoren zusammengekommenund haben dementsprechend Sachen ausgelöst, die wiederum zum nächsten Schritt geführt haben.Das heißt, ich glaube, dieses Implenum zusammenkommen und diese Blockade hatzu gewissen Dingen geführt.Das heißt, Studentinnen haben dann zum Beispiel sich anders kennengelernt undhaben durchs Plenum einfach erfahren, wenn jeder etwas in die Waagschale wirft,dann kommen eigentlich mit kollektivem Wissen zu richtig guten Entscheidungenund zu richtig guten Strategien.Oder haben angefangen, eben dann so zu arbeiten.Und da gab es erstmal so Demonstrationen, die letzten Endes dann angefangenhaben mit, ich würde sagen, in Slavia gab es eine Demo, die relativ große,wo auch tatsächlich das so ein bisschen die Runde gemacht hat,einfach von Emotion her.Weil es, also ihr habt ja vorhin in diesen Schweigeminuten, habe ich berichtet.Und wenn man nicht da war und es nicht gesehen hat, erlebt hat,das ist schwer, eigentlich Worte zu fassen.Das ist eine unfassbare Kraft, die aus diesem Schweigen hervorgeht.Das heißt, wenn einfach unfassbar viele Menschen nebeneinander stehen,in so einer großen Stadt, und niemand bewegt sich, alle stehen da,alle schweigen, über so einen langen Zeitraum, das ist eine enorme Kraft,das macht was mit Menschen.Das sind so Dinge gewesen, die zum Beispiel wiederum wie so einen Dominoeffekteinen nächsten Schritt bewirkt haben, glaube ich, dass man weiter und weiterund weiter gegangen ist.Und dann gab es auch diese Blockade von so einem Knotenpunkt im Bergrad,wo auch die ersten Mal Studentinnen damit gerechnet haben, dass nur Studenten da hinkommen.Aber da hat sich die Zivilgesellschaft krass eingeschaltet. Also mich hat meinKumpel angerufen mit FaceTime und hat mir einfach dann mit seiner Familie hingegangenund hat mir gezeigt, wie er da steht.Und es waren 24 Stunden gegen das ganze Ding. Es war einfach wie so ein Riesenfest,wie so ein Volksfest letzten Endes.Und dann gab es eben so auch Sachen, die zum Beispiel diese gemacht haben,die wiederum auch dann dazu geführt haben, dass dieser Rückhalt der Bevölkerung dann entstanden ist.Also zum Beispiel neben dieser Autokommander-Geschichte, wo sie diesen Knotenpunktblockiert hatten in Belgrad, die haben danach die Straßen gereinigt und geputzt,die waren sauberer als jemals zuvor.Und das hat man gesehen und es hat sich herumgesprochen und die Leute,die gerade fahren herum und sehen das und haben sich gewundert,was ist denn das jetzt, das sah es noch nie aus so sauber.Und die haben auch da schon angefangen, eben auch nochmal authentisch und immermit jedem Schritt, den sie gemacht haben, ihre Werte, ihre Forderungen,die sie gestellt haben, auch fortzuleben.Das wiederum dazu geführt hat, dass Menschen einfach das angesteckt hat,an gewisser Art und Weise, mit dem, was sie im Prinzip machen.Auch diese zum Beispiel, wenn man diesen Auslöser nimmt am Anfang,wo sie in die Blockade gegangen sind, Da haben die ja gesagt.Sie verurteilen aufs Maximalste jede Form von Gewalt.Und sie können nicht akzeptieren, das im Land zu leben, wo Gewalt okay ist undwo Gewalt nicht geahndet wird.Und auch das haben die jedes Mal aufs Neue immer wieder vorgelebt.Das heißt, immer wieder gab es Übergriffe von Gewalt.Das heißt, Menschen wurden im Auto überfahren, Menschen wurden zusammengeschlagen.Und jedes Mal war die Antwort noch mehr. Noch mehr Menschen auf der Straße.Noch lauter. Und ehrlich gesagt aber nie die Lebensfreude mit weniger Lebensfreude.Das heißt, auch das kommt hinzu.Die jungen Menschen, die auf die Straße gehen, die haben gewisse Botschaften,die sie mit sich bringen.Und es ist auch eine gewisse Leichtigkeit, die sie haben, die sie auch da verbreitenund streuen und die Menschen auch unfassbar ansteckt.Also wer da hingeht, das ist wie eine Riesenparty letzten Endes.Und sind einfach Menschen, die unfassbar höflich sind, nett sind,zuvorkommend sind, solidarisch sind, hilfsbereit und auch das wiederum,das wirkt sich auf alles drumherum einfach aus.
Tim Pritlove 0:45:20
Jetzt gab es, glaube ich, im März die bisher größte Kundgebung.Wo war das und wie kam es dazu, dass das sich dann nochmal so,war das einfach nur eine Konsequenz dadurch, dass immer alles gewachsen istoder gab es da nochmal so einen besonderen Moment?
Dejan Mihajlović 0:45:40
Also ich muss dazu sagen, dieses Wachsen, es ist so hochkomplex.Es gibt bei den Studentinnen Arbeitsgruppen. Ich habe gesehen,eine Arbeitsgruppe zum Beispiel ist auch, die beschäftigt sich damit,mit politischen Akteurinnen zu sprechen und die letztendlich für diese ganzeGeschichte zu gewinnen als Unterstützer.Das heißt, die führen auch proaktiv Gespräche, ob jetzt mit Gewerkschaften,mit verschiedenen Gruppierungen.Das heißt, es ist alles im Zufall überlassen. Ich glaube, dass an verschiedenenStellen Dinge einfach dann so sich ergeben und an manchen Stellen wird Geldsehr gezielt von denen auch dann initiiert und auch geplant.Also zum Beispiel auch dieses, der ist jetzt den 15. März angesprochen,der in Belgrad stattgefunden hat.Davor gab es aber eben genauso große Kundgebungen in anderen Städten,in anderen studentischen Städten, um auch da wieder ein Zeichen zu setzen.Es ist das ganze Land, es ist landesweit, um auch zeitgleich solidarisch zusein mit allen anderen Universitätsstädten und den Fakultäten und auch den Fokusdarüber zu lenken, zu sehen, was passiert da,welche Fakultäten sind es da, welche Studenten sind es da, welche Anliegen sindes da und zeitgleich haben sie auch das in Protestmärch gemacht.Das heißt, die haben angefangen, aus dem ganzen Land haben sie angefangen,in diese Städte zu marschieren, also zu laufen.Das sind mehrere hundert Kilometer an manchen Stellen gewesen.Das heißt, die haben also auch das zum Beispiel gemacht, um wiederum aus meinerSicht strategisch unfassbar klug, du hast natürlich dann über den langen Zeitraumviel Content, viel Aufmerksamkeit.Das heißt, du kannst über soziale Netzwerke, die eine sehr große Rolle spielenin Serbien, kannst du Bilder ausstrahlen, wie Menschen einfach zu Fuß sich aufden Weg machen in andere Städte, um da eine gemeinsame Kundgebung durchzuführen.Plus, sie sind bei diesen Protestmärschen durch zig Dörfer gelaufen,wo sie mit Menschen ins Gespräch gekommen sind. Menschen, die eigentlich nurStaatsfernsehen haben.Und die eigentlich nur das hören, was Vucic sagt, weil Vucic einfach jeden Tagim Fernsehen erscheint und erklärt und einordnet, was eigentlich passiert.Und das heißt, er hat dann erklärt, dass zum Beispiel die Studentinnen ebenausländisch bezahlte, gekaufte, inszenierte Gäste sind. Genau, richtig, ja.Und die Leute haben einfach dann gesehen, hey, die haben sie gesehen vor ihrerHaustür, konnten mit denen sprechen und haben dann gesehen, das ist nicht so.Die haben die kennengelernt, ihre Geschichten kennengelernt und dementsprechendhaben auch dann solche Aktionen, die die Studentinnen durchgeführt haben, dazu geführt,dass wiederum auch in diesen Dörfern, diesen umliegenden Ortschaften einfachviel mehr Menschen mitbekommen haben, was da eigentlich passiert und dass dawas passiert und welche Dimension es passiert.Man muss dazu sagen, dass das Fernsehen, das Staatsfernsehen oder im Endeffektdie ganzen Sender auch wiederum sehr stark in der Hand von Vucic sind.Das heißt im Endeffekt von Vucic selbst auch. Das heißt, er tritt sehr,sehr häufig auf, hat unfassbar viele Redezeiten, wo auch in die Kamera spricht und Leuten was erklärt.Und deswegen war es eben auch ein Anliegen von Studentinnen zu sagen,wir müssen eigentlich irgendwas machen, um das zu kompensieren oder um die Aufmerksamkeitzu erreichen und Menschen zu erreichen, die wir sonst nicht erreichen.Und deswegen war diese Protestmärsche durch das ganze Land ein Element davon zum Beispiel.Und am Ende war es dann eben so, als man verschiedene Städte so hatte.Die Proteste wurden immer größer und größer, würde ich jetzt mal sagen, vom Gefühl her.Das heißt, ich habe das Gefühl, dass immer mehr Menschen da zusammenkommen.Die Zivilgesellschaft hat sich immer stärker eingestaltet. Also zum Beispielauch bei den Protestmärchen in anderen Orten, in anderen Städten.Was dann so, dass dann Leute ja nicht nur Studentinnen aus Belgrad hingekommensind, auch andere Leute aus anderen Ländern, aus anderen Städten sind auch hingefahrenzu den Protesten, um da sich anzuschließen.Und dann war so die Frage, wo sollen die alle schlafen? Wie kommen die alle unter?Und dann hat die Zivilgesellschaft angefangen, sich zu organisieren über Facebook-Gruppen.Ich war in einer zum Beispiel drin, das mir anzuschauen.Und die haben dann angefangen, eben sich zu organisieren, wer welche Bettenzurecht, die ihnen zur Verfügung stellen kann.Manche Menschen haben die ganze Wohnung, die ihnen zur Verfügung stellt.Das heißt, du hast einfach so gemerkt, also da kamen immer mehr und mehr Zivilgesellschaftstärker ins Spiel rein und dieses, ich bin Teil dieses Ganzen,was da gerade stattfindet, hat wiederum was bei denen ausgelöst.Das heißt, es ist eine superkomplexe Entwicklung gewesen, wie so einzelne Schritte,die sie im Endeffekt erwogen haben, wiederum zu gewissen Phänomenen geführthaben, dass die Zivilgesellschaft einfach ermöglicht wurde, sich daran zu beteiligen.Also angefangen mit diesen Protestmärschen, kamen zum Beispiel Omas und Opasraus, die haben nichts außer Äpfel aus ihrem Garten gepflückt gehabt und habendie denen einfach gegeben.Und es war für sie so dieses, ich habe nicht viel, aber das ist das, was ich euch gebe.Und die haben sich dann so das Gefühl gehabt, auch mitgewirkt zu haben.Es gab auch ganz viele Bilder, ich muss eigentlich mal weinen,wenn ich ehrlich bin, die dann entstanden sind und.Und das ist so das Endeffekt, was dann dazu geführt hat, am 15.März, also das hat sich so gesteigert, würde ich sagen, an verschiedenen Stellen,teilweise eben strategisch und eben auch initiiert durch auch verschiedene Solidaritätsproteste.Also zum Beispiel gab es dann eben auch Proteste auch mit dem öffentlichen Nahverkehr,solidarische Proteste von Studenten mit denen oder mit den ApothekerInnen oderPharmazeutInnen oder mit den Landwirten.Das heißt, man hat verschiedene Gruppierungen auch in gemeinsamen Protestmärchenorganisiert und sich mit denen gemeinsam solidarisiert. und das hat dazu geführt, dass am 15.März gab es diese riesengroße Demo, in der ich auch war in Belgrad.Es waren dann, ja, da gibt es verschiedene Zahlen, die im Netz kursieren,aber ich würde mal sagen, das war dieser Volksaufstand.So kann man beschreiben, hat ein Kollege, der auch mit da war und Journalistist, hat es so beschrieben und ich würde sagen, den Volksaufstand trifft es gar nicht ganz gut.Mein Zahlen nach, die ich jetzt einordnen würde und ich würde sagen.Ich würde von mindestens 5.000 bis 600.000 ausgehen ich glaube,es deutlich mehr waren, aber ich sage mal, wir geben 500.000 bis 600.000 Menschen aus,dann war es so, Pi mal Daumen, würde ich mal sagen, 10% wahrscheinlich nochmehr der Bevölkerung, der Gesamtbevölkerung, waren an dem Tag auf der Straße.Und jetzt kann man überlegen, auf Berlin, jetzt stellen wir mal eine Demo Berlinvor, mit eben 10% der Gesamtbevölkerung Deutschlands, was das bedeuten würde.Und dann hast du ein Bild von diesen Massen, die da waren. Also ich war in derStadt, du konntest dich nicht bewegen.Das heißt, überall waren Menschen. Ich bin gestartet im Stadtteil,der draußen ist und bin dann von da aus reingelaufen.Und es waren da, also ich habe das Gefühl gehabt, jeder, der irgendwo,jeder war auf der Straße.Im Stadtteil, wo ich selbst herkomme, hat mein Onkel mir Bilder geschickt zudem Tag an dem Morgen. Und da habe ich auch die Bilder gesehen,ich habe es auch gepostet über Instagram und so weiter auch.Da wird mit Drohnen aufgezeichnet.Jeder, der wohnt, war auf der Straße. Und es haben auch nicht alle aber in dieStadtmitte geschafft, weil eben es wurden ja auch über Tage davor.Und die Bahn hieß Brummendrohung, vor die Bahn nicht Busse, ich habe einen Kumpel,der bei der Busgesellschaft arbeitet, da wurden Busse eingestellt ich wusstedann eben, wie es abgelaufen ist dass ich eben auch angewiesen wurde wiederum eben,dass die Busse nicht fahren sollen, reinfahren sollen das heißt,es wurde wirklich alles getan, um den Menschen zu erschweren,in die Stadt zu kommen und trotzdem waren so viele Menschen an dem Tag im Endeffekt da,und jetzt kommt eigentlich der springende Punkt.Und worüber ich, was ich tatsächlich politisch sehr spannend finde,es gab an diesem Abend, an dem Tag, gab es einen Vorfall, dass eben ein Geräteingesetzt wurde, das jetzt nicht infiziert werden konnte und sagen kann,was genau für das Gerät war.Aber es wurde sowas wie eine Art von Waffe eingesetzt, was irgendwelche Töne,Geräusche, was auch immer, akustischeWellen ausstößt und dann eben eine Massenpanik, die auslösen sollen.Ich war tatsächlich auch da, da stand ich tatsächlich an der Terrasse.Ich habe auch eine Kollegin, die nebenher stand es, gefilmt.Es waren nämlich am Ende der Schweigeminuten. Das heißt, du hast diese 15 MinutenSchweigeminuten gehabt an dem Abend.Und in der letzten, glaube ich, letzten, vollletzten Minute dieser Schweigeminuten ging es dann los.Und am Anfang habe ich nicht so richtig gecheckt, weil es ist tatsächlich sobei den Schweigeminuten am Anschluss in den Schweigeminuten kommt immer Lärm.Und ich dachte so, okay, es ist halt zu Ende und jetzt kommt der Lärm.Bis ich dann erst, also auf der ersten Millisekunde, glaube ich,so Gedanken, den ich hatte.Und dann habe ich gemerkt, die Leute fangen an wegzurennen, es splittet sichso in zwei Richtungen und rennt auf mich zu. Und dann bin ich auch so weggeranntund ich dachte, okay, die rennen zu mich drüber.Und erst so im Laufe der nächsten ein, zwei, drei, vier Tage hat es sich sorausgestellt mit den Videoaufnahmen, haben, die es einfach so gab,die es nicht diskussiert haben, hat man so langsam so Puzzleteile gehabt undkonnte sich so ein Bild im Prinzip draus machen.Und es ist mittlerweile tatsächlich auch eine weitere Forderung.Das heißt, jetzt sind es nicht mehr fünf Forderungen, es sind mittlerweile sieben Forderungen.Die sechste Forderung ist tatsächlich die Aufklärung dieses Vorfalls.
Tim Pritlove 0:54:22
Weiß man denn jetzt mittlerweile, was es ist? Also es wurde ja dann erstmalviel darüber spekuliert.Ich habe das auch mitbekommen, auch so in Militärkreisen, war das auf einmalvoll die Nachricht mit, was ist da jetzt eingesetzt worden.Da gab es dann irgendwie so, erste Vermutung war glaube ich so eine Hitzewaffe,dass man irgendwie so mit so einer Mikrowellenstrahlung sozusagen so einen Hitzeeffektmacht, aber es war ja eher ein akustisches Ereignis.Du hast es nicht gehört, du hast es nicht empfunden.
Dejan Mihajlović 0:54:52
Ich habe tatsächlich, das Problem ist, ich habe schon was zum Ton gehört,aber ich habe es nicht bewusst wahrgenommen. Das war eher was Unbewusstes.Also tatsächlich meine unbewusste Reaktion war, ich hatte, an meinem Hirn gingdas Bild an, da fährt ein Auto rein.Das war mein Bild. Weil auch es war in Kombination mit Ton und dem Menschenauf die Seite gesprungen sind.Und man muss dazu sagen, was jetzt auch nicht gesagt wird, ist am Morgen andiesem Tag ist auch wieder ein Auto in Menschen reingefahren.Das heißt, es gibt tatsächlich eine gängige Methode, die seit vielen Monatengenutzt wird von Seiten des Regimes, ist, dass einfach immer wieder Menschenmit Autos in Menschen reinfahren.Und man hat versucht, einfach Menschen so einzuschüchtern. Im Endeffekt,das ist Terror, das ist nichts anderes als Terror, reiner Terror.Das heißt, die Studentinnen haben tatsächlich im Vorfeld immer gebeten,dass an dem Tag bitte alle in die Stadt kommen und alle.Zeigen, wofür sie eigentlich einstehen. Und sie haben immer darum gebeten,dass bitte Familien, auch da alle mit Familien reinkommen.Auch das hat strategische Gründe gehabt. Jetzt nicht nur im Sinne von,wir zeigen, dass ganz Serbien im Endeffekt hinter diesen Forderungen steht,sondern letzten Endes auch insofern Gründe, wenn Kinder auf der Straße sind,darf zum Beispiel die Polizei kein Trängas einsetzen.Also das heißt, es gab wirklich so verschiedenste Aspekte im Hintergrund,die diskutiert wurden, die unter anderem auch dann so kommuniziert wurden,weil klar war, bitte kommt auch mit Familienkindern dahin.Und ich muss sagen, als ich morgens aufgestanden bin, an dem 15.,da kursierte gerade das Video, wo eben Leute losgelaufen sind und wieder einAuto reingefahren ist in Menschen.Und da dachte ich, scheiße, ja, mal gucken, wie viele Menschen zu Hause bleibenoder wie viele Familien sich doch entscheiden, mit den Kindern nicht hinzukommen.Und als ich dann eben raus bin und dann gesehen habe, ganz viele Kinder,ganz viele Familien mit Kinderwägen und so weiter, dann wusste ich,okay, die werden trotzdem hingehen.Und deswegen ist auch, glaube ich, auch in Verbindung mit den Erfahrungen der letzten Monate,ich glaube auch, dass das auch mit Teileffekt war, der Reaktion und auch desEmpfindens der Leute, weil natürlich du abgespeichert hast im Hinterkopf,eine Methode angewandt wird, dass Menschen ein Auto hier reinfahren in uns.Und dementsprechend regierst du auch automatisch dann wahrscheinlich mit diesemWissen, was du abgespeichert hast.
Tim Pritlove 0:57:14
Ja, das kann schon sein. Also es ist, glaube ich, immer noch ein bisschen ungeklärt.Die Vermutung lag so bei so Schallwaffen.
Dejan Mihajlović 0:57:20
Das aktuellste, interessanteste Piece in der ganzen Geschichte ist,dass es eine Untersuchung gab von russischer Seite aus,die auch eine völlig schräge Nummer, wo auch die Studentinnen sagen würden,die sind nicht zuständig.Also es ist nicht der ausländische Geheimdienst hier oder von Russen oder Amerikanern,wer auch immer, ist nicht zuständig für diese Sachen.Wir haben eigene Institutionen, eigene Behörden, die diese Arbeit leisten müssten.Und das Witzige ist an dem Papier, was von dem russischen Papier veröffentlichtwurde, was irgendwo gesagt wurde, dass eben da nichts zum Einsatz kam,wurde jetzt aufgedeckt von Leuten im Netz, dass da eben Buchstaben vorkommen,die es den russischen gar nicht gibt.Es ist ein serbischer Buchstabe, es ist hier und das haben die gar nicht undzeitgleich wurde auch Metadaten entdeckt, dass es auf Word geschrieben wurde,was im Russland nicht verwendet wird.Das heißt, es gibt einige Indizien, Indikatoren, die darauf hindeuten,dass das Dokument gefälscht ist und tatsächlich überhaupt bearbeitet wurde undtatsächlich gar nicht von den Russen stammt.Und das ist aber auch jetzt etwas, was so ein bisschen so an der Seite so mitschwingt.Also ich bin in verschiedenen Foren mit drin und gucke immer so,was auf Entwicklungen da sind.Das ist aktuell so eine Geschichte, die jedenfalls gerade kursiert.
Tim Pritlove 0:58:35
So, 10% der Bevölkerung gehen auf die Straße.Ich glaube, allein 300.000, also mal gut die Hälfte von dieser Zahl, waren dann in Belgrad.Also sozusagen 5% der Bevölkerung auf der Straße.
Dejan Mihajlović 0:58:51
Ich rede von Belgrad. Ich hätte tatsächlich, diese 300.000 ist die Zahl fürBelgrad kursiert, aber ich meine wirklich, dass 500.000, 600.000 waren.Im Belgrad wird es sogar viel mehr.Also das Problem ist einfach, du musst überlegen, die haben halt Leute gezähltan gewissen Punkten. Und an gewissen Punkten nicht. Die Stadt ist groß.Das heißt, Leute sind in Stadtteilen auf die Straße und sind gar nicht bis zurStadt mitgekommen zum Beispiel. Die werden ja gar nicht gezählt.Deswegen gibt es auch tatsächlich niemanden, der bis heute seriös eine Zahlrausgeben kann. Du kannst es tatsächlich nicht rausgeben.Also aus dem Stadt, wo ich gekommen bin zum Beispiel, da gibt es eine Brücke,über die Brücke durfte nur ein gewisser Teil rübergehen, damit die Brücke nichtdurch die Schwimmbewegungen einstürzt.Und das heißt, ich weiß, am Abend um 18 Uhr saß ich in einem Restaurant,hab gegessen, hab die im Fernsehübertragung gesehen, wie Leute immer noch inder Brücke stehen und nicht rübergekommen sind.Das heißt, deswegen ist die Zahl schwer zu fassen. Und vielleicht ein Punktnoch an der Stelle, dem 15.Es wurde gezielt, es gibt jemanden vom Parlament, den Pionierpark,den hat Vucic über Wochen davor, hat er Leute Zelte aufstellen lassen und eswaren dann die Studentinnen, die lernen wollen.Also, das war der sie genannt und hat dann angefangen, eben so gegen Studentinnenirgendwie da zu engagieren.Und ich weiß, dass zum Beispiel teilweise sind die Studentinnen drin.Aber teilweise Studenten von Fakultäten, die gar nicht in der Blockade sind,das heißt, die könnten eigentlich wunderbar studieren gehen,also keiner hindert sie dran.Teilweise waren es auch gecasterte Leute. Und das weiß ich, weil ich wiederumeinen Kumpel habe, der eben so Castingsachen macht, also für Werbung,für Unternehmen und der wurde auch angerufen und gefragt, Gruppe Leute hätte,die für den Betrag in den Park gehen zum Beispiel.Also, das heißt, ich weiß aus sicherer Quelle, dass das einfach gekaufte Leute im Endeffekt waren.Und wenn du hingegangen bist, hast du gemerkt, da waren auch Leute mit dabei,die auch deutlich älter waren, wusste, sind keine Studenten.Irgendwann haben sie angefangen, Traktoren dahin zu stellen drumherum und imEndeffekt hat sich so ein Ding entwickelt und in den Park waren am Schluss irgendwelcheSchläger-Truppen drin einfach.Und die These war einfach die, also mit dem Wissen, was ich habe und den Menschen,den ich gesprochen habe, deutet viel darauf hin, dass Vucic an dem Tag wollte die Eskalation haben.Das heißt, dieser Paar hat eigentlich die Funktion gehabt, zum einen die Funktion,glaube ich, er hat es gekommuniziert, dass sie ihn schützen sollen,die Leute, wenn Leute ins Parlament stürmen.Er hat immer gesagt, das Parlament wird gestürmt werden und er möchte einfachLeute haben, die ihn schützen, so nach dem Motto.Aber letzten Endes ist meine These und vieles deutet darauf hin,der wollte die Eskalation haben, eine Gewalteskalation haben.Und letzten Endes standen tatsächlich in der Straße quergenüber,gab es auch schon eine Spezialeinheit der Polizei, die da stand,relativ früh und gewartet hat. Ich weiß nicht, worauf sie gewartet hat, ich stand aber da.Davon sind Bilder auch dann da. Und ich weiß auch, dass tatsächlich immer wiedereben aus dem Rhein daraus Leute zu provozieren.Und geplant war am Anfang von den Studentinnen, dass die Bühne uns was gebensoll oder zumindest irgendwie ein Teil von der Sprache und Ansprache solltevor dem Parlament stattfinden.Irgendwann ist es dann doch aber nicht am Parlament gewesen,sondern man hat es dann Richtung Slavia runter verlagert.Das heißt, die lagert sich da entspannt da vorm Parlament. Und es war etwas,was zum Beispiel für die jetzt nicht so angenehm war.Das heißt, eigentlich wollten die da die gedrängte Massen haben und dass daeben dann sowas kommen kann.Man muss dazu sagen, am ganzen Tag habe ich keine Polizei gesehen.Das heißt, bei jeder kleinen Demo in Freiburg, egal wo, hast du Polizisten drumherum,in Serbien eigentlich auch, die einfach gucken, dass einfach Sachen ihren Wegengehen und eben auch dann Schutz da gewährleistet wird.Die gab es da nicht. Das heißt, ich würde behaupten an der Stelle wiederum,dass die Eskalation, dass die gewünscht war.Und das ist der springende Punkt. Die Studenten haben vorab,finde ich, sehr klug kommuniziert.Die haben im Endeffekt darauf hingewiesen, auf das Problem, das es da gibt mitdem Park, mit den Provokateuren und darauf hingewiesen, wer zuständig ist undwas gemacht werden muss.Und haben zeitgleich auch gesagt, in dem Moment, wo etwas passiert,was irgendeine Form von Gewalt beinhaltet, werden wir unsere Westen ablegen.Wir haben so grelle Westen an immer.Und dann ist die Demonstration, die Kundgebung aufgelöst im Moment.Und als diese Geschichte war mit dieser Waffe, wer es auch immer,und da gab es aus dem Park heraus auch gewisse Sachen, die geflogen sind undso weiter, haben die ihre Westen abgelegt und haben die Kundgebung aufgelöst.Und eigentlich ist das tatsächlich der springende Punkt, was mich wiederum soein bisschen ärgere auf der einen Seite, dieses Gespräch über diese Waffe.Hat am Anfang, glaube ich, Vucic geschadet und ab einem gewissen Punkt wollteer, glaube ich, das sogar haben.Weil letzten Endes hat dann die ganze Energie, Ressource floss in das hinein,herauszufinden, was es überhaupt war.Und eigentlich ist es untergegangen, was eigentlich stattgefunden hat.Es hat etwas Historisches stattgefunden. Das heißt, es gab eine unfassbar große,einzigartige Menschenmenge auf den Straßen, die friedlich demonstriert hat unddie friedlich nach Hause gelaufen ist, als die Kundgebung dann aufgelöst wurde.Und das ist etwas, das ihn gestört hat und stört, weil es einfach zeigt,dass eben nicht das Bild ist, was er gezeichnet hat.Also von diesen gewaltsamen Menschen, die stürmen und das und das.Da zeigt man ein Bild im Fernsehen von den jungen Menschen, von der ganzen Demo,von den ganzen Menschen, die auf die Straße gehen, was völlig entgegengesetztist, was eigentlich tatsächlich da stattfindet.Und deswegen hat es mich so ein bisschen geärgert, dass eigentlich dann derKernpunkt, das erreicht wurde von den Studentinnen, so eine riesige,gewaltige Menschstimmung auf die Straße zu bekommen und zeitgleich durch ihreWerte, die sie über Monate vorgelebt haben,hinzubekommen, dass Menschen auch wiederum friedlich nach Hause laufen, das ist was Enormes.
Tim Pritlove 1:04:06
Verstehe.Wie ist denn jetzt so, ich meine, die Proteste halten jetzt schon seit fünfMonaten an, das ist ja schon krass und sind auch regelmäßig,wenn ich das richtig sehe, also täglich, wöchentlich oder wie läuft das?
Dejan Mihajlović 1:04:24
Täglich, landesweit.
Tim Pritlove 1:04:27
Ähm, bewirkt es etwas?Also ich meine, wann sind die nächsten Präsidentschaftswahlen?
Dejan Mihajlović 1:04:36
Es ist eigentlich egal, also die Wahlen sind nicht völlig egal.Also am aktuellen Zeitpunkt ist tatsächlich eher so, also solange du einfachnicht frei Wahlen hast, sind die Wahlen eigentlich völlig schnurz.Und es hat tatsächlich, also ich würde sagen, der 15. ist insofern ausschlaggebend,weil manche haben im Vorfeld kommuniziert, dass es die Idee ist.Und da wird dann eben das passieren und da wird dann irgendwie,uns wurden gewisse Erwartungen reingelegt. Und die Studenten haben sehr starkversucht zu kommunizieren, zu sagen, bitte, dieser 15.Ist nicht das, wenn man sagt, jetzt drücke ich einen Knopf und dann wachen wiram nächsten Tag auf und haben die Demokratie. So läuft das nicht.Und ich glaube aber, dass trotzdem, obwohl die Leute es irgendwann wussten,eine Erwartung da war, dass vielleicht dann aufgrund dieser Masse,also noch einmal, wenn man sagt, über 10% der Bevölkerung des Landes steht aufder Straße in einer Stadt.Dann ist das eigentlich so eine klare Botschaft.Und dass dann gar keine Reaktion weiterhin kommt.Und im Gegenteil, man ist weiter ignoriert. Und dann mit einer Gegendemo,ja, der hat eine Gegendemo ankündigt gehabt, ist eine andere Baustelle.Die dann noch größer und noch besser werden soll was ein absoluter Flop war.Und letzten Endes war die Erwartung bei den Leuten glaube ich schon,dass etwas jetzt sich ändert und dann war glaube ich schon erstmal so für michwar es wie so ein Lackmustest wie wird jetzt die Bevölkerung damit umgehen?Wird es im Endeffekt jetzt dieses Gefühl geben von ja, jetzt ändert sich haltdoch nichts also dieser Defettismus, der sowieso über Jahrzehnte gepflegt undgehegt wird oder bleibt man am Ball?Und meiner Beobachtung nach würde ich sagen, dass eher so eine Trotzgeschichte daraus entstanden ist.Das heißt, die Studenten haben im Vorfeld kommuniziert, weil immer gefragt wurde,das ist der nächste Schritt.Und haben Studenten gesagt, der nächste Schritt ist, dass die Zivilgesellschafteinfach stärker einschreitet und die sich einfach organisiert.Das heißt, so wie wir, müssen die auch sich organisieren.Und haben dann einfach verwiesen, dass jetzt zum Beispiel laut Recht und lautStrukturen gibt es eben sowas wie Bürger in Versammlungen,die eigentlich stattfinden könnten und wo Bürger kommunal und in Stadtgebieten,Stadtteilen, also auch Belgien zum Beispiel verschiedene Bezirke aufgeteilt,die auch eben so teilweise in gewissen Bereichen autonom, also bürokratischablaufen und das sich darüber organisiert und da gewisse Dinge einfach dann vorantreibt.Und diese Idee wurde aufgegriffen. Das heißt, es haben sich danach auf einmal,es war davor, war es eher so dieses, ah ja, was sollen wir, wie sollen wir dasmachen und wie soll das gehen?Und auf einmal habe ich gemerkt, so gesehen, überall poppen diese Bürgerversammlungenauf. Das heißt, es haben sich Leute im Freien getroffen, in Hallen getroffen,die haben über einen Messenger-Dienst getroffen.Den ich eine lange Zeit vor meinem Handy gelöscht habe, installieren musste,genutzt wird, Viber heißt er, der datenschutztechnisch volle Katastrophe ist.Haben die Gruppen gegründet.Mein Stadtteil zum Beispiel hat eine Gruppe von 200.000 Menschen drin,die sich nicht kennen, die sich darüber organisieren.Und da tatsächlich eben sich wöchentlich,glaube ich, zwischen Zyklen sich treffen und Dinge beschließen.Und tatsächlich auch das zum Beispiel jetzt auch verankern wollen, auch institutionell.Das heißt, die wollen auch dann das, was sie machen wollen, im Endeffekt überführenin Strukturen, die dann darüber hinaus einfach dann wirksam sind.Die wollen auch gewisse Entscheidungsbefugnisse mitbekommen,einfach kommunal in ihren Stadtteilen und so weiter.Das heißt, das ist tatsächlich etwas, was sich sehr stark entwickelt hat danach.Und es hat sich eine Sache entwickelt, und zwar, ich habe dann beobachtet,dass egal wo ein Stand von der Partei, der gegehenden Partei aufgebaut wurde,hat sich die Zivilgesellschaft formiert.Das heißt, der offene Widerstand ist viel deutlich spürbarer und sichtbarer.Das heißt, letzten Endes, was ich so mitbekommen habe von den Aussagen der Leute,war immer dieses ich werde es nicht mehr zulassen, dass du hier frei atmen kannst.Das heißt, egal wo du auftrittst, wirst du uns spüren.Und das heißt, egal in welchem Dorf, egal in welchen, in den kleinsten Gemeinden,egal wo die stehen, wo die aufbauen, stehen Menschen da und pfeifen,mit den Triller pfeifen und lassen die nicht sprechen und teilweise wurden siemit Eiern auch beworfen und so weiter.Das heißt, also das ist nach dem Motto, wir lassen nicht mehr zu,dass für dich der Alltag einkehrt, den du scheinbar konstruierst.Für uns gibt es keinen Alltag. Für uns geht der Alltag nicht weiter.Es gibt kein Zurück mehr. Und es ist etwas, was sich tatsächlich verändert hat.Und deswegen ist es auch spannend, eben zu gucken, was ist der nächste Schritt,wie geht es im Endeffekt da weiter.Aber es ist schon so, dass die Vigegesellschaft sich sehr, sehr stark eingeschaltet hat.Und jetzt ist aktuell eine große Sache, die im Endeffekt von den Studentinnengerade strategisch eben auch entschieden wurde, ist, das Fernsehen zu blockieren.Das heißt, ich habe am Anfang gesagt, dass eben Fernsehen, der sehr starkenStellenwert hat in den ganzen Kosmos, in der ganzen Dynamik,weil eben halt darüber der Präsident sehr viel Redezeit hat und sehr viel sichMenschen interessieren kann,vor allem auch ältere Menschen und Menschen auf dem Land und einfach dann das.Meinungsmonopol hat und im Endeffekt das Narrativ bestimmt.Und jetzt haben die dieses öffentlichen Rundfunk, rechtlichen Rundfunk,wie hier übersetzt ins Deutsche, haben die im Endeffekt die Gebäude blockiertund haben tatsächlich eben versuchtzu verhindern, dass Menschen da reinkommen und ihre Arbeit zu tun.Und am Anfang war auch da wieder, gab es ein bisschen gewaltsame Ausschreitungen, ein bisschen.Also das heißt, es gibt gewaltsame Ausschreitungen, aber die Polizei ist daauch ein bisschen rein, hat versucht irgendwie zu machen, aber so richtig eskaliert ist es nicht.Und mittlerweile ist es seit einer Woche, sind diese Gebäude blockiert.Seit einer Woche fällt die Tagesschau spontan dazu, regelmäßig aus oder ichweiß nicht richtig, oder nur teilweise wird es ausgestrahlt oder irgendwie auchso komisch ausgestrahlt.Das heißt, etwas ist außer Kraft gesetzt und deren Forderung ist wiederum, die fordern wieder,den Selder abzuschalten, solange die Institutionen nicht funktionieren,weil es gibt nämlich eine Behörde, die vor knapp 20 Jahren oder über 20 Jahren gegründet wurde,RRM heißt die, die eigentlich den Auftrag hat, die Aufgabe hat,Medien zu regulieren und nachzuprüfen, inwiefern Desinformationen zum Beispiel gestreut werden.Oder wenn gewisse Zeitungen oder Fernsehen, wie auch immer, gewisse Dinge,Gesetze oder Sachen überschreiten, dass sie dementsprechend einfach dann entwederdie Lizenzen abnehmen oder sonstige Strafen zahlen müssen.Und dieses Ding wurde, ist tatsächlich letztes Jahr ausgelaufen,Ende letzten Jahres und wurde nicht neu zusammengesetzt.Das heißt, es gibt das gar nicht aktuell.Und jetzt kannst du dir ja vorstellen, dass natürlich im Zuge der Proteste,der Städtisch-Proteste eben viele Überschreitungen stattfinden,aber halt niemand das reguliert und deswegen sagen die, pass auf,wir blockieren diese ganze Geschichte hier, bis einfach diese Behörde zusammengesetztwurde und ihre Aufgabe übernimmt, ihre Funktion übernimmt und wir überhaupt die Möglichkeit haben,ein staatliches Fernsehen zu haben, was dementsprechend keine Lügen verbreitet,sondern einfach ihren Job macht, den sie machen müssten.
Tim Pritlove 1:11:19
Mhm.Das heißt, wenn ich deine Schilderung so zusammenfasse,die Proteste haben derzeit eigentlich noch gar nicht an Intensität verloren,sondern bleiben gleich oder nehmen in gewisser Hinsicht sogar zu,weil sie jetzt sozusagen auch neue Kampforte ausgemacht haben. Kann man das so sehen?
Dejan Mihajlović 1:11:45
Das Problem ist ich versuche echt relativ viel so mitzulesen und mitzubekommen,es gibt so x verschiedene Bestrebungen, Bewegungen und Perspektiven,die man eigentlich berücksichtigen kann und muss, also zum Beispiel,der Druck ist natürlich schon auch groß, also zum Beispiel nehmen wir jetztdie Schulen raus, so die ganzen Bildungsbereiche Lehrkräften wurden Gehälternicht gezahlt das heißt, es sind Lehrkräfte, also LehrerInnen,die einfach Familien haben und da gab es zum Beispiel auch da wiederum aus demIT-Sektor Gruppen, die zum Beispiel,Webseiten aufgesetzt haben, wo man spenden kann.Und wiederum diese Spenden an den Lehrkräften zukommen zu lassen,damit sie einfach das ein bisschen kompensieren können. Das heißt,du merkst schon, es gibt schon an gewissen Stellen so einen Druck, der einfach groß ist.Auch Schulen, die zum Beispiel das Blockade rausnehmen, als sie gesagt haben,wir wollen einfach diesen Druck für die Lehrkräfte nicht mehr haben.Das heißt, wir machen unsere Blockade auf eine andere Art und Weise zum Beispiel.Es ist wirklich sehr komplex. Du merkst schon, dass einfach jeder Monat fürMonat schon Ressourcen kostet. Und dementsprechend ist ein Druck schon da.Und auch diese Frage immer, die auch, glaube ich, immer schon laut ist.Wie geht es jetzt weiter?Weil irgendwie muss es ja irgendwie jetzt anders, irgendwas muss jetzt passieren.Das heißt, er ignoriert es jetzt weiter.Zeitgleich sehe ich aber auch wiederum einen Druck auf der Seite des Präsidenten.Das heißt, auch er ist massiv. Also da merkst du, dass er einfach intern ganz stark bröckelt.Also angefangen, ich habe ja vorhin gesagt, eine Gino-Demo ausgerufen hatte,die hätte Ende März stattfinden sollen. Der hat dann irgendwann verschoben.Mein erster Gedanke war, zu verschoben, weil er gemerkt hat,irgendwas passt nicht mehr. Er kriegt die Leute nicht mehr zusammen.Deswegen hat es verschoben. Und so war es ja auch dann.Das heißt, es hat jetzt dann im 12. April das Wochenende stattgefunden,war das am Sonntag und hat auch wiederum eben so die ganze Straße sperren lassen,hat Autos abschleppen lassen.Rechtswidrig. Also völlig irre. Und hat dann aus dem ganzen Land,hat er Leute zusammengekrabten.Ich habe gesagt, dass ein Kumpel bei einem Busunternehmen oder der beim Bus,nicht Unternehmen, sondern bei der städtischen Busgesellschaft arbeitet,der konnte mir die ganzen Zahlen nennen, da wird die ganzen Einblicke genannt,da wurden einfach x städtische Busse, Buslinien auch, wurden einfach ausgesetzt,die fuhren nicht mehr und die wurden eingesetzt, um Menschen aus ganz Serbiennach Belgrad zu kutschieren.Und die bezahlt wurden auch wiederum. Auch da weiß man, dass sie Summen haben,dass sie Geld bekommen haben, um dahin zu kommen.Und er wollte, letztendlich wollte er Folgendes machen, er wollte ein Bild konstruierenvon einer Masse, um Legitimität zu bekommen für das, was er macht.Weil er ist aktuell, ist das, was er macht, legal. Er hat zum Beispiel eineneue Regierung zusammengekloppt,Weil er eben halt sagt, ja, ich brauche jetzt eine neue Regierung.Und jetzt macht er, egal, als Präsident, macht er eine neue Regierung.Also jetzt wird sich, ich weiß nicht, einen neuen Minister irgendwie ausgerufen.Und das ist alles legal. Aber zeitgleich merkt er, was er macht, ist nicht mehr legitim.Weil er einfach merkt, dass ihm seit dem Spätes nach 15 klar ist,die Masse steht nicht dahinter.Und jetzt wollte er eigentlich ein Bild generieren, um zeigen zu können,dass er es nicht mache, ist legitim. Aber ist es eben nicht.Und deswegen flippt er, glaube ich, auch so richtig aus.Das heißt, sein Protest, den er geplant hatte, war ein völliger Flop.Das heißt, ich glaube, da waren um die 50.000 Menschen oder sowas da.Und es waren auch, du hast doch Bilder, wie Leute gehen, während er sprichtund die aber nicht gehen dürfen, weil die von Ordnung festgehalten werden undnur immer ein paar Leute rausgelassen werden.Du hast doch gesehen, was für Leute da waren. Du hast doch gesehen,die Plastikstühle haben die mitgenommen zum Beispiel und so weiter.Es war eine komische Szene, die dabei sich abgespielt haben.Und deswegen merkst du wiederum bei ihm auch dieser Rückhalt bröckelt und auch,glaube ich, bei ihm schon auch ein Druck da ist.Und darum ist tatsächlich schon der, also ich kann es jetzt nicht beurteilen,es ist, glaube ich, schwierig zu fassen, was jetzt in ein, zwei,drei, vier Wochen sein wird.Ich kann nur sagen, dass von Seiten der Studentinnen und von Teilen der Zivilgesellschaft,von großen Teilen der Zivilgesellschaft, also die Option, zurück zum Alten, die ist nicht da.Und die Studentinnen werden definitiv nicht aufhören, bevor ihre Forderungen erfüllt werden.
Tim Pritlove 1:15:36
Jetzt hast du hast du abgetan mit den Wahlen?Also ich glaube, regulär sind die Wahlen erst in drei Jahren wieder oder zwei Jahren, genau.22 war das jetzt, also in zwei Jahren wäre theoretisch Wahl,aber du hast ja wenig Hoffnung, dass jetzt über Wahlen selber was geregelt werden kann.Was weiß man denn über potenzielle Wahlmanipulationen?
Dejan Mihajlović 1:16:01
Also die Wahlen waren es eigentlich nicht frei vorher. Das heißt,du hast natürlich eben Leute gehabt, die teilweise gewählt haben,die eigentlich gestorben waren.Du hast Leute gehabt, die aus Bosnien reingekartet wurden, die um da zu wählen.Du hast Leute gehabt, die einfach vor Wahllokalen eingeschüchtert werden.Das heißt, die einfach Fotos machen mussten und zeigen mussten, wie sie gewählt haben.Also, das heißt, du hast einfach, Freiewahlen gab es nicht.Und dementsprechend ist so dieses, wenn jetzt, aber jetzt will auch keiner Wahlen haben.Also es war natürlich auch eine Debatte, dass im Juni vielleicht nochmal neueWahlen geben soll und so weiter, aber eigentlich möchte die keiner haben.Auch die Obstitution letztendlich auch nicht.Das heißt, letztendlich ist es einfach nicht klar. Also man muss dazu sagen,in dem Moment, wo die Studenten sagen würden, die unterstützen wir,würden die halt sowas von gewinnen.Das heißt, es wäre einfach ein krasses Wahlergebnis. Also letzten Endes brauchtes wahrscheinlich schon eine politische Kraft, die irgendwie es übersetzt,weil die Studenten aber ganz klar sagen, wir werden nicht Politik machen.Das heißt, wir wollen auch gar nicht Politik machen.Letztendlich, was die studentischen Forderungen sind, was die Studenten immerfordern, was immer missverstanden wird, ist, alles, was sie machen und alles, was sie fordern, ist,Wir wollen einen Rechtsstaat. Wir wollen das, was wir haben an Strukturen undProzessen und Gesetzen, dass das eingehalten wird.Und wenn das alles eingehalten wird, sind wir damit eigentlich schon völlig fein.Das heißt, deswegen ist zum Beispiel auch diese Geschichte, diese Tour,die sie gemacht haben nach Straßburg, die wurde auch völlig an einigen Stellenmissverstanden, dass sie im Endeffekt darum bitten, die EU bitten,dass sie unterstützt werden.Das war nicht der Punkt. Die haben nur geschaut, wiederum in ihrer analytischenArt und Weise, wie sie es einfach machen, und geschaut, wer ist für welche Bereiche zuständig.Und die haben gesehen, okay, es gibt einfach da den Europäischen Rat und esgibt einfach dann im Prinzip eben auch einmal eine Institution, wo Serbien einfach.Mitglied ist, die einfach für Menschenrechte und solche Sachen zuständig istund deswegen wenden wir uns an die Institution, die dafür zuständig ist.Das heißt, diese Zuständigkeit, wer ist zuständig, ist das, was eigentlich Sieimmer sehr stark das prägt und diktiert und erkommt all dem, was sie tun.Und genauso die Gespräche mit der EU, aber dann wiederum auch die Zuständigkeitim Sinne von auch in Bezug auf diese Beschlüsse, was dieses Lithium angeht.Es gibt nämlich ein Projekt und da geht es um Lithiumabbau im Jadartal und da,gibt es auch mit, Deutschland ist tatsächlich mit drin, stark im Prozess,gab es auch Treffen mit Olaf Scholz und irgendwelche Abkommen und die wolleneigentlich das zum Beispiel wieder zur Debatte machen, dass man da,weil die einfach sagen, dass da wiederum auch Dinge, die beschlossen wurdenund die Verträge, die geschlossen wurden, auch wiederum nicht sauber waren,nicht korrekt waren und die Institutionen ihre Aufgabe nicht erfüllt haben.Und letztendlich suchen sie wiederum auch da, würde ich sagen,GesprächspartnerInnen, die dafür zuständig sind, um da Prozesse zu haben,die eigentlich legal, legitim und so ablaufen, wie sie eigentlich sein sollten.Weil eben gewisse Prüfverfahren, gewisse Sachen eigentlich gar nicht gemachtwurden, die im Vorfeld gemacht werden müssen.
Tim Pritlove 1:18:47
Ja, das ist so ein Abkommen, was das letztes Jahr im Juli gemacht wurde.Offensichtlich gibt es dort größere Lithium-Vorkommen und ist natürlich derzeitein sehr gefragter Stoff im Hinblick auf Batteriebau etc. Ja.Jetzt, wo du schon auch die EU ins Spiel gebracht hast, was ist denn so dein Eindruck,wie sehr geht der Blick der serbischen Bevölkerung ins Ausland?Also gibt es da Erwartungshaltungen, gibt es da Forderungen,gibt es da überhaupt eine Hoffnung, dass es in irgendeiner Form von Unterstützungvon außen geben kann und damit so ein bisschen verbunden,wie schätzt du überhaupt das Verhältnis der Serben zu Europa und speziell auch zur EU ein?
Dejan Mihajlović 1:19:45
Also es gibt natürlich verschiedene Umfragen, die durchgeführt wurden mal.Und da war es so, glaube ich, so 50-50 mehr oder weniger.Von der Bevölkerung her leicht mit mehr gegen als mehr dafür.Leicht mehr gegen als mehr dafür zum EU-Beitritt. Aber auch zu einem Zeitpunkt,wo ich sagen würde, Es gab einfach nie sowas, also die Überlegungen, in die EU beizutreten,basieren immer auf der Überlegung nach dem, wie der Wutsch sich das vorstellt.Das heißt, wir haben ja vorhin so erzählt, wie Autokraten denken und funktionieren.Und die Überlegung natürlich, also die Prämisse, in die EU beizutreten,ist ja eher so, nach Wutschits-Logik, wir geben einfach das,also im Endeffekt schöpfen wir einfach unser Land aus und verkaufen einfachalles, was irgendwie wertvoll ist.Und unabhängig dessen, was es für die Bevölkerung, für das Land bedeutet.Und Land war nicht wirklich jetzt auch für den Boden oder für die Natur und Umwelt.Und das sind natürlich eine Bedingung, glaube ich, die Leute nicht so cool und attraktiv finden.Und deswegen ist, glaube ich, wäre tatsächlich die Frage, wenn man so eine Umfrage.Durchführen müsste oder wollte, müsste man, glaube ich, schon erstmal einenWeg definieren, der so wäre, dass einfach ein EU-Beitritt auf Augenhöhe geschieht.Das heißt, wo einfach dann die Werte, die EU sich selbst auf die Fahnen geschriebenhat, auch eingehalten werden.Und das ist tatsächlich auch so ein bisschen jetzt gerade die Debatte.Das heißt, man schaut natürlich jetzt schon drauf, Man sieht,dass hier einfach seit fünf Monaten einfach eine sehr demokratische,basisdemokratische, zivilgesellschaftlich getragene Geschichte stattfindet,weil es auf der einen Seite sind zwar studentische Proteste,man muss aber dazu sagen, die Ressource für all das ist zivilgesellschaftlich getragen.Das heißt, ob jetzt Essen, Trinken, Fahrten, alles Mögliche,das ist an Sachen, wird von zivilgesellschaftlich getragen.Das heißt, Menschen gehen da täglich hin, bringen Essen hin,bringen Kleidung hin, bringen Sachen, die einfach notwendig sind, Prinzipien.Und das heißt, da siehst du aber, dass es im Endeffekt ganz,also deswegen kann man nicht sagen, es ist rein studentisch,sondern natürlich zivilgesellschaftlich, gesamtgesellschaftlich muss man es betrachten.Und da ist schon die Frage wiederum, wenn man also sieht, was da demokratischso stattfindet, dann ist schon die Frage, wie positioniert sich die EU oderEuropa zu diesen ganzen Bewegungen? Und da guckt man schon drauf.Also welche Schlagzeilen gibt es? Wird darüber geschrieben überhaupt?Wer spricht mit Vucic, wer spricht mit Studentinnen und so weiter und da ist natürlich schon die.Sachlage die, dass man Europa eher schon so wahrgenommen hat aufgrund der einfachAbkommen, die es gab und auch die Treffen, die es gab,eben mit Vucic auch jetzt in den letzten Wochen, Monaten, dass man schon eherEuropa auf der Seite von Vucic sieht, weil sie ihn auch eben als Top-Menschenirgendwie oder Top-Verhandler, wie auch immer vorgestellt haben,also es gibt ja genug auch Statements von der Thunderline oder eben auch mitScholz, der da war, es war auch der,auch vor ein paar Jahren war auch mal der Gerhard Schröder da.Das heißt, also es gibt da so einige Dinge, wo man aber sieht,okay, wenn die halt mit Vucic kooperieren und zusammenarbeiten und denen scheinbarals jemanden betrachten, den man gemeinsam Geschäfte machen kann,dann scheinen sie dementsprechend nicht auf unserer Seite zu sein.Und dann scheinen sie dementsprechend einfach mit dem, was sie tun,eigentlich dem entgegenzuwirken, was wir halt versuchen hier zu erreichen undzu einem demokratischen Land.Und das ist natürlich schon etwas, was sehr skeptisch betrachtet wird.Und deswegen war diese Aktion, die man versucht hat, jetzt mit diesem Fahrradfahren durch,verschiedene Länder Europas, war zum einen so gedacht von Studentinnen,dass man medial in Europa die Aufmerksamkeit auf die Sache lenkt,weil sie sich medial kaum Beachtung findet, also nicht ansatzweise in Relationzu dem, was tatsächlich da stattfindet, finde ich.Aber ich kann nachvollziehen, wie es medial so ist, weil die Medien auch wiederumin gewisser Art und Weise funktionieren. Das habe ich mittlerweile auch verstanden und gelernt.Und politisch genauso wie nicht. Und deswegen war dieses durch die Fahrradtour,die sie neulich hatten, also es sind 80 Studentinnen,ein Schüler war davon dabei, es waren im Endeffekt aus Novi Sad,über Belgrane usw., sind im Endeffekt nach Straßburg gefahren durch verschiedene Länder.Und haben dann darüber erstmal die Serb-Indusiaspora besucht,haben mit Universitäten, also Universitätsstätten, haben sie Halt gemacht,versucht mit Studenten da in Kontakt zu treten und da einen Austausch aufzubauen,also auch da wiederum europäischeben irgendwo ein Netzwerk zu knüpfen und dann wiederum einfach auch zu guckenund zu sagen, hey, wir gehen jetzt darauf.Das heißt also, die Idee ist schon gewesen, vielleicht die EU,Europa irgendwie nochmal darauf hinzuweisen, schon mal her, uns gibt es,das sind unsere Anliegen, wir stehen ein für demokratische Werte und eigentlichauch die Werte, für die hier einsteht.Und wie steht ihr jetzt dazu und wiefern wollt ihr euch da positionieren?Also so ein Subtext ist da auf jeden Fall mit drin und aus meiner Sicht,persönlich in Einordnung, als ich in Belgrad war.War ich in der Philosophischen Fakultät bei einem Gespräch mit der Professorimit dabei, die gesagt hat, dass sie schon enttäuscht ist,wie wenig eigentlich Europa sich da einschaltet und eigentlich Solidarität zeigtund dass sie sich irgendwo schon auch alleingelassen fühlt.Und das war übrigens mit ein Grund für mich, ein Plakat zu machen,wo eben draufsteht, ich bin auch bei den Stuttgart, in Stuttgart gewesen,bei dem Empfang der Studentin im Fahrrad, habe ich ein Plakat gehabt,wo draufstand, dass die Europäische Zivilgesellschaft mit den Studenten ist und sie unterstützt.Und ich glaube tatsächlich, dass das so ein bisschen ein kleines Problem ist,dass EU-PolitikerInnen, die eigentlich diese Deals machen und dann eben ausihrer Position heraus kommunizieren, dass die als Stellvertretende für Europa verstanden werden.Und ich bin mir ziemlich sicher, dass zivilgesellschaftlich betrachtet in Europaunfassbar viele Menschen das begrüßen und das unterstützen, was da eigentlich stattfindet.Aber kein Kanal da ist, um das zu kommunizieren.Und deswegen ist für mich tatsächlich so, wäre es so ein zentrales Anliegen,es irgendwie zu schaffen, dass dann bei der Zivilgesellschaft vielleicht irgendwoauch nochmal stärker sich einschaltet, in gewisser Art und Weise.Vielleicht auch über die Hochschulen. Das heißt, wir können ja zum Beispielsagen, als Hochschulen in Deutschland und Europa schreiben wir auch offene Briefeund kommunizieren auch um unsere Solidarität zum Beispiel.Das würde sicher unten gelesen und anerkannt werden. Wir können ja auch sagen,als Hochschulen zum Beispiel treten wir demokratische Werte ein.Als Wiesgesellschaft treten wir dafür ein zum Beispiel und macht einen Druckauch politisch prinzipiert zum Beispiel. Würde auch funktionieren.Also alles sind Dinge, die zum Beispiel schon, glaube ich, gesehen und wahrgenommen werden würden.Und glaube ich einfach, die Leute auch unten nochmal stärken würden.Weil aktuell ist schon so, glaube ich, dieses Gefühl von,wir werden hier eingelassen und letzten Endes werden wir von der EU nur wahrgenommenals Spielball in so einer ökonomischen Gleichung,wo wir dann einfach ein Lithium haben, was irgendwie dann eben Deutschland dient,um die Autoindustrie in Bezug auf diese Geschichte irgendwie zu fördern undUnabhängigkeit zu bekommen.Vielleicht von China oder von anderen Ländern, so einen geopolitischen Kontextvielleicht, so ein kleiner Faktor in so einer Gleichung zu sein und gar nichtals Menschen, die in Demokratie leben wollen.Und das ist, glaube ich, so, würde ich jetzt von meiner sehr,sehr persönlichen, sehr subjektiven Wahrnehmung in Worte fassen.
Tim Pritlove 1:26:50
Ja, nachvollziehbare Sichtweise. Ich denke einfach, dass Serbien einfach geradenicht sonderlich auf der Agenda ist Und es aber in gewisser Hinsicht natürlichauch wichtig wäre, dass diese Bewegung zum Erfolg führt.Weil ich glaube, das Letzte, was die EU sich jetzt noch eintreten möchte,ist nochmal so ein zweites Ungarn.Und ich denke auch, bevor das Problem mit Ungarn nicht gelöst ist,und zwar nicht nur in Bezug auf Ungarn, sondern generell.Also da steht ja eigentlich eine Reform im Raum, von der man jetzt noch nichtgenau wüsste, wie man sie umsetzen soll.Aber ich denke, es wird keine weiteren Aufnahmen in die EU geben,bevor man nicht eine Regelung gefunden hat, wie man auch Staaten wieder rausschmeißenkann, uns mal salopp zu formulieren.Also das Orban-Problem hängt glaube ich so ein bisschen wie so ein Damoklesschwertüber dieser ganzen Debatte.Aber das andere ist halt eben, dass glaube ich auch in Europa einfach die Wahrnehmungfür Serbien nicht stark ist oder zumindest natürlich nach wie vor sehr geprägtist von dem Jugoslawien-Kriegen,der Rolle, die Serbien da mit Milosevic gespielt hat. Sowas hängt natürlich lange nach.Kein Wunder, Deutschland, wir leiden ja auch immer noch unter Zweiter Weltkriegund so weiter, das wird auch so schnell nicht weggehen, ist vielleicht auchganz gut so, aber sowas kriegt man eben nicht so eben mal weg. Aber.Das, also vielleicht mal anders gefragt, klar, man nimmt ja EU immer als Europawahr, hast du ja auch gerade gesagt, oder die Politiker sogar auch,aber Europa ist ja noch mehr als jetzt nur die EU.Und insofern frage ich mich eben, was ist dein Eindruck, wie die Serben sich da sehen?Also das geht natürlich jetzt speziell mit Blick auf die Rolle gegenüber Russland.Es gibt ja so eine Verbindung nach Russland und zwar auch jetzt,jenseits der spezifischen Mafia-Verbindung, die wir vorhin diskutiert haben,von Vucic und Autokraten unter sich, sondern rein kulturell gibt es ja eineVerbindung nach Russland.Wie ausgeprägt ist die und wie geht es der?Weil ich habe die Wahrnehmung jetzt bekommen, in der Ukraine,im Ukraine-Konflikt wo man vielleicht am Anfang erwartet hätte,dass Serbien sich dann auch auf die russische Seite stellt,in welchem Maße auch immer, dass das so nicht stattgefunden hat,sondern dass das eigentlich eher dazu beigetragen hat, dass man jetzt auf Distanz geht zu Russland.Ist meine Wahrnehmung da richtig?Wie nimmst du das wahr?
Dejan Mihajlović 1:29:38
Es ist mega komplex, weil ich kenne so viele verschiedene Kontexte von Menschenaus dem Lebensalltag in Serbien, die wahrscheinlich auf diese Frage,wie du sie stellst, sehr unterschiedlich antworten würden.Das heißt, ja, es gibt auf jeden Fall eine historische, kulturelle Verbindungzu Russland, also nicht nur sprachlich.Das heißt, da gibt es echt einiges, was die verbindet.Ich möchte aber leicht einen Gedanken dazu formulieren ich habe ja vorhin überdiese Aktion gesprochen, wo die 80 Studentinnen mit dem Fahrrad gefahren sind,die sind nicht umsonst nach Straßburg gefahren und nicht nach Moskau,das heißt, das ist doch auch eine klare Botschaft, finde ich also die hättenja auch sagen können, wir fahren mit dem Fahrrad nach Moskau,haben sie aber nicht gemacht und bei aller,Kritik und bei aller Diskrepanz in der Wahrnehmung der EU und Wahrnehmung Europasund Wahrnehmung was weiß ich was und auch tatsächlich Uneinigkeit im Inhalt der Studenten.Da gibt es verschiedene Gruppierungen, die unterschiedliches sehen für die Zukunft Serbiens.Ist ja auf jeden Fall das zumindest etwas gewesen, was scheinbar einen Konsensoder einen Konsensbestand zu sagen, wir fahren nach Straßburg.Und deswegen würde ich sagen, dass die Zukunft Serbiens, Ich glaube schon,dass die es da in Europa sehen, aber halt, wie ich es vorhin gesagt habe, auf Augenhöhe.Und wenn du sagst, eh mit Ungarn und da muss man gucken, wer jetzt noch hinzukommt,da muss ich jetzt nicht nochmal sagen...Das stimmt alles. Zeitgleich stimmt auch, dass es nicht Ungarn nur ist,sondern viele andere EU-Länder, wo man durchaus sehr kritisch betrachten kann,welche demokratischen Strukturenprozesse liegen denn da vor.Das heißt, genauso kann man sich Deutschland zum Beispiel betrachten.Das ist das, was mich am meisten so umtreibt, was mich so irre macht.Wenn ich schaue, was in Serbien vorliegt, also die Kernprobleme,die versuchen, die Studentinnen anzugehen, also angefangen vom öffentlich-rechtlichenRundfunk bis über Vertrauen, gar kein Vertrauen in die Politik,weder in die Regierende als die Opposition,also die Vertrauenskrise und viele andere Faktoren, dann sehe ich die in Deutschland genauso.Und zwar immer stärker in die Richtung gehend. Und das ist das,was mich zum Beispiel sorgt.Und ich bin mir nicht sicher, inwiefern das zum Beispiel hier wahrgenommen wird.Und weil man immer auf der einen Seite das Gefühl hat, man ist hier so stabilund so sicher und die beste Demokratie und zeitgleich sehe ich aber schon sehrstarke Entwicklungen, die mich.Tatsächlich für mich sehr besorgniserregend sind, wobei tatsächlich nicht ausreichenddie ernst genommen werden.Und deswegen ist für mich tatsächlich so der Punkt, wenn man von der EU sprichtund Zukunft der EU spricht, dann muss man auch im Kontext dessen schauen,dass Demokratien in der EU tatsächlich auch selbst sich nochmal weiterentwickelnund stärken und schützen.Und da gibt es genug Baustellen, die man im Prinzip auch dann da nochmal angehen kann.Und da ist für mich tatsächlich der Schnittpunkt, wo ich sagen würde,ich glaube, dass man manches da von denen lernen könnte.Also für mich tatsächlich das, was gerade stattfindet, finde ich sehr,also für mich ist richtig das Progressivste gerade, was ich kenne in Bezug aufdemokratische Entwicklungen.Weil letzten Endes, wenn man es mal genau hinschaut, das hast du in Serbien.Du hast junge Menschen,die eine Bewegung anführen. Junge Menschen, also etwas, was jetzt im autokratischen,globalen Kontext etwas ist, was gar keine Rolle spielt, wo völlig drüber gefahren wird.Also schau mal jetzt in Deutschland, welche Rolle junge Menschen in Deutschlandspielen. Und nicht nur Deutschland, sondern überall, global.Das heißt, junge Menschen sind etwas, was eigentlich gar keine Rolle spielt.Zweitens, akademischer Kreis, das heißt, das sind Studentinnen.Also wissenschaftlich, akademischer Bereich wird geschätzt und hochgehalten.Auch wiederum völlig entgegen all dem, was wir global gerade haben.Das heißt, in Zeiten, wo Wissenschaftsleuten stattfinden, wo in dem Fall FalseBalance und so weiter verherrscht, also ist tatsächlich alles,was da stattfindet gerade, ist das Gegenteil von dem, was du gerade an global hast.Und deswegen ist es für mich ja so inspirierend und auch so interessant zu guckenund zu sagen, kann man nicht da was von abgucken?Und weil letzten Endes scheint es ja etwas bewegt zu haben oder gegründet zuhaben oder initiiert zu haben, was man sich eigentlich ja wieder wünscht.Das heißt, ich würde mir wünschen, in Deutschland zu leben, wo Wissenschafthochgehalten wird. Ich würde mir wünschen, in Deutschland zu leben,wo Jugend gehört wird, wo die Jugend eine starke Rolle spielt,wo Zivilgesellschaft eine starke Rolle spielt.Wir haben ja auch da wiederum, wenn man guckt, dieses gegen NGO schießen,auch das, ob jetzt Trump oder Deutschland hier mit Glück, also egal wer,du hast auch da wiederum, also all das, was jetzt gerade gut und stark ist undda läuft, ist alles entgegen dem, was gerade schlecht läuft oder angegriffenwird in den anderen Staaten, die jetzt noch Demokratien sind oder Demokratie waren.Also USA-Demokratie ist nicht mehr bezeichnend, ja, ich bin,aber jetzt in Deutschland würde ich sagen, die haben definitiv eine Demokratieund immer noch, glaube ich, eine funktionierende Demokratie und.Mein Einliegen wäre es, das eigentlich weiterhin noch zu haben.Das heißt, ich würde sehr gerne hier in einem Land leben, was weiterhin demokratischwäre und vor allem auch im Kontext, im geopolitischen Kontext,wenn man sieht, was jetzt mit den USA tatsächlich zerbrochen ist,auch tatsächlich aus meiner Sicht irreparabel an geopolitischen,an diesen Machtverhältnissen,glaube ich, dass es ein starkes Europa braucht, was auch meiner Sicht auch vieleandere jetzt auch erkannt haben, dass es ein starkes Europa braucht.Und umso mehr braucht es also auch starke demokratische Länder innerhalb der EU oder in Europa.Das heißt, das Ziel muss auf jeden Fall sein, dass man eigentlich demokratischeKräfte international viel stärker vernetzt und da einfach voneinander lernt.Das macht, was demokratische Kräfte seit vielen, vielen Jahrzehnten schon tun.Weil die vernetzen sich und die lernen voneinander.Das heißt, da muss man nur das Buch von Annika Brockschmidt lesen,Amerikas Gotteskrieger, oder auch was sie nachgeschrieben hat.Da siehst du ja wunderbar diese Netzwerke, wie global die funktionieren.Tatsächlich auch auf dem Balkan hinaus. Das heißt, die gehen wirklich global.Da gehen ja überall rein, ganz gezielt. Und genauso muss aus meiner Sicht ebendie demokratische Gesellschaft sich auch vernetzen und voneinander lernen undeben da gemeinsam aktiv werden.
Tim Pritlove 1:35:38
Stimme ich dir natürlich total zu und ich wollte auch überhaupt nicht,ausdrücken, dass hier in Deutschland alles supi ist also gerade in Bezug aufRussland deswegen spreche ich das glaube ich auch an, verstört mich natürlich hier diese latente,Russlandliebe würde ich es jetzt mal nicht nennen, aber es gibt so eine wiesoll ich sagen es ist so ein bisschen ähm,So ein vorgeschobenes, latent-antidemokratisches Gefühl, was sich so breit macht,was dann irgendwie so sich an Russland ein bisschen festmacht.Und das ist halt jetzt gerade im Osten Deutschlands, aber beileibe nicht nurim Osten Deutschlands, verbreitet, dass man immer sagt, ja, ist ja alles garnicht so schlimm und das ist ja alles nur eine Darstellung der Medien.Und was den Leuten halt alles noch irgendwie so einfällt.Ich meine, Ostdeutschland hatte natürlich auch enge Verbindungen zu Russlanddurch die Zeit der DDR und insofern ist vielleicht auch gerade Ostdeutschlandauch so ein bisschen vergleichbar mit Serbien. Darauf wollte ich halt so ein bisschen hinaus.Also wie viel hängt da noch in der Bevölkerung drin, weil ich mir vorstellenkann, dass das auch so ein Teil ist, der noch überwunden werden muss.
Dejan Mihajlović 1:37:00
Oh, da muss viel bewunden werden. Da muss viel bewunden werden.Also du hast viel auch so toxische Männlichkeitsbilder.Also tatsächlich auch so alles, was irgendwie mit auch Rassismus,Feminismus. Also alle Bereiche, die hier baustellen, sind sie natürlich da auchbaustellen und teilweise viel größere Baustellen.Aber das ist ja der Punkt, wo ich sagen würde, was die Studenten wiederum auch da so vorleben.Also auch dieses, die haben zum Beispiel jetzt ein paar so Aktionen gehabt,wo sie eben diesen, mit diesem muslimischen Teil der Serbien zum Beispiel gemeinsam gefeiert haben.Die muslimischen Serbinnen wiederum, die christlichen Serbinnen wiederum aucheben ihre Bräuche und so weiter, Anerkennung gefeiert haben.Das heißt, dass man dieses Zueinander finden.Und das ist vielleicht auch für mich so, was man von ihnen lernen könnte,ist, dass die eigentlich wiederum sehr stark sagen, lass uns mal nicht wiederuns auseinander dividieren in wer Russland und was weiß ich was, sondern eher dieses,welche Menschen stehen dahinter und was, also das wirklich alles,was diese ganzen Kategorien von Ethnie,Nationalität, Religion, was auch immer.Dass man die zur Seite schiebt und sagt, okay, lass uns mal davon ausgehen,dass wir eigentlich alle in einem freien Land leben wollen, in dem es allen gut geht.Und das ist die Prämisse. Das heißt, die fordern letztendlich einen Rechtsstaat,in dem alle gleichwertig behandelt werden.Die fordern einen Rechtsstaat, der eben nicht auf diese ganzen Faktoren schaut.Und letztendlich fordern sie auch wiederum mit dem, habe ich in verschiedenen Podcasts rausgehört.Auch diese Zusammenarbeit mit anderen Ländern, verstehen die genauso.Das heißt also auch in der EU, wäre es dann sowieso sagen würde,EU ja, aber dann eben auch für alle gleich.Das heißt, dass einfach alle gleichwertig betrachtet werden und wiederum auchda keine irgendwie strukturellen Machtverhältnisse geschaffen werden,die wiederum ungerecht sind.Und das ist tatsächlich der Punkt, wo ich jetzt sagen würde,auch in Bezug auf Russland und anderen würde ich auch sagen,man muss immer trennen zwischen einem Staat und Menschen, die diesen Staat bestimmenund prägen und den Menschen, die in diesem Staat leben.Und ich finde es immer so schade, dass man hier sehr stark darauf geht,auf dieses, was die trennt, auch geschichtlich, was da vorgefallen ist,bei allem, was es auch einen Raum braucht und richtig ist, und darüber zu sprechen.Zeitgleich der Blick nach vorne muss für mich sein, wenn wir sagen,und ich habe vorhin gesagt, lass uns mal geoglisch drauf gucken und sagen,wir haben eine ökonomische Brille auf und mit dem Autokrad, den ich vorhin beschrieben habe,mit der gleichen Brille kann ich auch sagen, wir müssen eigentlich auch eineWelt uns vorstellen, in der Menschen auf der ganzen Welt miteinander in Friedenleben wollen und alle ein vernünftiges Leben haben, vernünftiges Einkommen haben,nicht Länder, andere Länder ausbeuten.Das heißt, du musst also eine Welt schaffen, in dem Fall das,was die jetzt gerade in den Kosmos Serbien versuchen, um die so voranzutreiben,das zu skalieren auf eine globale Ebene.So sagen, hey, es muss doch machbar sein, dass alle Menschen irgendwo frei seinkönnen, dass alle Menschen in dem Fall ein würdevolles Leben führen können undein friedvolles Leben führen können, wo zum Beispiel auch Gewalt,was ich vorhin zum Beispiel gesagt habe, Gewalt eben keine Form,keine Option darstellt.Und das ist für mich etwas, wo ich jetzt für mich rausziehe,zu sagen, ich schaue mir so drauf, wie würden die das sagen,wie würden die das denken.Mit der Brille gucke ich ein bisschen drauf und versuche alles,was dieses Trennen, Kategorisieren Prinzip hat, das nicht mehr zu überwinden,weil letzten Endes haben die tatsächlich das gemacht.Das heißt, sie haben für sich verstanden, dass Autokratien so funktionieren,dass im Endeffekt Menschen permanent getrennt werden, in verschiedene Schichten,verschiedene Bereiche.Und du hast dann diese Partikulär Interessen. Und dann wird dir auch so gesagt,du gehörst zu der Gruppe, du gehörst zu der Gruppe.Und letzten Endes verhindert das, dass du dich als Menschen verbindest,dass du solidarisch bist und dann checkst du, eigentlich haben wir an ziemlichvielen Stellen die gleichen Probleme.Und eigentlich wollen wir ziemlich viele von uns das Gleiche.Und letzten Endes ist es genau so der Punkt. Das heißt, eigentlich könntestdu global sagen, so 80, 90 Prozent der Leute haben eigentlich die gleichen Probleme.Und eigentlich könnte man die gemeinsam angehen. Wenn man nicht von den neunoder zehn Prozent, ein Prozent der Bevölkerung, die dementsprechend diese Macht besitzt,immer wieder unterteilen lassen, verschiedene Gruppierungen und dann uns dannan Sachen, uns gegeneinander bekämpfen und dann gucken so, weißt du, wie ich meine?Das ist so etwas, was ich für mich am meisten daraus gelernt habe.
Tim Pritlove 1:41:01
Teile und Herrscher, also das ist halt das Prinzip.Ich meine, das sieht man ja auch jetzt in den USA generell, das ist halt immer das Prinzip,mach einfach Feinde aus und teile die Leute in irgendwelche Gruppen,die es gar nicht gibt, sodass sie sich permanent gegenseitig bekämpfen,damit sie das eigentliche Problem nicht angehen.Was halt immer die ungleichmäßig verteilte Macht ist.Ja, Dejan, ich denke, damit haben wir es eigentlich ganz gut abgeräumt, das Thema erstmal.Das geht halt alles weiter.Du bist ja ganz fleißig am Schreiben auf Mastodorn.Mastodorn, wenn irgendwas passiert, gibt es da noch andere deutsche oder internationaleenglische Quellen, die man nennen und in den Shownotes packen müsste,um sich da irgendwie eine Quelle erschließen zu können für weitere Ereignisse?Weißt du da irgendwas? Oder bist du der Einzige?
Dejan Mihajlović 1:42:02
Nein, es gibt einfach Menschen, die es beruflich machen und sich da deutlichbesser auskennen als ich.Also zum Beispiel Olivera Stajic, die arbeitet für den Standard und der Standardschreibt auch immer wieder mal darüber, die kann man auf jeden Fall verfolgen.Die Tanja Malle, die ist auch beim Ü1, glaube ich, die ist auch da sehr bewandertund immer gut dabei und auch sehr klug.Es gibt dann auch den Christo Lazarevic, der ist zum Beispiel auch damals auchmit mir im Belgrad gewesen, auch am 15. hat darüber auch berichtet.Es gibt Ich glaube, einige Akteure, die man da noch etwas nennen kann.Aber ich glaube, wenn man erst mal den drei folgt, es gibt noch,wie gesagt, weitaus mehr, die ich jetzt sicher vergessen habe.Aber ja...Irgendwann sind Journalistinnen. Das heißt, sind einfach Leute,die einfach ihr Fach verstehen. Wie gesagt, man darf nicht vergessen,ich bin einfach nur Mensch mit Internet.
Tim Pritlove 1:42:57
Ich auch. Von daher alles in Ordnung.Vielen Dank für deinen Beitrag auf jeden Fall. Wir werden die Links zu den genanntenPersonen und Quellen auf jeden Fall hier noch in die Show Notes packen.Ja, und ich würde sagen, das war's. Vielen Dank, Dian.
Dejan Mihajlović 1:43:15
Ich danke dir. Ich danke dir vor allem, dass du der Thematik den Raum gegebenhast, deine Zeit und die Fragen.Das heißt, da bin ich für dich sehr dankbar, weil ich tatsächlich eben,du siehst ja selber, Teil des Problems ist ja eben diese mediale,überschaubare Präsenz und dementsprechend ist einfach jeder Beitrag,der dazu beisteuert, dass Menschen einfach wahrnehmen, was da stattfindet undwelche Menschen da im Entwurf leben oder auch leben, ist auch etwas,was glaube ich notwendig ist und wo ich sehr dankbar dafür bin. Deswegen vielen Dank.
Tim Pritlove 1:43:47
Ja, gern geschehen. Dafür ist ja UKW auch gedacht, hier als kleiner Krisen-Podcast und so.Und es ist ja auch immer schön, mal Entwicklungen zu sehen, die so in die positive Richtung zeigen.Alright, gut, das war's. Vielen Dank fürs Zuhören. Hier geht's auch bald wieder.Weiter. Bis dahin sage ich Tschüss und bis bald.
Shownotes